Feen
,
nach romanischer und kelt. Volkssage geisterhafte, aus feinern Stoffen gebildete und mit höhern Kräften begabte weibliche Wesen, deren Begriff und Name (ital. Fata, span. Hada, franz. Fée) sich aus den römischen Schicksalsgöttinnen, den Fata (s. v. w. Parzen), entwickelt hat, wie sie sich auch in der mittelalterlichen Poesie der Deutschen, wo sie unter dem Namen Feien oder Feinen vorkommen, mit den sogen. weisen Frauen und den Nornen (s. d.) berühren.
Wie diese Schicksalsgöttinnen, treten die Feen
zunächst meist in der Dreizahl (vereinzelt in der
Sieben- und Zwölfzahl) auf;
sie haben die
Gabe, sich unsichtbar zu machen, wohnen in Felsschluchten, wo sie hinabsteigende
Kinder mit ihren
Gaben beglücken,
erscheinen bei Neugebornen, deren
Schicksal sie bestimmen; man bittet sie auch zu
Paten, bereitet ihnen
den Ehrensitz bei
Tisch etc. Anderseits erscheinen die Feen
(namentlich in der keltischen Volkssage)
auch als nahe Verwandte der
Elfen (die, wie die Feen
selbst, in
England fairies heißen), d. h. als weibliche
Elementargeister,
die in Wäldern, in Felsengrotten, an
Quellen und Gewässern leben, mit Vorliebe den
Tanz pflegen, dessen
Spur die sogen.
Feenringe (cercles des fées) verraten, und nicht selten von den Sterblichen, ihr
Linnen waschend, gesehen werden.
Noch jetzt erinnern in den ehemaligen und heutigen
Wohnsitzen der
Kelten zahlreiche
Sagen und Benennungen von Lokalitäten an
die Feen.
Nachdem die
Kreuzzüge das
Abendland mit den im
Orient bei Persern und Arabern herrschenden
Ideen
von
Peris und
Dschinnen bekannt gemacht hatten, entwickelte sich
dann, vorzugsweise in
Verbindung mit den keltischen
Vorstellungen,
eine litterarisch-dichterische Auffassung vom Feen
reich, welche im
Lauf der Zeit bis ins einzelnste ausgebildet ward.
Besonders wichtig für die Kenntnis dieser Feenwelt
, die schon in der
Sage von
Lancelot vom See ihre poetische
Beglaubigung erhalten hatte, ist der französische
Roman »Huon de
Bordeaux«,
[* 2] dessen
Fabel
Wieland zu seinem
»Oberon« benutzte.
Hinfort gehörten die Feen
zur
Maschinerie der romantischen
Poesie des christlichen Rittertums, und
Tasso in seinem »Befreiten
Jerusalem«
[* 3] machte sogar den
Versuch, diese geistigen Mittelwesen des
Christentums und des
Heidentums in eine
poetische
Harmonie zu bringen.
Nach den von den Dichtern ausgemalten Szenerien
gab es besonders drei Feen
bereiche: Avalon, die sagenhafte
Insel im
Ozean, wo
Morgana wohnte;
ein Reich im Innern der Erde mit prachtvollen Palästen, das am deutlichsten in dem englischen Roman »Orfeo and Heurodis« beschrieben ist, und eins in Wildnissen und Wäldern, namentlich in dem großen, sagenberühmten Wald Brezilian in der Bretagne.
Auch zahlreiche alte
Schlösser werden
als Lieblingsorte der Feen
genannt.
Spenser verherrlichte in seinem Gedicht »Fairy queen« in der Feen
königin
zugleich allegorisch den
Ruhm
Elisabeths.
Spensers Feen
sind im ganzen noch die der alten
Romantik, später
aber tritt eine
Scheidung derselben in Bezug auf ihren
Charakter hervor. Während die guten Feen
, als welche namentlich Esterelle,
Maliure und
Melusine genannt werden, ewig schön und jung, aller weiblichen
Künste
Meister, gut und edel waren und ihre Zauberkräfte
immer zum
Guten anwendeten, zeigten die bösen, zu denen besonders Karabossa und Fanferlüsch gehörten,
von allem das Gegenteil, und ihre Macht war nicht selten größer.
Indes konnte keine
Fee das geradezu aufheben, was eine andre gewirkt hatte, sondern ihm nur entgegenwirken. Dieser
Kampf zwischen
guten und bösen Feen
bildet in der
Regel den
Inhalt der Feen
märchen, die, meist orientalischen Ursprungs,
im letzten
Viertel des 17. Jahrh. in
Europa
[* 4] an die
Tagesordnung kamen und namentlich in
Frankreich seit 1681 beliebt wurden.
Perraults
»Contes
de ma mère l'Oye« (1697) und
Mad.
Aulnoys
»Contes des fées« (1698) fanden so vielen Beifall, daß
Galland auf
den
Gedanken kam, die orientalischen
Muster der
Gattung
(»Tausendundeine Nacht«) in das
Französische zu übersetzen,
und eine
Menge Nachahmer sich in dieser Dichtungsart versuchten.
Die vorzüglichsten der Feen
märchen findet man gesammelt in dem
»Cabinet des fées« (Par. 1785-89, 41 Bde.).
Boileau und seine
Schüler eiferten zwar sehr gegen diese
Märchen; doch ward die Geschmacksrichtung keine
andre, bis die Übersättigung
Ekel erregte und
Graf
Ant. von
Hamilton in seinen vortrefflich geschriebenen
»Contes« die ganze
Dichtgattung geistreich persiflierte. In unsrer Zeit treten die Feen
nur noch in Kindererzählungen auf.
Vgl. Keightley, Mythologie der und Elfen (deutsch von Wolfs, Weim. 1828, 2 Bde.);
Walckenaer, Lettres sur les contes des fées (Par. 1826);
Schreiber, Die in Europa (Freiburg [* 5] 1842);
Maury, Les fées du moyen-âge (Par. 1843);
Halliwell, Illustrations of fairy mythology (Lond. 1845).