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Gründung der Universität Halle, [* 3] an der Thomasius und Francke lehrten, ließ in Berlin [* 4] durch Schlüter und Eosander herrliche Kunstwerke errichten (das Denkmal seines Vaters, das Zeughaus, das Schloß), und die 1696 gestiftete Akademie der bildenden Künste sollte seine Residenz zu einem Mittelpunkt der Kunst machen; endlich zog er auf Veranlassung seiner geistvollen Gemahlin, der philosophischen Königin Sophie Charlotte, das größte Genie seiner Zeit, Leibniz, an seinen Hof [* 5] und gründete mit seinem Beirat und seiner Hilfe 1700 die Societät der Wissenschaften.
Aber alle diese Anstalten krankten bald an der Kärglichkeit der
Mittel, die der
Hof und die auswärtige Kriegführung ihnen
übrigließen. Besonders seitdem Friedrich
seinen frühern
Erzieher, den
Oberpräsidenten Dankelmann, 1697 wegen
seines schroffen Auftretens gegen seine Gemahlin und ihn selbst in
Ungnaden entlassen hatte, geriet er ganz in die
Hände unwürdiger
Günstlinge, welche seiner
Eitelkeit und seiner
Schwäche schmeichelten. Um die
Kosten des Hofhalts zu bestreiten und sich selbst
zu bereichern, griffen diese, an der
Spitze
Graf
Kolb von
Wartenberg und
Graf
Wittgenstein, zu den verderblichsten
Mitteln:
Domänen wurden verschleudert, ganz unvernünftige, ja lächerliche
Steuern wurden eingeführt, viele
Monopole errichtet.
Die Staatseinkünfte stiegen dadurch auf 4½ Mill. Thlr., reichten aber trotzdem nicht aus. So
hinterließ Friedrich
, als er, schon lange kränklich, starb, das junge
Königreich inmitten gefährlicher
Kriege finanziell zerrüttet, das Beamtentum durch ehrgeizige Parteiungen und
Eigennutz verderbt, einzelne
Lande, wie namentlich
Preußen,
[* 6] durch Unglücksfälle fast ruiniert. Er war dreimal vermählt, von 1679 bis 1683 mit der
Prinzessin
Elisabeth von
Hessen-Kassel, die ihm eine Tochter,
Luise, spätere Gemahlin des
Landgrafen
Friedrich von
Kassel,
[* 7]
Königs
von
Schweden,
[* 8] gebar, 1684-1705 mit
Sophie
Charlotte von
Hannover,
[* 9] von der ihn ein Sohn, König Friedrich
Wilhelm I., überlebte;
seine dritte
Ehe mit einer mecklenburgischen
Prinzessin (1708) war eine unglückliche, da diese, streng lutherisch, an dem
religiös-freisinnigen
Hofe von Gewissensbissen verfolgt in
Schwermut und dann in
Wahnsinn verfiel.
Vgl. Droysen, Geschichte der preußischen Politik, Bd. 4, Abt. 1 (2. Aufl., Leipz. 1872);
W.
Hahn,
[* 10] Friedrich
, der erste König von
Preußen
(3. Aufl., Berl. 1876);
Ledebur, König Friedrich
I. von
Preußen (das. 1878);
Graf von Dohna, Mémoires originaux sur le règne et la cour de Frédéric I (das. 1833).
50) Friedrich
Wilhelm I., König von
Preußen, Sohn des vorigen und seiner zweiten Gemahlin,
Sophie
Charlotte, ward zu
Berlin
geboren. Als
Knabe strotzte er von
Gesundheit und
Kraft,
[* 11] zeigte aber schon unbändige Heftigkeit und starren
Eigensinn. Die
Erziehung,
die ihm zuteil wurde, beseitigte weder diese Mängel, noch entwickelte sie seine geistigen
Anlagen; er
blieb geistig ungebildet und roh, bewahrte aber einen geraden, redlichen
Charakter und einen klaren, nüchternen
Verstand,
der alles
Schöne und
Erhabene verachtete, um so schneller und schärfer aber das
Richtige und Nützliche erkannte, das er nun
mit unbeugsamer Willenskraft ausführte.
Mit Unwillen hatte Friedrich
W. als
Kronprinz die Günstlingswirtschaft am
Hof seines
Vaters angesehen. Die
Entfernung
Wartenbergs und
Wittgensteins 1710 war seinem Einfluß zu danken. Seine
Ideen konnte er indes erst nach seiner Thronbesteigung ausführen.
