Grundeigentum.
Da die Bearbeitung des
Grund und
Bodens eine große
Menge
Menschen beschäftigt und
einen erheblichen Teil des
Volkseinkommens liefert, so ist der wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Zustand eines
Volkes in hohem
Grad von der Verteilung des Grundbesitzes abhängig. Am
Altertum sind die römischen Zustände des Grundeigentums
von besonderm
Interesse. Die ziemlich gleichmäßige Verteilung des
Grund und
Bodens, die man für die frühste
Zeit annehmen darf, änderte sich bald, und die ausgedehnten Ländereien, welche die Eroberungskriege in den
Besitz der römischen
Republik brachten, fielen vorzugsweise der Benutzung der
Großen des
Staats zu, welche mit Erfolg bestrebt waren, sie in ihr
Eigentum zu verwandeln.
Die anhaltenden
Kriege in entlegenen
Ländern machten dem minder wohlhabenden
Bürger, der vorzugsweise
auf seine
Arbeit angewiesen war, die Behauptung seines Grundeigentums
immer schwieriger, während der wohlhabendere sein
Gut
durch Sklaven bebauen ließ.
Daher stand schon ein
Jahrhundert vor dem
Untergang der republikanischen
Verfassung den wenigen
Besitzern ausgedehnter
Güter eine besitzlose
Menge gegenüber, welche durch Koloniengründung zwar von
Zeit zu Zeit vermindert, aber nicht mehr beseitigt werden konnte, und es ist nicht zu viel gesagt, daß dies ungesunde
Verhältnis
des Latifundienbesitzes, welches das
Licinische
Gesetz (387
v. Chr.) und T.
Gracchus vergeblich zu beseitigen sich bestrebten,
die Hauptursache des
Sturzes der römischen
Republik war (»latifundia perdidere Italiam«, d. h.
die Latifundien haben
Italien
[* 2] zu
Grunde gerichtet).
Auf den großen
Gütern der
Römer
[* 3] wurde die
Landwirtschaft mit nicht geringer
Kunst betrieben; Staatsmänner und Dichter verschmähten
nicht, sich ihr zu widmen. Die von ihnen hinterlassenen
Schriften bildeten sogar, ins Deutsche
[* 4]
übertragen, die Anfänge der
neuern landwirtschaftlichen Litteratur. Der
Begriff des
Eigentums als des
Rechts der unbeschränkten Herrschaft
über eine
Sache kam hinsichtlich des Grundbesitzes zu voller
Anerkennung. Dem Grundeigen
tümer waren durch das
Gesetz nur wenige
Beschränkungen auferlegt, welche die Rücksicht auf den Nachbar unerläßlich machte; es war ihm sogar die Möglichkeit
entzogen, die
Freiheit seines
Eigentums dauernd anders zu beschränken als in dem engen
Kreis
[* 5] der römischen
Servituten (s. d.) und der Superficies
^[Stichwort:
Superfizies] (s. d.).
Noch weniger stand es ihm frei, das Grundeigentum
mit eigentlichen
Leistungen zu beschweren. Die spätere Kaiserzeit indes schuf im
Kolonat und in der Emphyteuse ein sozusagen geteiltes
Eigentum,
wonach der
Landbauer ein vererbliches und veräußerliches Nutzungsrecht an dem
Grundeigentum
eines andern
gegen eine zu leistende
Abgabe hatte.
Die deutschen Volksstämme waren zur Zeit ihrer ersten Bekanntschaft mit den Römern im wesentlichen freie Bauerngemeinden. Die freien Bauern waren durchweg ansässig, und man kann aus den noch jetzt ersichtlichen Flureinteilungen und Güterkomplexen sowie aus andern Spuren schließen, daß Äcker und Wiesen in jeder Gemarkung ziemlich gleichmäßig unter alle Hofbesitzer verteilt waren. Wald und Weide [* 6] jedoch waren dem ungeteilten Besitz der Markgenossenschaft vorbehalten und der Benutzung der Einzelnen überlassen.
Aber auch der
Besitz des ausgeteilten
Landes war durch gemeinschaftliche
Weide und durch den dadurch bedingten
Flurzwang nicht
unwesentlich beschränkt. Die Ansiedelung war teils dorfweise, teils auf Einzelhöfen erfolgt, je nach
örtlichen Verhältnissen und Stammeseigentümlichkeiten. Mit diesen landwirtschaftlichen Verhältnissen standen das Rechtsleben
und die öffentlichen Einrichtungen in enger Beziehung. Bei der
Vererbung des Grundeigentums
schloß der Sohn die Tochter,
der
Vater die
Mutter, der
Bruder die
Schwester aus, und diese weiblichen Verwandten mußten sich mit einer
Ausstattung
(Gerade, s. d.) begnügen.
