Drontheim
(norweg.
Trondhjem), eins der sechs
Stifter des
Königreichs
Norwegen,
[* 3] früher weit größer
und den ganzen nördlichen Teil von
Norwegen umfassend, jetzt aber, seitdem das
Stift
Tromsö davon abgeschieden ist, auf die
Ämter
Nord- (Nordre) und Süddrontheim
(Söndre
Trondhjem) sowie auf die beiden nördlichen
Vogteien des
Amtes
Romsdal (Nordmöre
und
Romsdal) eingeschränkt. Es liegt an der
Nordsee, zu
Lande vom
Amt
Nordland,
Schweden und den
Stiftern
Bergen
[* 4] und
Hamar eingeschlossen, und umfaßt 50,632 qkm (919,5 QM.)
mit (1876) 271,575 Einw., wovon auf die
Ämter Süddrontheim
18,921 qkm (343 QM.) mit 116,804 Einw.
und Norddrontheim
23,115 qkm (419,8 QM.) mit 82,271 Einw.
entfallen. Es ist größtenteils
Felsen- und Gebirgsland. Im S. zieht sich das
Dovrefjeld mit seinen Nebenketten
hin, größere Thalebenen finden sich nur am Drontheim
sfjord. Das
Gestade ist zum größten Teil zerrissen, und die zahllosen
Schären treten kahl und nackt aus den
Wellen
[* 5] hervor. Unter den
Fjorden, die tief ins Land einschneiden, sind auszuzeichnen:
der
Molde- oder
Romsdals-, der Thingvold-, der
Halse-, Vinje-, Hevne-, Drontheim-
, Namsen-, Folden- und
Bindalsfjord. Das Land wird von vielen
Seen und der Rauma,
Driva,
Orkla,
Gula
¶
mehr
oder Gulelv, Tya- oder Nea-, Stördals-, Vaeradals-, Snaasen- und Namsenelv reichlich bewässert. Die kurzen und engen Thäler
lassen nur wenig Acker-, mehr Gemüsebau zu; daneben treibt man Viehzucht,
[* 7] Jagd (auf Bären), Vogelfang, Fischerei
[* 8] und Bergbau
[* 9] (auf
Schwefelkies, Kupfer
[* 10] und Eisen).
[* 11] Bedeutend ist der Handel teils zur See, teils zu Lande mit Schweden, wohin
man Holzwaren, Pferde,
[* 12] Fische,
[* 13] Thran und Viehprodukte absetzt. Unmittelbar an der Küste ist Holzmangel, tiefer landeinwärts aber
sind große Fichten- und Tannenwälder. Das Stift enthält 12 Propsteien, 66 Pastorate, 150 Kirchspiele und 8 Kapellengemeinden.
Charakteristisch für die Bewohner des Amtes Süddrontheim
ist die brennendrote Zipfelmütze, die als wesentlicher
Teil ihres Anzugs bis weit in die Gebirge hinein allgemein getragen wird.
Die gleichnamige Hauptstadt des Stifts und einzige Stadt des Amtes Süddrontheim
, an Größe und Wichtigkeit die dritte in Norwegen,
liegt am Südgestade des gleichnamigen, hier fast 8 km breiten Fjords, an der Mündung der Nea- oder Nidelv,
an Hügeln malerisch hingestreckt und ist mit Christiania
[* 14] und dem nördlichen Schweden (Wester-Norrland) durch Eisenbahnen verbunden.
Sie besteht aus der Stadt und den Vorstädten Baklandet und Ilen. Der Hafen, in welchem ein Teil der Marine stationiert ist,
ist geräumig, tief und sicher, hat auch guten Ankergrund, aber eine beschwerliche Einfahrt.
Auf einer Klippe mitten im Hafen steht das verfallene Fort Munkholm (ehemals Staatsgefängnis) und auf einer Anhöhe neben der Stadt das Kastell Christianstén. Die Stadt hat in ihrer Mitte einen großen, viereckigen Platz und breite Straßen, die sich meist rechtwinkelig schneiden. Königs- und Mönchsstraße durchziehen sie in ihrer ganzen Länge und Breite. [* 15] Die Häuser sind zweistöckig und fast ausschließlich Holzbauten. Sie ruhen auf hohen Fundamenten, so daß man zu den Thüren nur mittels einer Treppe [* 16] gelangt, und unter den meisten Häusern befinden sich, der häufigen Feuersbrünste wegen, tiefe, gewölbte Kellerräume.
Durch ein neueres Gesetz ist, wie in Christiania, die weitere Errichtung von hölzernen Häusern verboten worden. Das eigentümlichste Gepräge hat die sogen. Seestraße, an der Ostseite der Stadt, wo den großen und stattlichen Kaufmannshäusern ebenso viele hölzerne, auf 5-6,5 m hohen Pfählen ruhende Pack- und Warenhäuser gegenüberstehen, die mit der Hinterseite an die unmittelbar vorbeifließende Neaelv stoßen, wodurch das Laden wie das Löschen der Schiffe [* 17] mit großer Leichtigkeit geschieht.
