Fraunhofer
,
Joseph von, Optiker, geb. zu Straubing [* 3] in Bayern, [* 4] trat 1799 bei einem Spiegelmacher und Glasschleifer in die Lehre, [* 5] gewann durch einen Unglücksfall die Teilnahme des Hofkammerrats v. Utzschneider, welcher ihn mit Lehrbüchern der Mathematik und Optik versah. Ein Geschenk vom König Max benutzte er zur Beschaffung einer Glasschleismaschine und zur Abkürzung seiner Lehrzeit. Er begann in Metall zu gravieren, sah sich jedoch durch den Krieg in seinem Erwerb gestört, stand wieder als Glasschleifer in Kondition, bis er 1807 in dem mathematisch-mechanischen Institut von Reichenbach, [* 6] Utzschneider u. Liebherr als Gehilfe angestellt wurde.
Hier glaubte er die Mangelhaftigkeit der dioptrischen Fernrohre darin zu erkennen, daß die Gläser nicht genau nach der Theorie geschliffen seien, und konstruierte deshalb nach Liebherrs Idee die Radius- oder Pendelschleifmaschine sowie eine Poliermaschine, mit deren Hilfe er die verlangte Gestalt der Gläser mit mathematischer Genauigkeit hervorbringen konnte (wobei zuerst die Newtonschen Farbenringe zum Kontrollieren der Arbeit benutzt wurden). Er konstruierte auch ein Sphärometer und äußerst empfindliche Taster und erreichte durch diese Leistungen, daß er schon 1809 als Teilhaber von Utzschneider u. Reichenbach aufgenommen und zum Leiter des nach Benediktbeuern verlegten optischen Instituts der Firma ernannt wurde. Um eine sichere Basis für die Konstruktion der achromatischen Objekte zu gewinnen, untersuchte er die Brechungsexponenten der verschiedensten Gläser für die verschiedenen Farben und gelangte dabei zur Entdeckung der dunkeln Linien im Sonnenspektrum (Fraunhoferschen Linien), die er nun zur Bestimmung der Brechungsexponenten ganz bestimmter Farben benutzte.
Nunmehr konnte er fast vollständig achromatische Gläserkombinationen berechnen und herstellen, dabei aber erkannte er die Mängel der gebräuchlichen Flintglassorten und bemühte sich deshalb seit 1811 mit bestem Erfolg, völlig homogenes Glas [* 7] für optische Zwecke herzustellen. Durch die nun gebotene Möglichkeit, mit dioptrischen Fernrohren den besten englischen Teleskopen Konkurrenz zu machen, war der Weltruhm der optischen Anstalt begründet. Große Verbesserungen brachte er bei der Aufstellung der astronomischen Refraktoren an, indem er die Bewegungsmechanismen so einrichtete, daß man der Bewegung der Gestirne mit größter Stetigkeit folgen konnte.
Gleichzeitig versah Fraunhofer
die
Fernrohre mit einer Anzahl der vollkommensten Meßapparate. Seit 1811 beschäftigte er
sich auch mit dem
Bau von
Mikroskopen, und 1816 war sein großes
Instrument vollendet, welches sich durch ein Schraubenmikrometer
auszeichnete. Gleichzeitig erfand er das
Heliometer,
[* 8] das vollendetste Doppelbildmikrometer, welches die Messung der
Durchmesser
und
Entfernungen von
Sonne
[* 9] und
Planeten
[* 10] ermöglichte. Fraunhofer
wies auch nach, daß unser
Auge
[* 11] kein achromatisches
System ist, daß man, um bei verschiedener farbiger
Beleuchtung
[* 12] scharf zu sehen, das
Auge verschieden scharf akkommodieren müsse.
Er untersuchte die Spektren der
Planeten und
Fixsterne
[* 13] und machte mit der Untersuchung des
Lichts künstlicher Lichtquellen
und des elektrischen
Lichts die ersten
Schritte auf dem Gebiet der
Spektralanalyse,
[* 14] deren Bedeutung er schon
ahnte.
Für das
Studium der Beugungserscheinungen gab er eine neue
Methode an, indem er die beugende Öffnung unmittelbar vor das
Objektiv eines
Fernrohrs
brachte; auch benutzte er zuerst statt der Öffnung die
Gitter, bis 10,000 parallele
Linien auf der
Breite
[* 15] eines
Zolles, welche er mit einer eigens konstruierten
Teilmaschine zog. Die so beobachteten Beugungserscheinungen
(Fraunhofersche) bieten das sicherste
Mittel zur Messung der Lichtwellenlänge. Nachdem 1819 das
Institut nach
München
[* 16] übergesiedelt
war, wurde Fraunhofer
1823 Mitglied der
Akademie und zum
Professor und
Konservator des physikalischen
Kabinetts der
Akademie ernannt.
Seine vorzüglichste Leistung war der dioptrische Koloß, ein für Dorpat [* 17] angefertigtes Fernrohr [* 18] von 9 Zoll Objektivöffnung und 160 Zoll Länge mit einem überaus künstlichen Organismus der parallaktischen Maschine [* 19] und einem Mikrometerapparat, welcher in Filar-, Netz-, Strichkreis- und Ringkreismikrometer zerfiel. Mit der Konstruktion eines noch größern Instruments beschäftigt, starb er Sein Leben beschrieben Utzschneider in den »Astronomischen Nachrichten« (Bd. 5),
Merz in den »Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern« (1866) und Jolly (Rede, Münch. 1866). In München ist ihm ein Erzbild errichtet.