Elfenbein
(lat. Ebur, engl. Ivory, franz. Ivoire), die Substanz der Stoßzähne der Elefanten. Diese in die Zwischenkieferknochen eingepflanzten und daher den Schneidezähnen der übrigen Säugethiere entsprechenden Zähne [* 2] sind wurzellos und haben an ihrem in der Alveole steckenden untern Ende eine große, von der Zahnpulpe erfüllte, 25-50 cm tiefe Höhle, von welcher ihr Wachstum ununterbrochen ausgeht. Man unterscheidet an ihnen nur Zahnbein und Zement, während der Schmelz fehlt.
Wie alle als
Waffen
[* 3] und nicht zur Zermalmung der
Nahrung dienenden
Zähne, sind sie verhältnismäßig arm an Mineralsubstanz;
sie enthalten davon 56-59 Proz., und zwar besteht dieselbe, wie bei
Zähnen und
Knochen
[* 4] überhaupt, aus phosphorsaurem mit
sehr wenig kohlensaurem
Kalk und ist innig verbunden mit leimgebender
Substanz. Elfenbein
bildet einen sehr wichtigen
Handelsartikel und kommt meist aus
Afrika,
[* 5] welches auch die größten
Zähne liefert, die zugleich härter und von gedrungenerm
Korn als die indischen, doch öfters rissig sind.
Die Negerländer im obern Nilgebiet führen jährlich bedeutende
Mengen Elfenbein
aus.
Chartum,
El Obeïd und
Massaua
[* 6] am
Roten
Meer sind wichtige
Stapelplätze für diesen
Handel. Von
Massaua aus wird besonders das in
Abessinien und in den Nilländern
erbeutete Elfenbein
verschifft und zwar zunächst nach
Indien, weshalb auch die von dort kommende
Menge Elfenbein
größer ist, als sie sein
könnte, wenn nur die
Zähne des indischen
Elefanten ausgeführt würden. Auch
Berbera,
Sansibar,
[* 7]
Bengasi,
Tripolis und das
Kapland sind für den Elfenbein
handel von Bedeutung, und in der neuern Zeit wird der
Elefant
[* 8] auch an der ganzen
Westküste verfolgt. In
Asien
[* 9] liegt der
Handel hauptsächlich in den
Händen der
Engländer,
Holländer und Portugiesen; die wichtigsten
Exportplätze sind
Ceylon,
[* 10]
Sumatra,
Malakka und einige andre Gegenden
Indiens.
Das beste, aber sehr seltene Elfenbein
ist das von
Siam, welches schwer und von feinem, etwas röthlichem
Korn ist. Aus den nördlichen
Provinzen von
Siam,
Kambodscha, gewissen Teilen
Birmas und von
Tongking
[* 11] bringen die
Dschonken von
Siam und
Fukian den größten Teil
des chinesischen
Bedarfs. Dem siamesischen zunächst an Wert steht das Elfenbein
von
Bombay,
[* 12] Parsismen Ivory,
welches aber von
Sansibar,
Maskat etc. stammt. Im europäischen
Handel erscheint meist nur afrikanisches Elfenbein;
man berechnet,
daß jetzt jährlich von der Ostküste 564,000 kg, von der Westküste 284,000 kg, also zusammen 848,000 kg im Wert von 15-17
Mill. Mk. nach
Europa
[* 13] verschifft werden, was 65,000 getötete
Elefanten ergibt.
Von
Marokko
[* 14] (von
Timbuktu) kommen 8000 kg,
Senegambien 5000, von der
Pfeffer-,
Zahn-,
Gold- und
Sklavenküste jetzt nur noch 14,000,
vom
Niger-Binuë-Becken 90,000, von
Camerun
[* 15] und
Gabun 64,000 kg (von letzterm kommt das schöne, transparente, sogen. grüne
Elfenbein
), vom Congobecken 86,000, von
Benguela 24,000,
Mossamedes 2000, von der
Kapkolonie und
Natal nur noch
29,000, von
Mosambik 142,000,
Sansibar 977,000,
Berbera 7000,
Massaua 19,000,
Ägypten
[* 16] 148,000,
Bengasi 5000 und
Tripolis 18,000
kg. Ein großer Teil des im
Handel vorkommenden Elfenbeins
stammt vom
Mammut und wird in
Sibirien, besonders im nördlichen
Teil desselben, auf der vierten
Bäreninsel und auf der ersten der
Ljächowschen
Inseln ^[richtig:
Ljachowschen Inseln], gegraben
(ebur fossile, blaues Elfenbein
). Nach
Middendorfs ^[richtig: Middendorffs]
Schätzung liefert das nördliche
Sibirien jährlich über
20,000 kg fossiles Elfenbein.
Der
Handel mit dem fossilen Elfenbein
ist schon alt, und namentlich wurde es schon früh
nach
China
[* 17] exportiert.
