Fastnachts
piele,
die älteste Form des deutschen
Lustspiels. Sie werden häufiger im zweiten Drittel des 15. Jahrh.
und verschwinden im 17. Jahrh. Der klassische
Boden der Fastnachts
piele war
Nürnberg;
[* 2] einige sind sonst in Süddeutschland,
in
Tirol
[* 3] und der
Schweiz
[* 4] zu Hause, wenige in
Niederdeutschland (besonders in Lübeck).
[* 5] Die ältesten sind zu Fastnacht nicht
öffentlich, wie dies später der Fall ist, sondern in Privathäusern von jungen Leuten aus dem
Bürgerstand,
die von einem Haus ins andere, aus einer Kneipe in die andere zogen, ohne besondere scenische Vorbereitungen aufgeführt
worden.
Sie stellen in kurzen Scenen und mit ausgelassenem derben Witz, der die gröbsten Zoten und Unflätereien nicht scheut, Charaktere und Scenen aus dem täglichen Leben, namentlich auch des Bauernstandes, dar; meist sind sie nur undramat. Aufzüge [* 6] komischer oder typischer [* 1] Figuren, die jede sich monologisch selbst schildern; beliebt war auch die Form eines Prozesses mit Anklage, Gegenklage oder Verteidigung und endlichem Schiedsspruch; auch der Arzt inmitten kranker Bauern, die Bauernhochzeit, die komische Disputation waren häufige Themata.
Auf einer spätern
Stufe behandeln die Fastnachts
piele Anekdoten,
Schwänke und Novellen von heiterm Charakter; auch
politisch-satirische und moralische Fastnachts
piele kommen vor, doch gebührt ihnen besser der
Titel
«Spiel». Von den wenigsten der zahlreichen
Fastnachts
piele des 15. Jahrh. kennt man die Verfasser; von einigen werden
Hans Rosenblüt und
Hans
Folz als Dichter genannt, denen auch
noch manche andere gehören werden. Im 16. Jahrh. sind als Dichter von
Fastnachts
piele vor allen
Hans
Sachs, dessen Fastnachts
piele zu seinen besten Schöpfungen gehören,
Pet. Probst und
Jakob
Ayrer zu rühmen.
Eine reiche Sammlung der Fastnachts
piele des 15. Jahrh. besorgte
A. von
Keller (3 Bde. und 1 Bd.
Nachlese, Stuttg.,
«Bibliothek des Litterarischen
Vereins», 1853–59); andere bieten Osw. Zingerle,
«Sterzinger
Spiele»
(Wien
[* 7] 1885),
Seelmann, «Mittelniederdeutsche Fastnachts
piele» (in den «Drucken
des
Vereins für niederdeutsche Sprachforschung», Bd.
1, Norden
[* 8] 1885),
die des Hans Sachs giebt E. Götze in den «Neudrucken deutscher Litteraturwerke des 16. u. 17. Jahrh.» (Halle [* 9] 1880–87). –
Vgl. L. Lier, Studien zur Geschichte des Nürnberger Fastnachtspiels (Nürnb. 1889).