Titel
Gallien
(Gallia), das
Land der
Gallier, des keltischen Hauptvolkes im
Altertum, umfaßte ungefähr das heutige
Frankreich,
Belgien,
[* 2]
Stücke von
Holland und
Deutschland
[* 3] (westlich vom
Rhein), den größern Teil der
Schweiz
[* 4] und nach römischem Sprachgebrauch
seit dem 4. Jahrh.
v. Chr. auch das jetzige Oberitalien
[* 5] bis zum
Rubico, wohin gallische
Völkerschaften eingewandert waren.
Letzteres wurde als Gallia cisalpina bezeichnet, zum Unterschied von dem jenseit der
Alpen
[* 6] gelegenen Gallia
transalpina. Eine genauere Kenntnis des eigentlichen Gallien
wurde zuerst durch
Julius Cäsar, besonders aber seit derzeit gewonnen,
als es, mit dem Römerreich eng verkettet, den
Durchgang für die zahlreichen
Heere bildete, welche ihren Weg nach
Britannien
oder dem
Lande der
Germanen nahmen. S. die Geschichtskarten »Germanien
[* 7] etc.«
und
»Italien
[* 8] zur Zeit des
Kaisers
Augustus«.
Transalpinisches Gallien.
Gallia transalpina (auch Gallien
ulterior, Gallien propria oder Gallien braccata wegen der weiten
Hosen
[* 9] und Gallien
comata wegen des langen Haupthaars
seiner Bewohner genannt) hatte (in dem
oben bezeichneten
Umfang) im W. das
Mare Cantabricum
(Viscayischer Meerbusen)
und den Oceanus
Gallicus
(Atlantischer Ozean),
[* 10] im
S. die
Pyrenäen und den
Sinus
Gallicus
(Golfe du
Lion), im O. den
Fluß
Varus
(Var),
die
Alpen und den
Rhein, im N. die Mündungen des letztern und das
Fretum Gallicum
(Kanal)
[* 11] zu
Grenzen.
[* 12]
Die Hauptgebirge führten die
Namen: Pyrenaei montes,
Alpes (welche nach der noch heute gültigen
Einteilung
in die
Alpes Maritimae, Cottiae, Grajae, Penninae zerfielen),
Mons
[* 13] Cebenna,
Mons
Jura,
Mons
Vosagus und
Silva Arduenna. Besonders
begünstigt war Gallien
durch die
Menge seiner schiffbaren
Flüsse,
[* 14] die im
Altertum infolge des größern Waldreichtums weit wasserreicher
waren als heutigestags. Die bemerkenswertesten sind: Aturius
(Adour),
Garumna
(Garonne),
Liger
(Loire),
Sequana
(Seine) mit
Matrona
(Marne) und Isara
(Oise);
ferner die Samara (Somme) und Scaldis (Schelde), der Rhenus (Rhein) mit der Mosa (Maas) und Mosella (Mosel), der Rhodanus (Rhône) mit den Nebenflüssen Arar (Saône), Dubis (Doubs) und Isara (Isère).
Der Boden des Landes war nach der Schilderung der Alten im allgemeinen sehr fruchtbar; nur der Nordosten, die Gegenden um die Schelde und Rheinmündungen, war sumpfig, der Südwesten, die Küste von Aquitanien, auch damals schon sandig und unfruchtbar. Ausgezeichnet durch seinen Fruchtreichtum war besonders der allein durch angenehmes Klima [* 15] bevorzugte Süden, wo schon früh durch Ansiedler, wie die Phokäer in Massilia, größere Kultur verbreitet worden war. Unter den Produkten des Pflanzenreichs wird außer Getreide [* 16] vorzüglich Hirse [* 17] genannt.
Weinbau ward erst seit Kaiser Probus eifriger betrieben, der Ölbaum wurde im Süden gezogen. Aus dem Tierreich waren besonders Pferde [* 18] und Hunde [* 19] berühmt. Viel Gold [* 20] und Silber wurde durch Bergbau, [* 21] vorzüglich in den Cevennen, gewonnen, ersteres auch aus dem Sande der Flüsse gewaschen; Eisen [* 22] und Blei [* 23] fanden sich in Menge, ersteres besonders im Lande der Bituriger, die sich gut auf dessen Gewinnung verstanden. Auch gab es Salinen und Gesundbrunnen, unter denen die von Aquä Sextiä (Aix) und Aquä Tarbellicä (Dax im Departement Landes) die berühmtesten waren.