Das Leichenbegängnis
Friedrichs I. war das letzte Prachtfest. Der junge
Fürst erklärte sich nunmehr
für den Finanzminister
und
Feldmarschall des
Königs von
Preußen und ging sofort daran, der
Verschwendung ein Ende zu machen:
die
Besoldungen der Hofbeamten verringerte er mit einem Federstrich von 250,000 auf 50,000 Thlr.
Er betrachtete sich als von der
Vorsehung zu seinem königlichen
Amt berufen und nur Gott für die
Verwaltung
desselben zum
Wohl seines
Landes verantwortlich. Er widmete dieser Aufgabe alle seine
Kräfte und handelte nach
Recht und
Gewissen,
verlangte aber dafür von seinen
Unterthanen unbedingten
Gehorsam, sah sich als
Herrn über ihr
Eigentum, ihr
Leben an, und überzeugt,
daß er ja nur das
Rechte, das
Beste wolle, verfügte er darüber rücksichtslos.
Widerspruch und Widersetzlichkeit gegen seinen Willen reizten sein heftiges Temperament zu den gewaltthätigsten, ja grausamsten Handlungen. Das Hauptziel seiner staatsmännischen Thätigkeit war nun, Preußen unabhängig zu machen, indem er ein großes und tüchtiges Heer aufstellte und dasselbe allein aus Landesmitteln, nicht aus fremden Subsidien, wie seine Vorgänger, unterhielt. Durch unermüdliche Sorgfalt bis ins einzelne brachte er allmählich ein stehendes Heer von mehr als 80,000 Mann zusammen, vortrefflich bewaffnet und ausgerüstet und geschult wie keine Armee sonst, schuf ein tapferes Offizierkorps, das den ersten Stand im Staat bildete, dessen Glieder [* 12] der König alle selbst ernannte, und zu dem er sich auch rechnete, und regelte die Ergänzung der Armee teils durch Werbung, teils durch Rekrutierung aus Landeskindern, indem der Staat in verschiedene Kantone geteilt wurde, die den einzelnen Regimentern zugewiesen wurden.
Die Kosten dieser Armee betrugen gegen 6 Mill. Thlr. jährlich und konnten aus dem armen Land nur durch größte Sparsamkeit beschafft werden. Der König konzentrierte deshalb das gesamte Finanzwesen 1723 durch Errichtung des Generaldirektoriums, welches alle Staatseinkünfte einnahm und alle Ausgaben verfügte; für jedes Jahr mußte ein Voranschlag aufgestellt werden, welchen der König selbst genau prüfte, und von dem unter keinen Umständen abgegangen werden durfte.
Jede Unredlichkeit eines Beamten wurde auf strengste bestraft. Die Steuerkraft des
Landes war der König ferner durch
Hebung
[* 13] des Wohlstandes zu vermehren bemüht. Überall drang er darauf, daß die wüsten
Feldmarken, die verödeten Hofstellen wieder
mit
Bauern besetzt wurden, und zog zu diesem
Zweck teilweise mit großen Geldopfern aus allen
Ländern
Kolonisten
in seine
Staaten. Bemerkenswert ist besonders die Ansiedelung von 17,000
Salzburger
Protestanten in
Ostpreußen
[* 14] 1732. Mit einem
Kostenaufwand von 6 Mill. Thlr. wurden allein in der
Provinz
Preußen, welche unter Friedrich
I. durch eine
Pest verheert worden
war, 6
Städte und 332
Dörfer neu aufgebaut. In
Handel und
Industrie befolgte er das
Merkantilsystem, doch
hatten hier seine Zwangsmaßregeln nicht so sichtbaren Erfolg; nur die Tuchfabrikation begründete er von neuem in der
Mark.
Große
Verdienste erwarb sich Friedrich
W. um die
Rechtspflege, deren
Gang
[* 15] er vereinfachte und beschleunigte, um auch den geringern
Leuten den
Rechtsweg zugänglich zu machen. In die Kriminalgerichtsbarkeit griff er oft selbst ein und
änderte oder verschärfte aus eigner
Machtvollkommenheit die
Urteile; namentlich über
Vergehen gegen das
Eigentum verhängte
er öfters grausame
Strafen.
