Gebäudesteuer.
Die Gebäudesteuer
tritt in dreifacher Gestalt auf. Dieselbe kann sein eine Ertragssteuer (Gebäudesteuer im
engern
Sinn, Gebäudezinssteuer,
Hauszinssteuer), eine
Aufwandsteuer
(Wohnungssteuer, Wohnsteuer,
Mietsteuer,
Haussteuer) oder
eine
Einkommensteuer. Häufig trägt sie einen gemischten
Charakter, indem sie sowohl als
Ertrags- wie auch als
Aufwandsteuer
betrachtet werden kann oder je nach der Erhebungsform und der praktischen Gestaltung der
Überwälzung bald als
Ertrags-, bald
als
Aufwandsteuer wirkt.
Auch können zwei Besteuerungsformen sich gleichzeitig an ein und dasselbe Gebäude anknüpfen, wie die Gebäudesteuer
des
Staats und die
Mietsteuer der
Gemeinde in
Berlin.
[* 2] Als Ertragssteuer soll die Gebäudesteuer
die
Erträge treffen, welche
Gebäude abwerfen. Dieselbe gewann ihre heutige Bedeutung infolge des Umstandes, daß eine größere Zahl von
Wohnungen vermietet
und
deswegen auch als echte Ertragsquelle erkannt wurde. Sie hat jedoch nicht allein die wirklich erhobenen Mietzinsen zu
treffen, sondern ist auch auf denjenigen zu legen, welcher ein eignes
Haus bewohnt, somit die Mietzahlung
spart, bez. ein
Äquivalent in der
Nutzung des
Hauses zieht.
Als Ertragssteuer nimmt sie auf die Verschuldung keine Rücksicht und belastet auch den nur möglichen
Ertrag aus leer stehenden
Häusern. In einigen
Ländern werden Gebäudesteuer
und
Grundsteuer getrennt bemessen und erhoben, in andern wird das
Gebäude mit dem
Boden als ein
Ganzes durch die Gebäudesteuer
getroffen, während dagegen die in
Frankreich mit der
Grundsteuer verschmolzen
ist, welche von bebauten und nicht bebauten
Flächen erhoben wird. Bei Neubauten wird vielfach zeitweilig Steuerfreiheit gewährt.
Öffentliche Gebäude sind überall frei.
Gewerbliche oder landwirtschaftlich benutzte Räumlichkeiten können entweder
durch die Gebäudesteuer
für sich getroffen werden, oder es läßt sich auch deren
Nutzung im Gesamtertrag durch
Grund- und
Gewerbesteuer
belasten.
Ob eine gesonderte
Besteuerung durch die Gebäudesteuer
zweckmäßig, ist eine
Frage der Ausgestaltung des Steuersystems und der
Technik der
Durchführung desselben. Die preußische Gebäudesteuer
(Gesetz vom trifft die vorzugsweise
zum Bewohnen bestimmten Gebäude mit 4 Proz. des Nutzungswerts, dagegen solche, welche ausschließlich
oder vorzugsweise dem
Gewerbebetrieb dienen, mit 2 Proz.; sie erstreckt sich jedoch nicht auf die reinen Wirtschaftsräume
der
Landwirtschaft
(Stallungen,
Scheunen etc.) und auf solche zu gewerblichen
Anlagen gehörige Gebäude, welche nur zur
Aufbewahrung
von
Brennmaterialien,
Rohstoffen etc. dienen. Ein Teil der französischen
Gewerbesteuer wird als proportionale
Steuer zu 1 2/3-10
Proz. des Mietwerts der benutzten
Räume bemessen.
Als
Aufwandsteuer soll die Gebäudesteuer
den Aufwand treffen, welchen man für persönliche
Zwecke durch Bewohnen von
Häusern treibt;
sie hat als solche die für gewerbliche
Zwecke benutzte Räumlichkeit freizulassen. Zu erheben ist sie
vom Mieter sowohl als auch von demjenigen, welcher eigne
Häuser bewohnt, bez. für persönliche
Zwecke überhaupt verwendet.
Bei vermieteten
Häusern kann die
Steuer vom Hausbesitzer in der Absicht erhoben werden, daß derselbe sie auf den Mieter überwälze.
Besteht gleichzeitig eine Gebäudesteuer
als Ertragssteuer, so tritt bei etwaniger Nichtabwälzung
Doppelbesteuerung ein. Ebenso wird dann die
Steuer beim Bewohnen eigner
Häuser als Doppellast empfunden.
Den Charakter der Einkommensteuer nimmt die an, wenn der Aufwand, welchen man mit Wohnungen treibt, bei der Besteuerung nur als Kennzeichen für Bemessung des Einkommens dient. In diesem Fall muß, da der Aufwand für Wohnungen vom höhern Einkommen einen geringern Prozentsatz verschluckt als vom niedern, der Steuerfuß ein progressiver sein. Dem entsprechend ist ein Teil der französischen Contribution personnelle-mobilier gestaltet, welche für höhere Mieten ein höheres Steuerprozent ansetzt.