Durch die Beschaffenheit des Landes und namentlich der Flüsse begünstigt, blühte der Handel. Man befuhr den Rhodanus und dessen Nebenflüsse weit hinauf und schaffte dann die Waren vom Arar zu Lande nach der Sequana, um sie auf dieser weiter nach dem Norden [* 24] zu führen. Ebenso transportierte man Waren vom Rhodanus nach dem Liger und vom Atax (Aude) bei Narbo nach der Garonne. Noch mehr wurde der Verkehr durch die von den Römern angelegten Straßen erleichtert. Es waren hauptsächlich drei Straßen, welche über die Alpen nach Oberitalien führten und so die Verbindung mit Rom [* 25] vermittelten. Die erste führte an der Küste von Ligurien hin, über Nicäa (Nizza) [* 26] nach Aquä Sextiä; die zweite, bequemere, seit Augustus hergestellt, ging von Augusta Taurinorum (Turin) [* 27] über die Kottischen Alpen nach Brigantium (Briançon); die dritte, beschwerlichere leitete von Augusta Prätoria (Aosta) über die Grajischen Alpen (Kleiner St. Bernhard) nach Lugdunum (Lyon). [* 28]
Die
Bevölkerung
[* 29] Galliens
zerfiel in zwei große
Klassen, die Ureinwohner und die später eingewanderten
Kelten. Zu den erstern
gehören: die Aquitanier, die den südwestlichen Teil des
Landes innehatten und iberischen
Stammes waren, als deren Reste die
heutigen
Basken anzusehen sind;
dann die gleichfalls iberischen Sardonen im heutigen Departement Ostpyrenäen;
endlich die Ligurer, die, außer in den Cevennen, von der Mündung des Rhône ostwärts an ¶
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der Küste hin bis an die Grenze von Etrurien wohnten. Keltischen Stammes sind die Aremoriker, welche die Küste der Bretagne und Normandie von Brest bis Dieppe [* 31] innehatten. Hinter denselben, nach dem Innern zu, zwischen Seine und Loire, wohnten die Aulerker, welche wieder in Diablinten, Cenomanen und Eburoviker zerfielen;
am nördlichen Ufer des Liger die Namneten, die Andekaven und weiter östlich nach der Sequana hin die Karnuten;
an der Sequana selbst abwärts die Senonen, die Parisier (wo jetzt Paris), [* 32] die Vellokassen und Kaleten;
zwischen Sequana und Matrona die Trikassen und an letzterm Fluß die Melder.
Zwischen dem Liger und der Garumna hatten ihre Wohnsitze die Küstenvölker der Piktonen und Santonen, von der Küste nach dem Innern die Turonen, die Bituriger (mit dem Beinamen Cubi), die Lemoviker, die Petrokorier, die Kadurken und an der Garumna die Nitiobrigen. Südlich von der Garumna, zwischen die Aquitanier hineingeschoben, wohnten auch noch Bituriger (mit dem Beinamen Vivisci). Unter den Gebirgsvölkern der Cevennen waren am mächtigsten die Arverner; an den Abhängen jenes Gebirges wohnten noch die Rutenen, Gabaler und Vellavier. An dem Rhône breiteten sich aus, und zwar am westlichen Ufer, die Völker, welche sich in Arekomiker und Tektosagen teilten, nördlich von ihnen die Helvier; am östlichen Ufer, nördlich von der Druentia, die Kavarier.
Sehr zahlreich waren die Alpenvölker, von denen nicht immer genau zu ermitteln ist, ob sie zu den Ligurern oder Kelten gehörten.
Zwischen Isara und Rhodanus saßen die Vokontier, Segovellauner und Trikastiner, zwischen Isara und Arar die mächtigen Allobrogen,
nördlich vom Arar bis zu den Vogesen die Sequaner, ihnen gegenüber, auf dem rechten Rhôneufer, die Segusiaver,
Äduer und Lingonen; außerdem die Aulerci Brannovices, Bojer und Ambarer. Einen Hauptteil der keltischen Bevölkerung Galliens
bildeten endlich die Belgen, welche alles Land zwischen Sequana, Matrona, Rhenus und dem Fretum Gallicum innehatten. Im Gebiet
der Belgen, im heutigen Elsaß und in der Rheinpfalz setzten sich aber schon frühzeitig germanische Stämme
fest, so die Ubier, welche unter Augustus überrheinische Sitze von Köln
[* 33] bis Zülpich hin gewannen. Auch die Bataver drangen
schon zu Cäsars Zeit südlich vor, und von den Sigambrern verpflanzte Tiberius gegen 40,000 an die Mündungen des Rheins
und der Maas.
Die Haupteinteilung des ganzen Gallien
, die uns Cäsar gibt, zerlegt das Land in drei Teile: Aquitania, bis an die Garonne;
Celtica, bis an die Seine und Marne;
Daneben blieben die von Cäsar vorgefundenen 64 alten Völkerstämme bestehen, bis Augustus ohne Rücksicht auf Völkergrenzen vier geographisch gleichmäßigere Provinzen herstellte: Aquitania, später Vasconia (davon Gascogne) genannt, das Gebiet zwischen Pyrenäen, Atlantischem Ozean, Liger (Loire) und Cevennen;
Gallia narbonensis, das den Südosten des Landes, den größten Teil der frühern Provincia der Römer [* 34] umfaßte;
Gallia Lugdunensis, der schmale, lange Streifen zwischen Loire und Seine, und Belgica, das den Rest des Landes vom Lacus Lemanus (Genfer See) bis zum Kanal und zum Rhein in sich begriff, und wovon später Kaiser Claudius die beiden Provinzen Germania [* 35] superior und inferior, d. h. die linksrheinischen Lande am untern Lauf der Mosel und Maas, abzweigte.