Sein leidenschaftlicher
Haß gegen das Unrecht, wie er es auffaßte, verleitete ihn oft zu übereilten
und ungerechten
Handlungen. Auch seine Polizeiverordnungen, welche in alles, selbst in das Privatleben
der
Unterthanen
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eingriffen, hatten bei unleugbaren Vorteilen auch manche Nachteile im Gefolge. Obwohl selbst streng religiös, zeigte er sich den verschiedenen Konfessionen [* 17] gegenüber tolerant. Um das Volksschulwesen erwarb er sich große Verdienste; dagegen verachtete er alle höhere Wissenschaft und verhöhnte sie sogar, indem er seinen gelehrten Hofnarren Gundling zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften ernannte.
In der auswärtigen Politik bewies der König eine geringere Selbständigkeit und errang auch nur im Anfang seiner Regierung
einige Erfolge. Zunächst trat er 1713
dem Utrechter Frieden bei und erlangte außer der Anerkennung der preußischen Königswürde
das Herzogtum Obergeldern. Fast wider Willen wurde er in den Nordischen Krieg verwickelt. Damit dieser von
den deutschen Besitzungen Schwedens fern gehalten werde, schloß er im Oktober 1713
, im Einverständnis mit dem schwedischen
Befehlshaber, mit Rußland und Polen einen Vertrag ab, wonach Preußen gegen Zahlung von 400,000 Thlr. Kriegskosten Pommern
[* 18] bis
zum Friedensschluß besetzen sollte.
Obwohl er sich bereit erklärte, gegen Rückerstattung dieser Summe das Land an Schweden zurückzugeben,
verlangte Karl XII. nach seiner Rückkehr aus der Türkei
[* 19] sofortige Räumung Pommerns ohne Entschädigung und schritt sogleich
zur gewaltsamen Durchführung seiner Ansprüche. Nun sah sich Friedrich
W. zur Kriegserklärung genötigt (1715), und sein Heer unter
Leopold von Dessau
[* 20] eroberte Rügen und Stralsund
[* 21] und zwang Karl XII. zur Flucht nach Schweden. Im Frieden von
Stockholm
[* 22] trat Schweden gegen Zahlung von 2 Mill. Thlr. Vorpommern bis zur Peene an Preußen ab. Seitdem hat Friedrich
W.
keinen Krieg mehr geführt, nur während des polnischen Erbfolgekriegs ein Hilfskorps zum kaiserlichen Heer am Rhein
geschickt. Er scheute sich, seine neuen Schöpfungen im Heer- und Staatswesen den Gefahren eines großen Kriegs auszusetzen und
die aufs äußerste angestrengten Kräfte seines Landes vielleicht nutzlos zu erschöpfen.
Daher versäumte er es, die Bedeutung seiner Militärmacht inmitten der Hauptstaaten Europas zu seinem Vorteil auszubeuten; vielmehr schloß er sich unter dem Einfluß des kaiserlichen Gesandten Seckendorf, des vom Wiener Hof bestochenen Ministers Grumbkow und seines Freundes Leopold von Dessau ganz an den Kaiser an, als dessen getreuen Lehnsmann er sich als deutscher Fürst ansah, während er die Ausländer, namentlich die Franzosen, ingrimmig haßte. In den Verträgen mit Österreich [* 23] von Königs-Wusterhausen 1726 und Berlin 1728 erkannte er die Pragmatische Sanktion an und erhielt dafür die Erbfolge in Jülich und Berg zugesichert.
Darüber zerschlugen sich die mit dem englischen Hof verabredeten Heiraten seiner Kinder, was zu den ärgerlichsten Familienstreitigkeiten
Anlaß gab, da die Königin diese Heiraten lebhaft gewünscht hatte; Österreich aber belohnte ihn nur mit
Undank, indem es 1738 Jülich und Berg an Pfalz-Sulzbach versprach. Obwohl also Friedrich
W. manche Gelegenheit zur Vermehrung seiner
Macht versäumt hatte, so hatte er doch der Zukunft nichts vergeben, und ein Schatz von 9 Mill. Thlr. und ein großes, vortreffliches
Heer setzten seinen Nachfolger in den Stand, seine Fehler wieder gut zu machen. Friedrich
W. war vermählt mit
Sophie Dorothea von Hannover, die ihm sechs Söhne und mehrere Töchter gebar.
