1) Befehlshaber einer karthagischen
Flotte bei der
Insel Lipara, 269
v. Chr., bewirkte zwar, daß die
Mamertiner
die Stadt
Messana nicht an
Hieron von
Syrakus
[* 3] übergaben, bemühte sich aber vergeblich, jenen wichtigen
Platz den Karthagern in die
Hände zu spielen. Nach Anfang des ersten
PunischenKriegs 262 hielt er in Agrigent, dem
Waffenplatz
der Karthager, eine siebenmonatliche Belagerung aus und wußte sich, nachdem das von
Hanno zum
Entsatz herbeigeführte
Heer
eine
Niederlage erlitten, noch mit dem größten Teil seinerMannschaft zu
¶
mehr
retten. 260 Befehlshaber der karthagischen Flotte, wurde er in der berühmten Seeschlacht bei Mylä von dem römischen KonsulDuilius besiegt und entging nur durch List dem Kreuzestod, der ihm dafür in der Heimat drohte; als er aber 258, von den Römern
in einem sardinischen Hafen eingeschlossen, einen neuen Verlust erlitt, wurde er von seinen eignen Soldaten
ans Kreuz
[* 5] geschlagen.
2) Karthag. Feldherr, führte 250 v. Chr. seinen in Lilybäum belagerten Landsleuten mit großer Kühnheit und Geschicklichkeit
trotz der überlegenen römischen FlotteTruppen und Lebensmittel zu. Im Söldnerkrieg nach HannosEntfernungHamilkar beigegeben,
belagerte er Mathos in Tunes, ward aber bei einem Ausfall desselben gefangen und vor den Mauern der Stadt
gekreuzigt.
Dieser Übergang Hannibals über die Alpen allein schon würde ein ewig denkwürdiger Beweis von seiner Feldherrngröße sein.
Mehr als die Hälfte seines Heers war allerdings den schweren Strapazen erlegen und der Rest ermattet und
der Ruhe und Erholung bedürftig. Nachdem Hannibal ihm diese gewährt, bemächtigte er sich zunächst des Hauptorts
der Tauriner und zog, nachdem die benachbarten gallischen Völkerschaften sich an ihn angeschlossen, Scipio entgegen, der aus
dem jenseitigen Gallien zurückgekehrt war und ihm von Placentia aus auf dem
linken Ufer des Po entgegenrückte.
Am Ticinusfluß fand der erste Zusammenstoß statt, Hannibal siegte durch seine treffliche numidische Reiterei. Einen zweiten Sieg
an der Trebia erleichterte ihm des KonsulsSempronius Ungestüm: in wenig Stunden war das Römerheer geschlagen und
aufgelöst.
Den nächsten Feldzug 217 eröffnete Hannibals viertägiger Zug
durch die Moräste des Arnus (Arno), der ihm selbst ein Auge
[* 14] und
seinem Heer eine große Anzahl von Streitern und den Rest seiner Elefanten bis auf einen kostete. Um seinen Gegner, den KonsulGajusFlaminius, auf das geeignete Schlachtfeld zu locken, rückte er über des Feindes Flanke hinaus in
das Tyrrhenergebiet, verheerte dies und zog so Flaminius hinter sich her bis in einen Engpaß am Trasimenischen See.
Hier griff er ihn plötzlich von einer verdeckten Stellung aus an und schlug ihn aufs Haupt. 15,000 Römer bedeckten das Schlachtfeld,
und ebenso viele wurden gefangen. In Apulien ließ darauf Hannibal seine ermatteten ScharenRast machen und unternahm
von dort aus Streifzüge nach allen Seiten, bis der DiktatorQuintusFabiusMaximus durch vorsichtiges Zögern seinen raschen
Siegeslauf hemmte. Aber Senat und Volk zu Rom begehrten entscheidende Siege, und viel zu langsam erschien dem kampfbegierigen
Heer des Fabius zaudernde Kriegführung.
Diese ward daher nach Ablauf
[* 15] der Amtszeit des Diktators aufgegeben und ein Heer von acht Legionen und doppeltem Aufgebot der Bundesgenossen
unter Anführung derKonsulnL.Ämilius Paullus und GajusTerentius VarroHannibal entgegengestellt. Am Aufidus unfern der Stadt Cannä
in Apulien trafen (216) die Heere aufeinander, und nochmals siegte Hannibals Feldherrngeist über die überlegene
Macht des Feindes. Der blutige Tag von Cannä (s. d.) kostete
Rom 70,000. Mann, unter ihnen einen Konsul, zwei Quästoren, eine
große Anzahl Tribunen, Konsularen, Prätoren, Senatoren etc. In Rom fürchtete man einen AngriffHannibals auf die Stadt; aber
Hannibal, dem nur ein in blutigen Schlachten
[* 16] geschwächtes Heer und kein Belagerungsgerät zu Gebote stand, wollte
nicht durch einen Angriff auf die Hauptstadt alles bisher Gewonnene in einem Kampf der Verzweiflung aufs Spiel setzen, sondern
benutzte seinen Sieg dazu, die Völkerschaften Unteritaliens auf seine Seite herüberzuziehen.