Die hauptsächlichsten Städte, deren antike Namen sich vielfach erhalten haben, waren in Narbonensis: Narbo (Narbonne), Tolosa (Toulouse), [* 36] Nemausus (Nîmes), Arelate (Arles), Massilia (Marseille), [* 37] Forum [* 38] Julii (Fréjus), Nicäa (Nizza), Aquä Sextiä (Aix), Avenio (Avignon), Arausio (Orange), Brigantium (Briançon), Vienna (Vienne), Genava (Genf), [* 39] Cularo oder Gratianopolis (Grenoble), [* 40] Telo Marcius (Toulon), [* 41] Antipolis (Antibes); in Aquitania: Lapurdum (Bayonne), Burdigala (Bordeaux), [* 42] Aquä Tarbellicä (Dax), Elimberris (Auch), Divona (Cahors), Segodunum, Hauptstadt der Rutenier (Rodez), Vesunna, Hauptstadt der Petrokorier (Périgueux), Mediolanum, Stadt der Santonen (Saintes), Augustoritum der Lemovices (Limoges), Avaricum der Bituriges (Bourges), Augustonemetum (Clermont-Ferrand), Limonum Pictavorum (Poitiers). In Belgica lagen Aventicum (Avenches), Augusta Rauracorum (Augst bei Basel), [* 43] Vesontio (Besançon), [* 44] Argentoratum (Straßburg), [* 45] Tullum (Toul), [* 46] Divodurum (Metz), [* 47] Durocortorum (Reims), [* 48] Noviodunum, später Augusta Suessionum (Soissons), Noviomagus (Speier), [* 49] Magontiacum (Mainz), [* 50] Augusta Trevirorum (Trier), [* 51] Confluentes (Koblenz), [* 52] Colonia Agrippina (Köln), Noviomagus (Nimwegen), [* 53] Lugdunum Batavorum (Leiden), [* 54] Aduatuca Tongrorum (Tongern), Samarobriva (Amiens). [* 55]
Cäsaromagus der Bellovaker (Beauvais), Catalauni (Châlons an der Marne), Virodunum (Verdun). [* 56] Lugdunensis umfaßte Lugdunum (Lyon), Matisco (Mâcon), Bibracte oder Augustodunum (Autun), Alesia (Alise Ste.-Reine), Cäsarodunum (Tours), [* 57] Autessiodorum (Auxerre), Brivodurum (Briare), Agedincum (Sens), Augustobona der Trikasser (Troyes), Melodunum (Melun), Jatinum (Meaux), Lutetia Parisiorum (Paris), Cenabum Aureliani (Orleans), Juliomagus (Angers), Rotomagus (Rouen), [* 58] Mediolanum der Aulerci-Eburovices (Evreux).
Cisalpinisches Gallien.
Das von Italien aus diesseit der Alpen liegende Gallien
(Gallia cisalpina, auch Gallien
citerior genannt oder Gallien togata,
weil man hier die römische Toga
[* 59] als Kleidung trug) erstreckte sich über den Teil von Oberitalien, welcher nördlich von Ancona
[* 60] und den Apenninen bis an den Unterlauf des Po, die Etsch, den Fuß der Alpen und gegen W. wenig über den Ticinus hinüber bis
Novaria reichte. Vom Padus (Po), dem Hauptfluß des Landes, führte es auch den Namen Gallia circumpadana,
und ebendaher rührt die Einteilung in Gallia cispadana, das diesseit, d. h. südlich vom Po, und Gallia transpadana, das nördlich
vom Po liegende Gallien.
Als Nebenflüsse des Po sind zu nennen: der Ticinus (Tessino), welcher den Lacus Verbanus
(Lago Maggiore) durchfließt, die Addua (Adda), die den Lacus Larius (Lago di Como), der Ollius (Oglio), aus dem Lacus Sebinus (Lago
d'Iseo) kommend, und der Mincius (Mincio) aus dem Lacus Benacus (Lago di Garda);
ferner die Trebia (Trebbia) und der Renus (Reno).
Nicht zum Gebiet des Po gehört der Athesis (Etsch), der zum Teil die Grenze gegen das Gebiet der Veneter bildete. Der Boden war schon frühzeitig, wie noch jetzt, wegen seiner Fruchtbarkeit berühmt. Wein gab es schon damals in großer Menge; die Viehweiden und Wälder nährten große Herden von Schafen und Schweinen. Die Moräste südlich vom untern Lauf des Padus suchte man unter der Herrschaft der Römer (seit 187 v. Chr.) durch schiffbare Kanäle zu entwässern. Die Trefflichkeit des Landes war die Ursache, daß es mehrfache Eroberungen und Veränderungen in der Bevölkerung erfahren mußte, die ¶
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natürlich jedesmal ihre eigentümlichen Spuren zurückließen. Über die Besitznahme durch die aus den Alpen kommenden Rätier
s. Etrurien. Die keltische Ansiedelung ging so vor sich, daß die ersten Ankömmlinge das Land am Fuß der Alpen besetzten und
die spätern das schon eroberte Land durchzogen und sich weiterhin ansiedelten. So wohnten gleich östlich
vom Ticinus die ältesten Einwanderer, die Insubrer, mit der Hauptstadt Mediolanum (Mailand).