Von den Söhnen überlebten ihn außer Friedrich II. Prinz August Wilhelm (1722-58), Prinz Heinrich (1726-1802) und Prinz Ferdinand (1730-1813); von den Töchtern heiratete Wilhelmine (1709-58) einen Markgrafen von Baireuth, [* 24] Luise Ulrike (1720-82) den König Adolf Friedrich von Schweden. Die Königin und die Kinder hatten unter des Königs Heftigkeit viel zu leiden, obwohl Friedrich W. auch als Familienvater die besten Absichten hatte und in den Tugenden der ehelichen Treue, der Einfachheit und Arbeitsamkeit seinen Unterthanen mit gutem Beispiel voranging.
Rastlos thätig, gönnte er sich nur zweierlei Erholungen: das berühmte Tabakskollegium und die Jagd. Er war von regelmäßiger, wiewohl nicht großer Gestalt, wurde aber bald übermäßig dick, litt schon früh am Podagra, und seine Lebensweise, die Strapazen, die er sich zumutete, steigerten das Übel zur Wassersucht, so daß er, erst 51 Jahre alt, starb.
Vgl. außer den (allerdings gehässigen) »Memoiren der Markgräfin Friederike Sophie Wilhelmine von Baireuth, 1706 bis 1742«: Friedrich Förster, Friedrich Wilhelm I. (Potsd. 1835, 3 Bde.);
dazu Urkundenbuch (1839, 2 Bde.);
Stadelmann, Friedrich Wilhelm in seiner Thätigkeit für die Landeskultur Preußens [* 25] (Leipz. 1878);
Droysen, Geschichte der preußischen Politik, Bd. 4, Abt. 2-4 (das. 1869-70).
51) Friedrich II., der Große, auch wohl der Einzige genannt, König von Preußen, Sohn des vorigen und der Königin Sophie Dorothea, ward zu Berlin geboren. Sein Vater wollte aus ihm einen Fürsten machen, ganz wie er selber war, und schrieb daher einen genauen Erziehungsplan vor, welcher die geistige Bildung auf wenige Gebiete beschränkte, namentlich die Litteratur, klassische wie moderne, völlig ausschloß. Der junge Prinz wollte sich diesem engherzigen System nicht fügen, trieb heimlich verbotene Studien und gewöhnte sich, auch in andern Dingen den Willen seines Vaters zu mißachten: er zeigte wenig Interesse für die militärischen Exerzitien, neigte zu Luxus und Verschwendung und machte erhebliche Schulden.
Der Streit wegen der englischen Heiraten, in dem der Kronprinz ganz auf der Seite seiner Mutter stand, weil sich ihm durch die Vermählung mit der Prinzessin Amalie eine Aussicht auf eine unabhängige Stellung als Statthalter Georgs II. in Hannover eröffnete, verbitterte das Verhältnis zwischen Vater und Sohn noch mehr. Der König, entschlossen, seinen Willen durchzusetzen, ließ sich endlich im Zorn zu den rohesten thätlichen Mißhandlungen auch in Gegenwart Fremder fortreißen, denen er sogar noch Hohn über des Sohnes Feigheit hinzufügte, daß er sich das gefallen lasse.
Dies brachte in dem Kronprinzen den Entschluß, nach England zu fliehen, zur Reife; indes der 1730 auf einer Reise in das Reich unternommene Versuch mißlang, und ein aufgefangener Brief Friedrichs an Katte enthüllte dem König den ganzen Plan. Dieser, aufs äußerste entrüstet, mißhandelte den Sohn aufs empörendste und setzte, nachdem er ihn vom Rhein nach der Mark als Gefangenen hatte transportieren lassen, ein Kriegsgericht ein, um ihn als Deserteur zum Tod verurteilen zu lassen; ihm war der Gedanke unerträglich, daß seine mühsamen Schöpfungen im Staats- und Heerwesen durch einen solchen Nachfolger wieder zu Grunde gehen sollten.
