die Austreibung der
Frucht mit den ihr zugehörigen Teilen aus dem Mutterleib.
BeimMenschen ist die Geburt mit Rücksicht
auf die Zeit, in welcher sie stattfindet, eine
Fehlgeburt (s. d.), wenn sie in den ersten 4
Monaten der
Schwangerschaft erfolgt;
eine unzeitige, wenn sie von da bis zu Ende des 7.
Monats, wo erst die
Lebensfähigkeit des
Kindes beginnt,
eintritt;
eine frühzeitige, wenn sie von da an bis vor
Ablauf
[* 2] des 10.
Mondes oder 9.
¶
eine rechtzeitige, wenn sie am Ende des 10. Mondmonats erfolgt;
eine überzeitige
oder Spätgeburt, wenn sie nach dieser Zeit erfolgt. In Bezug auf den Vorgang ist sie eine regelmäßige oder natürliche,
wenn sie von selbst geschieht, und kann als solche nach ihrem Verlauf wieder leicht oder schwer, schnell
oder langsam sein;
eine regelwidrige oder künstliche Geburt, wenn sie durch die Hand
[* 4] des Geburtshelfers bewerkstelligt wird.
Nach der Zahl der Kinder, welche geboren werden, teilt man die in eine einfache und eine mehrfache ein, und letztere wieder
in Zwillings-, Drillings-, Vierlingsgeburten etc. Nach dem Ausgang unterscheidet man die glückliche,
in welcher weder Mutter noch KindSchaden erleidet, von der unglücklichen. Nach dem Teil des Kindes, welcher zuerst geboren
wird, welcher also während der ganzen Geburt vorliegt, nimmt man Kopf-, Steiß-, Knie- und Fußgeburten an (s. weiter unten).
In der Querlage kann kein Kind geboren werden, sondern muß dann durch Wendung in eine der schon genannten
Lagen gebracht werden, bevor die Geburt stattfinden kann. Bei dem Geburtsvorgang sind zwei Hauptfaktoren ins Auge
[* 5] zu fassen, nämlich
die Geburtsthätigkeit und der Mechanismus der Geburt Geburtsthätigkeit ist die im mütterlichen Körper stattfindende teils unwillkürliche,
teils willkürliche Bewegung, welche auf die Heraustreibung des Kindes hinwirkt. Mechanismus der Geburt ist
das Verhältnis, in welchem der Kindskörper zu den Geburtsteilen steht, und die Art und Weise, wie derselbe durch diese getrieben
wird.
Die Geburtsthätigkeit ist eine doppelte: eine unwillkürliche und willkürliche. Die unwillkürliche stellt sich als Wehe
dar, die willkürliche als das sogen. Verarbeiten der Wehen durch die Bauchpresse. Wehen sind unwillkürliche
zeitweise Zusammenziehungen der Gebärmutter
[* 6] behufs Austreibung der Frucht; sie sind im Grunde der Gebärmutter am stärksten,
im Körper stärker als nach dem Hals hin, so daß dadurch der Muttermund erweitert und die in der Gebärmutterhöhle enthaltene
Frucht nach dem Muttermund hin- und durch ihn durchgedrängt wird.
Die Wehen sind mit Schmerz verbunden. Dieser fängt meist in der Lendengegend und im Kreuz
[* 7] an und zieht sich drängend nach
vorn zu der untern Bauchgegend, durch das Becken zu den äußern Geschlechtsteilen und erstreckt sich endlich bis zu den Schenkeln
herab. Er ist aber nie ein anhaltender, sondern ein aussetzender und in gewissen Zwischenräumen wiederkehrender.
Im Anfang der Geburt sind die Zwischenräume zwischen den einzelnen Wehen länger, die Wehen selbst dauern aber nur kurz an und
sind schwach; mit wachsender Kraft
[* 8] der Wehen aber folgen sie auch schneller aufeinander, es verkürzen sich
daher die schmerzfreien Zwischenräume, und die einzelne Wehe selbst dauert länger.