[* 62] Von den zusammenhängenden Sitzen
der Kelten in Gallien
, welche nur im obern Thal
[* 63] der Duria (Dora Riparia) den Hauptkamm der Alpen gegen O. überschritten, waren sie
durch die wahrscheinlich ligurischen Salassier (um das heutige Aosta) und die rätischen Leponter getrennt.
Östlich von den Insubrern bis zur Etsch hin saßen die ebenfalls mächtigen und zahlreichen Cenomanen, welche sich aus Haß gegen die Insubrer früh den Römern unterwarfen und Verona [* 64] zu ihrer Hauptstadt hatten. In Gallia cispadana war die wichtigste Völkerschaft die der Bojer, die einen großen Teil des Landes zwischen Padus und den Apenninen ausfüllten und den übrigen Kelten an Kultur vorangeschritten waren. Ebenfalls bedeutend war das Volk der Senonen, welches zuletzt in diese Gegenden eingewandert war und daher seine Wohnsitze am weitesten südlich nach Umbrien hinein bis an den Fluß Äsis (Esino) hatte nehmen müssen.
Nördlich von letztern nach den Pomündungen zu waren die Sitze der Lingonen. Die bedeutendsten Städte in Transpadana sind: Augusta Taurinorum (Turin), Eporedia (Ivrea), Augusta Prätoria (Aosta), Vercellä (Vercelli), Comum (Como), Mediolanum (Mailand), Brixia (Brescia), Cremona, Mantua, [* 65] Verona;
in Cispadana: Placentia (Piacenza), Parma, [* 66] Mutina (Modena), Bononia (Bologna), Forum Popilii (Forlimpopoli), Ferraria (Ferrara), [* 67] Clastidium (Casteggio), Faventia (Faenza).
Mehrere von den Römern angelegte Straßen beförderten die Verbindung sowohl der bedeutenden Städte untereinander als mit der Hauptstadt. Die Via Ämilia führte von Ariminum, wo sie sich an die nach Rom führende Via Flaminia anschloß, in gerader Linie den Fuß der Apenninen entlang nach Placentia am Po, welcher von da an schiffbar wurde; eine andre Straße führte nach Placentia südwestlich über Dertona und die Apenninen nach Ligurien und Gallia transalpina. Die politische Existenz von Gallia cisalpina reicht, genau genommen, nur bis in die Zeit des Augustus, indem damals dieses Land aufhörte, als römische Provinz angesehen zu werden, und von nun an zu Italien selbst gerechnet wurde. Als Augustus das ganze Italien der bessern Verwaltung halber in elf Regionen teilte, kamen auf Gallia cisalpina drei, die achte, zehnte, welche außerdem Venetien umfaßte, und die elfte Region.
[Kulturzustand.]
Die alte Verfassung Galliens
war eine aristokratische. Das ganze Volk zerfiel in eine
große Menge kleinerer und größerer Völkerschaften, Gaue oder Clane. An der Spitze standen Häuptlinge, die durch Wahl aus dem
Adel hervorgingen und daher auch von diesem sehr abhängig waren. Durch Zeitverhältnisse und hervorragende Eigenschaften gelangten
zuweilen einzelne Häuptlinge zu größerm Ansehen und ausgedehnterer Macht; aber es fehlte ihnen die
Erblichkeit ihrer Würde, und außerdem wurden sie durch den Einfluß der im ganzen auch in politischer Beziehung äußerst
mächtigen Priesterkaste der Druiden (s. d.) außerordentlich beschränkt.
Zuweilen, bei wichtigen Veranlassungen, wurden allgemeine Versammlungen vieler Völkerschaften abgehalten, wobei Stimmenmehrheit entschied. Wichtig war ferner, daß immer einzelne Völkerschaften, wie die Bituriger, Allobroger, Arverner, Äduer, überwiegende Macht und Ansehen unter den übrigen behaupteten, und daß sich dann kleinere Staaten oft in ein Schutzverhältnis, eine Art Klientel, zu den größern begaben. Bedenkt man jedoch den Stolz des Adels, welcher mit großer Eifersucht über seine Unabhängigkeit wachte, und die Unterdrückung des Volkes selbst, welches ohne alle politische Bedeutung war, so ergibt sich leicht, warum es zu einem einigen und energischen Handeln aller Staaten und des gesamten Volkes den Römern gegenüber nicht kommen konnte und trotz des kriegerischen Grundcharakters des Volkes die Unterjochung verhältnismäßig leicht war.