Außerdem suchte er sich durch Bündnisse mit dem König Philipp vonMakedonien und mit Hieronymus, König
von Syrakus, zu verstärken. Allein Philipp wurde durch einen Angriff der Römer auf sein eignes Land zurückgehalten, und die
Syrakusaner wurden besiegt und in ihrer Stadt eingeschlossen, welche nach längerer Belagerung 212 erobert wurde. In Italien
aber machten die Römer trotz des unermüdlichen, tapfersten Widerstandes Hannibals nach und nach immer
mehr Fortschritte, so daß sie es 212 unternehmen konnten, Capua, welches sich nach der Schlacht bei Cannä an Hannibal angeschlossen
hatte und für ihn von der größten Wichtigkeit war, zu belagern. Hannibal machte die größten Anstrengungen, die
Stadt zu entsetzen; er unternahm sogar jetzt einen Angriff auf Rom in der Hoffnung, das Belagerungsheer
von Capua abzuziehen, und bewirkte dadurch im ersten Augenblick eine solche Bestürzung, daß der Schreckensruf: »Hannibal ad portas!«
( Hannibal ist vor den Thoren!«) sprichwörtlich blieb. Allein alles war vergeblich. Capua fiel (211), und die Züchtigung, die es
erfuhr, mahnte andre Städte, freiwillig unter das römische Joch zurückzukehren. 209 ging auch Tarent verloren. Hannibal harrte
jetzt sehnsuchtsvoll auf die Hilfe,
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Noch immer hielt an der Hoffnung fest, von der Heimat unterstützt zu werden und so denKrieg in Italien zu einem glücklichen
Ende führen zu können; auch gewann er, obwohl meist auf das Land der Bruttier beschränkt, noch einige
günstige Erfolge. Allein 203 rief ihn ein Senatsbefehl von Karthago zur Rettung der von Scipio in Afrika
[* 18] selbst bedrängten
Vaterstadt heim. Zwar scharte sich in Afrika ein zahlreiches Heer um die Fahne des Helden; aber die Untüchtigkeit des zusammengerafften
Haufens erkennend, scheute Hannibal den ungleichen Kampf mit den römischen Legionen und begehrte eine Unterredung
mit Scipio. Im Angesicht der Heere kamen die beiden größten Feldherren des Jahrhunderts zusammen. Hannibal bot Frieden unter Bedingungen,
wie sie dem Sieger von Cannä geziemten; aber Scipio forderte Unterwerfung. Es mußte das Schwert entscheiden, und es entschied
für Rom.
Auf ZamasEbenen (202) rang Hannibals Feldherrngeist vergeblich mit den überlegenen Streitkräften des
Feindes. Ein harter Friede war die nächste Folge seiner Niederlage. Hannibal selbst riet zu dessen Annahme, indem er die Trostlosigkeit
der gegenwärtigen LageKarthagos klar erkannte und auf zukünftige Wiedererhebung hoffte. Von der Überzeugung geleitet, daß
nur er dem Vaterland wieder aufhelfen könne, trat Hannibal bald nach dem Abschluß des Friedens als Suffet an
die Spitze derRegierung. Er begann die Verfassung und Verwaltung des Staats durchgreifend zu reformieren, regelte die Zölle und
Einkünfte und stellte dadurch die zerrütteten Finanzen wieder her.
Aber eben dieser Krieg Hannibals gegen altherkömmliches Unwesen vereinigte die in ihren Standesinteressen
beeinträchtigte Aristokratie gegen ihn. Man klagte ihn in Rom an, daß er mit Antiochos von Syrien in Verbindung stehe, und brachte
es dahin, daß eine römische Gesandtschaft in Karthago seine Auslieferung verlangte. Durch schnelle Flucht entging Hannibal diesem
Schicksal (195). Er fand zunächst Aufnahme bei dem König Antiochos von Syrien, der damals Vorbereitungen
zum Kriege gegen Rom traf. Er suchte diesen zu einer kühnern Führung des Kriegs zu bestimmen und knüpfte zugleich auch Unterhandlungen
in Karthago an, um dieses zur Teilnahme an dem Krieg zu bewegen; allein beides vergeblich. In Karthago wurden seine Absichten
durch seine dortigen Gegner vereitelt, und Antiochos führte den Krieg so lässig und ungeschickt, daß
er besiegt wurde (189). Unter den Friedensbedingungen, welche die SiegerAntiochos auferlegten, war auch die der Auslieferung
des Hannibal. Daher floh dieser über Kreta zu König Prusias nach Bithynien.
Auch diesen suchte er zum Kriege gegen Rom aufzureizen und leistete ihm im Kriege gegen den römerfreundlichen
Eumenes von Pergamon
[* 19] nützliche Dienste.
[* 20] Aber Rom hatte keine Ruhe, solange es seinen Todfeind thätig wußte. Prusias konnte oder
wollte ihn vor den römischen Nachstellungen nicht sicherstellen. Hannibal geriet daher in Gefahr, seinen Todfeinden, den Römern,
in die Hände zu fallen, nahm aber, um diesem Schicksal zu entgehen, das längst für diesen Fall bereit
gehaltene Gift und starb 183 im 64. Jahr seines Lebens.
Der Ruhm eines großen Feldherrn und Staatsmanns wird
Hannibal von keinem der alten Schriftsteller bestritten; sie bewundern die
Kühnheit seiner Anschläge, die mit ruhiger Besonnenheit gepaarte Raschheit und Energie bei ihrer Ausführung,
den Mut, der vor keiner Gefahr zurückbebte, die Ausdauer, der kein Hindernis zu groß schien, den schnellen Blick, womit er
die Absicht des Gegners durchschaute, die kluge Berechnung, womit er mitten im Schlachtgewühl seine Anordnungen traf, die
Gewalt, die er über die Gemüter der Seinigen übte, und vermöge deren er in einem aus den verschiedenartigsten
Elementen zusammengesetzten Heer die Zucht herstellte und erhielt. Wenn die römischen Schriftsteller ihm Treulosigkeit, Hinterlist
und Grausamkeit vorwerfen, so ist dies wenigstens zum größten Teil nur die Wirkung des Nationalhasses, der ihn bei seinem
Leben verfolgt und auch nach seinem Tod nicht verschont hat.