Haarkrankh
eiten.
Die gewöhnlichste Haarkrankheit
ist die trockne Schinnenbildung (Seborrhoea sicca); sie tritt meistens
erst mit der
Geschlechtsreife auf und kann lange fortbestehen.
Männer werden häufiger von ihr befallen
als
Frauen. Die Kopfhaut bleibt im
Gegensatz zu dem trocknen, schuppenden
Ekzem ganz unverändert, während sie dort gerötet
und geschwollen erscheint. Bei der Behandlung ist übermäßige mechanische Reizung der Kopfhaut durch enge
Kämme,
Drahtbürsten
etc. sorgsam zu meiden, während die
Patienten gerade dies als
Heilmittel anzuwenden pflegen.
Die Schuppenbildung wird am besten durch anfangs tägliche, später seltenere abends vorzunehmende Einreibungen mit alkalischen Flüssigkeiten beseitigt. Doppeltkohlensaures Natron oder Ammoniak gleichzeitig mit wöchentlich ein- oder zweimaliger Waschung mit lauwarmem Seifenwasser sind sehr beliebt. Bei großer Sprödigkeit der Haare [* 2] wird Fett oder Haaröl angewandt. Auch sind Schwefelsalben sehr wirksam. Die Behandlung muß eine Reihe von Wochen fortgesetzt und, um die Wiederkehr des Übels zu verhüten, von Zeit zu Zeit wiederholt werden. Die Folge der Vernachlässigung des Übels besteht im Ausfallen und Schwinden der Haare.
Das chronische trockne und nässende Ekzem der Kopfhaut gehören zu den hartnäckigsten Erkrankungen derselben. Beim trocknen Ekzem ist die ergriffene Haut [* 3] nur wenig über das gesunde Niveau erhaben, gerötet und mit lockern, kleinen Schuppen bedeckt. Der Verlauf ist ein sehr langsamer. Das nässende Ekzem tritt entweder in kleinern, nässenden oder mit Borken bedeckten Stellen auf, oder die ganze Kopfhaut wird von dem Erkrankungsprozeß ergriffen. Bei kurz geschornen Haaren treten die Borken zu Tage und ebenso nach ihrer Ablösung die nässende, der Oberhaut beraubte Haut.
Bei längern Haaren verkleben diese zu einer unentwirrbaren Masse, die eine Besichtigung der Kopfhaut unmöglich macht. Der Ekzemflüssigkeit mischen sich die Sekrete der Talgdrüsen bei, und bei unreinlichen Individuen, welche die abgesonderten Massen nicht vom Kopf entfernen, treten Zersetzungsvorgänge auf, die einen intensiven, moderigen oder muffigen Geruch hervorrufen. Schließlich wird das Bild fast regelmäßig durch die Anwesenheit von Kopfläusen vervollständigt, und es wurde diese Krankheit, ehe man sie als ein durch diese Parasiten hervorgerufenes Ekzem zu analysieren verstand, als Weichselzopf (s. d.) beschrieben, eine Krankheitsform, die jetzt nur noch in Gegenden, wo der Gebrauch ¶
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der Seife als ein Luxus angesehen wird, vorkommt. Auch nach lang andauerndem Kopfekzem tritt Schwund des Haarwuchses ein. Die Behandlung ist der des Ekzems andrer Körperstellen gleichartig.
Anders verhält es sich mit dem Favus oder Erbgrind, einer durch pilzliche Parasiten des Achorion Schoenleinii hervorgerufenen Krankheit, die aber ebenso in den zivilisiertern Gegenden nur selten noch zur Beobachtung gelangt (s. Favus). Der Favus überträgt sich nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Tieren (Hühnern, Mäusen, Katzen, [* 5] Kaninchen, [* 6] Hunden) auf Menschen und umgekehrt. Gegen ihn wird neuerdings Chrysarobin empfohlen.
Der systematische Haarschwund tritt bei einer Reihe von Erkrankungen der Kopfhaut auf und ist durch die Veränderung des Haarbodens bedingt. Als wichtigste Ursachen sind hier vor allen die geschwürigen Veränderungen der Kopfhaut anzusehen, sodann eine Reihe von andern Krankheiten mit ihren allgemeinen, den Körper schwächenden Einflüssen. Hierher gehören zuerst die akuten Infektionskrankheiten, Typhus, Scharlach, Pocken, dann aber auch die chronischen, besonders die Syphilis.
Hier tritt der Haarschwund meistens diffus auf, so daß entweder (in seltenern Fällen) ein völliges Ausfallen oder nur eine den ganzen Kopf betreffende Lichtung der Haare eintritt. Die Haare ergänzen sich hier mit dem Verschwinden der allgemeinen Schwäche, bei Syphilis oft erst nach längerer Zeit. Der Haarschwund des höhern Lebensalters beruht auf denselben Ursachen. Bei dem schon in frühern Jahren vorkommenden Kahlwerden läßt sich meist Erblichkeit des Leidens feststellen.
Das Grau- und Weißwerden der Haare ist gewissermaßen ein normaler Vorgang und tritt regelmäßig im Alter ein, entweder bei
allen oder nur bei einer größern oder kleinern Anzahl der Haare. Bedingt wird es durch das Fehlen des
Pigments und Auftreten von Luft in der Marksubstanz. Die Beseitigung dieser Schönheitsfehler gehört mehr in das Gebiet der
Kosmetik, ebenso wie die Behandlung der abnorm starken Behaarung an gewöhnlich haarlosen Stellen, welche neuerdings durch Galvanokaustik
geschieht (s. Haare, S. 974). Dagegen gehört die sehr häufig vorkommende Spaltung der Haare in das Gebiet
der Haarkrankh
eiten. Die Spitzen der Haare spalten sich entweder einfach, oder zerfallen pinselförmig. Leider vermag die Therapie
sehr wenig hiergegen auszurichten. Das Rasieren der Haare führt keine dauernde Heilung herbei, mehr Erfolg ist durch sorgfältige
Pflege, regelmäßige Waschungen mit Seife und darauf folgende Einfettung (mit irgend einer Fettsalbe oder
Brillantine) zu erzielen.