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In dieser höchsten
Not wandte sich
Kaiser Ferdinand an den schnöde entlassenen Wallenstein, der gegen die Zusicherung vollkommenster
Selbständigkeit in polit. und militär.
Führung den Oberbefehl übernahm. Er eroberte
Prag
[* 3] und zog gegen
Sachsen,
[* 4] mit dessen
Kurfürsten er bereits in Unterhandlung stand. Auf diese
Kunde ließ Gustav
Adolf den
General
Banér in
Bayern
[* 5] und
Bernhard von
Weimar
[* 6] in
Schwaben zurück und eilte Wallenstein entgegen, der sich aber bereits bei
Weiden mit dem bayr.
Heere
vereinigt hatte und gegen die
Schweden
[* 7] vorrückte. Gegenüber dem in
Nürnberg
[* 8] verschanzten König bezog Wallenstein im Juni
ein großes Lager
[* 9] bei
Fürth,
[* 10] wies siegreich die schwed. Sturmversuche (3.
und
ab, wandte sich nach Gustav
Adolfs
Abzug (8. Sept.) gegen
Sachsen und stellte sich dem aus
Bayern heraneilenden König bei
Lützen
[* 11] zur
Schlacht. Nach blutigem
Ringen behauptete das schwed.
Heer das Feld, aber die Bedeutung des
Tages lag darin, daß Gustav
Adolf gefallen war.
Die von ihm vereint geleitete Politik und Krieg
führung wurden nun getrennt, erstere übernahm sein Kanzler Axel Oxenstierna,
letztere die
Generale
Bernhard von
Sachsen-Weimar, der die Hauptmacht befehligte, Gustav
Horn und
Banér. Es gelang dem Kanzler
in dem
Vertrage von Heilbronn
[* 12] die
Stände des schwäb.-fränk., ober- und niederrhein.
Kreises am schwed. Bündnisse festzuhalten, jedoch
Sachsen und
Brandenburg
[* 13] traten zurück.
Bernhard zog nach
Franken und ließ
sich mit den geistlichen
Landen von
Würzburg
[* 14] und
Bamberg
[* 15] als einem Herzogtum
Franken durch den schwed. Kanzler belehnen.
Verwüstend durchzog er
Bayern und fügte dem Gegner durch die Wegnahme von
Regensburg
[* 16] eine
empfindliche Schlappe zu. Währenddessen hatte Wallenstein in
Böhmen
[* 17] sein
Heer neu ergänzt, er stand in
Schlesien
[* 18] den sächs.,
brandenb. und schwed.
Truppen gegenüber und suchte mehr durch Verhandlung als durch Krieg
führung zu wirken. Den schleppenden
Forderungen gab er durch einen
Sieg über die
Schweden bei
Steinau
Nachdruck, säuberte
Schlesien
und war auf dem
Marsch gegen
Brandenburg, als ihn die
Siege
Bernhards nach
Süden riefen. Er zog durch
Böhmen, stieß gegen die
Donau vor, scheute aber vor einem Winterfeldzug und bezog Winterquartiere in
Böhmen.
Darüber kam der längst lebendige Zwiespalt zwischen ihm und dem kaiserl.
Hofe zu offenem
Ausbruch. Wallenstein suchte sich seines
Heers zu versichern und dann die Sache des
Kaisers zu verlassen, der
bereits mit Absetzung des
Generals drohte. Die offene
Verbindung Wallensteins mit den
Schweden wurde durch seine Ermordung in
Eger
[* 19] verhindert. Des
Kaisers Sohn Ferdinand, für den
Gallas den eigentlichen Oberbefehl führte,
trat an Wallensteins
Stelle; er zog die Donau aufwärts und schlug
Bernhard und
Horn bei Nördlingen
[* 20] worauf
Franken
und
Schwaben von den kaiserl. Krieg
svölkern überflutet wurden.
Eine weitere Folge des Sieges war, daß der um sein Land besorgte Kurfürst von Sachsen den Prager Frieden schloß, der ihm die Lausitz und Magdeburg, [* 21] aber in der Glaubensfrage nur geringe Zugeständnisse des Kaisers, diese obendrein zeitlich beschränkt, brachte. Brandenburg, Mecklenburg, [* 22] Sachsen-Weimar und mehrere Reichsstädte traten dem Prager Frieden bei und bestätigten damit den Sieg der kath. Reaktionspolitik des Kaisers. Im folgenden Jahre auf einem Kurfürstentag zu Regensburg setzte dieser auch die Wahl seines Sohnes Ferdinand zum Nachfolger im Reich durch, der dann 1637 als Ferdinand III. den Thron [* 23] bestieg.
