Handelstag
,
deutscher, eine Vereinigung deutscher
Handelskammern und kaufmännischer
Korporationen zu dem
Zweck, die
gemeinsamen
Interessen des deutschen
Handels- und Industriestandes zur Geltung zu bringen. Zur Mitgliedschaft
sind berechtigt alle
Handelskammern und Handelsorgane im
Umfang der zum
Deutschen
Reiche gehörigen
Staaten oder, wo offizielle
Organe des Handelsstandes nicht vorhanden sind, auch kaufmännische Privatvereine.
Organe des Handelstags
sind: die Plenarversammlung,
der ständige
Ausschuß und das
Präsidium.
Die Plenarversammlung tritt auf den Beschluß des ständigen Ausschusses zusammen; auf Antrag von 25 Mitgliedern muß sie berufen werden. Die Abstimmung erfolgt nach Plätzen, von denen jeder eine Stimme hat; doch hat jeder Platz das Recht, bis zu fünf Vertreter zu senden, welche sich an der Diskussion beteiligen können. Der Ausschuß besteht aus mindestens 25, höchstens 30 Mitgliedern. In jeder Plenarversammlung werden 18 Mitglieder gewählt mit dem Recht, sich durch Kooptation auf 25-30 zu ergänzen.
Der ständige Ausschuß hat die Beschlüsse der letzten Plenarversammlung zu vollziehen und auszuführen, die nächstfolgende Plenarversammlung vorzubereiten, ist aber befugt, in dringenden Fällen die Interessen der Gesamtheit zu wahren. Das Präsidium besteht aus einem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern; es hat die Beschlüsse der letzten Ausschußsitzung auszuführen, die nächste vorzubereiten und darf in dringenden Fällen auch selbständig handeln.
Dem
Präsidium, welches seinen Sitz in
Berlin
[* 3] hat, steht als litterarischer
Beistand ein Generalsekretär zur Seite (bis 1864
Arnd,
bis 1870
Maron, von da an
Al.
Meyer bis 1875, seitdem Annecke), unter dessen Leitung das
Büreau steht. Als
amtliches
Organ des Handelstags
diente das unter der Redaktion des Generalsekretärs 1871-84 herausgegebene »Deutsche
[* 4] Handelsblatt«. Die
Kosten werden durch Beiträge der Mitglieder aufgebracht und zwar in sechs nach der Bedeutung der
Plätze abgestuften
Sätzen.
Der erste deutsche Handelstag
tagte im Mai 1861 in
Heidelberg.
[* 5] Ihm waren 1860 ein preußischer Handelstag
und ein badischer
Handelstag
vorausgegangen. Das
Präsidium führte
David
Hansemann aus
Berlin. Die zweite
Generalversammlung tagte im
Oktober 1862 in
München,
[* 6] wo der deutsch-französische Handelsvertrag Gegenstand einer heißen
Debatte war. Darauf folgten
Versammlungen 1865 in
Frankfurt
[* 7] a. M., 1868 in
Berlin, 1872 in
Leipzig,
[* 8] 1874 in
Berlin, zwei außerordentliche 1874 wegen
Erhöhung
der
Eisenbahntarife, 1875 in
Berlin zu gunsten der Einführung von
Handelsgerichten. Auch die folgenden Versammlungen (1878, 1880 ff.)
fanden in
Berlin statt. Die Thätigkeit des deutschen Handelstags
war bislang eine sehr rege und häufig
von bestem Erfolg begleitet. Erstreckte sie sich auch vorzugsweise auf das Gebiet der
Handels- und Verkehrspolitik, so hat
sie doch schon mehrfach auf verwandte Gebiete des öffentlichen
Lebens sich ausgedehnt.