Außer den Zusammenziehungen der Gebärmutter wirken bei der auch das Zwerchfell und die Bauchmuskeln mit: ersteres, indem
es sich zusammenzieht, um die Bauchpresse wirksam zu machen, letztere, indem sie von vorn und seitlich auf die Gebärmutter
drücken. Die Mitwirkung genannter Muskeln
[* 9] zur Geburt ist teilweise unwillkürlich, kann aber willkürlich
gesteigert und geregelt werden, wodurch das Verarbeiten der Wehen herbeigeführt wird. Es besteht darin, daß die Gebärende
unter Anhalten des Atems mit angezogenen Schenkeln und fest aufgestemmten Füßen nach unten drängt, wobei mit vorschreitender
Geburt allmählich fast alle willkürlichen MuskelnAnteil nehmen.
Der Geburtsvorgang zerfällt in drei bestimmte, regelmäßig wiederkehrende
Zeiträume (Geburtsperioden). Die erste Periode,
die Eröffnungsperiode, schließt mit der vollständigen Erweiterung des Muttermundes ab. Dann folgt der Durchtritt des vorliegenden
Kindsteils durch das Becken und die äußern Genitalien und darauf die Ausstoßung des ganzen Kindskörpers. Dies ist die
Austreibungsperiode. An sie schließt sich die Nachgeburtsperiode, in welcher die Nachgeburt ausgestoßen wird.
Die Eröffnungsperiode beginnt mit dem Eintritt der ersten Wehen, also mit den ersten fühlbaren Zusammenziehungen der Gebärmutter.
Die Zusammenziehungen selbst sind mehr lästig und beschwerlich als schmerzhaft und bestehen in einem Gefühl, als werde der
Unterleib in seinem ganzen Umfang gepreßt. Zugleich stellt sich ein empfindliches Ziehen in der Beckengegend
und im Kreuz ein, welches bis zum Schoß zu gehen scheint. Diese Empfindungen dauern nur kurze Zeit an und kehren nach längern
Pausen, allmählich an Stärke
[* 10] zunehmend, wieder. Es sind dies die Vorboten der Geburt, vorhersagende Wehen
(dolores praesagientes).
Die Wehen werden heftiger, folgen rasch aufeinander und führen zur Erweiterung des Muttermundes als dolores praeparantes oder
vorbereitende Wehen. Während einer jeden Wehe wird das in den Eihäuten sich befindende Fruchtwasser gegen den immer mehr sich
erweiternden Muttermund getrieben, so daß die Eihäute, wie eine kleine Halbkugel gespannt, in die Scheide
hereinragen: »die Blase stellt sich«. Kehren nun die Wehen heftiger und häufiger wieder, so treiben sie die Blase durch den
etwa vier Finger breit geöffneten Muttermund so tief in die Mutterscheide herab, daß sie bis zum Bersten gespannt ist. Bei
wiederkehrenden Wehen springt jetzt die Blase (Blasensprung), und der Teil des Fruchtwassers, welcher sich
zwischen Kopf und Eihäuten befand, fließt ab. Zuweilen erfolgt der Blasensprung auch erst später. - In der nun folgenden
Austreibungsperiode werden die Wehen immer heftiger und anhaltender, die freien Zwischenräume zwischen denselben immer kürzer.
Die Gebärende unterstützt sie durch Anstrengungen der willkürlichen Muskeln, insbesondere des Zwerchfelles
und der Bauchmuskeln. Diese Wehen treiben den Kopf des Kindes durch die eingerissenen Eihäute in den Muttermund, bis sein größter
Umfang von dem Muttermund umgeben wird: »der Kopf steht in der Krönung«. Endlich wird der Kopf so tief in die Beckenhöhle herabgetrieben,
daß er hinter der Schamspalte und, während der Wehe, zwischen den Schamlefzen sichtbar wird. Da die
Wehen in dieser Geburtszeit das Kind zur Geburt vortreiben, so heißen sie Geburts- oder Treibwehen (dolores ad partum).
