Drehleier
(auch Bettler-, früher Bauernleier, franz. Vielle, ital.
Lira tedesca oder Ghironda ribeca, Stampella, engl. Hurdygurdy), ein seltsames Saiteninstrument
von hohem
Alter, das sich einst großer Beliebtheit erfreute und im 10.-12. Jahrh.
vielleicht eine ähnliche
Rolle gespielt hat wie heute das
Klavier. Die
Konstruktion der Drehleier
ist heute noch beinahe genau dieselbe
wie vor 900
Jahren: ein Resonanzkörper, welcher dem der
Streichinstrumente ähnlich ist, darüber mehrere
Saiten gespannt,
von denen eine (oder zwei im
Einklang gestimmte) durch eine
Klaviatur
[* 2] verkürzt werden kann, während die
andern zwei (oder vier, zu zweien im
Einklang gestimmt) frei liegen und stets nur dieselben
Töne geben (eine
Quinte im
Baß,
wie beim
Dudelsack).
Ein durch eine
Kurbel
[* 3] in
Umlauf gesetztes
Rad, das mit
Harz bestrichen ist, bringt stets sämtliche
Saiten gleichzeitig zum
Tönen. Der älteste
Name des
Instruments ist
Organistrum. Wir besitzen eine Anleitung für die
Mensur und Anbringung der
Tasten
des
Organistrums aus dem 10. Jahrh. (vgl.
Gerbert,
Scriptores, I), wonach das
Instrument einen
Umfang von einer
Oktave hatte, während
die besten
Instrumente des vorigen
Jahrhunderts bis zu zwei
Oktaven (chromatisch) gehen. Etwa im 12. bis 15. Jahrh.
hieß die Drehleier.
Armonie oder
Symphonie (korrumpiert Chifonie, ja Zampugna,
Sambuca,
Sambuca rotata); im 15. Jahrh., wo sie in Mißkredit
kam, wurde ihr in
Frankreich der
Name Vielle beigelegt, der vorher ein
Streichinstrument
(Viola) bezeichnet hatte. Virdung (1511)
hält die Drehleier
, die er einfach
Lyra
[* 4] nennt, nicht einer
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Beschreibung für wert, und Prätorius (1618) spricht mit Verachtung von ihr (»Bawren- oder umlaufende
Weiber Leyer«). Dagegen gelangte dieselbe im 18. Jahrh. gleichzeitig mit der Musette (Sackpfeife) noch einmal zu außerordentlicher
Beliebtheit, besonders in Frankreich. Virtuosen auf der Drehleier
traten in Konzerten auf (Laroze, Janot, Baton u. a.), es erschienen
Schulen für die Drehleier
, Instrumentenmacher verbesserten das Instrument, Komponisten schrieben für dasselbe
Sonaten, Duette etc. (Baptiste), und Schriftsteller sangen sein Lob (Terrasson). Heute ist es wieder zum Bettlerinstrument herabgesunken.