Titel
Dubois
(spr. düboa), 1) Guillaume, Kardinal und franz. Minister unter der Regentschaft des Herzogs von Orléans, geb. zu Brive la Gaillarde in Limousin als Sohn eines armen Apothekers, kam als 13jähriger Knabe in das Collège St.-Michel zu Paris, wo er Diener war und zugleich etwas lernte, und ward, nachdem er an verschiedenen Orten Hauslehrer gewesen und Abbé geworden, Erzieher des Herzogs Philipp von Chartres, spätern Herzogs von Orléans, dessen Vermählung mit der Tochter Ludwigs XIV. von der Gräfin Montespan sein Werk war.
Der König verlieh ihm dafür die Abtei von St.-Just. Den Genüssen des Hoflebens gab er sich rückhaltlos hin. Ein gewissenloser Wüstling, ehrgeizig, habsüchtig, gottlos, war er in seinen Mitteln, emporzukommen, nicht wählerisch. Auf seinen Zögling übte er den nachteiligsten Einfluß aus. Nach Ernennung des Herzogs von Orléans zum Prinz-Regenten 1715 zum Staatsrat erhoben, bewährte er sich als einen schlauen, geriebenen Diplomaten; er war es vornehmlich, der ein Bündnis zwischen Frankreich und England betrieb, wie auch die gegen Spanien gerichtete sogen. Tripelallianz vom (nach Beitritt des Kaisers Quadrupelallianz) durch seine Vermittelung zu stande kam.
Zum Minister des Auswärtigen erhoben, vereitelte er die Verschwörung von Cellamare und stürzte den spanischen Minister Alberoni. Dem Papst Innocenz XIII. bewies er sich so gefällig, daß er 1720 Erzbischof von Cambrai und 1721 zugleich Kardinal wurde. Die Versammlung des französischen Klerus erwählte ihn 1723 zum Präsidenten. 1722 zum ersten Staatsminister erhoben, entwickelte er eine große Thätigkeit, benutzte aber auch seine Macht, um sich Reichtümer zu sammeln, und wetteiferte in den ärgsten Ausschweifungen mit dem Hof des Regenten. Er starb Die unter Dubois' Namen herausgegebenen »Mémoires« (Par. 1829, 4 Bde.; neue Ausg. 1857) sind unecht.
Vgl. Seillac, L'abbé Dubois (1862).
Das Werk Aubertins: »L'esprit public du XVIII. siècle« (2. Aufl., Par. 1873), ist nach ungedruckten Korrespondenzen Dubois' gearbeitet.
2) Paul François, franz. Schriftsteller, geb. zu Rennes, war ein Schüler Cousins und von 1818 bis 1821 nacheinander Professor an den Collèges zu Falaise, Limoges, Besançon und Paris, widmete sich dann der Journalistik, gab mit Mignet, Thiers und Rémusat die »Tablettes universelles« heraus, war Mitarbeiter des »Censeur européen« und gründete 1824 mit P. Leroux und Lachevardière den »Globe«, in dem er mit gewandter Dialektik hauptsächlich die Vorliebe seiner Zeit für die Romantik und die Beschränkung der Religionsfreiheit bekämpfte.
Deshalb 1830 gefänglich eingezogen, ward er durch die Julirevolution wieder frei und zu einem der Generalinspektoren des öffentlichen Unterrichts ernannt; 1831 wählte ihn die Stadt Nantes in die Kammer. 1834 durch Guizot seiner Stelle entsetzt, ward er nach dessen Austritt aus dem Ministerium restituiert und zugleich Professor der französischen Litteratur an der polytechnischen Schule. Im Sommer 1838 bereiste er Deutschland, um das preußische Unterrichtswesen kennen zu lernen, ward 1839 Mitglied des Konseils für den öffentlichen Unterricht und 1840 Cousins Nachfolger als Direktor der Normalschule, aber 1850 dieser Stelle entsetzt und 1852 aus dem Unterrichtsrat entfernt. Seitdem lebte er, zurückgezogen von der Politik, litterarischen und geschichtlichen Beschäftigungen. Er starb in Paris. Nach seinem Tod erschienen: »Fragments littéraires de P. F. Dubois« (mit biographischen Notizen von Vacherot, Par. 1879, 2 Bde.).
3) Edmond Paulin, Hydrograph, geb. zu Brest, besuchte die dortige Marineschule, befuhr als Marineaspirant den Indischen und Großen Ozean und machte später eine Fahrt nach der Westküste Afrikas. Seit 1846 widmete er sich ausschließlich den Wissenschaften und wurde 1851 zum Professor an der École navale seiner Vaterstadt ernannt. Er erfand einen Kompaß mit doppelter Nadel zur Bestimmung der durch das Eisenwerk des Schiffs verursachten Abweichung und schrieb: »Cours d'astronomie« (Par. 1855-58),
ein von Leverrier empfohlenes Werk;
»Cours de navigation et d'hydrographie« (1859, 2. Ausg. 1869);
»Étude historique et philosophique sur le mouvement de la terre« (1861);
»Les passages de Vénus sur le disque solaire« (1873);
eine französische Bearbeitung von Gauß' »Theoria motus corporum coelestium« (1865);
»Revue astronomique des années 1860-62« und zahlreiche
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Abhandlungen in Fachzeitschriften. Seit 1871 gibt er die »Ephémérides astronomiques« heraus.
4) Louis, belg. Maler, geb. 1830 zu Brüssel, war ein Anhänger Courbets, ohne sein Schüler zu sein. Seine vielseitigen Arbeiten: Porträte, Landschaften, Marinen, Genrebilder, Stillleben, schließen sich in der Leuchtkraft des Kolorits an Jordaens an. 1857 stellte er im Brüsseler Salon einen Redemptoristen und einen sich zum Meßopfer bereitenden Priester aus;
1860 folgten die Störche (Museum zu Brüssel), Roulette, der Chorknabe.
Der Brüsseler Salon von 1863 brachte die Einsamkeit, eine große, realistisch behandelte Landschaft, deren Mittelpunkt ein totes Reh bildet. Andre hervorragende Schöpfungen von Dubois sind: die Billardspielerin, die Schelde, vlämisches Interieur, die Mühle, Herbst in den Ardennen, Kraniche und Enten, Sonnenuntergang, Sonnenaufgang auf einem Sumpf, die Maas bei Dordrecht etc. Er starb in Brüssel.