Titel
Diodōros,
1) griech. Philosoph aus Jasos in Karien mit dem Beinamen Kronos, lebte zu Anfang des 4. Jahrh. v. Chr., gehörte der megarischen Schule an und galt, als angeblicher Erfinder der unter den Namen »der Verhüllte« und »der Gehörnte« bekannten Trugschlüsse (die andre seinem Lehrer, dem Eubulides von Milet, zuschreiben), für einen der berühmtesten Dialektiker seiner Zeit. Auch seine Töchter waren ihrer dialektischen Kunst wegen berühmt, so daß ihres Vaters Schüler Philo ein eignes Werk über sie verfaßte. Sein Tod war seines Lebens würdig: derselbe wurde durch Gram herbeigeführt, als er ein ihm von dem Megarenser Stilpon vorgelegtes Problem nicht zu lösen vermochte. In der Physik bestritt er die Möglichkeit der Bewegung sowie des leeren Raums; auch lehrte er, daß nur das Notwendige wirklich und nur das Wirkliche möglich sei.
2) Diodoros
(Siculus), namhafter röm. Geschichtschreiber, der
in griechischer
Sprache
[* 2] schrieb, war aus Argyrion in
Sizilien
[* 3] (daher Siculus, Sikeliotes genannt) gebürtig, machte ausgedehnte
Reisen
und lebte dann in
Rom,
[* 4] wo er zur Zeit
Cäsars und
Augustus' seine
»Historische
Bibliothek«, eine Universalgeschichte in 40
Büchern,
schrieb, von denen die 6 ersten in ethnographischer Form die mythische Zeit bis zur Zerstörung
Trojas, die übrigen in streng
annalistischer
Folge die Geschichte von da bis zum Anfang von
Cäsars Gallischem
Krieg (nach ihm 60
v. Chr.)
umfaßten.
Nur 15 Bücher (1-5 ägyptische, äthiopische, asiatische, griechische Urgeschichte und 11-20 die Geschichte der Jahre 480-302 v. Chr.) sind erhalten, außerdem bedeutende Bruchstücke in den byzantinischen Historikern, in den Exzerptensammlungen des Konstantin Porphyrogennetos und in den von Angelo Mai herausgegebenen vatikanischen Fragmenten. Der Verfasser hat nach seiner eignen Versicherung 30 Jahre an dem Werk gearbeitet und eine große Menge von ihm namentlich angeführter, jetzt meist verlorner Schriftsteller benutzt, jedoch ohne die erforderliche Umsicht und Sorgfalt, so daß das Werk zahlreiche Irrtümer und Ungenauigkeiten enthält.
Die Darstellung ist klar und frei von rhetorischer Übertreibung, aber ohne alle sonstigen Vorzüge. Ausgaben des Werkes lieferten Wesseling (mit wichtigem Kommentar, Amsterd. 1746, 2 Bde.), L. Dindorf (Leipz. 1828-1831, 5 Bde.; Par. 1842-44, 2 Bde.; Leipz. 1867-1868, 5 Bde.) und I. ^[Immanuel] Bekker (das. 1853-54, 4 Bde.); deutsche Übersetzungen Stroth und Kaltwasser (Frankf. 1782-87, 6 Bde.), Wurm [* 5] (Stuttg. 1826-42, 19 Bdchn.) und Wahrmund (das. 1869). Die von A. Mai aufgefundenen vatikanischen Fragmente gaben L. Dindorf (Leipz. 1828) und Müller (Par. 1848) heraus.
3) Vertreter der sogen. antiochenischen Schule (s. d.), war zuerst Presbyter in seiner Vaterstadt Antiochia, seit 378 Bischof in Tarsos, wo er um 394 starb, als Hauptvertreter der damaligen Orthodoxie hochverehrt. Nichtsdestoweniger glaubte man später in ihm den moralischen Urheber des Nestorianismus entdeckt zu haben, was den Untergang der meisten seiner Schriften zur Folge hatte.