mehr
Verfassung, deren Bestimmung, daß zwei Dritteile des
Konvents für das erstemal in den Gesetzgebenden Körper treten sollten, 13.
Vendémiaire
(5. Okt.) einen von den Royalisten geleiteten
Aufstand der
Pariser Sektionen hervorrief; doch hatte die Empörung durch die von
Barras und seinem
Gehilfen,
General
Bonaparte, glücklich geleitete Verteidigung des
Konvents keinen Erfolg.
Am 6. Okt. mußten auch die Sektionen ihre Waffen
[* 3] niederlegen. Noch in der letzten Zeit ordnete der
Konvent ein neues
Unterrichtswesen
an; er stellte die freie Religionsübung her und erließ eine allgemeine
Amnestie. Nach außen hatte Frankreich
große
Siege errungen
und einen Territorialzuwachs von 15 Departements erhalten. (S.
Französische Revolutionskriege.) Mit
Preußen
[* 4] war im April, mit
Spanien
[* 5] im Juli 1795 der
Baseler Frieden geschlossen worden; die
Österreicher waren über den Rhein, die
engl.-holländ.
Armee bis an den
Texel gedrängt; Santo
[* 6] Domingo war an Frankreich
abgetreten und die
Vendée durch
Niederlagen erschöpft.
Am löste sich der
Konvent auf, und 28. Okt. begann die Direktorialregierung.
6) Unter dem Direktorium (1795-99). Die Französische Revolution war an einem Wendepunkt angelangt. Der alte Staat und die alte Gesellschaft waren zerstört; die große Masse des Volks, im Kampfe der Terroristen um die Herrschaft ermüdet, verlangte Ruhe und wendete sich wieder den bürgerlichen Geschäften zu. Die neue Verfassung trug den Charakter der Versöhnung. Während sie die vollziehende Gewalt in einem Direktorium von fünf Mitgliedern vereinigte, verteilte sie die Gesetzgebung an zwei Kammern, an den Rat der Alten und den der Fünfhundert.
Wer irgendwie direkte Steuer zahlte, hatte zwar als aktiver Bürger Zutritt zu den Primärversammlungen der Urwähler, welche die Wahlmänner wählten; allein die letztern selbst mußten in den Städten ein Einkommen von 200 Arbeitstagen, auf dem Lande von 150 nachweisen. Die Anarchisten waren mit dieser Wendung allerdings höchst unzufrieden und begannen deshalb unter Leitung des Kommunisten Babeuf eine weitläufige Verschwörung. Dieser Anschlag wurde verraten und mit der Hinrichtung der Hauptverschwörer bestraft.
Hoche wurde in die Vendée geschickt, wo er den Bürgerkrieg bis zum Juni 1796 völlig dämpfte. Den auswärtigen Mächten gegenüber führte man den schon längst entworfenen Plan aus, die franz. Heere von Italien [* 7] und dem Rhein aus zugleich in die österr. Monarchie vordringen zu lassen. Bonaparte erhielt den Befehl in Italien, verdrängte in einem glänzenden Feldzuge die Österreicher aus Oberitalien [* 8] und errichtete die Cisalpinische und die Ligurische Republik.
Als die Direktoren Barras, Rewbell, Lareveillère, Letourneur und Carnot die Regierung antraten, fanden sie alle Zweige der Verwaltung, besonders aber die Finanzen, in furchtbarer Zerrüttung vor. Obgleich das Direktorium aus Italien und Deutschland [* 9] unermeßliche Summen bezogen, die geistlichen Güter in Belgien [* 10] und am linken Rheinufer verkauft, eine Grund-, Personen-, Gewerbesteuer und andere Auflagen eingeführt hatte, mußte es dennoch im Sept. 1797 die öffentliche Schuld auf einmal um zwei Dritteile herabsetzen.
