Gros
,
Zählmaß, s. Groß.
Gros
827 Wörter, 5'673 Zeichen
Gros,
Zählmaß, s. Groß.
Gros
(franz., spr. gro, weibl.
grosse
), groß, stark, dick, grob;
Hauptmasse, daher Gros
d'armée, der Hauptteil eines
Heers ohne die
Avantgarde,
Arrieregarde
und sonstige Detachierungen;
überhaupt etwas im großen und ganzen als Gesamtheit, vgl.
En gros. Gros
mit einem Zunamen heißen
ferner viele seidene, auch halbseidene
Gewebe,
[* 2] besonders die dichtesten taftartigen mit zweifädiger
Kette
und zwei- bis sechsfädigem
Schuß;
sie sind zum Teil sehr stark im Faden [* 3] und zeigen deshalb eine Art regelmäßiger Körnung auf der Oberfläche oder erscheinen gerippt, wenn dicke mit dünnen Fäden wechseln;
dahin gehören z. B. Gros
de
Berlin,
[* 4] Gros
de
Naples, Gros
de
Tours,
[* 5] Gros
d'Orléans, Gros grain (starker
Lyoner Seidenstoff) etc., während Gros
linon ordinäre
gestreifte Futtergaze ist.
Gros
(spr. gro),
Antoine
Jean,
Baron, franz.
Maler, geb. zu
Paris,
[* 6] Sohn eines Miniaturmalers, trat 1785 in die
Schule
Davids, ging, ohne den römischen
Preis erhalten zu haben, 1793 nach
Italien,
[* 7] wo er kümmerlich sein
Dasein fristete, bis er 1796 in
Genua
[* 8] der Gemahlin
Bonapartes und durch diese dem letztern bekannt wurde. Zu seinem ersten
größern
Bild wählte er die
Szene auf der
Brücke
[* 9] von
Arcole, wie
Bonaparte mit der
Fahne in der
Hand
[* 10] seinen
Grenadieren voran
den feindlichen
Geschützen entgegenstürmt. Durch dieses
Bild erwarb sich Gros
die
Gunst
Bonapartes und ward
¶
1797 zum Mitglied der Kommission ernannt, welche in den italienischen Städten die im Friedensvertrag stipulierten Gemälde
und Antiken für die Sammlungen des Louvre auszuwählen hatte. Durch den Wechsel des Waffenglücks 1799 von Mailand
[* 12] vertrieben,
begab er sich nach Genua, wo er während der Belagerung der Stadt ausharren mußte, bis es ihm endlich
gelang, Marseille
[* 13] zu erreichen, von wo er 1801 in Paris wieder anlangte. Das erste größere Werk, welches er hier schuf, war
Bonapartes Besuch bei den Pestkranken in Jaffa (1804, im Louvre), ein meisterhaft komponiertes und ausgeführtes Gemälde,
welches in seiner krassen Schilderung des Motivs als Vorläufer der koloristisch-romantischen Richtung zu
betrachten ist. 1806 folgten die Schlacht bei Abukir und 1808 Napoleon auf dem Schlachtfeld von Eylau (Paris, Louvre), Bilder, in
welchen sich Gros
als volkstümlichen Maler zeigt, da die kriegerische Begeisterung der Nation sich darin widerspiegelt. In dieselbe
Zeit gehören noch folgende Bilder: Bonaparte bei den Pyramiden, die Schlacht bei Wagram,
[* 14] die Einnahme von
Madrid,
[* 15] die aber alle mehr schmeichlerische Glorifikationen eines sieggekrönten Herrschers als Ausflüsse patriotischer
Erhebung sind.
Nach der Rückkehr der Bourbonen mußte er andre Stoffe wählen, bei deren Auswahl und Behandlung er sich lediglich von den Wünschen des Hofs leiten ließ. Hierher gehören: Karl V. und Franz I. in der Gruft von St.-Denis, vom Künstler selbst sein »bouquet« genannt und in der That durch Kolorit und Charakteristik hervorragend (Paris, Louvre), die Abreise Ludwigs XVIII. nach Gent [* 16] Museum zu Versailles) [* 17] und die Einschiffung der Herzogin von Angoulême im Hafen von Bordeaux [* 18] Großartiger sind seine Malereien in der Kuppel des Panthéon, welche, 1824 vollendet, ihm die Würde eines Barons eintrugen. Er stellte hier in Öl auf Kreidegrund die heil. Genoveva als Beschützerin des französischen Throns und dessen Hauptrepräsentanten, Chlodwig, Karl d. Gr., Ludwig den Heiligen und Ludwig XVIII., der Patronin huldigend, dar.
Weit weniger Schwung zeigen zwei Plafonds allegorischen Inhalts in den Sälen des Museums Karls X. von 1827: der Genius Frankreichs,
die schönen Künste und Wissenschaften beschützend, und der auf Tugend gegründete wahre Ruhm. Gros
hatte sich ebenso schnell
die Gunst der Bourbonen wie die Napoleons I. zu verschaffen gewußt. Seit 1816 ward er rasch nacheinander
Mitglied des Instituts, Rat der königlichen Museen, Professor an der École des beaux-arts und 1828 Offizier des Ordens der Ehrenlegion.
Zuletzt kehrte er, durch einen falschen Ratschlag Davids verführt, wieder zu der akademisch-klassizistischen Richtung zurück, aber seine hierher einschlagenden Gemälde: Ariadne auf Naxos, Herkules und Diomedes, Acis und Galathea u. a. wurden von der öffentlichen Meinung einstimmig verworfen. Der Künstler verfiel deshalb in Schwermut und ertränkte sich in der Seine. hat zahlreiche Schüler gebildet. Er war einer der hervorragendsten Historienmaler Frankreichs, ausgezeichnet durch Reichtum der Phantasie, große Kraft [* 19] des Ausdrucks und dramatische Bewegung, namentlich aber bedeutsam als der Vermittler der klassizistischen Schule mit der romantischen, wie denn Géricault auf das Studium der »Schlacht von Nazareth« den höchsten Wert legte.
Vgl. J. B. ^[Jean Baptiste] Delestre, Gros
, sa vie et ses ouvrages (Par. 1867);
J. ^[Justin] Tripier le Franc, Histoire de la vie et de la mort du baron Gros (das. 1878);
Graul in Dohmes »Kunst und Künstler des 19. Jahrhunderts« (Leipz. 1885).