Hahn
-Hahn,
Ida Marie Luise Sophie Friederike Gustava, Gräfin, namhafte Schriftstellerin, geb. zu Tressow in Mecklenburg-Schwerin als die Tochter des sogen. Theatergrafen Karl Friedrich von Hahn [* 2] (s. Hahn 3), lebte mit ihrer Mutter in Rostock; [* 3] dann in Neubrandenburg, [* 4] seit 1821 in Greifswald, [* 5] wo sie sich 1826 mit dem reichen Grafen Friedrich Wilhelm Adolf von Hahn-Hahn-Hahn aus der ältern Linie Hahn-Basedow vermählte. Die Ehe wurde jedoch schon 1829 wieder gelöst, worauf sie auf Reisen und in der Poesie Zerstreuung suchte. 1835 besuchte sie die Schweiz, [* 6] 1836 und 1837 lebte sie in Wien; [* 7] 1838-39 bereiste sie Italien, [* 8] 1840 bis 1841 wieder Italien, Spanien [* 9] und Frankreich, 1842 Schweden [* 10] und endlich Syrien und den Orient. Dazwischen lebte sie abwechselnd in Greifswald, Berlin [* 11] und Dresden. [* 12] Ihr poetisches Talent bewährte sie zuerst im Lyrischen, wovon ihre »Gedichte« (Leipz. 1835),
»Neuere Gedichte« (das. 1836),
»Venezianische Nächte« (das. 1836) und »Lieder und Gedichte« (Berl. 1837) Zeugnis gaben. Später wendete sie sich dem sozialen Roman zu und ließ rasch nacheinander folgen: »Aus der Gesellschaft« (Berl. 1838; 2. Aufl. als »Ida Schönholm«, 1851),
»Der Rechte« (das. 1839, 2 Bde.),
»Gräfin Faustine« (das. 1841, 3. Aufl. 1848),
»Ulrich« (das. 1841, 2 Bde.; 2. Aufl. 1845),
»Sigismund Forster« (das. 1843, 2. Aufl. 1845),
»Cecil« (das. 1844, 2 Bde.),
»Zwei Frauen«, »Sibylla«, »Levin« (das. 1848),
welche
Romane teilweise unter dem
Titel: »Aus der
Gesellschaft«
(das. 1844, 12 Bde.) gesammelt erschienen.
Sämtliche
Romane bekundeten
Esprit und eine zwar nicht tiefe, aber desto mannigfaltigere und äußerlich glänzende
Bildung.
Wiewohl sie ihrem
Inhalt nach meist den aristokratischen
Kreisen angehören, erschienen sie doch im allgemeinen von den
Anschauungen des jungen
Deutschland
[* 13] und der hiermit verwandten modern französischen
Bildung beeinflußt, so daß Hahn-Hahn
selbst
als eine freilich matte
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mehr
Kopie der George Sand gelten durfte. Die Stoffe sind mager und nach bekannter Schablone erfunden, nur die Behandlung verleiht
ihnen einiges Interesse. Ihre hoch aristokratische Manier persiflierte der anonym erschienene (von Fanny Lewald verfaßte) Roman
»Diogena. Von Gräfin Iduna Hahn-Hahn
-Hahn« (Leipz. 1847)
aufs köstlichste. Von ihren zahlreichen Reisewerken sind »Jenseit
der Berge« (Leipz. 1840, 2 Bde.; 2. Aufl.
1845),
»Reisebriefe« (das. 1841, 2 Bde.),
»Erinnerungen aus und an Frankreich« (das. 1842, 2 Bde.),
»Ein Reiseversuch im Norden« [* 15] (das. 1843) und »Orientalische Briefe« (das. 1844, 3 Bde.) zu nennen. Ein geistreiches und blendendes, aber höchst flüchtiges Urteil und die aristokratische Suffisance, die sich in ihren Romanen bekunden, charakterisieren auch diese Schriften. Der Tod ihres Freundes, eines Herrn v. Bistram aus Kurland, [* 16] hinterließ in ihrem ohnedies nie befriedigten Herzen eine Leere, deren Ausfüllung sie in der alleinseligmachenden Kirche zu finden hoffte. Bischof Ketteler in Mainz [* 17] ward ihr Gewissensrat, und so erfolgte 1850 ihr Übertritt zur katholischen Kirche. Als echte Konvertitin wirkte sie nun in fanatischem Eifer für dieselbe, zunächst durch die Schrift »Von Babylon nach Jerusalem« [* 18] (Mainz 1851),
welche ihren Schritt rechtfertigen sollte, die aber durch die geistreiche, ebenso milde wie scharfe Entgegnung Abekens: »Babylon und Jerusalem; ein Sendschreiben etc.« (Berl. 1851) in das verdiente Licht [* 19] gestellt wurde. Demselben Zweck dienten: die Gedichtsammlung »Unsrer Lieben Frau« (Mainz 1851, 3. Aufl. 1856);
»Aus Jerusalem« (das. 1851);
»Die Liebhaber des Kreuzes« (das. 1852);
»Büchlein vom guten Hirten« (das. 1853);
»Bilder aus der Geschichte der Kirche« (das. 1853-66, 4 Bde.; Bd. 1, 3. Aufl. 1874).
Im November 1852 trat sie zu Angers als Novizin in ein Kloster; noch in demselben Jahr war sie an der Gründung des Klosters »Zum guten Hirten« zu Mainz beteiligt, in welchem sie starb. Ihre spätern Romane: »Maria Regina« (Mainz 1860; 4. Aufl. 1876, 2 Bde.),
»Doralice« (das. 1861, 2 Bde.),
»Zwei Schwestern« (das. 1863, 2 Bde.),
»Peregrin« (das. 1864, 2 Bde.),
»Die Erbin von Cronenstein« (das. 1868, 2 Bde.),
»Nirwana« (das. 1875, 2 Bde.),
»Eine reiche Frau« (das. 1877),
»Der breite Weg und die enge Straße« (das. 1877, 2 Bde.) und »Wahl und Führung« (das. 1878, 2 Bde.), machten in derselben äußerlich blendenden Weise für ihre ultramontanen Anschauungen Propaganda wie die frühern Romane für die jungdeutschen. Eine Gesamtausgabe ihrer frühern Romane erschien zu Berlin 1851 in 21 Bänden.