Durch diesen Staatsbankrott wurde der Kredit der Republik völlig vernichtet, und Lähmung des Verkehrs, Elend und Unzufriedenheit waren allgemein. Die royalistische Partei, die sich wieder zu fühlen begann, nachdem die Neuwahlen im April 1797 im Rate der Fünfhundert eine gemäßigte Mehrheit ergeben hatten, benutzte diesen Zustand. Sie brachte im Mai den ihr genehmen Barthélemy bei Letourneurs Austritt ins Direktorium und bereitete sich überdies offen zu einem gewaltsamen Umsturze der Regierung vor.
Dieser Umstand bewog endlich die mit Carnot und Barthélemy zerfallenen Direktoren Barras, Rewbell und Lareveillère zu dem Staatsstreiche vom 18. Fructidor (4. Sept.), der die Vertreibung aller verdächtigen Räte sowie terroristische Gesetze gegen die Privilegierten zur Folge hatte; Carnot und Barthélemy nebst 53 Deputierten wurden verbannt, und ihre Plätze nahmen Merlin und François de Neufchâteau und nach dessen Austritt Treilhard ein. Diese Umwälzung zog die Herrschaft der streng republikanischen Partei nach sich. Die Friedensunterhandlungen zu Lille [* 11] mit England waren zwar abgebrochen worden, mit Österreich [* 12] aber kam 17. Okt. der Friede zu Campo-Formio zu stande, worin Österreich Belgien und die lombard. Territorien abtrat und die Französische Republik auch noch die sieben ion. Inseln Venedigs und in geheimen Artikeln das linke Rheinufer zugesichert erhielt. Um das Heer, seine einzige Stütze, nicht aufzulösen, aber auch um den ehrgeizigen General Bonaparte zu entfernen, gab jetzt das Direktorium seine Zustimmung zu der Unternehmung nach Ägypten. [* 13] (S. Ägyptische Expedition der Franzosen.) Gleichzeitig mußte Brune noch im Dez. 1797 in die Schweiz [* 14] einbrechen, angeblich, weil diese der Herd royalistischer Umtriebe sei.
Dieser Feldzug hatte im April 1798 die Umbildung des Waadtlandes zur Lemanischen Republik, die Demokratisierung
der
Helvetischen Republik und im Aug. 1798 ein
Bündnis, endlich auch die Einverleibung von Genf,
[* 15]
Biel und
Mülhausen
[* 16] in Frankreich
zur Folge.
Am hatte auch
Berthier aus dem Kirchenstaate eine
Römische
[* 17] Republik gebildet. Diese Übergriffe brachten die europ.
Mächte von neuem unter die Waffen. Nachdem Nelson die franz. Flotte
bei
Abukir vernichtet hatte, arbeitete England während des
Kongresses von Rastatt
[* 18] an einer zweiten allgemeinen Koalition,
der
Österreich,
Rußland, Neapel
[* 19] und die in
Ägypten verletzte
Pforte beitraten.
Schon im Nov. 1798 hatte Ferdinand IV. von Neapel, um den Papst zu rächen, ohne Kriegserklärung
sein
Heer unter dem österr.
General Mack in den Kirchenstaat einrücken lassen; aber der franz.
General
Championnet besetzte
Neapel und proklamierte daselbst 25. Jan.
die
Parthenopäische Republik, während Ferdinand IV. sich auf
Sicilien beschränkt
sah. Der
General Joubert hatte indes auch Piemont besetzt und den König
Karl Emanuel II. von
Sardinien
[* 20] zur Verzichtleistung auf dieses Land gezwungen. Mit dem Anfange des Feldzugs war also ganz
Italien in den
Händen der
Franzosen.
(S.
Französische Revolutionskriege.)
In den ersten
Monaten des J. 1799
errangen jedoch die verbündeten Mächte gegen Frankreich
bedeutende
Vorteile in
Deutschland sowohl
als in
Italien. Unter dem Eindruck dieser Nachrichten erfolgten die
Wahlen von 1799
, die den oppositionellen
Parteien noch mehr Übergewicht als im vorigen Jahre gaben. Sie brachten Sieyès, einen Feind der Direktorialverfassung ins
Direktorium; Radikale und gemäßigte Republikaner verbanden sich gegen die Regierung, Treilhard,
Merlin und Lareveillère
mußten austreten, Gohier,
General Moulins und Roger Ducos traten an ihre
Stelle.
