Florian
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Florian,
Florian
(spr. -āng),
Jean
Pierre
Claris, genannt
Chevalier de, franz. Dichter, geb. im
Schloß Florian
unweit
Sauve
(Gard),
kam in seinem zehnten Jahr mit seinem
Onkel, einem Verwandten
Voltaires, nach
Ferney und gefiel
dem
Philosophen durch seine klugen Antworten und sein lebhaftes
Temperament in hohem
Grad. Nach
Paris
[* 2] zurückgekehrt, trat er
bald als
Page in die
Dienste
[* 3] des
Herzogs von
Penthièvre, der ihn zum Dragonerkapitän machte und seiner
Person als
»Chevalier
de Florian«
attachierte. Er lebte nun teils in
Paris, teils auf den
Schlössern des
Herzogs als
Mittelpunkt einer
angeregten, geistreichen Geselligkeit, wurde 1788 in die
Akademie aufgenommen und genoß ein
Leben ungetrübten
Glücks.
Als er aber 1793 in Sceaux, wohin er sich aus Paris geflüchtet hatte, verhaftet wurde, starb er wenige Tage nach seiner Befreiung, seine zarte, nur für das Glück bestimmte Natur hatte die Leiden [* 4] der Gefangenschaft und den herben Schicksalswechsel nicht zu ertragen vermocht. Schon 1779 debütierte er mit kleinen Theaterstücken, wohl seinen liebenswürdigsten und wahrsten Schöpfungen, von denen wir als die besten nennen: »Les deux billets«, »Le [* 5] bon ménage«, »La bonne mère«;
es sind tolle Possenspiele im hergebrachten Genre, nur daß dem Harlekin eine gute Dosis Sentimentalität beigemischt ist.
Seine poetische Epistel »Voltaire et le serf du mont Jura« wurde 1782 gekrönt, seine Ekloge »Ruth« erhielt 1783 einen Preis, aber seinen Ruhm begründete er mit den Schäfergedichten: »Galatée« (1783) und »Estelle« (1787), die dem Geschmack der Zeit, welche für Geßner schwärmte, ¶
vorzüglich entsprachen; für uns sind sie trotz der Reinheit und Eleganz der Sprache [* 7] wegen ihres faden und weichlichen Charakters ungenießbar. Noch geschmackloser sind seine poetischen Romane: »Numa Pompilius« (1786),
eine matte Nachahmung des »Télémaque«, und »Gonzalve de Cordoue« (1791);
doch beweist die Vorrede zu letzterm: »Précis historique sur les Maures«,
daß Florian
das Beste hätte leisten können, wenn er es vermocht hätte, seinem falschen Geschmack zu entsagen.
Hauptsächlich
aber verdient Florian
genannt zu werden wegen seiner »Fables« (1792),
die nur denen Lafontaines, wenn auch um ein Bedeutendes, nachstehen; in ihnen zeigt sich sein Talent auf dem Höhepunkt: es
sind einfache, gut erfundene Gedichte in anmutiger, witziger Sprache, mit liebenswürdiger Moral, gewürzt
durch treffenden Spott und feine Malice. Sein »Guillaume Tell«, den er im Gefängnis schrieb, ist wohl sein schwächstes Werk;
auch die Übersetzung des »Don Quichote« ist ihm nicht gelungen.
Außerdem erwähnen wir: »Mélanges de poésie et de littérature«, »Eliézer
et Nephthali«, »Jeunesse de Florian«
, seine Jugendgeschichte. Seine Werke sind oft aufgelegt und in die meisten europäischen
Sprachen übersetzt worden. Die »OEvres ^[Œvres] complètes de Florian«
gab
Renouard heraus (1820, 16 Bde.),
die »OEvres ^[Œvres] inédites« Pixérécourt (1824, 4 Bde.); bekannt sind auch die Ausgaben von Briand (1823-1824, 13 Bde.) und von Jauffret (1837-38, 12 Bde.).
Vgl. Montvaillant, Florian
, sa vie, etc. (Par. 1879).