Ohne Zustimmung des nächsten
Erben konnte, abgesehen von den
Fällen »echter
Not«, das Grundeigentum
nicht veräußert werden, widrigenfalls
dieser berechtigt war, es binnen Jahr und
Tag ohne
Entschädigung für den Erwerber wieder
an sich zu ziehen.
Alle
Rechtsgeschäfte
in Beziehung auf Grundeigentum
mußten vor dem Volksgericht verlautbart werden, und nur der freie
Grundbesitzer
war in der Volksgemeinde stimmberechtigt. Jene freien Bauerngemeinden aber wußten sich nur in wenigen Gegenden
im
Lauf der
Jahrhunderte zu erhalten, und erst nach langen
Zeiten der Unterdrückung und des
Kampfes hat die Neuzeit dem Grundeigentum
die
Freiheit zurückgebracht (s.
Bauer, S. 464 f.).
Die ursprüngliche Gleichheit der Insassen hatte schon dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nach größern Vermögensunterschieden weichen müssen. Indem deutsche Stämme sich über die Süd- und Westgrenze nach Gallien vorschoben und den Osten und Norden [* 7] Deutschlands [* 8] der Einwanderung der Slawen offen ließen, dann aber die letztern wieder in jahrhundertelangen Kämpfen unterworfen wurden, sank unmittelbar eine zahlreiche Bevölkerung [* 9] in Unfreiheit; es wuchs die königliche Macht, und es kam ein großer Grundbesitz in die Hand [* 10] der Könige und der Großen.
Die Nachahmung spätrömischer Einrichtungen, besonders die herrschende Naturalwirtschaft und der ganze Kulturzustand führten dahin, daß die Könige und bald auch andre ihre Landgüter zu Lehen austhaten gegen die Verpflichtung zu Heeres-, Hof- und Gerichtsdienst oder auch gegen mancherlei Naturalleistungen. Viele trugen freiwillig oder auch einem Zwang nachgebend einem mächtigen Herrn oder der Kirche, um deren Schutz in den unruhigen Zeiten zu erkaufen, ihr freies Eigentum zu Lehen oder zu Eigentum auf.
Andre bewog die Last des Heerbannes, sich und ihr Gut in Unterthänigkeit zu begeben. Andre gerieten in Unfreiheit, indem sie auf fremdem Grund und Boden sich niederließen, und als die königliche Macht und die alte Gauverfassung zerfielen, das Grafenamt und die Gerichtsbarkeit wie ein Privatrecht in den erblichen und veräußerlichen Besitz gewisser Familien kamen, dienten auch diese öffentlichen Rechte dazu, die ihnen unterworfenen Landleute in Unterthänigkeit zu bringen. Die sich steigernden öffentlichen Lasten und auch viele persönliche Privatverbindlichkeiten ¶
mehr
wurden in Form von dauernden Naturalleistungen auf den Grundbesitz gelegt, und vielfach wußte die Kirche ihren Anspruch auf allgemeine Zehntbarkeit durchzusetzen.
So legte sich ein dichtes Netz der mannigfachsten persönlichen und sachlichen Beschränkungen über das Grundeigentum
und dessen Besitzer.
Das ganze öffentliche Leben gründete sich auf das Lehnswesen (s. d.). Die Masse des Volkes stand in der
mannigfachsten Abhängigkeit von der bloßen Gutsunterthänigkeit bis zur Leibeigenschaft, und das Grundeigentum
war mit den verschiedensten
Lasten belegt. Daher die Gebundenheit des Hörigen an den Hof,
[* 12] die Verpflichtung desselben zum Gesindedienst, zu gemessenen
und ungemessenen Fronen, das Verbot, sich ohne Zustimmung des Herrn zu verheiraten, der Leibzins, das Erbrecht
des Herrn am ganzen Nachlaß oder doch am Besthaupt, die Zehnt-, Zins-, Gültpflichten der mannigfachsten Art, die Lehnsgelder
bei jeder Besitzveränderung in der besitzenden oder dienenden Hand, die Polizei- und Gerichtsgewalt des Gutsherrn.