Alle Parteien erkannten
die Unzulänglichkeit der bestehenden Zustände an und
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erwarteten den Beginn einer neuen polit. Ordnung. Sieyès zögerte nur, weil er durch den Tod Jouberts eines Generals beraubt war, der ihn unterstützen konnte. Ehe er sich noch mit Moreau verständigt hatte, war Bonaparte in Paris [* 22] angekommen. Er gewann Sieyès und dessen Anhänger für sich und stürzte die Direktorialregierung durch den Staatsstreich vom 18. Brumaire (9. Nov.). Es wurde unter dem Vorsitz Lucian Bonapartes in der Nacht vom 10. Nov. eine provisorische, aus drei Konsuln bestehende Regierungsbehörde (Bonaparte, Sieyès und Roger Ducos) eingesetzt, während sich der Gesetzgebende Körper bis zum vertagte, ein Gewaltakt, der aber der Lage der Dinge und der Sehnsucht der Nation nach Ruhe und Ordnung vollkommen entsprach.
7) Unter dem Konsulat (1799
-1804). Ein Ausschuß der Räte erhielt nun den Auftrag, die Verfassung vom J. VIII zu entwerfen. Schon trat
sie in Kraft,
[* 23] und ward sie für angenommen erklärt. Sie hatte nur scheinbar ein rein konstitutionelles
Gepräge, legte aber im Grunde die ganze polit. Gewalt in die Hände dreier Konsuln, von denen wieder der erste der wahre Machthaber
war, während ihm die beiden andern nur beratend zur Seite standen. Bonaparte teilte sich selbst die Rolle des Ersten Konsuls
zu und ließ Cambacérès und Lebrun zu seinen Kollegen ernennen.
Ein Erhaltungssenat (Sénat conservateur) von 80 Mitgliedern ernannte die Mitglieder des Gesetzgebenden Körpers, des Tribunats, des Kassationshofs und die Konsuln aus den Listen der Nationalnotablen und hatte auch die Akte aller dieser polit. Gewalten zu bestätigen oder zu verwerfen. Diese Senatorwürde war lebenslänglich. Der Gesetzgebende Körper von 300 aus den Departements ernannten Mitgliedern wurde jährlich zum fünften Teil erneuert und sollte über die ihm vorgelegten Gesetzentwürfe entscheiden.
Das Tribunat, die zweite Kammer von 100 Mitgliedern, bildete die verfassungsmäßige Opposition gegen die Regierung und war bestimmt, über die von den Konsuln vorgelegten Gesetzentwürfe zu verhandeln, aber nur darüber abzustimmen, ob seine dazu designierten Mitglieder im Gesetzgebenden Körper dafür oder dawider sprechen sollten. Die Mitglieder des letztern debattierten nicht, sondern stimmten nur nach Anhörung der Tribunen einfach ab. Die Mitglieder eines bloß beratenden Staatsrates ernannte der Erste Konsul.
Als diese Konstitution ins Leben trat, war die Lage des Staates nach allen Seiten hin gefährdet. Die Härte des Direktoriums hatte den Bürgerkrieg in der Vendée wieder hervorgerufen, die Finanzen waren zerrüttet, die Armeen durch viele Niederlagen aufgerieben. Bonaparte teilte die ganze Republik in 25 Militärdivisionen, deren jede ihren Kommandanten und ihre Division erhielt, wodurch die Empörungen unmöglich wurden. Dann schickte er den General Hédouville nach der Vendée ab, der endlich den Frieden zu stande brachte. Um den Finanzen aufzuhelfen, wurde ein neues Papiergeld geschaffen, der Steuerfuß erhöht und eine Zwangsananleihe von 12 Mill. Frs. bei den bedeutendsten Bankhäusern gemacht.
