Gentiana
L.
(Enzian, Bitterwurz),
Gattung aus der
Familie der Gentianaceen
, einjährige
Kräuter oder
Stauden mit gegenständigen, meist sitzenden, ganzrandigen Blättern, end- oder achselständigen, einzeln, gehäuft,
in
Doldentrauben oder
Rispen stehenden
Blüten und einfächeriger, zweiklappiger, vielsamiger
Kapsel. Etwa 180
Arten in den gemäßigten
Klimaten und auf den
Gebirgen der nördlichen
Halbkugel und den
Andes
Südamerikas, wenige
Arten in
Neuseeland.
Die meisten Gentianen blühen blau, doch kommen auch gelb, weiß und rot blühende
Arten vor; letztere sind auf die
Andes beschränkt,
blau blühende steigen im
Himalaja bis 5000 m hoch; die große
Mehrzahl findet sich in hügeligen und bergigen Gegenden, doch
dringen manche auch bis in die
Tropen vor. Die Gentianen zeichnen sich durch eleganten
Habitus und
Schönheit
der
Blüten aus und bilden einen Hauptschmuck der
Alpen.
[* 2] Gentiana
lutea L. (gemeiner oder großer
Enzian,
Fieberwurzel, Bitterwurz),
ausdauernd, wird 1,25 m hoch, hat halbumfassende, elliptische
Blätter und gelbe
Blüten in reichblütigen, achselständigen
Trugdolden, findet sich im mittlern und südlichen
Europa,
[* 3] auf Alpenmatten von 950-2000 m, von
Spanien
[* 4] und
Portugal bis zum
Thüringer Wald und
Kroatien.
Die wenig ästige, bis 60
cm lange, meist zolldicke
Wurzel
[* 5] ist als
Radix gentianae
offizinell. Sie ist außen gelblich oder
rötlichbraun, innen rot oder orangebräunlich, schmeckt zuerst etwas süß, dann stark und anhaltend
bitter, riecht schwach eigentümlich und enthält als besondere
Bestandteile Gentiansäure (Gentisin) C14H10O5 ,
welche in geschmacklosen, blaßgelben
Nadeln
[* 6] kristallisiert, in
Wasser sehr schwer löslich ist und über 300° sublimiert,
sowie Gentiopikrin C20H30O12 , welches in farblosen
Nadeln kristallisiert, leicht löslich in
Wasser, nicht flüchtig ist und beim
Kochen mit
Säuren in
Zucker
[* 7] und Gentiogenin gespalten wird.
Die Enzianwurzel wird häufig bei
Dyspepsie gebraucht; früher schrieb man ihr auch erhebliche
Wirkung als Fiebermittel zu,
doch hat sich diese nicht bestätigt. Die
Wurzel enthält kein
Stärkemehl, aber gärungsfähigen
Zucker; ein wässeriger
Auszug
derselben gärt und gibt dann bei der
Destillation
[* 8] den Enzianbranntwein, welcher in der
Schweiz
[* 9] und Süddeutschland
dargestellt wird. Gentiana
acaulis
L., ein ausdauerndes
Gewächs mit einblütigem
Stengel,
[* 10] am
Schlund nackter, prächtig blauer
Blumenkrone
und rosettenartig ausgebreiteten, steilen, weißlich geränderten Blättern, wächst auf den
Alpen und Voralpen Mitteleuropas
bis in die
Ebenen hinab und wird in
Gärten auch mit weißen oder gefüllten
Blumen kultiviert. Gentiana
amarella
L.
(Himmelsstengel,
Gentianellenkraut), einjährig, mit fünfspaltigen, im
Schlund gebarteten, dunkelblauen oder violetten
Blüten
in arm- oder reichblütigen
Rispen und sitzenden Blättern, findet sich auf
¶
mehr
feuchten Wiesen im nördlichen Europa sowie in Böhmen, [* 12] Sachsen, [* 13] Schlesien, [* 14] wurde früher wie das Tausendgüldenkraut angewendet.
Gentiana
pannonica Scop., mit wirtelständigen, schön braunpurpurroten Blüten, wächst auf Triften und Wiesen der Gebirge von den
Pyrenäen durch Österreich,
[* 15] Böhmen bis Ungarn.
[* 16] Die Wurzeln werden besonders in Österreich und Bayern
[* 17] statt der von
Gentiana
lutea L. gesammelt und angewendet und haben dieselbe Wirkung wie erstere. Gentiana
Pneumonanthe L. (Lungenenzian, Lungenblume,
blauer Dorant), mit einzelnen dunkelblauen Blüten, ist ausdauernd, wächst auf feuchten und grasreichen Wiesen durch Europa
bis Nordasien und galt früher für sehr heilkräftig. Gentiana
punctata L. mit wirtelständigen, gelben, rot punktierten
Blüten, wächst ausdauernd auf Wiesen in den Gebirgen Österreichs und der Schweiz, in Mähren und auf den
Sudeten. Die bittere Wurzel wird in Mähren und Salzburg
[* 18] häufig gesammelt und wie die der Gentiana
lutea angewendet. Dasselbe gilt
von Gentiana
purpurea L., ausdauernd, mit kopf- und wirtelständigen, sitzenden, bräunlich purpurroten, glockigen,
am Schlund nackten Blüten, wächst auf den Gebirgen Norwegens, der Schweiz, auf den Karpathen und Pyrenäen.
Mehrere Enzianarten werden wie andre Alpenpflanzen in Gärten kultiviert.