Essen
,
[* 1] Stadt und Stadtkreis im preuß. Regierungsbezirk Düsseldorf, [* 2] 79 m ü. M., in fruchtbarer Gegend, Mittelpunkt des Ruhrkohlengebiets und Knotenpunkt der Linien Ruhrort-Dortmund-Holzwickede, Werden-Essen, Essen-Bismarck-Herne, Essen-Bochum-Herne, Hochfeld-Bochum-Langendreer und Essen-Altenessen der Preußischen Staatsbahn, ist ein mächtig aufblühender Fabrikort mit 6 katholischen und 2 evang. Kirchen, einer Synagoge und einem neuen, in reichstem gotischen Stil erbauten Rathaus.
Eine der katholischen Kirchen, das »Münster«, [* 3] mit reicher Schatzkammer und trefflichen Gemälden, 873 gestiftet, ist eine der kunsthistorisch merkwürdigsten Kirchenanlagen, deren interessantester Teil zwischen der Westseite des schlicht gotischen Langhauses und einem Vorhof liegt. Aus dem 10. Jahrh. stammend, hat es große Ähnlichkeit [* 4] mit der Pfalzkapelle in Aachen, [* 5] im Äußern ein Achteck zwischen zwei polygonen Ecktürmen, aber kein selbständiger, ganzer Kuppelbau, sondern nur ein von drei Seiten des Achtecks gebildeter Halbkuppelbau.
Unter dem östlichen der beiden Chöre eine 1051 geweihte Krypte. An jenen westlichen Vorhof schließt sich westlich eine kleine, dem Täufer Johannes geweihte Taufkirche an. Bei der kürzlich vorgenommenen Restauration haben sich noch bedeutende Malereien aus dem 12. und 14. Jahrh. vorgefunden, darunter Darstellungen aus dem Leben der Heiligen Kosmas und Damian. Im Domschatz sind merkwürdig ein siebenarmiger Leuchter von 972 als Nachbildung des Salomonischen Leuchters im Tempel [* 6] zu Jerusalem [* 7] sowie vier Prachtkreuze mit Email und Edelsteinen und zahlreiche Monstranzen.
Die Einwohnerzahl beträgt (1880) 56,944 (1885: 65,074), darunter 20,466
Evangelische, 35,368 Katholiken
und 942
Juden. Essen
ist
Mittelpunkt eines sehr bedeutenden Steinkohlenbergbaues. Im Stadtgebiet wurden 1884 durch 2640
Arbeiter
800,000
Ton.
Kohlen gefördert, die einen Wert von 3,720,000 Mk. repräsentierten. Unter den Etablissements
nimmt die Kruppsche Gußstahlfabrik die erste
Stelle ein (s.
Krupp). Außerdem hat Essen
zwei bedeutende Puddlings-
und
Walzwerke,
Maschinen- und Dampfkesselfabrikation,
Fabriken in
Kunstwolle,
Tabak,
[* 8]
Zigarren,
Stöcken,
Essig und betreibt
Färberei,
Bierbrauerei
[* 9] etc. Der früher bedeutende
Bergbau
[* 10] auf
Eisenstein ist zurückgegangen.
Die Reichsbankstelle nebst den davon ressortierenden Nebenstellen hatte 1884 einen
Umsatz von 643 Mill. Mk., die
Essener
Kreditanstalt
einen solchen von 600 Mill.
Mk. Essen
hat ein
Gymnasium, ein
Realgymnasium, eine
höhere Bürgerschule, eine
Bergschule, eine Taubstummenschule und eine Idiotenanstalt. Es erscheinen 4
Zeitungen, darunter die
»Rheinisch-Westfälische
Zeitung«. Essen
ist
Sitz des Landratsamtes für den Landkreis Essen
, eines
Landgerichts (für die 8
Amtsgerichte zu
Bochum,
[* 11]
Borbeck,
Essen
,
Gelsenkirchen,
[* 12]
Hattingen,
[* 13]
Steele,
Wattenscheid und
Werden) und zweier
Eisenbahnbetriebsämter Essen
war ehemals
der Sitz einer
Benediktiner-Frauenabtei, welche 873 vom
Bischof
Alfred von
Hildesheim
[* 14] als Nonnenkloster gestiftet und 1275 in
eine reichsunmittelbare, gefürstete Frauenabtei umgewandelt wurde, die aber auch 20
Stiftsherren enthielt.
Das
Kapitel bestand aus 10 Prinzessinnen und Gräfinnen; die Äbtissin, welche meist einem regierenden
Haus
entnommen wurde, hatte als Reichsfürstin Sitz und
Stimme auf der rheinischen Prälatenbank. Das Gebiet der
Abtei umfaßte
auf 110 qkm (2 QM.) die beiden
Städte Essen
und
Steele und mehrere
Dörfer. Sie wählte 1275 den König
Rudolf zum
Schirmvogt; später
erhielten die
Grafen von der
Mark, 1495 die
Herzöge von
Jülich-Kleve-Berg und 1609 die
Kurfürsten von
Brandenburg
[* 15] die Schirmvogtei. Infolge des Lüneviller
Friedens 1801 wurde das
Stift säkularisiert, kam 1803 an
Preußen,
[* 16] ward 1807 mit
dem Großherzogtum
Berg vereinigt, 1814 aber als erbliche Besitzung an
Preußen zurückgegeben.
Vgl. Funcke, Geschichte des
Fürstentums und der Stadt Essen
(Elberf. 1851);
»Beiträge zur Geschichte von Stadt und
Stift Essen«
(Essen
1882 ff.).