Indes das Kriegsgericht weigerte sich, über den Kronprinzen ein Urteil zu fällen, die fremden Höfe, auch der kaiserliche, verwendeten sich für das Leben Friedrichs, und so begnügte sich der König damit, ihn nach Küstrin [* 26] in strenge Haft zu schicken. Der schreckliche Vorfall übte auf Friedrich, der auf den Tod gefaßt gewesen, die nachhaltigsten Wirkungen. Er beschloß, zu beweisen, daß der preußische Staat in seinen Händen wohl aufgehoben sein werde, und widmete sich in Küstrin mit Ernst und Eifer der strengsten Arbeit. Diese Umkehr ¶
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verschaffte ihm einige Erleichterungen seiner Haft; er war schließlich bloß in Küstrin konsigniert, wo er an der dortigen Domänenkammer die preußische Staatsverwaltung kennen lernte und auch praktisch übte. Seine Unterwerfung unter den Willen des Vaters betreffs seiner Heirat mit der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig [* 28] führte 1732 die völlige Versöhnung mit demselben herbei. Friedrich erhielt ein Regiment in Neu-Ruppin und später die Herrschaft Rheinsberg.
Hier verlebte der Kronprinz glückliche Jahre im Verkehr mit geistreichen Freunden, mit dem Studium der Philosophie und Litteratur beschäftigt und bereits selbst schriftstellerisch thätig, mit Voltaire Briefe wechselnd, während er zugleich seinen Dienst als Regimentskommandeur vortrefflich versah und für alle Verwaltungsangelegenheiten ein lebhaftes Interesse und Verständnis bewies, so daß sein Vater ihn als einen durchaus würdigen Nachfolger anerkannte und sein Werk vertrauensvoll in seine Hände legte.
Als Friedrich den Thron [* 29] bestieg, stand er in der Blüte [* 30] seiner Jahre, körperlich und geistig in der Fülle seiner Kraft. Im vollen Bewußtsein seiner königlichen Macht ergriff er die Zügel der Regierung, und wenn auch manche Maßregeln, wie die Abschaffung der Tortur, der Jagdplage, die Auflösung der Potsdamer Riesengarde, die Zurückberufung des Philosophen Wolf nach Halle u. a., bewiesen, daß er manche Härten und Fehler seines Vorgängers vermeiden, vor allem die geistigen Interessen nicht vernachlässigen wolle, so befolgte er doch im großen und ganzen bei der Verwaltung seines Staats die Grundsätze seines Vaters. Er betrachtete sich als den für alles verantwortlichen ersten Diener des Staats; deshalb regierte er vor allem selbst, bekümmerte sich um das Geringste, nahm alle Bitten und Beschwerden an und verlangte für seine Anordnungen und Befehle unbedingten Gehorsam.
Seine ungeheure Arbeitskraft machte ihm die Durchführung dieser Aufgabe möglich. In der Verwaltung sah er auf Sparsamkeit und Pünktlichkeit, in der Rechtspflege auf Schnelligkeit und Unparteilichkeit; die Beamten mußten arbeitsam und uneigennützig sein. Die stärkste Säule des Staats, das Heer, verstärkte er sofort um 16,000 Mann. Nach außen hin wollte er Preußen in stand setzen, als selbständige, unabhängige Macht aufzutreten. Neben einer starken Armee und guten Finanzen war eine Vergrößerung des Staatsgebiets hierzu notwendig, und Friedrich beschäftigte sich zuerst mit der jülichschen Erbfolgefrage, als der Tod Karls VI. seinen Ideen eine andre Richtung gab. Da Österreich selbst den Vertrag von Berlin gebrochen, war Friedrich zur Garantie der Pragmatischen Sanktion nicht verpflichtet, wollte aber der jungen Königin Maria Theresia gegen alle Mächte, welche ihr die Erbschaft streitig machen würden, mit seiner kriegsbereiten Armee zu Hilfe kommen, wenn diese ihm einen Teil Schlesiens, auf das Preußen überdies noch nicht erloschene Erbansprüche habe, abtreten werde.