Mit dem Austritt des Kindskopfes aus dem Muttermund werden die Wehen äußerst schmerzhaft, setzen anfänglich nur ganz kurz
aus und folgen, immer rascher wiederkehrend, zuletzt unmittelbar aufeinander. Der ganze Körper der Gebärenden
nimmt daran teil; daher zittern oft Arme, Beine und Unterleib, der Blick wird wild und blitzend, der Atem kurz und keuchend, das
Gesicht
[* 11] schwitzt heftig, und die Gebärende ist genötigt, laut zu schreien. Diese Wehen heißen Austrittswehen oder, da
sie den ganzen Körper erschüttern, Schüttelwehen (dolores conquassantes). Anfangs treiben diese Wehen den Kopf so gegen die
Schamspalte, daß die Schamlefzen auseinander weichen, das Mittelfleisch zwischen After und Schamspalte sich ausdehnt und ein
Teil des Kopfes äußerlich sichtbar wird: »der Kopf ist im Einschneiden«. Nach der Wehe weicht der Kopf aber
wieder zurück, und das Mittelfleisch wird wieder schlaff. Häufigere
¶
mehr
und anhaltend drängende Wehen treiben endlich den Kopf so hervor, daß, indem der Hinterkopf sich am Schoßbogen anstemmt,
das Gesicht über das Mittelfleisch hervorgleitet; man sagt: »der Kopf ist im Durchschneiden«. Jetzt sind die Wehen am schmerzhaftesten
und die Gebärenden in größter Aufregung, bisweilen werden sie auch besinnungslos. Endlich drängt die
Wehe den Kopf gänzlich durch die Schamspalte hervor. Nun lassen die Schmerzen etwas nach, und es tritt eine Pause ein. Bald aber
folgen neue, minder schmerzhafte Wehen, welche den übrigen Körper meist schnell und leicht austreiben, wobei auch das übrige
Fruchtwasseraustritt. - Nach einer kurzen Ruhezeit tritt jetzt die Nachgeburtsperiode auf.
Die Gebärmutter zieht sich zusammen, es zeigt eine mehr oder weniger starke Blutung aus den Geschlechtsteilen die Lösung der
Nachgeburt an, und es stellen sich wieder Wehen ein, die Nachgeburtswehen, welche zum Ausstoßen der Nachgeburt führen. Hiermit
ist die ganze Geburt vollendet, und es beginnt das Wochenbett (s. d.). Die Dauer der Geburt wie ihrer einzelnen
Perioden ist höchst verschieden. Die mittlere Dauer einer normalen Geburt dürfte auf etwa 6 Stunden zu veranschlagen sein. Oft
dauert die Geburt aber viel länger, 12-24 Stunden, namentlich bei Erstgebärenden. S. Geburtshilfe.
Bei Tieren gehen der Geburt verschiedene Anzeigen vorher: Anschwellen der Scham mit Erweiterung
der Schamspalte, Ausfluß
[* 13] einer schleimigen Flüssigkeit, Erschlaffung der Kreuzsitzbeinbänder, Einfallen der Kruppe neben der
Schwanzwurzel, Anschwellung der Milchdrüsen und Austritt einer zähen gelben Flüssigkeit aus den Zitzenöffnungen. Stuten
legen sich gewöhnlich einige Tage vor dem Gebären nicht mehr. Der Eintritt der Geburt gibt sich durch Unruhe
des Tiers, öfteres Hin- und Hertreten, öfteres Niederlegen, Wedeln mit dem Schweif etc. kund, welche Erscheinungen, durch schmerzhafte
Zusammenziehungen der Gebärmutter (Vorwehen) hervorgerufen, in kürzern oder längern Zwischenräumen wiederkehren.