Eine Brücke [* 18] über den Fluß führt in die Vorstadt Baklandet. Die ehrwürdigste Ruine einer großen Vergangenheit und das interessanteste Kirchengebäude Skandinaviens ist der Dom, der, in seinen Kreuzarmen aus dem 13. Jahrh. ein Nachbild der englisch-normännischen Bauten, nach dem Brand von 1530 fast nur noch das glänzende, reichverzierte spätgotische Chor enthält, welches, in der seltenen Form eines Oktogons mit niedrigem Umgang, ehemals den silbernen Sarg des Königs Olaf (1017-29), des Schutzpatrons von Norwegen, in sich schloß.
In den letzten Jahren hat man begonnen, die Kirche in alter Schönheit wiederherzustellen.
Vgl. v. Minutoli, Der Dom zu D. (Berl. 1853).
In der Nähe stand der sogen. Königsstuhl, ein hoher gemauerter Turm
[* 19] mit Treppen,
[* 20] auf welchem die norwegischen Könige gekrönt
wurden. Auch jetzt wieder (seit 1818) sind die norwegischen Könige in der Chorkirche gekrönt worden. Unweit des Doms befand
sich die Residenz des Erzbischofs, deren Überreste noch in dem sogen.
Kongsgaard (»Königshof«) vorhanden
sind. Außer dem Dom hat die Stadt 3 evang. Kirchen und eine kath. Kapelle. Am Markt stehen mehrere öffentliche Gebäude, sämtlich
von mächtigen Holzmassen aufgeführt; unter diesen dient der riesige Stiftshof dem Stiftsamtmann als Wohnung. Drontheim
wird durch
eine Wasserleitung
[* 21] reichlich mit Wasser versehen.
Die Zahl der Einwohner beträgt (1876) 22,544. Fischerei, Schifffahrt und Handel sind bedeutend. Da die Stadt ein weites und reiches Binnenland mit ausländischen Produkten und Fabrikaten zu versehen hat, so ist die Einfuhr sehr bedeutend und hat sich in neuester Zeit noch gehoben. Es kamen vom Ausland 1878 an 260 Schiffe von 66,263 Ton. Tragfähigkeit. Zu den Hauptartikeln der Ausfuhr gehören: Garkupfer (1879: 347,190 kg), Fische (1879: 416,340 kg), Heringe (11,832 hl), Thran (2380 hl) und Holz [* 22] (5945 Ton.). Wert der gesamten Ein- und Ausfuhr:
Einfuhr: | Ausfuhr: | |
---|---|---|
1879: | 11041000 | 2621300 Kronen |
1882: | 10153400 | 3289200 " |
Die Zolleinnahmen beliefen sich 1882 auf 1,707,935 Kronen. 1878 besaß Drontheim
55 Segelfahrzeuge von 6320 Ton.
Tragfähigkeit und 21 Dampfer von 4201 T. Nicht nur mit den Ortschaften an dem Fjord steht Drontheim
in lebhafter Dampfschiffsverbindung,
sondern auch mit den sämtlichen Häfen längs der ganzen norwegischen Küste sowohl gegen S., als auch
im N. bis Wadsö, ja von dort bis Archangel und bis Sibirien. Drontheim
ist Sitz eines Bischofs und eines Bergamts sowie eines deutschen
Konsuls, hat eine Domschule, eine Nordische Gesellschaft der Wissenschaften, ein Museum, eine Bibliothek, ein Theater,
[* 23] Zuchthaus und
viele Fabriken; auch die norwegische Reichsbank (seit 1816) hat hier ihren Sitz.
Drontheim
wurde 996 von Olav Trygvesen angelegt, der sich eine für jene Zeit glänzende Königsburg erbaute, die
jedoch ganz aus Holz bestand. Es hieß damals Nidaros (»Mündungsstadt der Nid«, lat. Nidarosia). Von Jarl Svend verbrannt,
ward die Stadt von Olaf II., dem Heiligen, wieder aufgebaut. Als Residenz der Könige und eines 1152 gegründeten
Erzbistums ward sie ein bedeutender Ort, der im Mittelalter 14 Kirchen und 5 Klöster nebst andern ansehnlichen Gebäuden (Haus
des Erzbischofs, Spitäler, Gildehäuser etc.) besaß.
Das Erzstift wurde in der Reformation aufgehoben, und Könige residierten schon längst nicht mehr im alten Nidaros. 1658 wurde
die Stadt von den Schweden, denen sie im Roeskilder Frieden zugesprochen worden war, erobert, ihnen aber
schon 21. Dez. d. J. nach 2¼ monatlicher Belagerung von den Norwegern wieder abgenommen, denen
sie im Kopenhagener Frieden 1660 verblieb. Wiederholt litt Drontheim
durch Brände großen Schaden; überhaupt brannte es während der
letzten 500 Jahre 15mal gänzlich oder zum größten Teil ab, zuletzt 1827, 1841, 1842 und 1846.
Der Fjord von Drontheim
, einer der größten und schönsten an der Westküste Norwegens, gegen 150 km lang, erstreckt sich
von dem Meer (Trondhjems Led) erst östlich, dann nördlich in das Land hinein und steht durch den schmalen
Beitstadsund in Verbindung mit seinem innern Teil, dem Beitstadfjord. Er unterscheidet sich von den übrigen Fjorden des westlichen
und nördlichen Norwegen, die von schroffen und steilen Felsenwänden umgeben sind, dadurch, daß er an seinen Ufern bedeutende
und wohlangebaute Ebenen hat, welche sanft ansteigen und schöne, fruchtbare Gegenden sowie auch bedeutende
Waldungen enthalten.