Etsch
(ital. Adige, bei den Römern Athesis), Fluß in Südtirol und Oberitalien, [* 2] entspringt in den Rätischen Alpen auf dem Sattel der Reschenscheideck (1525 m) in Tirol, [* 3] welcher ihr Stromgebiet von dem des Inn scheidet, durchfließt den Reschensee (1482 m ¶
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ü. M.) und gelangt mit raschem Gefälle auf die Malser Heide und die ebene Thalsohle von Glurns. Östlich gekehrt, betritt die
Etsch
sodann das Längenthal des Vintschgaues, dem sie namentlich in seinem obern Teil durch Überflutungen gefährlich wird.
Bei Meran,
[* 5] wo der Untervintschgau mit einem plötzlichen Abfall endigt und die wilde Passer mündet, wendet
sie sich nach SO. und betritt den prächtigen, fruchtbaren Thalkessel des Mutterländchens,
das bis Bozen
[* 6] reicht, hier bis 5 km breit und durch ein Kanalnetz und Abzugsgräben in ein Gartenland umgewandelt ist.
Das Thal
[* 7] der Etsch
von Bozen, wo dieselbe ihren bedeutendsten Zufluß, den Eisack, aufnimmt, abwärts heißt
Etsch
land. 6 km unter Roveredo beginnt eine Stromenge, bei den Slavini di San Marco, wo durch einen ungeheuern Bergsturz
[* 8] (wahrscheinlich 883 n. Chr.)
mehr als 50 qkm mit einem Felsenmeer bedeckt wurden. Bei Borghetto geht der bedeutend verstärkte Strom nach Italien
[* 9] über,
wälzt sich dann zwischen den senkrechten Wänden der Veroneser Klause (Chiusa), wo links die Straße in den
Fels gehauen ist, hindurch und tritt bei Verona,
[* 10] wo er südöstliche, dann östliche Richtung einschlägt, in die Ebene.
Die flachen Ufer werden nun sumpfig, der Strom selbst schlammig und träge. Der Unterlauf der Etsch
ist vielfach mit dem Po in
seinem Mündungsgebiet verbunden, so daß sie der Zwillingsstrom des Po zu heißen verdient. Von ihr geht bei Legnago ein Naviglio
nach S. zum Tartaro, den derselbe in den Valli Grandi, den ausgedehntesten Reissümpfen, erreicht; ein zweiter Arm nach S.
geht von der Etsch
oberhalb Castelbaldo ab, fließt als Canale Bianco nach O., ist bei Polesella mit dem Po
Grande verbunden, berührt Adria und mündet in den Po di Levante; ein dritter, der Naviglio Adigetto, zweigt bei Badia nach SO.
ab und schließt sich im Po-Delta dem Po an. Die Etsch
selbst mündet in das Adriatische Meer bei Porto Fossone, das
als Nordgrenze des Po-Delta gilt.
Die gesamte Länge der Etsch
beträgt 415 km, wovon 220 auf Tirol kommen und 297 schiffbar sind. Bei der Eisackmündung, wo die
Schiffbarkeit beginnt, ist der Fluß 78 m, bei Verona 120, oberhalb Legnago gegen 325, weiter unten im Hauptarm 260 m breit.
Die Tiefe beträgt 3-5 m, das Gefälle bis Mals 630 m, von da bis Meran 279 m, von da bis Legnago wechselnd
zwischen 1:510 und 1:1200, weiter unten 1:6000 und 1:12,000. Das Etschthal
war von jeher eine Hauptstraße für Völkerströmungen
und Eroberungszüge (Cimbern). Jetzt führt die Eisenbahn durch dasselbe von Verona bis Bozen und Meran, dann
weiter am Eisack über den Brenner nach Nordtirol.