Beim Beginn der Geburt legen sich Stuten meistens auf die rechte Seite, Schafe
[* 14] entfernt von andern mit dem Rücken
gegen die Wand; Sauen pflegen sich ein Lager
[* 15] zu bereiten. Dann folgen die vorbereitenden Wehen, wobei der Muttermund geöffnet
wird und ein Teil der Eihäute in die Scheide eintritt und in dieser wie eine Blase erscheint. Beim weitern Vordrängen der
Jungen platzt die Blase, und das Fruchtwasser fließt ab (Wassersprung). Darauf werden die Zusammenziehungen
der Gebärmutter stärker, auch das Zwerchfell und die Bauchmuskeln kontrahieren sich stark, und durch diese eigentlichen Geburtswehen
wird die Frucht durch Muttermund und Scheide nach außen befördert.
Bei normaler Lage der Frucht treten erst beide Vorderfüße und auf und zwischen diesen liegend der Kopf hervor. Das
Durchtreten des Kopfes verursacht den Tieren die größten Schmerzen. Wenn derKopf herausgetreten ist, halten die Wehen gewöhnlich
einen Augenblick an, kehren jedoch bald wieder, wenn das Tier nicht zu sehr erschöpft ist. Bei Stuten wird die Geburt meist sehr
schnell, oft in 5-10 Minuten vollendet. Der Nabelstrang reißt in der Regel bei der Geburt oder, wenn das Muttertier
nach der Geburt aufsteht, ab; Fleischfresser beißen auch wohl den Nabelstrang ab. Die Oberfläche der Jungen bedeckt eine nasse
käsige Masse (vernix caseosa), welche von der Mutter abgeleckt wird.
Werden von einem Tier mehrere Junge geboren, so treten bald nach der Geburt des ersten neue Wehen ein; die folgenden
Jungen werden leichter geboren. Bei Stuten
folgt bei einer Zwillingsgeburt das zweite Junge nach etwa 10 Minuten, bei Schafen
und Ziegen nach etwa ½ Stunde, bei Kühen nach 1-2 Stunden; bei Schweinen folgen die einzelnen Ferkel gewöhnlich in Zwischenräumen
von ¼ Stunde, bei Fleischfressern noch schneller aufeinander. Ausnahmsweise werden von Kühen und von Schafen
die einzelnen Jungen in Zwischenzeiten von mehreren Tagen geboren.
Die Muttertiere erholen sich nach dem Gebären bald wieder und belecken das Junge. Wenn die Eihäute nicht sofort mit den
Jungen ausgeworfen wurden, so treten bald nach vollendeter Geburt wieder Wehen (Nachwehen) ein, um die Eihäute
auszustoßen (Nachgeburt). Bei Stuten, Schafen, Schweinen und Fleischfressern folgt die Nachgeburt gewöhnlich sehr bald nach
der Geburt, bei Kühen 1-2 Stunden, mitunter aber erst mehrere Tage nachher. Dieselbe ist, namentlich bei Schweinen, schnell zu beseitigen,
weil sie sonst zuweilen von den Tieren verzehrt wird. Sauen, welche die Nachgeburt verzehrt haben, fressen
hinterher oft die Ferkel. Die Geburt wird beiden Tieren durch Regelwidrigkeiten in der Lage oder Entwickelung der Jungen oftmals sehr
erschwert.
(lat. partus; frz. accouchement), derjenige Vorgang,
durch den die Leibesfrucht des Menschen aus dem mütterlichen Körper an die Außenwelt gelangt. (S. auch
Geburt der Tiere.) Die Geburt beginnt regelmäßigerweise, sobald die Frucht hinlänglich entwickelt ist, um außerhalb des Mutterleibes
ihrer Bestimmung vollkommen entsprechend fortleben zu können. Die menschliche Frucht ist in der 40. Woche nach der Empfängnis
reif. Zu dieser Zeit nun, und zwar in der Mehrzahl der Fälle nachts zwischen 12 und 3 Uhr,
[* 16] fängt die
Gebärmutteran sich zusammenzuziehen, was sich dem Gefühle der Schwangern durch Schmerzen ankündigt, die sich von der Kreuzgegend
nach dem untern Teile des Bauchs hin erstrecken und, wie die Zusammenziehungen selbst, anfangs nur mäßig,
vereinzelt
¶
mehr
und von kürzerer Dauer sind, allmählich aber immer heftiger, häufiger und anhaltender werden. Wegen dieser mit ihnen verbundenen
Schmerzen werden die Zusammenziehungen der Gebärmutter bei der Geburt Wehen genannt. Sie beginnen von dem obern geschlossenen Teile
der Gebärmutter und drängen dadurch die Frucht, die noch von den Eihäuten und den darin enthaltenen Flüssigkeiten
s. Embryo) ^[öffnende Klammer fehlt] umgeben und gewöhnlich mit ihrer Längsachse in der Längsachse der Gebärmutter gelegen
ist, nach dem untern offenen Teile derselben, dem Mutterhalse und Muttermunde, der dadurch erweitert und zum Durchgange der
Frucht vorbereitet wird.