Dies Elfenbein
ist sehr hart, aber von schlechter
Farbe. Neben dem echten Elfenbein
kommen gelegentlich auch die wuchtigen Backenzähne
des
Elefanten in den
Handel. Wichtiger aber sind die
Zähne des
Nilpferdes, welche vom
Kap, von der afrikanischen Ostküste, von
Abessinien und
Ägypten in den
Handel kommen; sie sind 30-35
cm lang, wiegen 1-2 kg und bilden ein vorzügliches
Elfenbein
, welches nie gelb wird. Da indes die
Zähne weit hinein hohl sind, so taugen sie nur zu kleinen Gegenständen und werden
daher fast ausschließlich zu künstlichen
Zähnen verarbeitet. Es sollen deren jährlich 10
Ton. nach
England gebracht
werden. Ähnlich werden auch die 60-80
cm langen und 3-4 kg schweren, dichten, harten und blendend weißen Eckzähne des
Unterkiefers
vom
Walroß (meist zu Stockgriffen) und die oft 2-3 m langen, schraubenartig gefurchten Stoßzähne des
Narwals, welche härter
als Elfenbein
sind und schönere
Politur annehmen, als Elfenbein
verwertet.
Das echte Elfenbein kommt meist in 1-1,25 m langen, armsdicken u. 35-40, bisweilen über 80 kg schweren Zähnen vor, während 2,5 m lange Zähne zu den Seltenheiten gehören; es besitzt eine eigentümliche Struktur und läßt auf einer angeschliffenen Fläche charakteristische feine, rautenförmige Zeichnungen erkennen; es ist etwas durchscheinend mit einem Stich ins Gelbliche, bei jüngern Zähnen auch ins Grünliche, wird an der Luft gelb und verliert auch nach dem Bleichen nicht die Neigung, wieder nachzudunkeln. Es besitzt ein spezifisches Gewicht von 1,8-1,9, läßt sich sehr gut bearbeiten, ist zu den feinsten Schnitzereien geeignet und nimmt schöne Politur an (s. Elfenbeinschnitzerei).
Wegen seiner Härte und Elastizität ist es das geeignetste Material zu Billardkugeln, für welche man stets die besten Kernstücke aussucht. Elfenbeintafeln benutzt man zu Miniaturgemälden, auch zu Photographien; große Platten zu Furnieren werden aus den hohlen Teilen der Zähne hergestellt, indem man diese der Länge nach aufschneidet, platt ausbreitet und dann mit Kreissägen zerteilt. Man schleift Elfenbein mit nassem Schachtelhalm und fein geschlämmtem Bimsstein und poliert es mit geschlämmtem Trippel und Seife oder mit geschlämmter Kreide [* 18] oder Wiener Kalk. Zum Bleichen dient Chlorkalklösung, heißer Kalkbrei oder eine Mischung von 1 Teil Terpentinöl mit 3 Teilen Alkohol, welche einige Tage an der Sonne [* 19] gestanden hat.
Durch Kochen in Farbenbrühen läßt sich Elfenbein verschieden färben. Bei Luftabschluß erhitzt, gibt das Elfenbein eine schwarze Masse (Elfenbeinschwarz, gebranntes Elfenbein), welche schon von Apelles als schwarze Farbe benutzt wurde, gegenwärtig aber meist durch Knochenkohle ersetzt wird.
Vgl. Andés, Verarbeitung des Horns, Elfenbeins etc. (Wien [* 20] 1885).
Das beste Elfenbeinsurrogat bilden neben dem Celluloid (s. d.) die Elfenbeinnüsse (Steinnüsse, Corossos-, Corusco-, Taguanüsse, vegetabilisches Elfenbein) von der südamerikanischen ¶
mehr
Phytelephas macrocarpa. Diese haben die Größe von Tauben- oder Hühnereiern, sind unregelmäßig rundlich und bestehen aus einer harten, gleichmäßig weißen, etwas durchscheinenden Masse, die sich recht gut bearbeiten läßt. Man verarbeitet sie auf kleinere Gegenstände, besonders auch auf Knöpfe, und kann sie sehr dauerhaft färben, wenn man sie durch kurze Einwirkung konzentrierter Schwefelsäure [* 22] oberflächlich in eine dem Pergamentpapier ähnliche Masse verwandelt. In neuerer Zeit sind auch die Früchte der brasilischen Mützenpalme, Manicaria saccifera Gärtn., und einer Sagopalme der Südseeinseln (besonders der Tongainseln), Sagus amicorum Wendl., als Elfenbeinsurrogat eingeführt worden.
Elfenbeinmassen, aus Gips [* 23] und andern mineralischen Substanzen mit verschiedenen Bindemitteln hergestellt, sind in großer Zahl vorgeschlagen warden. Gipsabgüsse aus reinem, gebranntem Marienglas tränkt man mit schwach gefärbtem Stearin oder Paraffin, [* 24] wodurch sie ein elfenbein- oder wachsähnliches Ansehen erhalten. Elfenbeinpapier zu Miniaturmalerei besteht aus mehreren aufeinander geleimten Lagen guten Zeichenpapiers und erhält nach dem Abschleifen mit Glaspapier einen Anstrich aus feinstem Gips und Leimwasser, der nach dem Trocknen glatt geschliffen wird, worauf man das Papier noch dreimal mit schwachem Leimwasser tränkt.