Die Gallier kämpften sowohl zu Fuß als zu Pferd, [* 68] auch von Streitwagen. [* 69] Auf Prunk und Waffen [* 70] hielten sie sehr viel. Die Panzer waren von Bronze [* 71] und oft vergoldet. Die ältesten Schwerter [* 72] waren von Kupfer, [* 73] sehr lang und ließen sich bloß zum Hieb [* 74] gebrauchen; später hatte man auch das stählerne Schwert. Die älteste Nationalwaffe war der Celt, [* 75] eine eherne lanzenförmige Spitze von 7-14 cm Länge, der an einem etwa 1 m langen Schaft befestigt war. Andre Waffen waren der Wurfspieß (gaesa), der Bogen [* 76] und die Schleuder. [* 77]
Die Schilde waren klein und deckten nicht den ganzen Mann. Oft rückten die Tapfersten ohne Panzer, bis auf den Nabel entblößt, in das Treffen, um dadurch ihren Mut zu zeigen. Am gefährlichsten war gewöhnlich der erste Anprall der Gallier, dagegen ließen sie nachhaltige Ausdauer vermissen. Im Rücken der Schlachtreihe befand sich, wenn ein ganzer Stamm auf dem Zug begriffen war, die Wagenburg, auf welcher Weiber und Kinder den Ausgang des Kampfes erwarteten. In Bezug auf die Kriegskunst zeigten sich die Gallier als gelehrige Schüler der Römer.
Eigentliche Festungen hatten sie nicht, sondern nur Verschanzungen, die meist an schwer zugänglichen Orten angelegt waren. Solche nur für den Krieg bestimmte Befestigungen mit Mauern aus Balken, nicht eigentliche Städte, waren z. B. die durch ihre Belagerung berühmten Gergovia und Alesia. Gegen die Besiegten war der Gallier grausam, und oft wurden die Gefangenen den Göttern geopfert. Die bedeutende Zahl der Bevölkerung läßt sich daraus schließen, daß zur Zeit Cäsars mindestens 300,000 waffenfähige Männer unter ihnen waren.
Die Gallier waren von Gestalt groß, von weißer Farbe und blondem oder rötlichem Haar, [* 78] welches sie lang nach dem Hinterkopf zurückgestrichen trugen. Die Weiber waren besonders schön und standen in großer Achtung, obwohl der Mann die Frau ungestraft töten konnte. Die Kinder suchte man abzuhärten. Der Sohn durfte, bevor er wehrfähig war, nicht öffentlich an der Seite des Vaters erscheinen. Das eigentümliche Kleidungsstück der Gallier waren die schon erwähnten Hosen (braccae); außerdem trugen sie langärmelige Jacken und kurze Flausmäntel, alles aus Schafwolle. Im allgemeinen liebten sie Schmuck und Putz von goldenen Ketten, Ringen und Bändern (s. Tafel »Ornamente [* 79] II«, [* 80] Fig. 16, 17). Die Wohnungen, runde Häuser aus Fachwerk [* 81] und mit spitzen Dächern, und das Hausgerät waren einfach; meist schlief man auf der Erde. Die Nahrung bestand hauptsächlich aus Fleisch und Milch, weniger aus Brot. [* 82] Ihrem Charakter nach waren die Gallier stolz, reizbar, veränderlich und unzuverlässig, nach Neuigkeiten und Neuerungen begierig, aber ritterlich, kampfesmutig und kriegstüchtig, wie selbst ihr Feind Cato zugeben muß. Dagegen waren sie uneinig, ohne Gemeinsinn und ¶
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Titel
Gallĭen
(Gallia) hieß bei den Römern vorzugsweise das Land zwischen den Pyrenäen, dem Atlantischen Meere und dem Rhein, das Hauptland der Gallier (Galli) oder Kelten (s. d.), von Rom aus jenseit der Alpen gelegen, daher GaIIia Transalpina oder ulterior; ferner der nördl. Teil von Italien, Gallien diesseit der Alpen, Gallia Cisalpina oder citerior.
1) Das Cisalpinische Gallien. Mit diesem Namen wurde zunächst nur der Strich, in welchem eingewanderte kelt. Stämme sich niedergelassen hatten, bezeichnet, und hiernach erstreckte sich das eigentliche Cisalpinische Gallien von Novaria (jetzt Novara) im W., wo die Grenze gegen die ligur. Libici war, bis zur Etsch (Athesis) gegen O., die es von den illyr. Venetern trennte. Im N. begrenzten es die Penninischen und Rhätischen Alpen; im S. bildete gegen die Ligurier der Po (Padus) die Grenze etwa bis dahin, wo er die Trebia aufnimmt. Von da aus umfaßte Gallien auch das Land südlich des Po, zwischen den Abhängen der Apenninen und dem Adriatischen Meer, anfangs bis zum Flusse Äsis bei Ancona, später staatsrechtlich (wahrscheinlich seit Sulla) nur bis zum Rubikon zwischen Ravenna und Ariminum (Rimini). Als aber Ligurien, Venetien und Istrien [* 83] mit dem Cisalpinischen Gallien zusammen unter röm. Hoheit standen, wurde der Name des letztern auf ¶
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492 ganz Oberitalien ausgedehnt. In den angegebenen Grenzen des eigentlichen Cisalpinischen Gallien, welches wahrscheinlich 81 v.Chr. als röm. «Provinz» eingerichtet wurde, wohnten jenseit des Po, in Gilda Transpadana, ungefähr vom Fluß Sessites (Sesia) bis zum Addua (Adda) die Insubrer, welche Mediolanum (Mailand) gegründet hatten, und südlich vom Lacus Benacus (Gardasee) die Cenomanen, mit den alten Städten Verona und dem ursprünglich etrusk. Mantua. Neben diesen kelt. Stämmen hatten sich am obern Po noch ligurische, namentlich die Tauriner in der Gegend des jetzigen Turin (Augusta Taurinorum) und Salasser in dem Thale der Dora Baltea erhalten.