Die Eihäute, durch die Flüssigkeit und den nachfolgenden Kindeskörper herabgedrängt, bilden im Muttermunde
eine angespannte elastische Blase, die zur allmählichen Erweiterung des Muttermundes viel beiträgt. Diese Blase, die nur in
manchen Fällen künstlich geöffnet werden muß, zerreißt endlich (Blasen- oder Wassersprung); die Flüssigkeit wird entleert,
und der vor der Öffnung liegende Teil des Kindes (in den meisten Fällen der Kopf desselben) tritt nun in
den Muttermund ein.
Hiermit ist die erstePeriode der Geburt, die sog. Eröffnungsperiode, während welcher die weichen Geburtsteile
eröffnet und für den Durchtritt des Kindes vorbereitet werden, beendet und es beginnt der zweite Geburtsabschnitt, die sog.
Austreibungsperiode, während welcher die Frucht durch die Geburtswege hindurchgetrieben und endlich ausgestoßen
wird. Durch die nachdrängenden Wehen wird das Kind immer weiter vorgeschoben, und daß dies nur sehr allmählich geschieht,
hat seine Ursache zum Teil in der eigentümlichen Gestalt des gekrümmten Kanals, den der untere Teil des weiblichen Beckens (s. d.)
darstellt.
Der Durchschnitt desselben ist zwar überall oval, aber der größte Durchmesser dieses Ovals hat an
verschiedenen Stellen des Kanals eine verschiedene Richtung. Nun hat zwar auch der Körper des Kindes am Kopfe und in der Gegend
der Schultern und Hüften eine ovale Gestalt, der größte Durchmesser liegt aber wiederum verschieden: am Kopfe von vorn
nach hinten, an Schultern und Hüften von rechts nach links, überdies ist der Beckenkanal nur gerade
so weit, daß das Kind bloß dann in ihn hineinpaßt, wenn die Teile seines Körpers so gestellt sind, daß ihr größter Durchmesser
genau in die Richtung des größten Durchmessers der verschiedenen Stellen des Kanals fällt.
Mit andern Worten: das Kind muß bei seinem Durchgang durch jenen Kanal,
[* 18] während es in gekrümmter Lage
vorwärts geschoben wird, zugleich auch immer etwas um seine Längsachse gedreht werden, sodaß es auf diesem Wege gewissermaßen
eine Spirallinie beschreibt. Auch die äußern Geburtsteile setzen dem Austritt des Kindes noch ein und zwar oft nicht
geringes Hindernis entgegen, indem sie dabei um ein Beträchtliches über ihre gewöhnliche Weite ausgedehnt werden müssen,
sodaß sie mitunter selbst Einrisse und andere Verletzungen erleiden. Während der Austreibungsperiode wirken außer den
Zusammenziehungen der Gebärmutter auch das Zwerchfell und die Bauchmuskeln mit, indem die Gebärende unter Anhalten des Atems
mit angezogenen Schenkeln und fest angestemmten Füßen nach unten drängt (sog.
Verarbeiten der Wehen).
