Hetären
ungefähr seit der Zeit des Perikles euphemistische Bezeichnung der Buhlerinnen bei den Griechen. Schon Solon hatte, um die Heiligkeit der Ehen vor den Leidenschaften einer sinnlichen Jugend zu schützen, öffentliche Bordelle (Porneia) unter Aufsicht des Staats einrichten lassen, dazu schöne Sklavinnen aufgekauft und, wie berichtet wird, sogar von dem erzielten Ertrag der Aphrodite [* 3] Pandemos einen Tempel [* 4] gebaut. Seinen Zweck hatte er auch erreicht, denn die Sitte verurteilte streng den Besuch von Ehemännern in diesen Häusern, und besondere Gesetze beschützten die Rechte der etwa verletzten Ehefrauen.
Erst zu
Perikles' Zeit wurde das Hetären
gewerbe verfeinert und dadurch für die öffentliche
Moral ungleich gefährlicher.
Es waren nicht mehr bloß Sklavinnen, die in den
Instituten des
Staats oder im
Besitz von
Privaten für
Geld
sich preisgeben mußten, sondern auch freie, meist aus der
Fremde herbeigekommene, durch
Schönheit und oft auch durch geistige
Bildung ausgezeichnete Mädchen, die in eigner, zum Teil glänzender Haushaltung lebten, zogen die
Männer
an sich, oftmals
ihr heimliches
Gewerbe durch die
Künste des
Tanzes, Zitherspielens, Paukenschlagens verdeckend.
Mag auch
Aspasia (s. d.), die
Geliebte des
Perikles, nicht eine eigne Hetären
schule gestiftet haben, so eigneten sich doch durch ihren
Umgang und ihr Vorbild
viele
¶
mehr
junge Mädchen jene feine Bildung und gesellschaftlichen Formen an, welche das Verächtliche ihres Treibens verdeckten und selbst
ernste Männer bethörten, um so mehr, als die griechischen Hausfrauen ihrer beschränkten Bildung wegen nicht im entferntesten
sich mit ihnen in geistiger Beziehung messen konnten. Daß die Künste, mit denen die Hetären
ihre Liebhaber
ins Netz lockten, und die Herzlosigkeit, mit der sie die Umgarnten aussogen, dieselben waren wie zu allen Zeiten, würde vermutet
werden können, auch wenn es nicht namentlich in den Hetären
gesprächen Lukians und den Briefen Alkiphrons mit zahlreichen
Beispielen berichtet wäre.
Daneben zeigen sich freilich auch Züge einer uneigennützigen Liebe und hochsinniger Aufopferung. Die
edle Leäna ließ, auf Hippias' Befehl gefoltert, ihr Leben, ohne den Geliebten zu verraten. Timandra blieb ihrem Alkibiades
auch nach seinem Tode treu und bestattete den von Freund und Feind gehaßten, heimatlosen Flüchtling. Einige Hetären
erwarben sich
ungeheure Reichtümer und große Berühmtheit und wurden selbst durch Bildsäulen verherrlicht. Eine Lais
verkaufte ihre Gunst nur zu den höchsten Preisen, eine Phryne (bekanntlich für Praxiteles das Musterbild seiner Aphrodite) konnte
den Thebanern anbieten, die zerstörten Mauern ihrer Stadt auf eigne Kosten wieder aufzubauen.
Eine Pythionike und Glykera genossen am Hof
[* 6] des Harpalos königliche Ehren, und eine Myrrhina teilte mit
dem Demetrios alles, bis auf das Diadem. Eine Thais, die Geliebte Alexanders, gab dem Thron
[* 7] der Ptolemäer einen Erben und den Kypriern
eine Königin. Die Tänzerin Aristonike und die Paukenschlägerin Önanthe traten, wie Plutarch sagt, königliche Diademe
[* 8] mit
Füßen. Neben Athen
[* 9] war es namentlich das von Fremden viel aufgesuchte Korinth,
[* 10] wo das Hetären
wesen am
meisten in Blüte
[* 11] stand. Über das Hetären
wesen bei den Römern s. Meretrices.