Differenze
nrechnung,
s. Differentialrechnung. [* 2]
Differenzenrechnung
3 Wörter, 46 Zeichen
Differenzenrechnung,
s. Differentialrechnung. [* 2]
der erste Hauptteil der Infinitesimalrechnung. Ist y = f (x) eine Funktion (s. d.) von x, so wird eine Änderung der letztern Größe auch eine Änderung der erstern zur Folge haben. Wir wollen annehmen, die unabhängige Variable x wachse um Δx (gelesen »Delta [* 4] x«, d. h. Änderung oder Differenz von x), dann wird y sich ändern (zu- oder abnehmen) um die Größe f(x + Δx) - f(x), die wir mit Δy oder Δf(x) bezeichnen. Den Quotienten
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nennt man den Differenze
nquotienten, und die nähere Untersuchung desselben und überhaupt der Beziehungen zwischen Δx und
Δy bildet den Gegenstand der Differenzenrechnung. Von besonderer Wichtigkeit für die Untersuchung und
Anwendung der Funktionen ist aber der Wert, den der Differenze
nquotient für Δx = 0 annimmt; er heißt dann Differentialquotient
und wird mit ^[img] bezeichnet. Seine Bestimmung für jede beliebige Funktion bildet die erste Aufgabe der Differentialrechnung. Da für Δx
= 0 auch Δy = 0 ist, so erscheint der Differentialquotient zunächst in der unbestimmten Form ^[img];
daß er aber gleichwohl einen bestimmten Wert besitzt, erkennt man zunächst an einzelnen Beispielen. Ist z. B. f(x) = x³,
so ist f(x + Δx) = (x + Δx)³ = x³ + 3x * Δx² + Δx³, mithin ^[img],
und wenn man hier Δx = 0 setzt, so ergibt sich
^[img].
Man findet auch leicht verschiedene Bedeutungen des Differentialquotienten. Wenn f(x) die Länge des Wegs bedeutet, welchen ein Punkt in der Zeit von x Sekunden zurücklegt, so ist f(x + Δx) - f(x) der in dem Zeitteilchen Δx zurückgelegte Weg. Je kleiner nun dieses Zeitteilchen ist, mit desto größerer Genauigkeit kann man die Bewegung während desselben als gleichförmig betrachten, und es bedeutet daher annäherungsweise den Weg, welcher in 1 Sekunde zurückgelegt wird, oder die Geschwindigkeit. Diese Behauptung wird ganz richtig für Δx = 0, d. h. der Differentialquotient des Wegs ist die Geschwindigkeit. Ist aber y = f(x) die zur Abscisse x = OM gehörige Ordinate MP einer ebenen Kurve (s. Figur), ferner Δx = MM' und f(x + Δx) die Ordinate M'P', und zieht man PQ parallel zur Achse OX, so ist
[* 2] ^[Abb.] ¶
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wofür man wegen der Ähnlichkeit
[* 6] der Dreiecke PQP' und SMP auch setzen kann ^[img] MP/SM = tan XSP. Der Differenze
nquotient
erscheint also als die trigonometrische Tangente des Winkels, den die Sekante PP' mit der Achse OX einschließt. Läßt man nun
Δx stetig abnehmen bis zur Grenze Null, so geht die Sekante PP' über in die geometrische Tangente TP des
Kurvenpunktes P, und es ist daher
^[img] df(x)/dx = tan XTP.
Durch den Differentialquotienten ist also die Richtung der geometrischen Tangente an eine ebene Kurve bestimmt. Dadurch wird es begreiflich, wie das sogen. Tangentenproblem, d. h. die Aufgabe, an einen beliebigen Punkt einer ebenen Kurve die Tangente zu legen, zuerst Anlaß gab zu dem Streben, den Differentialquotienten für jede beliebige Funktion zu finden, und damit zur Schöpfung der Differentialrechnung. Übrigens ist mit den beiden hier gegebenen Deutungen des Differentialquotienten der Bereich der Anwendungen desselben nicht erschöpft, doch können wir hier nicht weiter darauf eingehen.
Die Größen dx und dy oder df(x), welche streng genommen gleich Null sind, bezeichnet man auch als unendlich kleine Größen, um anzudeuten, daß sie durch unbegrenzte Abnahme aus Δx und Δy entstehen, und nennt sie Differentiale von x und y. Der Differentialquotient wird auch die erste abgeleitete (derivierte) Funktion von y = f(x) genannt und mit y' = f'(x) bezeichnet. Sein Differentialquotient ist die zweite abgeleitete Funktion f''(x). Bedeutet f(x) den Weg, f'(x) die Geschwindigkeit zur Zeit x, so ist f''(x) die Beschleunigung. Der Differentialquotient von f''(x) ist die dritte abgeleitete Funktion f'''(x) u. s. f.
Die Differentialrechnung ist überall, wo es sich um Untersuchung stetig veränderlicher Größen handelt, unentbehrlich. Ihre Erfindung fällt in die zweite Hälfte des 17. Jahrh., und wenn wir unter Differentialrechnung den bestimmten Algorithmus verstehen, den wir jetzt so nennen, so ist Leibniz als der Erfinder zu bezeichnen. Geometrische Betrachtungen, wie die vorstehende, bildeten bei ihm den Ausgangspunkt. Er hat seine Entdeckung zuerst in dem Oktoberheft der »Acta Eruditorum« 1684 bekannt gemacht. Im Wesen mit der Differentialrechnung übereinstimmend ist die Fluxionsrechnung Newtons. [* 7]
Dieser geht vom Begriff der stetigen Bewegung aus und bezeichnet in der Gleichung y = f(x) die Größen x und y als fließende Größen oder Fluenten; die unendlich kleinen Änderungen derselben, die Leibnizschen Differentiale dx und dy, nennt er Fluxionen und bezeichnet sie mit ẋ, ẏ. Das Verhältnis beider ist der Differentialquotient. Obgleich älter als die Differentialrechnung, hat die Fluxionsrechnung, wohl zum großen Teil wegen der unbequemen Bezeichnungsweise, nicht die hohe Ausbildung und weniger Anwendung gefunden als erstere. Über die Erfindung der Differentialrechnung und über den erbitterten Streit, der sich darüber erhoben hat, vgl. Gerhardt, Die Entdeckung der höhern Analysis (Halle [* 8] 1855); Weißenbern, Prinzipien der höhern Analysis (das. 1856). Über Lehrbücher vgl. Integralrechnung. [* 9]