Es ist somit eine in dem Baue des menschlichen Weibes begründete Notwendigkeit, daß das Gebären bei ihm nur langsam und
immer
mit einer gewissen Schwierigkeit erfolgt, während es bei den Tieren im allgemeinen infolge ihres geräumigen Beckens
leichter und schneller vor sich geht. Nachdem die Gebärmutter das Kind selbst auf die angegebene Weise
ausgetrieben hat, entleert sie noch die Organe, die vorher zur Ernährung und zum Schutze des Fötus dienten, aber schon während
der Geburt des Kindes gewisse Veränderungen erlitten haben, nämlich den sog. Mutterkuchen und dessen Anhängsel,
die durchrissenen Eihäute und einen Teil des Nabelstrangs (dritter Zeitraum der Geburt, sog. Nachgeburtsperiode).
Dieser Reste seines frühern Inhalts, die zusammengenommen Nachgeburt genannt werden, entledigt sich die Gebärmutter durch
neue, ebenfalls mit Schmerzen (Nachwehen) verbundene Zusammenziehungen, die zunächst den Mutterkuchen von der Innenfläche
der Gebärmutterschleimhaut vollends lostrennen, wobei aus den zerreißenden Gefäßen etwas Blut ergossen
wird, und ihn sodann nebst seinen Anhängseln ausstoßen, worauf die Gebärmutter sich selbst allmählich noch weiter zusammenzieht.
Dieser Abgang der Nachgeburt erfolgt meistens innerhalb einer halben bis ganzen Stunde nach der Geburt des Kindes; damit ist der
Geburtsvorgang beendet und es beginnt nun das Wochenbett (s. d.).
Das Gebären selbst ist demnach an und für sich ein physiol. Prozeß, d. h.
eine Verrichtung des weiblichen Körpers, die in seiner Natur und Bestimmung begründet ist. Zu dem regelmäßigen Verlaufe
der Geburt gehört aber, daß das Becken und die äußern Geburtsteile der Mutter regelmäßig gebaut seien, daß die Größe
der Frucht der Weite des Beckens entspreche, und daß die Lage der Frucht den Austritt durch dasselbe verstatte. Sind diese Bedingungen
erfüllt und tritt sonst kein störendes Moment ein, so verläuft die Geburt verhältnismäßig leicht, wenn auch nicht ohne Schmerzen,
in einer Zeit von 6 bis 12 Stunden.
Sie kann jedoch eines viel längern Zeitraums und viel bedeutenderer Anstrengung zu ihrer Vollendung
bedürfen, ohne regelwidrig zu werden, z. B. wenn das vorgerückte Lebensalter der Mutter eine größere Straffheit der Fasern
derselben bedingt, sodaß die Erweiterung des Muttermundes nicht so schnell erfolgt, wobei freilich auch die Schmerzen gesteigert
werden, selbst wenn eine oder mehrere jener Bedingungen nicht erfüllt sind, wird der Widerstand, den die
Geburt dadurch findet, noch oft durch geduldiges Abwarten der Naturhilfe überwunden, z. B.
bei unregelmäßig gebautem Becken der Mutter oder bei ungünstiger Lage des Kindes.
Ist dies jedoch der Natur nicht möglich, oder erfordern anderweite Umstände die Beschleunigung der Geburt, so
muß die Geburtshilfe (s. d.) einschreiten und eine künstliche Geburt vermitteln.
Andere bei der Geburt vorkommende Unregelmäßigkeiten beziehen sich auf die Länge der Zeit, welche die Frucht im Körper der
Mutter eingeschlossen gewesen ist. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt man eine Geburt, durch welche eine Frucht von noch nicht 17 Wochen,
die also noch nicht lebensfähig ist, zur Welt gebracht wird, eine Fehlgeburt (s. d.). Erfolgt die Geburt zwischen der 17. und 28. Woche,
so nennt man sie eine unzeitige Geburt (partus immaturus), bei welcher ebenfalls das Kind noch nicht lebensfähig ist. Eine Frühgeburt
(s. d.) findet statt, wenn das Kind zwischen der 28. und 36. Woche der Schwangerschaft zur Welt gebracht
wird, zu
¶
mehr
welcher Zeit es zwar noch nicht reif, aber doch lebensfähig ist und oft durch sorgfältige Pflege noch erhalten wird. Ob
es eine Spätgeburt (partus serotinus oder retardus) in dem Sinne gebe, daß die Geburt nach einer länger als 40 Wochen dauernden
Schwangerschaft eintrete, ist sehr zweifelhaft, zumal da die Mutter, auf deren Angabe die Berechnung der
Schwangerschaftsdauer sich hauptsächlich gründen muß, über die Zeit der Empfängnis sich leicht täuschen kann. Der Schein
einer zu späten Geburt wird aber bisweilen dadurch hervorgebracht, daß die Dauer des Geburtsvorgangs selbst sich bis zu zwei
Wochen und vielleicht noch länger ausdehnen kann.
