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Johannes, dän. Dichter, mit welchem die neuere
Periode der dänischen Litteratur beginnt, geb. zuKopenhagen
[* 10] als der Sohn eines streng pietistischen
Predigers, kam früh verwaist in die
Schule zu
Schleswig,
[* 11] entlief eines
Tags aus
Liebe
zur
Freiheit dem pedantischen
Schulzwang und begann 1758 in
KopenhagenTheologie zu studieren. Aus Abenteuerlust trat er aber
bald hernach zu
Magdeburg
[* 12] in ein Infanterieregiment, desertierte hier, ward österreichischer
Tambour,
dann
Unteroffizier und nahm an mehreren
Gefechten 1759-60 teil, entwich aber wiederum und kehrte nach
Kopenhagen zurück, wo
er seine theologischen
Studien fortsetzte.
welche die
Gesellschaft für die
Förderung der schönen
und nützlichen
Wissenschaften 1764 veröffentlichte, fand großen Beifall; mehr noch sein Trauergedicht auf den
TodFriedrichs
V. (1766), worin er eine große lyrische
Kraft
[* 14] entfaltete. Unter den Dichtern, die er studierte, sprachen ihn an meisten
Molière
und
Klopstock an; namentlich der letztere übte eine gewaltige Einwirkung auf die Entfaltung seines Dichtertalents,
wie insbesondere das biblische
Drama
»Adam og
Eva« (1769) beweist. Von Ewalds weitern
Dichtungen nennen wir,
¶
Nach langen und schweren Leiden
[* 16] starb Ewald kaum 38 Jahre alt. Daß er der neuern dänischen Poesie, welche sich mit
Öhlenschläger entfaltete, die Bahn brach, hat dieser in mehreren seiner schönsten Gedichte (»EwaldsGrab«) dankbar anerkannt. Als Lyriker dürfte Ewald in Dänemark
[* 17] noch kaum seinesgleichen gefunden haben, und seine Oden (z. B.
»Til Sjælen« und »Til min Moltke«) können sich an Schwung und Hoheit mit denen Klopstocks messen. Seine Sprache
[* 18] ist rein, klar
und edel; im Vers zeigt er eine Herrschaft über die Form, die unübertroffen ist. Eine vorzügliche Selbstbiographie hat
er in seinem leider unvollendet gebliebenen Werk »J. Ewalds Levnet og Meninger«
gegeben. Die beste Ausgabe der Werke Ewalds besorgte Liedenberg (Kopenh. 1850-55, 8 Bde.);
Biographien desselben lieferten Molbech (das. 1831) und M. Hammerich (das. 1860, 2. Ausg. 1861),
Vgl. Öhlenschläger, Vorlesungen über Ewald und Schiller (Kopenh. 1810-12), und Welhaven, Ewald und die norwegischen
Dichter (»Sämtliche Schriften«, Bd. 8, das.
1868).
Als Teilnehmer an dem bekannten Protest der »Göttinger Sieben« gegen die Aufhebung des hannöverschen Staatsgrundgesetzes seines
Amtes entlassen, folgte er 1838 einem Ruf als ordentlicher Professor der Theologie nach Tübingen,
[* 34] kehrte
aber, vom König von Württemberg
[* 35] in den persönlichen Adelstand erhoben, 1848 in seine frühere Stellung nach Göttingen zurück.
Infolge seiner Verweigerung des Huldigungseides wurde er 1867 auf sein Ansuchen von der preußischen Regierung in Ruhestand
versetzt und dafür von der Welfenpartei in den Reichstag geschickt, wo er beharrlich die Neugestaltung
Deutschlands
[* 36] bekämpfte und immer von neuem für die Wiederherstellung der Welfenherrschaft in Hannover
[* 37] seine Stimme erhob.
Er starb in Hannover. In seinen frühern Werken: »De metris carminum arabicorum« (Leipz. 1825),
»Versuch über einige
ältere Sanskritmetra« (das. 1827),
die er hierauf als »Grammatik der hebräischen Sprache« (das. 1835, 3. Aufl. 1838) kürzer und als »Ausführliches
Lehrbuch der hebräischen Sprache« wiederholt (8. Aufl., Götting. 1870) bearbeitete, sowie in seiner »Grammatica critica linguae
arabicae« (Leipz. 1831-33, 2 Bde.)
u. a., trat er namentlich für die Grammatik und Metrik der orientalischen Sprachen bahnbrechend auf. Einen
Teil der reichen Früchte seiner Reisen legte Ewald nieder in den »Abhandlungen zur orientalischen und
biblischen Litteratur« (Götting. 1832) und in seiner »Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes«.
