Episkopalismus
(mittellat.), s. v. w. Episkopalsystem; ^[= (Systema hierarchium episcopale, von episcopus, "Bischof"), im katholische ...]
Episkopalisten
, Anhänger desselben.
Episkopalismus
11 Wörter, 136 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Episkopalismus
(mittellat.), s. v. w. Episkopalsystem; ^[= (Systema hierarchium episcopale, von episcopus, "Bischof"), im katholische ...]
Episkopalisten
, Anhänger desselben.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Episkopalismus,
soviel wie Episkopalsystem. ^[= (von episcopus, d. i. Bischof), im römisch-katholischen Kirchenrecht diejenige Theorie von ...]
(Episkopalismus, Systema hierarchium episcopale, von episcopus, »Bischof«),
im katholischen Kirchenrecht diejenige Theorie, wonach die höchste kirchliche Gewalt der Gesamtheit der Bischöfe, welcher im Fall des Widerspruchs selbst der Papst unterworfen sein soll, zustehen soll, im Gegensatz zum Papalsystem (s. d.). Zuerst führten die mittelalterlichen Kämpfe zwischen Staat und Kirche, besonders im 14. Jahrh., zu Untersuchungen über die Abgrenzung der päpstlichen Machtvollkommenheit, und das große Schisma mußte sogar mit Notwendigkeit den Gedanken hervorrufen, daß über den sich bekämpfenden Päpsten die auf allgemeinen Konzilen repräsentierte Kirche stehe.
Die großen Reformkonzile des 15. Jahrh. selbst, die bedeutendsten Theologen
der Zeit und vor allem die Universität Paris
[* 5] entwickelten diesen Grundgedanken des Episkopalsystems mit größter Freimütigkeit
und Konsequenz, wie denn die episkopali
stischen Grundsätze in Frankreich immer festgehalten und geradezu in das System des gallikanischen
Kirchenrechts aufgenommen worden sind. Aber auch in den Niederlanden und in Deutschland
[* 6] fand das Episkopalsystem bedeutende
Vertreter, dort in Zeger Bernhard van Espen (»Jus ecclesiasticum universum«, 1702),
hier in dem unter dem Namen Justinus Febronius schreibenden Weihbischof von Trier, [* 7] Nikolaus von Hontheim (»De statu Ecclesiae et legitima potestate Romani Pontificis«, 1763 ff.). Aber die römische Kurie hat diese Grundsätze nie anerkannt und ihnen schon durch Vereitelung der Emser Punktation (s. Emser Kongreß), seitdem aber nur mit steigender Konsequenz und allmählich auch mit fast unbestrittenem Erfolg entgegengewirkt. Das vatikanische Konzil (1870), welches den unfehlbaren Papst als den Universalbischof proklamierte, bedeutet die unbeschränkte Anerkennung des Papalsystems.
Diesem letztern gegenüber will das Episkopalsystem eine solche Kirchenverfassung (Episkopalverfassung), wonach der Papst nur als primus inter pares in Betracht kommen soll, indem behauptet wird, daß sein Sitz nur aus zufälligen Gründen geschichtlicher Natur in Rom [* 8] sei, daß der Primat unter Umständen auch von da verlegt werden könne, daß jedenfalls alle Bischöfe nach Matth. 18, 18. ihre Autorität unmittelbar göttlicher Verleihung verdanken, und daß nur in ihrer Gesamtheit die höchste Kirchengewalt zu erkennen sei.
Die Rechte, welche auch auf diesem Standpunkt dem Primat zuerkannt werden, teilen sich in notwendige (jura essentialia, primigenia, naturalia), wozu namentlich der Primat der Ehre und Jurisdiktion gehört, und in erworbene (jura accidentalia, acquisita, secundaria). Unter den neuesten Verteidigern des Episkopalsystems sind hervorzuheben: v. Droste-Hülshoff (»Grundsätze des gemeinen Kirchenrechts«, Münst. 1830-33, 2 Bde.),
Kopp (»Die katholische Kirche im 19. Jahrhundert etc.«, Mainz [* 9] 1830),
Brendel (»Handbuch des Kirchenrechts«, 3. Aufl., Nürnb. 1851),
Nuitz (»Juris ecclesiastici institutiones«, Tur. 1844; »In jus ecclesiasticum universum tractationes«, das. 1850; verurteilt durch das päpstliche Breve vom
Vgl. Schneemann, Der Papst, das Oberhaupt der Gesamtkirche (Freiburg [* 10] 1867);
Kurz, Der Episkopat (Wien [* 11] 1877).
Im protestantischen Kirchenrecht versteht man unter Episkopalsystem diejenige Theorie, welche sich auf die historische Thatsache stützt, daß durch den Religionsfrieden von 1555 die geistliche Jurisdiktion der katholischen Bischöfe über die augsburgischen Konfessionsverwandten bis zur gütlichen Vergleichung der Religionshändel suspendiert worden ist, und annimmt, daß die bischöfliche Gewalt einstweilen auf die Landesherren devolviert und in diesen also mit der Eigenschaft von Landesherren die von einstweiligen Bischöfen verbunden worden sei.
Nachdem nämlich Fürsten und Magistrate vorläufig die oberste Verwaltung der Kirche gewissermaßen als Notbischöfe nach dem Rat angesehener Kirchenlehrer und unter Zuziehung der Landstände übernommen und aus geistlichen und weltlichen Mitgliedern bestehende Konsistorien errichtet hatten, denen allmählich die gesamte Regierung der Landeskirchen unter fürstlicher Autorität zufiel, erfand die Wissenschaft, um den faktisch bestehenden Rechtszustand zu erklären, die Theorie von einer Übertragung (devolutio) der bischöflichen Gewalt auf rechtgläubige Fürsten kraft des Religionsfriedens.
Die allgemeine Vorstellung, welche dem Episkopalsystem zu Grunde liegt, findet sich schon um den Anfang des 17. Jahrh.; die genauere Begründung desselben aber versuchten zuerst M. Stephani (»De jurisdictione«, Frankf. a. M. 1611),
Th. Reinkingk (»Tractatus de regimine seculari et ecclesiastico«, Gießen [* 12] 1619, Basel [* 13] 1623). Ihnen folgten die bedeutendsten Theologen und Kanonisten des 17. Jahrh. Der gewandteste Vertreter dieses Systems in der Neuzeit ist F. J. ^[Friedrich Julius] Stahl (»Die Kirchenverfassung nach Lehre [* 14] und Recht der Protestanten«, 2. Ausg., Erlang. 1862).