Die AusdrückeKopf-, Steiß-, Knie- und Fußgeburt werden gebraucht, um anzugeben, welcher Teil des Kindes
bei der Geburt desselben vorausgeht und zuerst an die Außenwelt gelangt, wohingegen die AusdrückeMißgeburt (s. d.), Zwillings-,
Drillingsgeburt u. s. w. sich nicht auf den Geburtsvorgang, sondern auf das Geborene beziehen.
Daß sich bei den vielen verschiedenartigen Vorgängen, welche die Geburt mit sich führt,
für den Arzt, schon mit Ausschluß der ganzen Geburtshilfe in engerm Sinne, in diätetischer und therapeutischer Hinsicht ein
weiter Wirkungskreis darbietet, liegt am Tage. Allein auch dem gerichtlichen Zweige der Medizin werden oft Untersuchungen über
Geburt, z. B. über dagewesene Schwangerschaft, über Alter eines Kindes, über die Zeit, wann die Geburt stattgefunden
hat u. dgl. vorgelegt, die in vielen Fällen mit den größten Schwierigkeiten
verknüpft sind. -
Vgl. Wigand, Die Geburt des Menschen (2. Aufl., 2 Bde., Berl.
1839);
ferner die Lehrbücher von Zweifel, Winckel u. a.; Ploß,
über die Lage und Stellung der Frau während der Geburt bei verschiedenen Völkern (Lpz. 1872);
Engelmann, Die Geburt bei den Urvölkern
(deutsch von Hennig, Wien
[* 21] 1884);
Ploß, Das Weib in der Natur- und Völkerkunde (3. Aufl., 2 Bde.,
hg. von Bartels, Lpz. 1891).
Mit der vollendeten Geburt fängt nach bürgerlichem Recht der lebende Mensch an und tritt als Kind in die Familie.
Nur in gewissen Beziehungen datieren seine Rechte schon aus der Zeit, als er noch Embryo (s. d.) war. Strafrechtlich als Gegenstand
des Verbrechens derTötung beginnt nach der bei den Juristen herrschenden Praxis der Mensch mit dem Anfang der
Geburt. Solange noch kein Teil des Kindeskörpers aus dem Mutterleib herausgetreten ist, würde ein Attentat gegen das KindAbtreibung der Leibesfrucht sein. Daß nicht vollendete Geburt erforderlich ist, ergiebt sich aus §. 217 des Deutschen Strafgesetzbuchs:
«Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind in oder gleich nach der Geburt tötet, wird mit Zuchthaus nicht
unter 3 Jahren bestraft.»
der Tiere nennt man in der Regel nur das Hervorbringen lebendiger Jungen, obwohl die Eiablage auch ein Geburtsakt
ist und es sogar Tiere (Schlangen)
[* 22] giebt, die meistens Eier
[* 23] legen, wenn sie für dieselben indessen keine geeignete Ablegestelle
finden, sie bis zum Ausschlüpfen der Jungen bei sich behalten und diese dann erst gebären. Viele niedere
Tiere (Schwämme,
[* 24] Seeanemonen, manche Stachelhäuter,
[* 25] Fliegen,
[* 26] einige Laub- und Blattkäfer u. s. w.) gebären Larven (s. auch
Pädogenesis).