Die Departementsverwaltung erhielt schon im Februar eine gänzliche Umwandlung, indem an die Stelle der gewählten Räte Präfekten und Unterpräfekten, in den Municipalitäten die Maires traten, die alle ihre polit. Gewalt von der Regierung empfingen. Mit diesen Einrichtungen wurden auch die militär. Chargen neu verteilt. Während Moreau am Rhein den Oberbefehl erhielt, übernahm ihn Bonaparte selbst in Italien. Die Siege beider Generale (s. Französische Revolutionskriege) zwangen Österreich zum Waffenstillstand zu Steier und zum Waffenstillstand zu Treviso, dem bald Friedensunterhandlungen folgten.
Der König von Sicilien schloß 6. Febr. den Waffenstillstand zu Foligno. Am wurde endlich der Friede
zu Lunéville geschlossen. Der Rhein wurde F.s Grenze und die Cisalpinische, Batavische, Ligurische und Helvetische Republik
sowie das Königreich Etrurien (Toscana) wurden anerkannt. Durch einen besondern Vertrag mit Spanien erwarb Frankreich
21.
März Parma
[* 24] und
in Amerika
[* 25] Louisiana; 28. März folgte der Friede mit Neapel, 29. Sept. der mit Portugal. Dagegen ging unter dem
unfähigen General Menou Ägypten verloren. (S. Ägyptische Expedition der Franzosen.) Nach Pitts Austritt aus dem Ministerium
kamen auch die Friedensunterhandlungen mit England in Gang,
[* 26] und wurden zu London
[* 27] die Präliminarien, der
Friede zu Amiens
[* 28] unterzeichnet. Frankreich
erhielt alle seine im Kriege verlorenen Kolonien zurück, räumte dafür
Neapel und das Kirchengebiet und erkannte die Integrität von Portugal und die Republik der Ionischen Inseln an. Am schloß
Frankreich
mit Rußland, am 9. mit der Pforte Frieden.
Mit dieser allgemeinen Waffenruhe schwand auch im Innern F.s die Aufregung. Industrie und Handel blühten
empor, und die franz. Gesellschaft vergaß ihre republikanischen Ideale im Genuß des innern
Friedens und des militär. Glanzes. Der Erste Konsul bemühte sich, alles zu beseitigen, was an die Zeiten der Revolution erinnern
konnte; zugleich aber beförderte er die Entwicklung aller materiellen Interessen. Am kam ein
Konkordat mit dem päpstl. Stuhl zu stande, wonach die Kirchengesetze von 1790 abgeschafft wurden und Frankreich
wieder 9 Erzbischöfe
und 41 Bischöfe erhielt.
Gleichzeitig wurde ein neues Civilgesetzbuch vorbereitet und ein Verdienstorden durch die Errichtung der Ehrenlegion gegründet. Im Mai 1802 ernannte der Senat auf Vorschlag des Tribunats Bonaparte zum Konsul auf fernere 10 Jahre. Als aber der Konsul, unzufrieden, diesen Beweis des Zutrauens angeblich nur mit Zustimmung des Volks annehmen wollte, nötigte er den Senat, dem Volk die Frage vorzulegen: ob der Erste Konsul auf Lebenszeit seine Würde behalten und das Recht haben solle seinen Nachfolger zu bestimmen.
Von 3577379 Bürgern stimmten 3568885 für das lebenslängliche Konsulat, das ihm nun zuerteilt wurde. Zugleich wurde
alle polit. Gewalt in seine Hände gelegt: er erhielt die ausschließliche Befugnis Verbrecher zu begnadigen, die Staatsverträge
zu ratifizieren und die Mitglieder des Senats zu ernennen. Frankreich
war, wenn auch noch nicht
dem Namen nach, so doch thatsächlich wieder eine Monarchie, allerdings auf revolutionärer Basis. Schon zu Anfang 1802 war
Bonaparte zum Präsidenten der Cisalpinischen Republik ernannt worden; im August wurde die Insel Elba, im September Piemont,
im Oktober Parma mit Frankreich
vereinigt. Indes ging Santo Domingo durch die Kapitulation Rochambeaus für
Frankreich
auf immer verloren. Der Haß Englands wegen des franz. Übergewichts auf dem
Kontinent, das hier den brit.