V. Der schwedisch-französische Krieg (1635-48). Jetzt entschloß sich Richelieu, nicht nur mit diplomat. Verhandlungen und Hilfsgeldern, sondern mit der vollen Macht Frankreichs in den Krieg einzutreten, in dem das religiöse Interesse hinter polit. Machtfragen und Eroberungsgelüsten der Außenmächte nun ganz zurücktrat. Der schwed. General Banér, der zuerst aus Sachsen weichen mußte, siegte bei Dömitz verheerte Brandenburg, dann Sachsen und schlug bei Wittstock im Brandenburgischen die vereinigten Sachsen und Kaiserlichen vollständig.
Bernhard von Weimar hatte mit Frankreich einen Subsidienvertrag geschlossen, vertrieb die kaiserlich-ligistischen Truppen ans dem Elsaß und schlug den General von Werth bei Rheinfelden Sein Gedanke war, für das durch die Nördlinger Schlacht verlorene Herzogtum Franken sich Ersatz im Elsaß zu suchen. Nach langwieriger Belagerung nahm er Breisach, starb aber schon und Frankreich wußte sich geschickt in den Besitz seines Heers und seiner Eroberungen zu setzen. Im Frühjahr 1640 wich Banér vor der allmählich sich ansammelnden kaiserl. Macht aus Böhmen und vereinigte sich mit den Hessen [* 24] und Braunschweigern, wurde aber samt diesen bis Hessen und Westfalen [* 25] getrieben.
Als 1640-41 der Reichstag zu Regensburg tagte, erschien Banér mitten im Winter, Jan. 1641, vor der Stadt, und nur ein plötzlich eintretendes Thauwetter, das den Übergang über die Donau hinderte, rettete dieselbe. An den Folgen der Strapazen dieses Winterfeldzugs starb Banér zu Halberstadt, [* 26] und an seine Stelle trat Torstenson, der siegreich durch Brandenburg und die Lausitz nach Schlesien drang, dies eroberte und eine heranrückende kaiserl. Armee unter Erzherzog Leopold Wilhelm und Piccolomini bei Breitenfeld [* 27] vernichtend schlug. Er nahm Leipzig [* 28] und drang durch Mähren nach Böhmen in die kaiserl. Erblande ein, als ihn das neue Eintreten Christians IV. von Dänemark [* 29] in den Krieg 1643 nach Norden [* 30] rief, wo er Holstein und Schleswig [* 31] eroberte und in Jütland einrückte.
Geschickt wich er dem ihm nachgesandten
Gallas aus, dessen
Heer auf dem Rückmarsch nach
Böhmen völlig zu
Grunde
ging. Ein neues kaiserl.
Heer unter Hatzfeld und Götz vernichtete
Torstenson in der
Schlacht bei
Jankau, nahm mit
dem siebenbürg. Fürsten
Rakoczy verbündet Mähren und bedrohte
Wien.
[* 32] Den
Krieg mit
Dänemark beendete Wrangel durch den Frieden
von
Brömsebro 1645.
Wrangel wurde noch in demselben Jahr
Torstensons Nachfolger im Kommando, das dieser
seiner körperlichen
Leiden
[* 33] wegen niederlegte.
Auf dem südlichen und westlichen Kriegsschauplatz hatte das franz. Heer im Jan. 1642 unter Guébriant einen Sieg über die Kaiserlichen bei Kempen am Niederrhein erfochten. Nach Guébriants Tod erlitt es durch Mercy und Werth eine schwere Niederlage bei Tuttlingen, [* 34] Mercy behauptete sich glücklich und brachte den Franzosen mehrfache Verluste bei. Erst die Niederlage bei Allersheim in der Nähe von Nördlingen, wo Mercy fiel, veränderte die Lage, und ¶
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die Gefahr des vereinigten Vordringens der Schweden und Franzosen nach Bayern war nun nicht mehr abzuwenden. Im Spätsommer 1646 gingen die vereinigten Heere durch Schwaben nach Bayern vor und nötigten durch furchtbare Verwüstungen des Landes den Kurfürsten Maximilian in dem Ulmer Waffenstillstande zum Abfall vom Kaiser. Wrangel wandte sich jetzt siegreich nach Böhmen, während Turenne auch Mainz [* 36] und Hessen-Darmstadt zum Waffenstillstand nötigte.
Doch bald darauf brach Kurfürst Maximilian den Vertrag und trat wieder auf die Seite des Kaisers; Werth und Holzapfel, der neue kaiserl. General, vertrieben Wrangel aus Böhmen. Turenne kehrte indessen nochmals zurück und vereinigte sich mit Wrangel. Holzapfel wurde nun bei Zusmarshausen unweit Augsburg [* 37] besiegt und der bayr. General Gronsfeld über den Lech zurückgedrängt, sodaß Bayern neuerdings die ganze Last eines verheerenden Zugs empfand, während der Kurfürst nach Salzburg [* 38] entfloh. Zu gleicher Zeit war der schwed. General Königsmark in Böhmen eingedrungen, hatte durch einen nächtlichen Überfall die Kleinseite von Prag eingenommen und stand im Begriff, auch die Altstadt anzugreifen, als die Kunde erscholl, daß der Friede geschlossen sei.
