Ernährung
der
Pflanze, Bezeichnung für alle chem. und physik. Vorgänge, die teils bei der
Aufnahme der
für das Leben der
Pflanzen nötigen Nährstoffe aus den umgebenden Medien, teils bei den mannigfaltigen Umwandlungen,
welche die aufgenommenen
Stoffe in der
Pflanze erfahren, und endlich bei dem
Verbrauche, d. h. bei der durch den Lebensprozeß
bedingten Ausscheidung derselben, stattfinden. Den
Teil der botan. Wissenschaft, der sich mit der Untersuchung
dieser Vorgänge beschäftigt, nennt man Ernährung
sphysiologie oder wohl auch die
Lehre
[* 2] vom
Stoffwechsel in der
Pflanze.
Außer dem für alle lebenden Organismen unentbehrlichen Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff sind noch mehrere andere Elementarstoffe in allen Pflanzen vorhanden und zu ihrem Lebensprozeß notwendig. Vor allem ist der Schwefel zu nennen, der stets an der Bildung der Eiweißstoffe teilnimmt; ferner sind für alle Pflanzen unentbehrlich Phosphor, Kalium und gewisse alkalische Erden. Von den letztern sind es Calcium und Magnesium, die sich stets als Aschenbestandteile vorfinden; nur einige Pilzgruppen, die Schimmel-, Spalt- und Sproßpilze, machen nach Nägeli in dieser Hinsicht eine Ausnahme, indem bei ihnen die beiden genannten Elemente auch durch Strontium und Baryum vertreten werden können.
Auch das Kalium kann in dem Ernährung
sprozeß der
Pilze
[* 3] durch verwandte
Stoffe, wie
Cäsium und Rubidium, nicht aber durch
Natrium und
Lithium ersetzt werden. Das
Eisen
[* 4] ist für alle chlorophyllführenden
Pflanzen zur Neubildung von
Chlorophyll
(s. d.) unbedingt nötig. Für
Pilze ist
Eisen entbehrlich, ob auch für die höhern chlorophylllosen
Pflanzen, ist noch nicht
genügend untersucht. Für alle höhern
Pflanzen sind demnach als unentbehrliche Elementarstoffe außer Sauerstoff,
Wasserstoff,
Kohlenstoff,
Stickstoff noch zu nennen: Schwefel,
Phosphor, Kalium,
Calcium und
Magnesium;
dazu kommt noch für alle chlorophyllführenden Pflanzen das Eisen.
Außer den genannten
Stoffen finden sich noch in fast allen
Pflanzen Natrium,
Chlor und Silicium, die aber, wie sorgfältig angestellte
Versuche gelehrt haben, nicht als unbedingt notwendig für die
Ernährung betrachtet werden können. Zwar kommen diese drei
Stoffe in sehr vielen
Pflanzen in außerordentlich reichlichen Mengen vor, so Natrium und
Chlor in den sog.
Salzpflanzen
, Silicium in den Gräsern, und zwar hauptsächlich in den Getreidearten, doch ist in beiden Fällen nachgewiesen
worden, daß die betreffenden
Pflanzen ohne
Chlornatrium oder Silicium sich ganz normal entwickeln können. Für die
Schachtelhalme
(s. Equisetum), ferner für die
Bacillariaceen, die ganz besonders reich an
Kieselsäure sind, liegen allerdings
noch keine Versuche über die
Notwendigkeit oder Entbehrlichkeit des Siliciums vor.
¶
mehr
An diese drei Stoffe schließen sich noch eine ganze Reihe anderer an, von denen sicher ist, daß sie für die Pflanzen entbehrlich sind und also mehr als zufällige Bestandteile betrachtet werden müssen. Man hat bei Aschenanalysen bis jetzt noch folgende Stoffe in den Pflanzen nachgewiesen: Aluminium, Mangan, Zink, Lithium, Rubidium, Baryum, Strontium, Jod, Brom, Fluor, Thallium, Silber, Quecksilber, Blei, [* 6] Kupfer, [* 7] Kobalt, Nickel, Zinn, Arsen, Selen, Titan, Bor.
Da man jetzt bereits für sehr viele Pflanzen die zur normalen Entwicklung unentbehrlichen Stoffe sowohl in betreff der Qnalität als auch der Quantität genau kennt, so kann man Rezepte für geeignete Lösungen, sog. Nährstofflösungen, angeben; so wird z. B. zur Cultur von chlorophyllführenden Phanerogamen vielfach folgende Zusammensetzung angewandt. Zu einem Liter destillierten Wassers werden hinzugesetzt:
1.1 g salpetersaurer Kalk,
0,3 g salpetersaures Kalium,
0,3 g schwefelsaures Magnesium,
0,3 g saures phosphorsaures Kalium,
0,2 g phosphorsaures Eisenoxyd,
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2.2 g feste Bestandteile.