Auch die Mietsteuer der Gemeinde Berlin ist eine solche Einkommensteuer. Der Vorschlag Fauchers (»Über Staats- und Kommunalbudgets« in der »Vierteljahrsschrift für Volkswirtschaft« 1863), diese Mietsteuer zur alleinigen Kommunalsteuer in Städten zu machen, da die Miete einen ziemlich genauen Maßstab [* 3] für das Interesse abgebe, welches man an kommunalen Leistungen habe, ist deswegen nicht gerechtfertigt, weil die Kommunalsteuer keineswegs immer ausschließlich nach diesem Interesse umgelegt werden ¶
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kann, sowie auch, weil Wohnungsaufwand und Einkommen ebensowenig einander immer entsprechen.
Die Veranlagung der Gebäudesteuer
ist in der Praxis meist sehr mangelhaft. Dieselbe erfolgt in Preußen
[* 5] und Österreich
[* 6] nach einem Ertragskataster,
in Baden,
[* 7] Hessen
[* 8] und Württemberg
[* 9] nach einem Wertkataster. In Orten, in welchen viele Vermietungen vorkommen, kann einfach der
Mietzins (in Preußen nach dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre) zur Bemessung benutzt werden, indem
von demselben die Erhaltungskosten in Abzug kommen (in Österreich 15 Proz. vom Bruttomietwert in speziell benannten Städten, 30 Proz.
in allen andern Orten).
Die Höhe der Miete läßt sich durch Fassion der Eigentümer unter Benutzung einer durch den Mieter auszuübenden Kontrolle feststellen. Daneben können Kaufpreise als Mittel der Kontrolle und Berichtigung verwendet werden. Die nicht vermieteten Wohnungen (in Österreich in Orten, in welchen wenigstens die Hälfte der Wohnungen, in Preußen in Orten, wo gewohnheitsmäßig Wohnungen vermietet werden) lassen sich dann nach dem möglichen Mietertrag einschätzen. In allen andern Fällen, in welchen das Eigenbewohnen die Regel, ist das Steuerobjekt nach äußern Merkmalen zu bemessen. In Österreich werden diese Wohnungen nach der Zahl der Stockwerke und der bewohnbaren Räume in zwölf Klassen eingeteilt (Hausklassensteuer); Bayern [* 10] erhebt in kleinen Ortschaften und einzelnen Höfen mit wenig vorkommenden Vermietungen eine Arealsteuer, indem neben den für die Grundsteuer maßgebenden Bodenklassen der Flächeninhalt von Bauplatz und Hofraum der Bemessung zu Grunde gelegt wird.
Preußen wirft auf dem Lande die Gebäudesteuer
aus nach Größe, Bauart und Beschaffenheit der Gebäude und nach den Gesamtverhältnissen
der zugehörigen Besitzungen; doch soll bei größern Besitzungen nie ein höherer Ertrag als bei einem
Gebäude gleicher Beschaffenheit in den nächsten Landstädten angenommen werden. Die französische, 1798 eingeführte Thür-
und Fenstersteuer ist ausschließlich eine solche vom Eigentümer erhobene Hausklassensteuer, welche von den Mietern nach ihrem
Anteil an den Öffnungen wieder eingezogen werden darf.
Dieselbe wird in festen Kontingenten den einzelnen Gemeinden zugewiesen und dann nach einem bestimmten Tarif auf die einzelnen Pflichtigen verteilt (Ertrag 1885: 45 Mill. Frank). Die Sätze dieses Tarifs sind verschiedene je nach der Größe der Ortschaft (sechs Klassen) und des Hauses, nach der Art und Zahl der Öffnungen (Fenster, Thüren) und nach dem Stockwerk. Ebensowenig wie eine Thür- und Fenstersteuer ist die alte Herdsteuer (Herdgeld) eine zweckmäßig angelegte Steuer, welche früher in England von je einem Herd (als Kennzeichen der Wohnung) mit 2 Schilling erhoben wurde, wozu bei Häusern mit 10-20 Fenstern 2, bei solchen mit mehr Fenstern 6 Schill. hinzukamen.
Dieselbe wurde 1695 durch eine 1851 aufgehobene Fenstersteuer ersetzt, welche vor der Herdsteuer den Vorzug hatte, daß die Wohnräume bei der Steuereinschätzung nicht betreten zu werden brauchten. Von der Steuer befreit sind in Preußen die dem Staat, Provinzen, Kreisen, Gemeinden gehörigen, zu einem öffentlichen Dienst oder Gebrauch bestimmten Gebäude, dann gottesdienstliche Gebäude sowie solche, die dem öffentlichen Unterricht dienen. Zeitweilige Befreiungen als Reizmittel werden in Österreich für Neu-, Zu- und Umbauten gewährt. In den Jahren 1881-83 ergab die in Dänemark [* 11] 2,3 Mill. Mk., Bayern 3,7, Preußen 28,1, Großbritannien [* 12] 33,9, Italien [* 13] 50,7, Österreich 50,8, Ungarn [* 14] 17,5 Mill. Mk.