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Erzeugnissen den Markt streitig zu machen drohte, rief schon im Mai 1803 neue Feindseligkeiten hervor. Frankreich
begann
ungeheure Rüstungen zu einer Landung in England und besetzte im Juli ungeachtet der Neutralitätserklärung Hannover.
[* 30] Die
Verschwörung Cadoudals (s. d.) gegen Bonaparte, die dem neuen System Gefahr zu bringen drohte, drängte dazu, dasselbe erblich
zu machen. Die Selbstsucht der Senatoren, die in diesem System eine Quelle
[* 31] reicher Einkünfte sahen, wirkte mit, und so wurde
durch einen Senatsbeschluß vom Bonaparte zur Befestigung des Staates und zur Sicherheit seiner eigenen Person als
Napoleon I. zum erblichen Kaiser der Franzosen erklärt und durch Volksabstimmung als solcher sanktioniert.
Papst Pius VII. kam in Person nach Paris und salbte den Kaiser nebst seiner Gemahlin in der Kirche Notre-Dame. Die Französische
Revolution hatte das notwendige Ziel ihrer Entwicklung, den Militärabsolutismus, erreicht, Frankreich
aber durch Abschüttelung des
veralteten Staatsmechanismus, durch Gründung einer zweckmäßigern Verwaltung, durch die Herstellung
einer neuen auf die Gleichheit gegründeten gesellschaftlichen Ordnung, durch Entfaltung aller geistigen und materiellen Kräfte
einen ungeheuern Kraftzuwachs gewonnen, der auch die europ. Entwicklung überhaupt aufs tiefste beeinflußte.
8) Unter dem ersten Kaiserreich (1804-14). Nach seiner Proklamation zum Kaiser errichtete Napoleon die Erzämter des neuen
Throns, ernannte Großwürdenträger und Marschälle und setzte einen kaiserl.
Gerichtshof ein, der über Vergehungen der ersten Staatsbeamten, über Hochverrat und alle Verbrechen gegen Staat und Kaiser
erkennen sollte. Der Senat hatte schon 1803 seine Bedeutung verloren, Wahl und Zahl der Senatoren waren vom Kaiser abhängig.
Der Gesetzgebende Körper blieb; das Tribunat, wo Carnot seine Stimme gegen die Errichtung eines neuen Throns
erhoben hatte, wurde gänzlich abgeschafft. 1806 mußte der republikanische Kalender dem Gregorianischen wieder
Platz machen. Am wurde Napoleon auch König von Italien; 4. Juni wurde die Ligurische Republik (Genua),
[* 32] 21.
Juli Parma
und Piacenza mit Frankreich
vereinigt.
Der Kaiser von Österreich und viele Fürsten Deutschlands
[* 33] erkannten das Kaiserreich an. England dagegen, empört über die
Wegnahme Hannovers, bedroht von einer Landung und verletzt durch die strengen Maßregeln gegen seine Manufakturwaren, schloß
mit Schweden
[* 34] einen Subsidienvertrag und veranlaßte im April 1805 Rußland zu einer Koalition gegen Frankreich
, der
im August auch Österreich wieder beitrat. Napoleon brach nun aus seinem Lager
[* 35] von Boulogne nach Deutschland aus und zwang die
Österreicher in einem glänzenden Feldzug 26. Dez. zum Frieden von Preßburg.
[* 36] (S. Französisch-Österreichischer Krieg von 1805.)
Österreich verlor gegen 55000 qkm und 3 Mill. E.; das Königreich Italien wurde um 27500 qkm vergrößert.
Dagegen hatte der Sieg der Engländer über die franz.-span. Flotte bei Trafalgar die Frucht sechsjähriger Rüstungen vernichtet. Napoleon, von jetzt an überzeugt, daß alle Anstrengungen gegen die Engländer zur See fruchtlos seien, ergriff nun mit Konsequenz die Politik, seinen Feind durch Absperrung vom Festlande zu vernichten. In dieser Absicht überließ er zunächst im Vertrage von Schönbrunn Hannover an Preußen, um dies mit England in Krieg zu verwickeln.
