Goldsmith
(spr. gohld-), Oliver, engl. Dichter und Geschichtschreiber, geb. im irischen Dorfe Pallas in der Grafschaft Longford, der Sohn eines Geistlichen, der zwei Jahre später nach dem freundlichen Lissoy übersiedelte, wo der Knabe jenen Sinn für landschaftliche Schönheit empfing, der einigen seiner Gedichte so sehr zum Vorteil gereicht. Von Verwandten unterstützt, erhielt er eine ziemlich unregelmäßige Vorbildung und bezog 1745 als Sizar (Armenstudent) das Trinity College zu Dublin, [* 2] wo er 1749 Magister artium wurde.
Als er sich aber einige Jahre darauf um ein geistliches
Amt bewarb, wurde er abgewiesen, eine Demütigung, die ihn bestimmte,
seine
Familie heimlich zu verlassen und nach
Amerika
[* 3] auszuwandern. Das
Schiff,
[* 4] auf
dem er einen Platz gemietet, stach aber ohne
ihn in
See, und von allen
Mitteln entblößt, kehrte er heim. Seine Verwandten statteten ihn zum zweitenmal für die
Universität
aus, und Goldsmith
begab sich 1752 nach
Edinburg,
[* 5] um
Medizin zu studieren. Von da wandte er sich nach
Leiden,
[* 6] wo er sein
Studium vollendete,
und durchwanderte sodann
Frankreich, die
Schweiz
[* 7] und
Italien;
[* 8] er befand sich in dürftigster
Lage und erwarb
sein
Brot
[* 9] zum Teil durch Flötenspiel, in
Italien durch Beteiligung an gelehrten
Disputationen. In
Padua
[* 10] soll er die Doktorwürde
erlangt haben. 1756 nach
London
[* 11] zurückgekehrt, versuchte er sich in verschiedenen Lebensstellungen, als Apotheker,
Arzt,
Lehrer
und Schriftsteller.
Letzterm
Beruf widmete er sich endlich ausschließlich, indem er teils Lohnarbeiten für Buchhändler
ausführte, teils selbständige Werke schuf. Allmählich besserte sich seine
Lage; mancherlei
Verbindungen und Erfolge hoben
ihn, indessen kam er bei seiner kindlichen Gutmütigkeit und seinem Hang zum
Vergnügen nicht aus den
Schulden heraus. Er starb Goldsmiths
belletristischer
Ruhm knüpft sich vorzugsweise
an drei Werke: das Gedicht »The traveller« (1764),
zu dem er den Plan schon auf jener Wanderung faßte, eine Art Reisebeschreibung, in welche Betrachtungen mancherlei Art verwebt sind;
die Elegie »The deserted village« (1770; beide deutsch von A. v. Bohlen, Berl. 1869),
welche die einst glücklichen Zustände eines Dorfes schildert, das der von langer Wanderung heimkehrende Dichter verödet und verlassen wiederfindet, und der idyllische Familienroman »The vicar of Wakefield« (1766; oft übersetzt, z. B. von Susemihl, Leipz. 1841; Eitner, Hildburgh. 1867), worin das Glück der Häuslichkeit, Leid und Freude eines engen Familienkreises, einfach und natürlich dargestellt wird.
Namentlich das letzte Werk fand überall begeisterte Aufnahme und wurde auch auf die deutsche Litteratur von Einfluß. Als dramatischer Dichter bewährte sich in den Lustspielen: »The goodnatured man« (1767 geschrieben) und »She stoops to conquer« (1772; wiederholt nachgeahmt, z. B. von Schröder: »Irrtum auf allen Ecken«). Bedeutend ist auch als Essayist, da ihm in besonderm Grade die Fähigkeit eigen war, in leichter, anregender Weise über die verschiedensten Gegenstände zu schreiben.
Die in Wochenschriften zerstreuten Aufsätze erschienen als »Essays« (1765; deutsch, Bas. 1780); unter ihnen befinden sich die Erzählungen: »Asem« und »History of a strolling player«. Daran schließen sich »Enquiry into the present state of polite learning in Europe« (1759),
das schonunglos ^[richtig: schonungslos] die Mißstände aufdeckt, unter denen das zeitgenössische Litteratentum krankte, und die später im »Citizen of the world« (1762; deutsch, Leipz. 1781) wiederholten »Chinese letters«, in denen in der Weise von Montesquieus Perser einen Chinesen Betrachtungen über England und die Engländer anstellen läßt. Seine historischen Arbeiten: »History of England in a series of letters from a nobleman to his son« (1762),
»Roman history« (1769, 2 Bde.; deutsch von Kosegarten, Leipz. 1792-1802, 4 Bde.),
»History of England« (1771, 4 Bde.; deutsch von Schröckh, Leipz. 1774-76),
»History of
Greece« (1773, 2 Bde.; deutsch, Leipz.
1807) sind Kompilationen und nicht immer zuverlässig. Eine ähnliche
Darstellung der
Naturgeschichte: »History of the earth
and animated nature« (1774; neue Aufl. von Turton, 1816), hinterließ er unvollendet. Auch
eine
Encyklopädie der
Künste und
Wissenschaften, die Goldsmith
mit
Garrick,
Johnson und dem
Maler
Reynolds herausgeben
wollte, blieb unausgeführt. Eine Sammlung seiner poetischen Werke erschien zuerst
London 1780 in 2
Bänden, dann 1786 und
öfter; auch seine »Miscellaneous works« erschienen wiederholt
(Perth 1792, 7 Bde.; Edinb.
1821, 4 Bde., u. ö.); die vorzüglichsten
Ausgaben sind die von
Prior (1836, 6 Bde., mit
Biographie) und von P.
Cunningham (Lond. 1854, 4 Bde.;
New York 1882, 4 Bde.). Die beste deutsche Übersetzung der
poetischen Werke Goldsmiths
lieferte
Adolf
Böttger (Leipz. 1843).
Vgl.
Forster, Life and adventures of Oliver Goldsmith
(6. Aufl.,
Lond. 1877);
Karsten, Oliver Goldsmith
(Straßb. 1873);
Laun, Oliver Goldsmith
(Berl. 1876);
Black, Oliver Goldsmith
(Lond. 1879).