Eine wichtige Gegenströmung lag in dem Aufblühen der Städte. Sie gewährten den Zuzüglern die persönliche Freiheit und stellten der auf dem Grundbesitz und dem Schwert beruhenden Macht des Adels eine auf bürgerliche Freiheit, auf Erwerbsthätigkeit und auf deren Frucht, das bewegliche Kapital, gegründete Kraft [* 13] gegenüber. Mannigfach zeigt sich der Einfluß des allmählich zunehmenden beweglichen Besitzes und des Eindringens des römischen Rechts: auch auf dem Land kam das gleiche Erbrecht beider Geschlechter zur Geltung, das Recht des Erben auf die Einziehung des veräußerten Guts schrumpfte zu dem Recht, in das Erwerbsgeschäft einzutreten (Näherrecht), zusammen.
Die Landesherren, Befestigung ihrer Macht und Erweiterung derselben zur Souveränität erstrebend, mußten zur Bekämpfung des Feudaladels sich auf die Bürger stützen und darauf denken, die Abhängigkeit der zahlreichsten Klasse der Bevölkerung von ihren Widersachern zu lösen. Die eigentliche Bedeutung des Lehnswesens aber schwand mehr und mehr, als der reisige Heerdienst durch die Söldner- und Milizheere mit Feuerwaffen, der Hof- und Gerichtsdienst des Adels durch die rechtsgelehrte Büreaukratie verdrängt wurde.
Zwar gelang es im 18. Jahrh. noch hier und da, Bauern in Hörige zu verwandeln. Aber in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts wurden in Baden, [* 14] in Österreich [* 15] und Preußen [* 16] die Bande der Hörigkeit gelockert oder ganz gelöst. Jedoch erst die französische Herrschaft in Deutschland [* 17] oder der Kampf zu ihrer Abschüttelung brachte die vollständige Befreiung. Die Zunahme der Bevölkerung, welche eine stärkere Erzeugung von Nahrungsmitteln erheischte, die Fortschritte des landwirtschaftlichen Betriebs, die Macht des darin angelegten Kapitals und die Verdrängung der Natural- durch die Geldwirtschaft, die volkswirtschaftlichen Lehren [* 18] der Physiokraten, Adam Smiths und seiner Anhänger, forderten dringend die Beseitigung auch aller jener Feudallasten, welche die freiere und kunstgemäßere Bewirtschaftung des Bodens unmöglich machten oder doch hemmten.
Diese Lasten sind denn auch, zum Teil erst infolge der Stürme von 1848, in Österreich und Deutschland mehrfach ohne Entschädigung
aufgehoben, zum überwiegenden Teil aber durch Ablösung (s. d.) beseitigt worden. Überhaupt hat die moderne Gesetzgebung
in konsequenter Weise die Freiheit des Grundeigentums
und die Sicherung einer möglichst freien Ausnutzung desselben zu einer
ihrer Hauptaufgaben gemacht (s. Agrarpolitik). Durch die Regelung des Grundbuchwesens ist zu dem den Rechtsverhältnissen
bezüglich des Grundeigentums
die gehörige rechtliche Sicherheit gegeben (s. Grundbücher).
In England war das Lehnswesen nie zu der Ausbildung gelangt wie in Deutschland; die Leibeigenschaft war im 16. Jahrh. verschwunden, ohne daß es einer gesetzlichen Maßregel bedurft hätte, und der Rest der Lehnslasten wurde nach der Restauration der Stuarts beseitigt. Dort hat sich das System des großen Grundbesitzes ausgebildet, welcher meist von Zeit- oder Erbpachtern bewirtschaftet wird. In Frankreich hatte das Feudalwesen eine ähnliche, vielleicht noch drückendere Entwickelung als in Deutschland.
Nachdem dessen politische Bedeutung durch das absolute Königtum vernichtet worden war: wurden die gesamten Feudallasten durch die erste Revolution beseitigt und die vollkommene Freiheit des Grundbesitzes hergestellt. Die ungeheure Vermögensumwälzung, welche jene zur Folge hatte, führte jedoch auch vielfach die weitgehende Zersplitterung des Grundbesitzes herbei, welche eine zweckmäßige und lohnende Bewirtschaftung nicht überall zuläßt. In den slawischen Ländern bestand Leibeigenschaft (s. d.) in ausgedehntem Umfang, daneben aber ein Gesamtbesitz der Bauerngemeinde an der ganzen Flur, die von Zeit zu Zeit neu verteilt wurde. Die Emanzipation der Leibeignen erfolgte unter Kaiser Alexander II. (s. Leibeigenschaft).
