Geißelwimper
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s. Flimmerbewegung.
Geißelwimper
3 Wörter, 35 Zeichen
Geißelwimper,
s. Flimmerbewegung.
Schon im frühesten Beginn mikroskopischer Beobachtungen hatte man bemerkt, daß gewisse Infusorien, Rädertiere u. s. w. im Wasser schwebende Körperchen oder selbst Tierchen anzogen und abstießen, so daß sich diese wie in einem Strudel bewegten. Man sprach sogar von der Zauberkraft der Infusorien, bis man bei schärferer Beobachtung mit stärkern Vergrößerungen erkannte, daß diese Erscheinungen von höchst feinen Härchen oder Wimpern herrührten, welche sich in schwingender Bewegung befanden.
Später unterwarfen namentlich Purkinje und Valentin diese Verhältnisse einer genauern Untersuchung und erkannten, daß die Flimmerbewegung oder Wimperbewegung fast im ganzen Tierreiche, mit Ausnahme der Gliederfüßer, verbreitet sei. Seit dieser Zeit wurden die Beobachtungen vielfach erweitert und jetzt ist etwa Folgendes festgestellt: die Wimpern, welche die Flimmerbewegung erzeugen, sind sehr feine, mikroskopische, durchsichtige, meist haarförmige und bewegliche Fäden, stehen meist reihenweise und bei mehrzelligen Tieren stets auf besondern Zellen, sog. Wimperzellen, die von sehr verschiedener Gestalt, meist mehr oder minder keilförmig oder kegelförmig sind und fast immer einen deutlichen Kern haben. Die Zellen können vereinzelt stehen oder eine flächenförmige Ausbreitung zeigen; oft steht auf jeder Zelle [* 4] nur eine einzige Wimper, die zuweilen sehr groß ist und dann meist Geißel genannt wird; meist aber stehen auf derselben Zelle zahlreiche, höchst feine Wimpern.
Bei mehrzelligen Tieren finden sich die Wimperzellen stets auf der Oberfläche von Häuten und demnach ein Epithelium [* 5] (Flimmerepithel) bildend in sehr verschiedener Ausbreitung. Bald sind sie sowohl auf der ganzen äußern Körperfläche verbreitet (Turbellarien oder Strudelwürmer, die Larven der meisten niedern Seetiere), bald nur auf einzelnen Stellen derselben (z. B. Rädertiere), und die Infusorien werden nach der Stellung der Wimpern systematisch eingeteilt;
häufig flimmern alle innern und äußern Hautausbreitungen oder Auskleidungen von Höhlen, bald nur sehr beschränkte Gegenden, wie z.B. bei dem Menschen besonders die Nase, [* 6] die Luftröhre mit ihren Verzweigungen, die Gebärmutterschleimhaut, die Samenleiter und die Eileiter;
am allgemeinsten erhält sich die Flimmerbewegung auf den Atemorganen;
zuweilen findet sie sich in ganz geschlossenen Räumen (Ohrsack der Schnecken). [* 7]
Sie kann vom Willen durchaus unabhängig sein und dann auch nach dem Tode des Tiers oder in abgelösten Zellen bis zur Zersetzung der Zellen fortdauern oder dem Willen unterworfen sein und dann wesentlich zur Fortbewegung, zur Atmung oder zum Herbeischaffen der Nahrung dienen. Die unwillkürlich bewegten Wimpern schlagen stets in derselben Richtung und erzeugen so einen Strom, der kleine Gegenstände, Schleim u. s. w. fortbewegt; die willkürlich bewegten sind häufig in der Richtung ihrer Bewegung durchaus unbeschränkt.
Bei vielen Tieren sind sie die einzigen Bewegungsorgane (Infusorien, Rädertiere, Strudelwürmer, Larven zahlreicher niederer, nicht zum Stamme der Gliederfüßer gehöriger Wassertiere u.s.w.), bei andern dient der von ihnen erzeugte Strom zur Beischaffung der Nahrung, des Atemwassers, zur Wegschaffung der Ausscheidungen (Muscheln, [* 8] Moostierchen u. s. w.). Die Wimpern selbst stellen Fortsetzungen des Zelleninhalts, des Protoplasmas, über die Zellenwand hinaus vor, und ihre Bewegung ist dieselbe wie diejenige des Zelleninhalts. Gewisse Einwirkungen (Wärme, [* 9] Sauerstoff, elektrische Reize, verdünnte Alkalien u. s. w.) beschleunigen die Bewegung; unatembare Gase, [* 10] Säuren, Kälte verlangsamen sie.
Wie bei den Tieren findet sich auch die Flimmerbewegung bei niedern Pflanzen, besonders den Fortpflanzungszellen (Sporen) der Algen [* 11] und Pilze, [* 12] die man dann Schwärmsporen (Zoosporen) genannt hat. Auch hier findet sich bald nur eine, bald zwei Geißelwimpern, bald ein förmlicher Wimperüberzug, und mittels dieses bewegen sich diese Sporen eine Zeit hindurch im Wasser. –
Vgl. Engelmann, Über die Flimmerbewegung (Lpz. 1868).