In der nördl. Alpenkette saßen teils rhätische, teils ligur. Völkerschaften, wie die Lepontier nordwestlich vom Lacus Verbanus (Lago-Maggiore), die Camuner nordöstlich vom Lacus Sebinus (Iseosee) und nordöstlich vom Lacus Benacus (Gardasee) die Euganeer. Diesseit des Po, in Gallia Cispadana, hatten die Bojer, denen auch jenseits der Strich an der untern Addua (Adda) gehörte, im heutigen Parma und Modena bis über Bologna (Bononia) hinaus, nordöstlich von ihnen an der Pomündung die Lingonen, südöstlich die Senonen Sitze gefunden.
Die allmähliche Einwanderung der kelt. Stämme in Oberitalien, durch welche im Westen Ligurer, im Osten und Südosten Etrusker und Umbrer zurückgedrängt wurden, soll nach Livius schon um 600 v.Chr. begonnen haben. Aber es ist wahrscheinlicher, daß diese Einwanderungen nicht sehr lange vor 396 v.Chr. ihren Anfang nahmen, um welche Zeit die Senonen (in Verbindung mit Insubrern und Bojern) die (in der Gegend des jetzigen Mailand belegene) etrusk. Stadt Melpum zerstörten, und dann jene berühmte Heerfahrt begannen, welche sie über den Apennin zunächst um 391 (oder 389) vor das etrusk. Clusium, und dann von dessen Belagerung 390 (oder besser 388) gegen Rom führte.
An der Allia zersprengten sie das röm. Heer (dies Alliensis, 18. Juli) und besetzten dann ohne Schwertstreich das mit Ausnahme des Kapitols verlassene Rom. Sieben Monate lagerten sie auf den Trümmern der von ihnen verwüsteten Stadt, ohne daß es ihnen gelungen wäre, das von Marcus Manlius verteidigte Kapitol zu bezwingen. Wohl aber wurden sie selbst von tödlicher Seuche heimgesucht. Um so eher ließen sie sich bestimmen, gegen ein bedeutendes Lösegeld wieder in ihre oberitalischen Länder zurückzukehren, welche unterdessen von innern Unruhen und auswärtigen Feinden (den Venetern) bedroht wurden.
Erst mehr als 20 Jahre später beginnen die kelt. Einfälle in großem Stil von neuem, um ziemlich ununterbrochen bis 349 fortzudauern. Auf dem ersten Zuge 367 sollen sie bis zum Anio gekommen, dann aber von dem greisen M. Furius Camillus bei Alba [* 85] schwer geschlagen worden sein. Später soll der sonst thatenlose Feldzug des J. 361 durch den glücklichen Zweikampf des Titus Manlius mit einem gallischen Riesen beendigt, der in Verhindung mit den Tiburtinern 360 auf Rom selbst unternommene Angriff durch eine mörderische Schlacht vor dem Collinischen Thore zu Gunsten der Römer entschieden worden sein.
Das hinderte freilich die Kelten nicht, weiter hinab in das südl. Italien zu streifen und, von da zurückkehrend, 358 Pedum anzugreifen, wo sie vom Diktator Gajus Sulpicius Paticus geschlagen wurden. Auch die nächsten Jahre scheinen sie dann mit Unteritalien sich beschäftigt zu haben, bis sie 350 wiederkehrten und trotz einer Niederlage durch den Konsul Marcus Popillius Länas im darauffolgenden Jahre ihren Angriff erneuerten. Endlich machte Lucius Furius Camillus, zum Diktator gewählt, ihren Zügen durch einen entscheidenden Sieg 349 im pomptinischen Gebiet für lange Zeit ein Ende; doch kam es erst 336 zu einem ausdrücklichen Frieden zwischen ihnen und den Römern.
Diese Unthätigkeit der Kelten in Italien dauerte zum Glücke Roms fast während der ganzen Zeit der Samniterkriege fort; selbst als 299 neue stammverwandte Schwärme über die Alpen kamen, zogen sie zwar mit diesen plündernd bis in das röm. Gebiet, kehrten aber dann wieder in die Heimat zurück, wo Streit um die Beute zum blutigen Bürgerkriege führte. Erst als (295) Samniter und Etrusker zum letzten Verzweiflungskampf gegen Rom sich vereinigten, gelang es den letztern, auch die Kelten zwischen den Apenninen und dem Adriatischen Meer zum Angriff gegen den gemeinsamen Feind zu gewinnen.
Die entscheidende Niederlage, welche die Verbündeten bei Sentinum erlitten, traf die Kelten, welche den rechten Flügel des Heers gebildet hatten, besonders hart. Doch unterließen es die siegreichen Römer, schon jetzt einen Angriffskrieg gegen die Kelten zu beginnen; erst als 11 Jahre später die Senonen, von den Etruskern von Vulsinii zu Hilfe gerufen, das römisch gesinnte Arretium belagert, das Entsatzheer des Prätors Lucius Cäcilius Metellus (284) bis zur Vernichtung geschlagen und die wegen dieses Friedensbruchs aus Rom an sie geschickten Fetialen ermordet hatten, gingen die Römer energisch gegen die Kelten vor.
