Titel
Fraas
,
1) Karl Nikolaus, landwirtschaftl. Schriftsteller, geb. zu Rattelsdorf in Oberfranken, studierte 1830-34 in München [* 2] Medizin und Botanik, ging 1835 mit dem griechischen Hofmarschall Grafen Saporta nach Athen, [* 3] wo er Direktor der königlichen Hofgärten und der Staatsbaumschule sowie Professor der Botanik an der neuerrichteten Universität wurde. 1842 ward er Lehrer der Landwirtschaft und Naturgeschichte an der Gewerbeschule zu Freising, [* 4] 1845 Inspektor und Lehrer der Chemie und Technologie an der Zentral-Landwirtschaftsschule in Schleißheim, 1847 Professor der Landwirtschaft an der Universität zu München, 1853 Direktor der Zentral-Tierarzneischule. In Gemeinschaft mit Liebig leitete er die Versuchsstation des Generalkomitees des Bayrischen Landwirtschaftlichen Vereins, dessen Generalsekretär er war, veröffentlichte die daselbst angestellten Versuche (Münch. 1857-61) und gab die Zeitschrift jenes Vereins heraus.
Seit 1864 lebte er auf seinem
Gut Neufreimann bei
München, wo er starb. Fraas
hat einen wesentlichen Einfluß auf die
landwirtschaftlichen Verhältnisse
Bayerns ausgeübt, namentlich
ist er auch für
Organisation des landwirtschaftlichen
Kredits thätig gewesen;
er wirkte für die Verbreitung der künstlichen Fischzucht in Deutschland, [* 5] gründete die erste große Kunstdüngerfabrik in Bayern [* 6] und bemühte sich eifrig, in der Tierheilkunde neue Wege anzubahnen. Er schrieb: »Synopsis florae classicae« (Münch. 1845);
»Klima [* 7] und Pflanzenwelt in der Zeit« (Landsh. 1847);
»Geschichtliche Übersicht der Fortschritte der landwirtschaftlichen Erkenntnisse in den letzten 100 Jahren« (Prag [* 8] 1851 bis 1852, 2 Bde.);
»Schule des Landbaues« (5. Aufl., Münch. 1871);
»Die Natur der Landwirtschaft« (das. 1857, 2 Bde.);
»Buch der Natur für Landwirte« (das. 1860);
»Die künstliche Fischerzeugung« (2. Aufl., das. 1854);
»Die Ackerbaukrisen und ihre Heilmittel« (Leipz. 1866);
»Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft« (Münch. 1866);
»Das Wurzelleben der Kulturpflanzen« (2. Aufl., Berl. 1872);
»Dorfgeschichten« (Münch. 1870, 2 Tle.).
2) Oskar, Geolog, geb. zu Lorch im Remsthal, studierte in Tübingen [* 9] Theologie, widmete sich (unter Quenstedts Leitung) dabei naturhistorischen, besonders geognostischen, Studien, machte mehrfache Reisen und löste 1845 die philosophische Preisaufgabe der Universität über die geognostische Aufnahme der Umgegend Tübingens. Als Vikar seines Vaters in Balingen setzte er seine geognostischen Studien fort. 1848 ward er Vikar in Leutkirch, dann Pfarrer in Laufen, und 1853 wurde er zum Konservator am königlichen Naturalienkabinett zu Stuttgart [* 10] ernannt.
Als solcher führte er mehrere Kartenaufnahmen und andre geologische Arbeiten, zum Teil gemeinsam mit Deffner, aus. Im J. 1864 machte er eine Reise in den Orient, und 1866 entdeckte er die Schussenrieder Menschenreste, 1871 machte er neue Höhlenausgrabungen, nebenbei leitete er schwierige artesische Brunnengrabungen, studierte die Kanalisations- und Abfuhrfrage und beteiligte sich auch an Gewerbvereinen und Weinbaugesellschaften. 1875 unternahm er im Auftrag des Generalgouverneurs vom Libanon, Rustem Pascha, eine geologische Untersuchung dieses seither der Wissenschaft unaufgeschlossenen Gebirges.
Eine Zeitlang war er auch Präsident der Deutschen Anthropologischen Gesellschaft. Er schrieb: »Die nutzbaren Mineralien [* 11] Württembergs« (Stuttg. 1860);
»Fauna von Steinheim, mit Rücksicht auf die miocänen Säugetier- und Vögelreste« (das. 1870);
»Vor der Sündflut«, eine Geschichte der Urwelt (3. Aufl., das. 1870);
»Aus dem Orient« (das. 1867);
»Drei Monate am Libanon« (2. Aufl., das. 1876);
»Geologische Beobachtungen am Libanon« (das. 1878);
»Aëtosaurus ferratus. Die gepanzerte Vogelechse aus dem Stubensandstein bei Stuttgart« (das. 1877);
»Württembergs Eisenbahnen mit Land und Leuten an der Bahn« (das. 1880);
»Geognostische Beschreibung von Württemberg, [* 12] Baden [* 13] und Hohenzollern« (das. 1882). ¶