Hirzli
(Kt. Glarus). 1644 m. Begraster Gipfel, in der zwischen den Thälchen des Niederurnerbachs und Biltnerbachs von O.-W. ziehenden Kette. Besteht aus miocäner Nagelfluh und damit wechsellagernden Sandstein- und Mergelschichten, die ziemlich steil nach S. gegen den den N.-Fuss der n. Kreideketten begleitenden Flysch einfallen. Der mit Alpweiden bestandene S.-Hang des Berges ist demnach weniger steil und gleichmässiger geböscht, als der von den Schichtköpfen gebildete stufenförmige N.-Hang, der zum grossen Teil mit Wald bestanden ist. Der Gipfel kann von Bilten oder Niederurnen aus in 3 Stunden erreicht werden und wird seiner schönen Aussicht auf Mittelland und östl. Schweizeralpen wegen oft besucht. Mächtiger und ausgezeichnet typischer Schuttsturz am Das Ereignis wird von Prof. ¶
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heim (Ueber Bergstürze. Zürich
1882) wie folgt beschrieben: Der Hirzliberg
ob Bilten ist aus festen Nagelfluhbänken und aus damit
abwechselnden Sandstein- und Mergelschichten gebildet. Die Schichten fallen in den Berg hinein und ziehen sich aussen am
Abhang schief gegen O. abwärts. Die Mergel- und Sandsteinschichten sind wegen ihrer geringen Festigkeit
zu kleinen Thälchen ausgewittert, welche von den vorspringenden widerstandsfähigeren Nagelfluhrippen nach Aussen begrenzt
werden.
Ein solches Thälchen von etwa 300 m Länge, 50 m Breite und 15-20 m Tiefe, wohl über 450 m über dem Dorfe Bilten gelegen, hatte sich seit undenklichen Zeiten mit Abwitterungsschutt der gleichen Gesteine angefüllt. Das ganze Gehänge war gut bewaldet und ebenso teilweise der Schutt in dem Thälchen. Im Winter 1867 stürzte eine Lawine und blieb an dieser Stelle liegen. Ihr langsames Schmelzen, das bis weit in den Frühling 1868 hineinreichte, erzeugte eine anhaltende gründliche Durchtränkung des Schuttes.
Endlich geriet derselbe ins Fliessen, traf bald auf eine Stelle, wo die äussere Rippe von Nagelfluh eine Bresche hatte und stürzte nun dort über die Nagelfluhwand und durch den steilen Wald über 100 m tief hinab. Der tonige Brei, mit zahlreichen bis zu mehreren Kubikmetern grossen Nagelfluhblöcken gemischt, bewegte sich wie ein schmutziger donnernder Wasserfall. Seitlich abfliegende Steine schlugen fast fussdicke Tannenstämme durch, und alles wurde hier mit Kot bespritzt.
Im Wald, der krachend zusammenbrach, wurde eine früher kaum merkliche Furche zu einem 6-10 m tiefen und 10-20 m breiten Sturzweg in wenigen Augenblicken ausgeschürft. 100-200 m hinter dem Dorf Bitten stand ein gut gepflegtes Wäldchen, welches nun auf dem hier schon viel weniger steilen Untergrund wie ein Sieb wirkte. Zwar wurde es grösstenteils geworfen, vermochte aber doch zum Glücke des Dorfes die Blöcke zurückzuhalten, so dass nur der Schlamm in Gestalt eines einhalb bis zu drei Meter hohen, breiten Stromes langsam bis über die Strasse auf den flachen Boden hinabfloss. Es war zur Flucht Zeit genug.
Die Bewegung des Schlammes hielt 48 Stunden lang an. Zwanzig Gebäulichkeiten wurden dadurch beschädigt oder teilweise zerstört, der Schlammstrom drückte Mauern ein, verschob Ställe oder drang durch Fenster und Türen in die Erdgeschosse und ersten Stockwerke einiger Häuser. 25 Haushaltungen mussten ausziehen, und der Schaden an Wald, Wiesen, Pflanzland und Gärten, etwa 40 Jucharten gross, war bedeutend. Die niedergestürzte Schuttmasse beträgt etwa 180000 m3. Im Schuttsturz von Bilten haben wir ein Beispiel für Trennung des Ablagerungsgebietes in Blockgebiet und Schlammstrom.