Statistisches.
Das Grundeigentum
ist zur Zeit in den Kulturländern sehr verschieden verteilt. Die Art der Verteilung selbst wurde
bedingt durch die Bodenverhältnisse, die Gestaltung der Technik und der gesamten wirtschaftlichen und politisch-sozialen
Entwickelung. Demgemäß ist auch der Begriff des großen und kleinen Grundbesitzes ein zeitlich und örtlich
verschiedener. So rechnet man zum Großgrundbesitz in Frankreich Besitzungen von 56, bez. 100 Hektar, in der Schweiz
[* 19] im Mittelland
25, im Gebirge 7 Hektar, während in England erst Besitzungen von 1000 und 1200 Hektar zu den großen gerechnet werden.
In England war über die Art der Verteilung des Grundbesitzes bis in die 70er Jahre hin nichts Zuverlässiges bekannt. Nach der Aufnahme von 1876 wurden ermittelt:
Klassen der Eigentümer | Zahl der Eigentümer | Größe des Landbesitzes | Abgeschätzter Jahresertrag | ||
---|---|---|---|---|---|
Hektar | Proz. | im ganzen Mill. Mk. | auf 1 Besitzer Mk. | ||
In England: | |||||
unter 0.4 Hektar | 703289 | 60469 | 0.5 | 580 | 820 |
0.4-400 Hektar | 257578 | 5666156 | 42.9 | 747 | 2900 |
400-4000 Hektar | 5115 | 5321689 | 40.2 | 460 | 80000 |
über 4000 Hektar | 293 | 2156922 | 16.4 | 140 | 480000 |
In Schottland: | |||||
unter 0.4 Hektar | 76732 | 8928 | 0.2 | 42 | 550 |
0.4-400 Hektar | 16158 | 580977 | 7.8 | 91 | 5600 |
400-4000 Hektar | 1425 | 1742160 | 23.1 | 77 | 54000 |
über 4000 Hektar | 326 | 5238217 | 68.9 | 60 | 180000 |
In Irland: | |||||
unter 0.4 Hektar | 36144 | 3645 | 0.3 | 27 | 700 |
0.4-400 Hektar | 28822 | 1738282 | 21.5 | 88 | 3000 |
400-4000 Hektar | 3453 | 3737856 | 46.2 | 100 | 30000 |
über 4000 Hektar | 292 | 2583240 | 32.0 | 52 | 180000 |
Die Besitzungen mit weniger als 0,4 Hektar sind vorwiegend städtische Grundstücke. Mehr als die Hälfte der Oberfläche Englands befindet sich im Besitz von 5000 Eigentümern, während 874 große Besitzer etwa ein Viertel des Landes innehaben. Der größte ¶
mehr
Grundbesitz umfaßt 72,000 Hektar mit einem Pachtertrag von 32 Mill. Mk. In Schottland beträgt der größte Besitz über 500,000 Hektar. 12 Großgrundbesitzer haben zusammen 1,735,889 Hektar (25 Proz.), 70 haben 37,600,000 Hektar (50 Proz.), und weniger als 1700 Personen teilen sich in neun Zehntel von ganz Schottland. Die größte Besitzung in Irland enthält 68,000 Hektar. Nahezu die Hälfte der Insel gehört 749 Eigentümern, und mehr als vier Fünftel des Landes werden von 3750 Eigentümern besessen. Nach einem dem Parlament 1872 vorgelegten Bericht lebten 1870 auf ihren Gütern 5589 Eigentümer von 3,552,219 Hektar; gewöhnlich oder beständig abwesend, aber doch in Irland waren 4842 Eigentümer von 2,086,106 Hektar, selten oder nie in Irland hielten sich 2973 Eigentümer von 2,151,668 Hektar auf.
Ganz anders als in England liegt die Sache in Frankreich. Hier herrscht der kleine Besitz vor. In den 60er Jahren zahlte man 3,225,877 Einzelwirtschaften, von denen jede im Durchschnitt 10,5 Hektar umfaßte. Von dem gesamten Grundbesitz hatten 56 Proz. der Güter einen Umfang bis zu 5 Hektar, 75,6 Proz. bis zu 10 Hektar, 30 Proz. von 5 bis 20 Hektar, und nur 4,8 Proz. waren 40 und mehr Hektare groß. Diese Verteilung war zunächst eine Folge der Revolution, dann des Grundsatzes der gleichen Erbteilung und endlich des zähen Festhaltens am einmal errungenen Grundbesitz. In England dagegen hat sich bei voller Testierfreiheit die Gewohnheit ausgebildet und behauptet, den Grundbesitz auf den ältesten Sohn zu vererben und durch das Entail (s. d.) auf längere Zeit zu binden.