Die widerspenstige Dynastie von Neapel wurde der Krone verlustig erklärt und der Bruder des Kaisers, Joseph Bonaparte, auf den Thron [* 37] von Neapel und Sicilien gesetzt. Ein anderer Bruder, Ludwig Bonaparte, wurde König von Holland; Napoleons Stiefsohn, Eugen Beauharnais, Vicekönig von Italien, sein Schwager, Joachim Murat, Großherzog von Berg. Diese Staaten standen sowohl unter sich als auch mit dem Kaiserreich durch Verträge in engster Beziehung, und durch die Errichtung des Rheinbundes (s. d.), in dessen Grundvertrage vom Napoleon als Protektor anerkannt wurde, traten auch Bayern, [* 38] Württemberg, [* 39] Baden [* 40] u. a. diesem Staatensystem bei.
Durch dieses Umsichgreifen F.s sahen sich alle Mächte Europas bedroht. Noch im Herbst 1806 vereinigten sich Preußen, Rußland, Schweden und England zu einem neuen Kriege, um die Franzosen aus Deutschland zu vertreiben. Napoleon nötigte jedoch nach den entscheidenden Siegen [* 41] bei Jena [* 42] und Friedland die Russen und Preußen zum Frieden von Tilsit, [* 43] 7. und (S. Französisch-Preußisch-Russischer Krieg von 1806 bis 1807.) Während des Feldzugs war das Kurfürstentum Sachsen [* 44] zum Königreich erhoben, Westfalen [* 45] als neues Königreich begründet und dem Bruder des Kaisers, Jerôme Bonaparte, zugeteilt, auch das Großherzogtum Warschau [* 46] und die Republik Danzig [* 47] geschaffen worden.
Zwei deutsche Fürstenhäuser, Hessen-Cassel und Braunschweig, [* 48] hörten auf zu regieren. Elf Fürsten traten dem Rheinbunde bei, und Preußen und Rußland dem Bunde gegen England, wodurch das drückende Kontinentalsystem, das Napoleon mit seinem Berliner [* 49] Dekret vom geschaffen hatte, ganz Europa [* 50] auferlegt wurde. Napoleon stand jetzt auf dem Höhepunkt seiner Macht, wovon der Erfurter Fürstenkongreß, den er 27. Sept. bis um sich versammelte, Zeugnis ablegte.
Da er sich durch das Einverständnis mit Rußland im Osten gesichert sah, wandte er nun seine Aufmerksamkeit der Pyrenäischen Halbinsel zu. Portugal, das mit England in engster Handelsbeziehung stand, hatte den Engländern seine Häfen nur gezwungen geschlossen und erhielt die Kontinentalsperre nur scheinbar aufrecht, weshalb ein franz. Heer schon 1807 unter Junot Spanien durcheilen und Portugal besetzen mußte, während im November die regierende Dynastie nach Brasilien [* 51] entfloh.
Ein Familienzwist zwischen dem schwachen Karl IV. von Spanien und seinem ältesten Sohne, dem Prinzen von Asturien (Ferdinand VII.), verschaffte Napoleon Gelegenheit, sich unter der Maske des schiedsrichterlichen Freundes auch dort einzumischen und die streitenden Parteien zum Verzicht auf die Krone zu veranlassen, worauf Joseph Bonaparte, der König von Neapel, Juni 1808 auf den span. Thron erhoben wurde, und Murat den von Neapel bestieg. Die Spanier begannen indessen, auf Österreich und England hoffend, einen verzweifelten Kampf um ihre nationale Selbständigkeit und vertrieben Joseph Bonaparte aus Madrid [* 52] und Junot aus Portugal. Da erschien Napoleon selbst auf dem Kampfplatze und unterwarf das Land in einer Reihe schneller Siege. (S. Krieg von 1807 bis 1814.) Unterdessen hatte aber Österreich im Bunde mit England den günstigen Augenblick wahrgenommen und von neuem die Waffen gegen Frankreich ergriffen, wurde aber wiederum besiegt (s. Französisch-Österreichischer Krieg von 1809) und ¶