Flore
und Blanscheflur (franz. Flore
et Blanchefleur,
»Blume und Weißblume«),
altdeutsches Gedicht aus dem 13. Jahrh.,
von
Konrad Fleck nach einem französischen
Roman von
Ruprecht von Orbent bearbeitet. Dasselbe schildert die
Liebe zweier
Kinder,
die beide zur selben
Stunde geboren, nach
Blumen
(Rose und
Lilie) genannt und miteinander erzogen, aber grausam
getrennt werden. Nach langem
Suchen findet Flore
(Flos) die Geliebte in
Babylon, wo
sie den
Sultan heiraten soll u. in einem festen
Turm
[* 2] verwahrt wird. Er weiß zu ihr zu dringen und bleibt im geheimen bei ihr.
Endlich entdeckt und zum
Tod verurteilt,
werfen
sie den
Zauberring, der eins von beiden retten könnte, weg und wollen gemeinsam sterben, worauf Verzeihung und Vereinigung
des
Paars
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erfolgt. Zuletzt sterben auch beide, 100 Jahre alt, zu derselben Stunde. Das Liebespaar gehörte neben Äneas und Dido und Tristan und Isolde zu den berühmtesten Liebespaaren der Ritterzeit. Handschriften des deutschen Gedichts befinden sich in Berlin [* 4] und Heidelberg; [* 5] herausgegeben wurde es von Sommer (Quedlinb. 1846). Die französische Quelle [* 6] veröffentlichen Imm. Bekker (Berl. 1844) und, mit einer andern französischen Dichtung gleichen Inhalts, E. du Méril (Par. 1856). Eine niederdeutsche Bearbeitung steht in Bruns »Gedichten in altplattdeutscher Sprache« [* 7] (Berl. 1798) und in den »Niederdeutschen Denkmälern« (hrsg. von Wätzoldt, Brem. 1881 ff.),
eine mittelniederländische von Diederic von Assenede in Hoffmanns von Fallersleben »Horae belgicae« (Bd. 3). Neuere Bearbeitungen gaben S. v. Knorring, geborne Tieck (Berl. 1822),
Rückert etc. Boccaccio legte die Sage seinem Roman »Il filocolo o filocopo« zu Grunde, wodurch sie in Italien [* 8] große Verbreitung fand. Auch ins Englische [* 9] (hrsg. von Hausknecht, Berl. 1885), Nordische (Isländische, Dänische, Schwedische), Böhmische und Neugriechische ging der Stoff über.
Vgl. Sundmacher, Die altfranzösische und mittelhochdeutsche Bearbeitung der Sage von Flore
und Blanscheflur
(Götting. 1872);
Herzog, Die beiden Sagenkreise von Flore
und Blanscheflur (Leipz. 1884).