Es sind also in der Lösung ungefähr 2 Promille Salze. Daraus geht hervor, daß chlorophyllführende Pflanzen ohne irgendwelche organische Substanzen sich normal entwickeln können; aus den dargebotenen Salzlösungen, aus dem Sauerstoff und der Kohlensäure der Luft sind sie im stande, organische Körper zu bilden. Es sind somit die chlorophyllführenden Pflanzen gewissermaßen das Zwischenglied zwischen der anorganischen und organischen Natur. Zur Kultur von Pilzen hat man ebenfalls verschiedene ähnliche Nährstofflösungen benutzt, nur müssen hier außer anorganischen Bestandteilen auch noch organische Körper vorhanden sein, da ja die Pilze nicht assimilieren können; man giebt diese organischen Bestandteile meist in Form von Rohrzucker und weinsaurem Ammonium hinzu, dagegen können die Eisensalze nach dem Obengesagten wegbleiben.
Die Aufnahme der Nährstoffe erfolgt in der Pflanze stets durch Diosmose, sowohl der gasförmigen, als auch die der tropfbarflüssigen
Körper. Manche Nährstoffe können den Pflanzen auch in fester Form geboten werden, wie es ja in der Natur auch häufig genug
geschieht; in diesem Falle erfolgt jedoch ebenfalls die eigentliche Aufnahme in das Innere der Pflanze nur
nach vorhergegangener Lösung der betreffenden Stoffe. Die Lösung geschieht meist in der Weise, daß von den aufnehmenden
Pflanze
nteilen sauer reagierende Sekrete oder auch gewisse Fermente ausgeschieden werden, unter deren Einfluß der Auflösungsprozeß
allmählich vor sich geht. So wird z. B. eine polierte Marmorplatte durch
Pflanzenwurzeln schon sehr bald angegriffen und zeigt an den Stellen, wo die Wurzeln sich angelegt hatten, eine rauhe Oberfläche.
Bei den Landpflanzen wird die große Mehrzahl der Nährstoffe durch die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen. Aus der umgebenden Luft gelangen eigentlich nur Kohlenstoff in Form von Kohlensäure und Sauerstoff in die Pflanze; da Wasserdampf nur in ganz geringen Mengen an den oberirdischen Pflanzenorganen aufgenommen wird, so ist der Wasserstoff, der hierbei in die Pflanze eintritt, kaum in Betracht zu ziehen. (Betreffs der Aufnahme der Kohlensäure s. Assimilation; des Sauerstoffs s. Atmung.) Alle andern Stoffe werden nur aus dem Boden durch die Wurzeln aufgenommen. Eine Ausnahme hiervon bilden in gewissem Sinne nur die sog. Insektenfressenden Pflanzen (s. d.). An den Wurzeln ist jedoch nicht die ganze Oberfläche zur Aufnahme von Stoffen geeignet, sondern fast ausnahmslos nur die jüngsten Partien, und zwar hauptsächlich die in der Nähe der Wurzelspitzen sich befindenden Wurzelhaare (s. d.).
Das lebende Protoplasma besitzt die Eigenschaft, nur bestimmte Stoffe und auch nur gewisse Quantitäten davon in das Innere der Zellen eintreten zu lassen, sodaß also demselben gewissermaßen ein Wahlvermögen zukommt, das tote Protoplasma dagegen verhält sich bei der Diosmose ganz anders, indem von allen Stoffen, für die überhaupt eine Diosmose durch dasselbe möglich ist, auch unbestimmte Quantitäten hindurch gelassen werden; es verhält sich also physikalisch ganz ähnlich wie jede andere Membran.
In gewissen Organen, die zur Fortpflanzung bestimmt sind, wie in Samen, [* 8] Knollen, [* 9] Sporen u. dgl., findet eine Speicherung der bereits assimilierten Stoffe statt, dasselbe gilt von ausdauernden Rhizomen solcher Pflanzen, die ihre oberirdischen Teile bei Beginn des Winters verlieren, und auch von bestimmten Zellgruppen in den Stämmen überwinternder Pflanzen, die im Herbst ihre Blätter abwerfen. Bei beginnender Keimung oder Neuentwicklung von Blättern und jungen Zweigen werden die aufgespeicherten Stoffe, die man allgemein als Reservestoffe zusammenfaßt, wieder aufgebraucht. Die Kohlenhydrate sind in den meisten Fällen in Form von Stärke, [* 10] seltener als Cellulose, Inulin und Zucker [* 11] in jenen Pflanzenteilen aufgespeichert; auch fette Öle [* 12] scheinen in vielen Samen die Kohlenhydrate vertreten zu können.
Über die infolge der Ernährung abgeschiedenen Stoffe, wie Gummi, ätherische Öle u. s. w., s. Pflanzensekrete.