Der Konsul Publius Cornelius Dolabella brach 283 in das Senonenland selbst ein, verwüstete alles mit Feuer und Schwert und trieb die Einwohner, die mit dem Leben davongekommen waren, schonungslos aus ihrem Lande. Die Anlegung der Kolonie Sena (Sinigaglia) im südlichsten Teile des Senonenlandes sollte dessen Unterwerfung sichern. Das brachte aber ihre nördl. Grenznachbarn, die Bojer, die nun für ihr eigenes Gebiet zu fürchten begannen, unter die Waffen. Rasch vereinigten sie sich mit den Etruskern, wurden aber mit diesen vereint noch in demselben Jahre am Vadimonischen See, und dann 282 von dem Konsul Quintus Ämilius Papus bei Populonia so nachdrücklich geschlagen, daß sie um Frieden baten.
Erst 238 begannen die Bojer in Verbindung mit den Ligurern und transalpinischen Stammgenossen den Kampf von neuem, der aber schon 237 vor den Mauern von Ariminum in blutiger Zwietracht zwischen den Verbündeten sein Ende fand. Endlich aber rief das von dem Volkstribunen Gajus Flaminius 232 durchgeführte Gesetz über die Verteilung des eroberten sensorischen Landes an große Massen röm. Kolonisten einen großen Bund der cisalpinischen Kelten ins Leben. Die Bojer und Insubrer vereinigten sich nicht nur mit den Stammgenossen Oberitaliens, unter denen nur die Cenomanen sich von ihrer Sache fern hielten, sondern sie warben auch noch transalpinische Gäsaten und brachen endlich 225 mit einem gewaltigen Heere in Etrurien ein, das aber bei Telamon eine furchtbare Niederlage erlitt: 40000 Kelten fielen, 10000 wurden gefangen. Darauf folgte 224 die Unterwerfung der Bojer. Die Insubrer setzten den Krieg noch bis 222 fort, wo ein entscheidender Sieg des Konsuls Marcus Claudius Marcellus bei Clastidium und die Eroberung ¶
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493 von Mediolanum und Comum durch Scipio auch sie nötigte, die röm. Herrschaft anzuerkennen. Kaum aber waren zur Sicherung der Ruhe die starken Festungskolonien Cremona und Placentia (Piacenza) angelegt, als Hannibal (s. d.) 218 von Spanien [* 87] her sich Italien näherte. Sofort sendeten ihm die Bojer eine Gesandtschaft und Wegweiser über die Alpen entgegen, erhoben sich in offener Empörung, belagerten Mutina und schlugen das unter dem Prätor L. Manilas herbeieilende röm. Entsatzheer.
Hannibals Erscheinen in Italien und seine Siege am Ticinus und an der Trebia waren das Signal auch zum Abfall der Insubrer und (mit Ausnahme der Cenomanen) der übrigen kelt. Stämme. Ihre Hilfstruppen folgten dem punischen Feldherrn in das innere Italien und beteiligten sich an den Schlachten [* 88] am Trasimenus 217 und bei Cannä 216, wie bei der Eroberung von Tarent 212; die Bojer vernichteten 216 ein gegen sie gesendetes Heer unter dem Prätor Lucius Postumius im Litanawalde vollständig.
Aber je mehr allmählich die Unternehmungen Hannibals gegen Rom ins Stocken gerieten, desto mehr erlahmte auch die geregelte Teilnahme der kelt. Stämme an dem Kriege. Die Schlacht am Metaurus 207 ging wesentlich durch die Schuld von Hannibals kelt. Bundesgenossen verloren. Doch begleiteten kelt. Truppen Hannibal auf seiner Rückkehr nach Afrika [* 89] und fochten seine letzte unglückliche Schlacht bei Zama mit. Mit dem Ausgange des Hannibalischen Krieges war für die Kelten Italiens [* 90] die Möglichkeit, ihre Unabhängigkeit gegen Rom zu behaupten, für immer vorbei, und ihre letzten Verzweiflungskämpfe, wenn auch von einzelnen Erfolgen begleitet, waren vergebens.
Ein punischer Anführer, Hamilkar, hatte die Bojer 201 zu neuer Empörung gebracht: sie vernichteten auch wirklich ein röm. Heer, rissen sämtliche Stämme mit sich fort und erstürmten (200) Placentia;
aber gleich nachher, bei Cremona, erlagen sie mit jenem in offener Feldschlacht dem Prätor Lucius Furius Purpureo.
Die nächsten Jahre, während welcher die Römer mit dem Mazedonischen Kriege beschäftigt waren, brachten keine Entscheidung, ja zuweilen sogar den Römern neue Unfälle, wie 199 der Prätor Bäbius Tamphilus von den Insubrern geschlagen wurde. Mit der Besiegung des Königs Philipp V. von Macedonien nahmen die Römer den Krieg gegen die Kelten mit neuer Kraft [* 91] auf: von 197 an ward jahraus jahrein gegen die Bojer, Insubrer, Cenomanen u.s.w. mit wachsendem Erfolg gekämpft, bis endlich 191 der Konsul Scipio Nasica die Bojer in einer mörderischen Schlacht dergestalt schlug, daß ihnen nichts als Ergebung oder Auswanderung übrigblieb.
