Evokation
(lat.), eigentlich das Herausrufen, Hervorfordern; daher Evocatio sacrorum,
der bei den alten
Römern herrschende
Gebrauch, den Schutzgott einer belagerten Stadt durch die
Priester unter gewissen Feierlichkeiten
zum Verlassen seines bisherigen Sitzes und zum Übergang zu den
Römern aufzufordern, wodurch man den
Ort aus einem geweihten
zu einem profanen machen, also dem
Schutz der
Götter entziehen, aber zugleich auch deren
Zorn ob der
Einnahme
und Zerstörung der Stadt vermeiden wollte; Evocatio inferorum (manium, mortuorum), Totenbeschwörung; Evocatio militiae,
Aufgebot der
Mannschaft zum
Krieg. - Im
Staats- und Prozeßrecht des frühern
Deutschen
Reichs bezeichnet Evokation
die
Citation eines
Beklagten vor ein auswärtiges
Gericht und besonders die
Abberufung einer bei einem
Landesgericht anhängigen
Rechtssache von diesem letztern und die
Überweisung derselben an ein kaiserliches
Gericht.
Mittelbare Reichsunterthanen (landsässige
Personen) hatten nämlich in den ersten
Instanzen ihr
Recht vor ihren
Landesherren
und deren
Gerichten zu nehmen. Es stand jedoch dem
Kaiser das
Recht zu, die Streitsachen solcher
Personen
ihrem ordentlichen
Richter zu entziehen und an die
Reichsgerichte zu bringen. Solchen Evokationen
suchten die
Reichsstände
durch Erlangung von Evokation
sprivilegien (privilegia
de non evocando) vorzubeugen, wonach
Rechtssachen nicht ohne weiteres
vor die
Reichsgerichte gezogen und in erster
Instanz von diesen entschieden, die
Unterthanen mithin nicht
mehr der ersten, inländischen
Instanz entzogen werden durften. Namentlich stand ein solches
Privilegium den
Kurfürsten zu.
Im
Mittelalter bezeichnete man mit Evokation
auch das dem
Papst zustehende
Recht, eine Streitsache von den weltlichen
Gerichten ab-
und nach
Rom
[* 3] zu berufen. Im französischen
Prozeß versteht man unter Evokation
(évocation) die Befugnis des
Gerichts zweiter
Instanz, welches ein
Urteil erster
Instanz abändert, die
Sache
an sich zu ziehen, d. h. weiter zu verhandeln,
Beweise zu erheben etc.