Als der Wiener Hof aber dies Verlangen mit Entrüstung zurückwies und von Friedrich die Garantie der Pragmatischen Sanktion ohne jede Gegenleistung forderte, rückte Friedrich Mitte Dezember 1740 in Schlesien [* 31] ein (erster Schlesischer Krieg), eroberte es in wenigen Wochen und behauptete es durch die Siege bei Mollwitz und Chotusitz Um den unbequemsten Feind los zu werden, gab Maria Theresia ihre Zustimmung zur Abtretung Schlesiens, welche im Frieden zu Berlin förmlich stipuliert wurde. Da indes Österreich jetzt über seine übrigen Feinde entscheidende Siege erfocht, fürchtete Friedrich, daß Maria Theresia, die auf Schlesien noch nicht für immer verzichtet hatte, mit Übermacht ihn angreifen werde, und beschloß, dem zuvorzukommen. Er schloß 1744 ein neues Bündnis mit Frankreich und fiel als »Beschützer des Kaisers und der deutschen Freiheit« Ende August in Böhmen [* 32] ein (zweiter Schlesischer Krieg). Er eroberte Prag, [* 33] wurde aber durch eine überlegene österreichische Armee und durch das Bündnis Sachsens mit Maria Theresia im Winter gezwungen, Böhmen wieder zu räumen. Die Unthätigkeit der Franzosen und der Tod Karls VII., nach welchem Bayern [* 34] und die übrigen deutschen Fürsten mit Österreich Frieden machten, brachten Friedrich 1745 in große Gefahr, aus der er sich jedoch durch die Siege bei Hohenfriedberg (4. Juni) und bei Soor (30. Sept.), welche und den bei Kesselsdorf (15. Dez.), welchen Leopold von Dessau erfocht, rettete, und Österreich mußte im Frieden zu Dresden [* 35] zum zweitenmal auf Schlesien und Glatz [* 36] verzichten.
Nachdem indes der österreichische Erbfolgekrieg 1748 durch den Aachener Frieden beendet und die Pragmatische Sanktion von allen Mächten anerkannt worden, faßten Maria Theresia und ihr Minister Kaunitz sofort den Plan, durch eine neue Koalition Schlesien dem König von Preußen wieder zu entreißen und ihn durch Beschränkung seiner Macht auf die Marken und Hinterpommern für immer unschädlich zu machen. Zu diesem Zweck wurde nach 200jähriger Feindschaft 1756 mit Frankreich ein Bündnis geschlossen und mit Rußland über einen gemeinsamen Angriff auf Preußen verhandelt. Friedrich erhielt indes von Rußland aus davon Kunde und beschloß, dem zuvorzukommen, Österreich, bevor es völlig gerüstet war, niederzuschmettern und so die Koalition im Keim zu ersticken. Er fiel also Ende August 1756 in Sachsen [* 37] ein (dritter Schlesischer oder Siebenjähriger Krieg), um durch dasselbe in Böhmen einzudringen und womöglich vor oder in Wien [* 38] den Frieden zu diktieren.
Jedoch die Konzentration der sächsischen Armee im Lager [* 39] bei Pirna [* 40] hielt ihn auf. Er schlug zwar ein österreichisches Heer unter Browne, das den Sachsen zu Hilfe kommen wollte, 1. Okt. d. J. bei Lobositz und zwang diese 16. Okt. zur Kapitulation von Pirna. Indessen der böhmische Feldzug mußte aufs nächste Frühjahr verschoben werden. Nun aber bildete sich die gefürchtete Koalition zwischen Österreich, Rußland, Schweden, Frankreich und den bedeutendsten Reichsfürsten zur Vernichtung Preußens, und als der Einfall in Böhmen nach dem Sieg bei Prag mit der Niederlage von Kolin [* 41] (18. Juni) und einem verlustreichen Rückzug endete, fielen nun alle Feinde mit Übermacht über Friedrich her. Diesen hatte er nur die Kräfte seines Staats und die Hilfstruppen entgegenzustellen, welche seine wenigen Verbündeten, England-Hannover, Hessen-Kassel und Braunschweig, stellten. Zwar schlug er in den beiden ruhmvollen Schlachten [* 42] bei Roßbach [* 43] (5. Nov.) und bei Leuthen [* 44] (5. Dez.) die gefährlichsten Feinde zurück und versuchte 1758 noch einmal die Offensive. Als diese indes vor Olmütz [* 45] wiederum scheiterte, mußte er sich ganz auf die Verteidigung beschränken, und mehrere empfindliche Niederlagen, wie die bei Hochkirch [* 46] bei Kay und Kunersdorf [* 47] u. a., schienen seinen Untergang herbeiführen zu sollen. Wenn er sich trotzdem durch geschickte Operationen und glückliche Schlachten, wie bei Liegnitz [* 48] (15. Aug.) und bei Torgau [* 49] zu behaupten wußte, so waren doch Ende 1761 seine Kräfte an Geld und Menschen erschöpft und die Mehrzahl seiner Staaten in Feindeshand; auch England hatte sich nach Georgs II. Tod ¶