In Österreich-Ungarn [* 21] ist der Grundbesitz sehr verschieden verteilt. Nach dem neuen Grundsteuerkataster gab es in den österreichischen Ländern 1883: 5,198,904 Grundbesitzer und kam im Durchschnitt auf einen Besitzer eine Grundfläche von 10 Joch (5,755 Hektar). Gegen die letzte Katasteraufstellung von 1857, wo diese Durchschnittsarea 14 Joch betrug, hat demnach eine bedeutende Grundzerstückelung stattgefunden. Am größten ist die durchschnittlich auf einen Besitzer entfallende Fläche in den Alpenländern (Salzburg [* 22] 35,9 Joch), am kleinsten im Küstenland (6,1 Joch), Mähren [* 23] und Galizien. In Ungarn [* 24] (ohne Kroatien und Slawonien) zählte man:
Grundbesitzer von 5-30 Joch 2348110 mit 15,0 Mill. Joch
Grundbesitzer von 30-200 Joch 118981 mit 6,7 Mill. Joch
Grundbesitzer von 200-1000 Joch 13748 mit 6,6 Mill. Joch
Grundbesitzer von 1000-10000 Joch 5195 mit 14,2 Mill. Joch
Latifundien über 10000 Joch 221 mit 3,9 Mill. Joch
In Deutschland herrscht der Großgrundbesitz vor im Nordosten: Ost- und Westpreußen, [* 25] Schlesien, [* 26] Posen, [* 27] Brandenburg, [* 28] Pommern, [* 29] Mecklenburg. [* 30] In Mecklenburg-Schwerin gehören von der gesamten Oberfläche des Landes 42,3 Proz. der Ritterschaft, 42,3 Proz. dem Domanium, 10,8 Proz. Städten und 3 Proz. Klöstern. Der Grundbesitz von mittlerer Größe ist mehr vertreten in Schleswig-Holstein, [* 31] Hannover, [* 32] Braunschweig, [* 33] Oldenburg, [* 34] Westfalen, [* 35] Sachsen, [* 36] Thüringen, Bayern [* 37] und Elsaß-Lothringen. [* 38] Dagegen überwiegt der kleine in Württemberg, [* 39] Baden, Hessen, [* 40] Pfalz, Rheinland und Hessen-Nassau. [* 41] Es umfaßt durchschnittlich ein land- und forstwirtschaftliches Besitztum
in Westdeutschland (Westfalen, Rheinland, Hessen-Nassau, Rheinpfalz) | 4.23 Hektar |
in Süddeutschland (Bayern, Württemberg) | 5.74 Hektar |
in Mitteldeutschland | 11.87 Hektar |
in Ostdeutschland (Schlesien, Brandenburg) | 16.36 Hektar |
in Norddeutschland (Hannover, Pommern) | 20.93 Hektar |
Nähern Aufschluß im einzelnen geben die Erhebungen von 1882. Nach denselben ergeben sich:
Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe überhaupt | Die Betriebe mit einem Flächenumfang von | ||||
---|---|---|---|---|---|
unter 1 Hektar | 1 bis 10 Hektar | 10 bis 100 Hektar | 100 Hektar u. mehr | ||
nehmen von der Gesamtfläche ein Prozente | |||||
Ostpreußen | 188179 | 1.0 | 9.3 | 51.1 | 38.6 |
Westpreußen | 134026 | 1.3 | 9.1 | 42.5 | 47.1 |
Stadt Berlin | 1739 | 7.9 | 27.3 | 48.4 | 16.4 |
Brandenburg | 261101 | 2.0 | 13.7 | 48.0 | 36.3 |
Pommern | 169275 | 1.3 | 10.1 | 31.2 | 57.4 |
Posen | 165785 | 1.4 | 10.8 | 32.5 | 55.3 |
Schlesien | 366616 | 1.9 | 26.5 | 37.1 | 34.5 |
Sachsen | 285681 | 3.2 | 19.8 | 50.0 | 27.0 |
