Gesponnenes
Glas, [* 2] s. Glasspinnerei.
Gesponnenes Glas
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Gesponnenes
Glas, [* 2] s. Glasspinnerei.
Glasspinnerei,
die Kunst, Glas in sehr feine Fäden zu verwandeln, welche nach Art der gewöhnlichen Gespinstfasern
[* 4] benutzt
werden können. Glas
faden wurden schon in ägyptischen Glashütten, später auch in Venedig
[* 5] erzeugt; an letzterm Ort erfand
man das Verfahren, das Ende des auszuziehenden Glas
rohrs an dem Umfang eines schnell rotierenden Rades zu
befestigen, und bald darauf zog man Glas
stäbe vor der Lampe
[* 6] zu dünnen Fäden aus und verarbeitete diese in der Hitze zu den
sogen. gewickelten Perlen.
Dünnere Fäden wurden zu Reiherbüschen und allerlei Flechtarbeiten verwendet. Die venezianischen Glas
spinner fanden in Paris,
[* 7] Brüssel,
[* 8] Wien
[* 9] etc. vielfache Nachahmung, und namentlich die böhmischen Glas
kunstbläser fertigten aus
Glas
fäden allerlei Nippsachen. In Paris, Lyon
[* 10] und Mailand
[* 11] versuchte man nach 1830 Glas
fäden in fertige Seidenstoffe einzuführen
und fertigte glas
durchstickte Wandtapeten, Ornate etc. Nach 1850 gewann Brunfaut aus einem Glas von besonderer Zusammensetzung
(68,93 Kieselsäure, 1,96 Thonerde und Eisenoxyd, 9,82 Kalk, 0,49 Magnesia, 14,13 Natron, 3,92 Kali) Fäden von
0,010-0,006 mm Durchmesser, die sich, ohne zu brechen, flechten, weben, filzen, sogar strangweise knoten lassen und so weich
sind, daß hierbei etwa abbrechende Teilchen in die Haut
[* 12] nicht mehr eindringen.
Zur Gewinnung derselben zieht man von dem vor der Glasbläserlampe erweichten Ende eines Glas
stäbchens von
ca. 4 qmm einen Faden
[* 13] ab und befestigt das freie Ende desselben auf einer schmalen Trommel von ca. 1 m Durchmesser, welche in
einer Minute 6-700 Umdrehungen macht. Der auf der Trommel gesammelte Strang wird an einer Stelle aufgeschnitten (nicht abgehaspelt),
und man erhält also Fäden von etwa 3 m Länge. Diese Glasseide ist von außerordentlicher Schönheit, sehr
glänzend und kann zu allerlei Flechtwerk und Weberarbeit (Krawatten, Manschetten, Fransen, Damenhüte, Garnituren, Uhrketten
etc.) benutzt werden.
Ein Glas von besonderer Zusammensetzung liefert Glasseide, welche sich nach dem Aufschneiden auf der Trommel zu einer Spirale von 1/5 der Länge des Fadens kraust. Diese Glaswolle ist schneeig weiß, von blendendem Schimmer und sehr geringem Wärmeleitungsvermögen; sie erzeugt auf der Haut sofort ein Gefühl von Wärme [* 14] und ist deshalb als Gicht- und Rheumatismuswatte mit Erfolg gebraucht worden; man benutzt sie ferner zu Muffen, Kappen, Hüten, als Plüschbesatz, zu Straußfedern, Pleureusen und besonders ¶
als treffliches Filtriermaterial, welches von Chemikalien nicht angegriffen wird und leicht wieder zu reinigen ist. Die Glas
spinnerei, welche
bis jetzt nur über sehr wenige Farben verfügt, dürfte eine große Zukunft haben, sobald es gelingt, das Glas
gespinst von der
Trommel abzuhaspeln.
Vgl. Tscheuschner, Handbuch der Glasfabrikation [* 16] (Weim. 1884);
Herrmann, Miniaturbilder aus dem Gebiet der Wirtschaft (Halle [* 17] 1872).