Sie zogen großenteils die letztere vor und ließen sich in der Gegend des Plattensees in Pannonien nieder, während die übrigen Stämme, die Insubrer, Cenomanen und die (den Römern altbefreundeten) illyr. Veneter, sich Rom unterwarfen. Bononia, ein Hauptort der Bojer, ward 189 v.Chr. röm. Kolonie und Festung, [* 92] ebenso neben manchen andern Plätzen 183 Parma und Mutina; Placentia und Cremona erhielten neue Verstärkungen. Dadurch namentlich wurde der cispadanische Teil Oberitaliens verhältnismäßig bald völlig romanisiert, die Volkssprache wich der lateinischen, mit ihr nationale Sitte und Tracht, und so erhielt daher zunächst dieser eroberte Landesteil mit vollem Recht von der röm. Toga den Namen Gallia Togata, der später auch auf den transpadanischen Teil überging. In diesem wurden zuletzt die (ligurischen) Salasser 143 zu einer freilich nur scheinbaren Unterwerfung gebracht.
Ihre Räubereien beunruhigten die Straße, die über den Kleinen Bernhard ins Transalpinische Gallien nach dem Thal der Isère (Isara) führte; daher ließ Augustus den Stamm endlich 25 v.Chr. nahezu ausrotten und in ihrem Gebiet die Militärkolonie Augusta Pretoria (Aosta) anlegen. Auch die Völker der nördl. Grenzalpen, über welche von Comum eine Straße ins rhätische Rheinthal führte, wurden unter Augustus 15 v.Chr. unterworfen. Den Cispadanern war schon 89 v.Chr. röm. Bürgerrecht, den Transpadanern das Recht der jüngern Kolonien «latinischen Rechts» gegeben, und dies 19 durch Julius Cäsar in Bürgerrecht mit röm. Municipalverfassung verwandelt worden.
Dennoch blieb das Cisalpinische Gallien mit Ligurien und Venetien röm. Provinz und als solche von einem Prokonsul verwaltet. Erst unter den Triumvirn hörte dies auf (42), und nun wurde das Land auch im polit. Sinne mit Italien, zu dem es geographisch seit dem Ende des Hannibalischen Krieges gerechnet wurde, vereinigt und die Rechtspflege darin durch ein zum Teil erhaltenes Gesetz (Lex Rubria de Gallia Cisalpina) geregelt. Als Augustus Italien in elf Regionen teilte, wurde das Gebiet der Cenomanen größtenteils zur zehnten, Venetia, geschlagen. Das übrige Transpadanische Gallien bildete zusammen mit dem Transpadanischen Ligurien die elfte, das Cispadanische (oder «Ämilia») die achte, das südl. Ligurien die neunte Region. Durch Gewerbfleiß, namentlich Woll- und Linnenweberei, Handel, Ackerbau und dichte Bevölkerung zeichnete sich das (in jener Zeit noch sehr waldreiche) Land schon damals vor dem übrigen Italien aus.
2) Das Transalpinische Gallien. Dessen Grenze gegen Italien bildeten die Alpen und zunächst gegen Ligurien der kleine Fluß Varus (Var), der von den Seealpen her unweit Nicaea (Nizza) in das Mittelmeer fließt. An der Küste des Meers gründeten 600 v.Chr. ion. Phokäer Massilia (Marseille), dessen Handel bald emporblühte und das ein ausgiebiger Sitz griech. Kultur in dieser Gegend war. Den Römern schon früh befreundet, wurde es von ihnen 154 gegen ligur. Völker, die von den Seealpen her ihre Pflanzstädte Antipolis und Nicäa angegriffen hatten, unterstützt.
Die eigentlichen Eroberungen der Römer aber im Transalpinischen Gallien begannen erst mit der Unterwerfung der ligur. Salver oder Salluvier, gegen welche Marcus Fulvius Flaccus den Massiliern 125 zu Hilfe gesandt wurde und in deren Lande Gajus Sextius Calvinus 122 Aqua Sextiae (Aix), die erste röm. Festungskolonie im Transalpinischen Gallien, zum Schutze Massilias gründete. Die Unterwerfung der Allobroger folgte 122 und 121 durch Gnäus Domitius Ahenobarbus und Quintus Fabius Maximus.
Das bisher überwältigte Land wurde zur röm. Provinz und trug vorzugsweise den Namen Provincia Romana (Provence); im Gegensatz gegen Gallia Togata wurde es auch, wegen der langen, weiten Hosen (braccae), welche die kelt. Bewohner trugen, Gallia Braccata, und dann das übrige Transalpinische Gallien nach der Sitte der Kelten, das Haupthaar (coma) lang am Scheitel zusammengebunden zu tragen, Gallia Comata genannt. Die Grenzen der Provinz reichten nördlich über die Durance (Druentia), in deren Thal eine Straße über den Mont-Genèvre ¶