Schleswig-Holstein | 137133 | 0.8 | 10.6 | 72.2 | 16.4 |
Hannover | 328739 | 2.9 | 26.9 | 63.3 | 6.9 |
Westfalen | 305009 | 4.3 | 33.1 | 57.8 | 4.8 |
Hessen-Nassau | 199369 | 4.4 | 48.6 | 40.3 | 6.7 |
Rheinland | 485332 | 5.5 | 52.0 | 39.8 | 2.7 |
Hohenzollern | 12212 | 1.9 | 52.1 | 43.4 | 2.6 |
Preußen: | 3040196 | 2.2 | 19.8 | 46.3 | 31.7 |
Ober-, Mittel- und Unfranken ^[richtig Unterfranken] | 238615 | 2.1 | 42.5 | 53.3 | 2.1 |
Ober- u. Niederbayern, Schwaben, Oberpfalz | 335782 | 0.8 | 29.5 | 67.4 | 2.3 |
Rheinpfalz | 107124 | 5.8 | 60.9 | 31.0 | 2.3 |
Bayern: | 681521 | 1.6 | 35.6 | 60.5 | 2.3 |
Königreich Sachsen | 192921 | 3.0 | 25.7 | 57.2 | 14.1 |
Württemberg | 308118 | 3.9 | 51.9 | 42.2 | 2.0 |
Baden | 232287 | 4.6 | 62.3 | 31.3 | 1.8 |
Hessen | 128526 | 4.9 | 54.4 | 35.8 | 4.9 |
Mecklenburg-Schwerin | 93097 | 2.2 | 6.9 | 31.0 | 52.9 |
Sachsen-Weimar | 40203 | 2.6 | 34.0 | 51.4 | 12.0 |
Mecklenburg-Strelitz | 17721 | 2.3 | 4.5 | 32.2 | 61.0 |
Oldenburg | 58026 | 1.8 | 29.0 | 65.8 | 3.4 |
Braunschweig | 53611 | 5.2 | 21.8 | 55.1 | 17.9 |
Sachsen-Meiningen | 31835 | 4.6 | 40.9 | 45.8 | 8.7 |
Sachsen-Altenburg | 16208 | 2.5 | 25.1 | 64.9 | 7.5 |
Sachsen-Koburg-Gotha | 26403 | 4.2 | 34.8 | 49.5 | 11.5 |
Anhalt | 29800 | 4.4 | 18.6 | 42.0 | 35.0 |
Schwarzb.-Sondersh. | 11137 | 3.9 | 34.8 | 43.1 | 18.2 |
Schwarzb.-Rudolstadt | 12503 | 6.0 | 39.4 | 43.0 | 11.6 |
Waldeck | 9455 | 2.6 | 27.7 | 58.6 | 11.1 |
Reuß ältere Linie | 3992 | 3.1 | 30.9 | 56.7 | 9.3 |
Reuß jüngere Linie | 8519 | 3.1 | 30.6 | 56.5 | 9.8 |
Schaumburg-Lippe | 6433 | 6.7 | 34.6 | 53.7 | 5.0 |
Lippe | 23321 | 8.3 | 29.4 | 54.3 | 8.0 |
Lübeck | 3915 | 2.8 | 8.8 | 67.6 | 20.8 |
Bremen | 6185 | 4.8 | 22.4 | 72.8 | - |
Hamburg | 6543 | 4.2 | 13.7 | 71.5 | 10.6 |
Elsaß-Lothringen | 233866 | 5.0 | 51.8 | 35.9 | 7.3 |
Deutsches Reich: | 5276344 | 2.4 | 25.6 | 47.6 | 24.4 |
Die Frage, ob großer oder kleiner Grundbesitz im Gesamtinteresse vorteilhafter sei, läßt keine unbedingte allgemein gültige Lösung zu. Auch kommen für dieselbe nicht allein die Gestaltung der Technik und die Höhe der Rente bei verschiedenem Besitzumfang, sondern auch sozialpolitische Erwägungen in Betracht, wobei insbesondere auch noch die Frage von Bedeutung ist, in welcher Form der Grundbesitz auftritt, ob als Besitz der Toten Hand, der Kirche, überhaupt öffentlicher Anstalten, des Staats, der Gemeinde, als Besitz von genossenschaftlichen Verbänden oder als Besitz einzelner Familien und physischer Personen. Im allgemeinen erweist sich ausschließliches oder vorherrschendes Vorkommen von großen Gütern für die Dauer unhaltbar, wie überhaupt der Gegensatz zwischen einer kleinen Zahl von Überreichen und einer großen Masse Besitzloser. Wo das ¶