Durch ein Spiel des Zufalls endete der Krieg somit an derselben Stelle, wo er begonnen hatte. Die Friedensverhandlungen, die schon 1641 zu Hamburg [* 39] eröffnet, dann seit 1644 in Münster [* 40] und Osnabrück [* 41] geführt worden waren, hatten nach endlosen Verschleppungen in dem Westfälischen Frieden (s. d.) ihren Abschluß gefunden. Aber dieser Friede legte Deutschland [* 42] nur neue schwere Opfer an die Fremden auf und machte es zu einem widerstandsunfähigen Konglomerat kleiner und kleinster selbständiger Territorien neben einer ganz schattenhaften Centralgewalt.
Entsetzlicher jedoch als all dieses waren für Deutschland die Folgen des Krieges selbst. Die Leiden, welche die zügellosen
Krieg
sbanden über das Land gebracht hatten, sind geradezu sprichwörtlich geworden. Kaum ein Winkel
[* 43] Deutschlands
[* 44] ist verschont
geblieben, über manche Gegenden ist das Elend wieder und wieder von neuem gekommen. Dazu gesellten sich
die endlosen Kontributionen, die wirtschaftlichen Schäden durch den bald herrschenden Geldmangel und die ihm nachfolgende
Geldverschlechterung.
Handel und Industrie waren bis auf die Wurzel [* 45] zerstört. Der Wohlstand Deutschlands war völlig vernichtet. Böhmen hatte zwei Drittel seiner Bewohner verloren, andere Teile Mitteldeutschlands noch mehr, in der Grafschaft Henneberg schätzte man den Rückgang der Bevölkerungszahl auf 75, den der Wohnungen auf 66, der Haustiere auf 80 Proz., das glänzende Augsburg zählte von mehr als 40000 Bewohnern noch etwa 20000. Man kann annehmen, daß Deutschland insgesamt die Hälfte seiner Bevölkerung [* 46] und zwei Drittel des beweglichen Vermögens verloren hatte. Es waren vor allem die wirtschaftlichen Grundlagen zerstört, auf welchen ein Neubau hätte stattfinden können, nicht nur das Kapital fehlte völlig, sogar der Boden war auf lange Strecken durch den jahrzehntelangen Mangel an Anbau und Pflege zur Wüste geworden. Die Urbarmachung versumpfter Landstriche der Norddeutschen Tiefebene im 18. und 19. Jahrh. bestand zum guten Teil in Wiedergewinnung alten, seit dem großen Krieg verwilderten Landes. Hand [* 47] in Hand mit dem wirtschaftlichen Verfall ging der Verfall in Sitte und Geistesleben, Deutschland mußte sein nationales Leben noch einmal von vorn beginnen.
Litteratur. Die gleichzeitigen Nachrichten und Flugschriften sind gesammelt in Lundorps Acta publica (4 Bde., Frankf. 1621-25; 2. Aufl., 18 Bde., 1668-1721, nebst der Fortsetzung von Martin Meyer in 4 Bdn.) und Abelins Theatrum Europaeum (3 Bde. bis 1637; von andern fortgeführt bis 1718 in Bd. 4-21);
eine wüste Zusammenstellung von Materialien giebt von Khevenhiller, Annales Ferdinandei, 1578-1637 umfassend (beste Ausgabe Lpz. 1721-26).
Von spätern Werken sind zu nennen: Schillers Geschichte des in Dreißigjäh
riger Krieg
5 Büchern (zuerst 1791-93);
von Hurter, Geschichte Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern (11 Bde., Schaffh. 1850-64);
vom militär. Gesichtspunkt aus: Dujarry von La Roche, Der Dreißigjäh
riger Krieg
(3 Bde.,
ebd. 1851-52);
Heilmann, Über das Krieg
swesen im D. K. (Meiß. 1850).
Vgl. ferner Gardiners The Thirty Years' war (in den «Epochs of modern History», Oxford [* 48] 1874 u. ö.);
Gindely, Illustrierte Geschichte des Dreißigjäh
riger Krieg
(3 Abteil.,
Lpz. und Prag 1882-84);
das große Werk von Gindely, Geschichte des Dreißigjäh
riger Krieg
(Bd.
1-4, 1869-80), ist nicht über die erste Krieg
speriode hinausgekommen; Ritter, Deutsche
[* 49] Geschichte im
Zeitalter der Gegenreformation und des Dreißigjäh
riger Krieg
(Stuttg. 1890 fg.);
Opel, Der niedersächs.-dän. Krieg (3 Bde., Halle [* 50] und Magdeb. 1872-94).
Ein vorzügliches Kulturbild der Zeit des Dreißigjäh
riger Krieg
giebt Grimmelshausens «Simplicissimus».