Hatte Dessoir früher besonders auf dem Gebiete der Liebhaber und Naturburschen sich bewegt, so gab er später erste,
namentlich aber humoristische Charakterrollen, wie Falstaff, Vansen u. s. w.,
mit feinem Verständnis. 1878 übernahm Dessoir die Leitung des
Dresdener Residenztheaters, die er jedoch schon 1879 aufgab, um
sich zunächst ausschließlich dem
Gastspiel zu widmen. 1880 nahm er ein Engagement in
Prag
[* 14] an und ging später nach
Petersburg,
[* 15] dann an das Deutsche
[* 16]
Volkstheater in
Wien,
[* 17] wo er im Nov. 1889 geisteskrank wurde. Er starb in
Dresden.
(spr.-ßŏahr),
Ludwig, eigentlich
LeopoldDessauer, Schauspieler, geb. zu
Posen
[* 18] als Sohn eines jüd.
Kaufmanns, erschien schon 1825 in kleinen Rollen
[* 19] auf dem Stadttheater seiner Vaterstadt und zog später mit Wandertruppen
umher. 1831 engagierte ihn Direktor Haake für die vereinigten
Theater
[* 20] Mainz und
Wiesbaden,
[* 21] wo er mit Erfolg
jugendliche
Helden und Liebhaber spielte. Auch als er 1834 einem Rufe nach
Leipzig Folge leistete, blieb ihm dieser Erfolg
treu, ebenso in
Breslau, wohin er sich nach seiner Vermählung mit
Therese Reimann (1835) gewandt hatte.
Doch mußte die
Ehe schon nach 2 Jahren getrennt werden; eine später (1844) geschlossene zweite
Verbindung
mit Helene Pfeffer aus
Pest löste der
Wahnsinn, in den die letztere verfiel. Dessoir nahm 1837 sein Wanderleben wieder auf, gastierte
in
Prag,
Brünn,
[* 22]
Wien und
Pest, und erst hier ließ er sich bis 1839 fesseln. In diesem Jahre ging er als
Nachfolger
Karl Devrients nach
Karlsruhe
[* 23] und begründete hier als Charakterdarsteller seinen
Ruf, der die
Ursache seines Engagements
am Hoftheater zu
¶
mehr
Berlin
[* 25] wurde, wo er schon 1847 mit großem Erfolg gastiert hatte. Seitdem zählte er zu den bedeutendsten Mitgliedern des
Berliner Schauspielhauses und wirkte vorzugsweise als Vertreter des klassischen Dramas. Ein Nervenleiden nötigte ihn 1872,
seine Thätigkeit aufzugeben; er starb zu Berlin. In denTragödienSchillers und Goethes, namentlich
aber Shakespeares, erwarb er sich durch Tiefe der Auffassung, innere Kraft
[* 26] der Darstellung und Energie des leidenschaftlichen
Pathos allgemeine Anerkennung. Nicht minder zeichnete er sich in den Werken neuerer Dichter aus, z. B.
als Caligula in F. Halms «Fechter von Ravenna» und als Narciß.
(spr. -ßŏahr),Therese, geborene Reimann, Gattin des vorigen, geb. zu Hannover,
[* 27] debütierte hier 1827 und gehörte dem Hoftheater bis 1832 an, in welchem Jahre sie als erste Liebhaberin für das Leipziger
Stadttheater engagiert wurde. Sie vermählte sich dort 1835 mit LudwigDessoir und begleitete ihn nach Breslau, kehrte aber nach
ihrer Trennung nach Leipzig zurück, wo sie nun 8 Jahre lang in heroischen und muntern Liebhaberrollen
gefeiert wurde. 1845 folgte sie einer Berufung an das Nationaltheater in Mannheim, dem sie bis zu ihrem daselbst
erfolgten Tode angehörte, die Jahre 1846‒49 ausgenommen, während welcher sie Mitglied des Hoftheaters zu Stuttgart
[* 28] war.