Bei den Lausfliegen (s. d.) sind diese Larven vollkommen zur Verpuppung reif.
Eine Anzahl Schnecken,
[* 27] z. B. unsere Sumpfschnecken (s. d.), die Blattläuse, manche Fische,
[* 28] z. B. die Aalmutter
(s. d.), einige Haie und andere, der schwarze oder Alpensalamander (s. Landsalamander), verschiedene Eidechsen,
[* 29] z. B.
unsere Bergeidechse (s. Eidechsen) und die meisten Giftschlangen gebären Junge, die, abgesehen von der Größe, der Geschlechtsreise
und einigen unwesentlichen Charakteren, den Alten gleichen. Hingegen legen die niedrigsten Säugetiere (s.
Kloakentiere) in gewissem SinneEier, d. h. sie bringen höchst unvollkommen entwickelte, noch von den
Eihäuten umgebene, lebendige Junge zur Welt.
Bei Haustieren kündigt die Geburt sich vorher an durch Einlaufen des Euters (es läßt sich Milch ausdrücken), durch Einsinken
des Kreuzes, Anschwellung und Rötung der Scham. Sie wird eingeleitet durch die vorbereitenden Wehen und
bewerkstelligt durch die treibenden Wehen. Die Wehen sind Zusammenziehungen der Gebärmutter, durch sie wird die Frucht in der
Richtung des geringsten Widerstandes, d. i. nach dem bereits geöffneten Muttermunde, hingetrieben. Während der Ausstoßung
der Frucht platzen die Eihäute, wodurch die Fruchtwässer zum Abflusse kommen und gleichzeitig die äußern Geburtswege
(Scheide und Scham) schlüpfrig machen.
Eine normale Geburt ist in kurzer Zeit beendet, und zwar beim Pferd
[* 30] in 5-30, bei der Kuh in 15-60 und beim Schaf
[* 31] und Schwein
[* 32] in
15-30 Minuten, von der Eröffnung des Gebärmuttermundes an gerechnet. Letztere tritt erst mehrere Stunden nach Beginn der
ersten Wehen ein; beim Rind
[* 33] und Pferd können noch 3-6, beim Schaf 2-6 und beim Hund gar 4-10 Stunden vergehen.
Die Nachgeburt wird durch die Nachwehen nach 15-30 Minuten ausgestoßen. Tritt dieses nicht ein, so ist es möglich daß sie
noch innerhalb der nächsten 3 Tage von selbst abgeht.
Während dieser Zeit kann man den natürlichen Abgangsprozeß dadurch beschleunigen, daß man in die
Gebärmutter vermittelst eines Klystierschlauches (nicht Klystierspritze) lauwarmes Wasser einfüllt, welchem man übermangansaures Kalium
oder Kreolin (je 1 Proz.) zugesetzt hat. Außerdem ist es nicht unangebracht, die aus den Geschlechtsteilen heraushängenden
Partien der Nachgeburt von rechts nach links oder umgekehrt aufzudrehen und an dem aufgedrehten Strang
allenfalls durch ein angebrachtes Gewicht einen gelinden Zug
auszuüben.
Löst sich die Nachgeburt am dritten Tage nach der Geburt noch nicht, dann säume man nicht, die kunstgerechte Ablösung derselben
durch einen Tierarzt herbeiführen zu lassen. Der Muttermund ist nämlich zu dieser Zeit noch bequem für
die Hand des Operateurs zugänglich, was später nicht mehr der Fall ist. Die Nachgeburt geht ungemein rasch in Fäulnis über.
Deshalb ist die Gefahr nicht zu unterschätzen, welche dadurch entsteht, daß die Nachgeburt länger als 3 Tage in dem Muttertiere
verbleibt. Gewöhnlich entstehen infolge nicht abgegangener Nachgeburt langwierige Eiterungen aus den Geschlechtsteilen,
wenn nicht bedrohlichere Erscheinungen (Bauchfellentzündung, Blutvergiftung) hinzutreten.