Seine alttestamentlichen Studien faßte er zusammen in den Werken: »Die poetischen Bücher des Alten Bundes« (neue
Auflage, Götting. 1865-67, 4 Bde.) und »Die
Propheten des Alten Bundes« (2. Aufl., Stuttg. 1867-68, 3 Bde.),
in den »Beiträgen zur Geschichte der ältesten Auslegung und Spracherklärung des Alten Testaments« (das. 1844, 3 Bde.)
und endlich in seinem Hauptwerk: »Geschichte des VolkesIsrael« (3. Aufl., Götting. 1864-68, 7 Bde.),
das
von großartiger Auffassung und historischer Kunst zeugt, und zu dem noch ein Band:
[* 38] »Die Altertümer des israelitischen Volkes«
(3. Aufl., das. 1866), als Anhang erschien. Ewald ist nach
Gesenius, den er an Vielseitigkeit und Tiefe weit überragt, wenn er ihm auch an Unbefangenheit nicht gleichkommt, der eigentliche
Schöpfer der historisch-vergleichenden Methode in der semitischen Sprachwissenschaft und Philologie und
unübertroffen an liebevoller Versenkung in den Geist des hebräischen Altertums. Dem NeuenTestament trat Ewald näher in den meistens
in einem schroffen Gegensatz zu der sogen. Tübinger Schule stehenden Werken: »Jahrbücher der biblischen Wissenschaft« (Götting.
1848-65, 12 Tle.);
»Die drei
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mehr
ersten Evangelien, übersetzt und erklärt« (das. 1850);
6) Herman Frederik, dän. Schriftsteller, geb. zu
Kopenhagen, praktizierte mehrere Jahre (bis 1864) als Landmesser in Nordschleswig, lebt seitdem als Professor in Kopenhagen.
Sein erstes Werk, die anonym erschienene Erzählung »Valdemar Krones Ungdomshistorie« (»W. Krones Jugendgeschichte«, 1860, 4. Aufl.
1876; deutsch,Brem. 1876),
eine launige Schilderung des dänischen Highlife, wurde mit großem Beifall
aufgenommen. Unter seinem Namen folgten darauf die Romane: »Familien Nordby« (1862; deutsch,Brem. 1871),
»Agathe« (1873; deutsch, das. 1874) u. a.,
worin Ewald sich als einen vorzüglichen Charakterzeichner erweist. Auch auf dem Gebiet des historischen
Romans lieferte er verschiedene, sehr anerkennenswerte Arbeiten, so: »Svenskerne paa Kronborg« (»Die Schweden auf Kronborg«, 1867;
deutsch, 2. Ausg. Brem. 1874),
»Den skotske Kvinde paa Tjele« (»Die
Schottin zu Tjele«, 1871),
Ernst Deodat Paul Ferdinand, Historienmaler, geb. zu Berlin, widmete sich anfangs in Bonn dem
Studium der Naturwissenschaften, ging aber schon 1855 zur Malerei über und trat in Steffecks Atelier
in Berlin. 1856 begab er sich nach Paris, wo er bis
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mehr
1863 seine Studien, eine Zeitlang unter Couture, fortsetzte und sein erstes Bild, das ihn in Deutschland bekannt machte,
die sieben Todsünden, malte. Im Kolorit der alten Venetianer brachte er die einzelnen Repräsentanten dieses abstrakten
Vorwurfs als reale, dem 17. Jahrh. angehörende Persönlichkeiten in einer aktionsmäßigen
Gruppierung und schuf in dieser Weise eine Komposition, die durch ihr vornehmes Kolorit sehr günstig
wirkte. 1863 ging er auf ein Jahr nach Italien und widmete sich dort dem Studium der Wandmalereien des 15. Jahrh.,
kehrte 1865 nach Berlin zurück und verwertete nachher dieses Studium in den Wandmalereien im Bibliotheksaal des neuen Rathauses
(1869) und in der Querhalle des ersten Stockwerks der Nationalgallerie, letztere (Scenen aus der Nibelungensage
in Wachsmalerei) teils farbig, teils grau in grau ausgeführt, in starren, fast gotischen Kompositionen von unerfreulichem
Eindruck. Seit 1868 widmet er den größten Teil seiner Thätigkeit dem Kunstgewerbemuseum, dessen Unterrichtsanstalt er
seit 1874 leitet.
Joh. Joachim, Dichter, geb. zu Spandau, studierte in Halle
[* 48] und Frankfurt a.O., wurde Auditeur beim Regiment
des Prinzen Heinrich in Potsdam und erwarb sich die Freundschaft Ewald von Kleists. 1757 machte er eine Reise
nach England, wurde dann Erzieher des Erbprinzen von Hessen-Darmstadt. 1759 ging er nach Italien, trat zum Katholicismus über
und soll sich 1762 nach Tunis oder Algier eingeschifft haben. Seitdem war er verschollen. Ewald war dichterisch
wenig selbständig; seine «Sinngedichte» (Potsd. 1755; Neudruck von Ellinger, Berl.
1890; 2. vermehrte Aufl., «Lieder und Sinngedichte», Dresd. 1757) zeigen ihn abhängig, namentlich von Ewald von Kleist, aber auch
von Gleim u.a.
Joh. Ludw.,
Schriftsteller und Geistlicher, geb. zu Hayn bei Offenbach, studierte in MarburgTheologie, ward
Pfarrer zu Offenbach und bekleidete dann nacheinander verschiedene geistliche Ämter. Er starb als großherzogl.
Ministerialrat zu Karlsruhe. Von seinen Veröffentlichungen sind das Drama «Mehala» (Mannh. 1808) und die Monatsschrift
«Urania» (Hannov. 1794–96) nennenswert. Das «Bundeslied»
(«In allen guten Stunden») von Goethe, zu dessen Freundschaftskreise Ewald in den Jahren vor jenes Übersiedelung
nach Weimar
[* 49] gehörte, ist 1775 zu E.s Geburtstag verfaßt.