Dante
-Gesellschaft
,
s. Dante (S. 536).
Dante-
Gesellschaft
5 Wörter, 39 Zeichen
Dante-
Gesellschaft,
s. Dante (S. 536).
Dante
Alighieri (spr. aligjehri), der größte Dichter Italiens
[* 3] und einer der tiefsten Geister aller Zeiten und Völker,
wurde wahrscheinlich an einem der letzten Tage des Mai 1265 zu Florenz
[* 4] geboren und erhielt in der Taufe den Namen Durante, der
nach der herrschenden Sitte in Dante
abgekürzt wurde und ihm so dauernd verblieben ist. Seine Familie
gehörte zu den alten florentinischen Geschlechtern und stand auf seiten der Guelfen. Dante
Alighieri selbst nennt als seinen Stammvater
den Cacciaguida, einen tapfern Krieger (geboren um 1090), welcher eine Alighieri aus dem Pothal zur Frau hatte.
Einer ihrer Söhne (gestorben um 1200) nahm den Namen der Mutter an und ward so der Stifter des Geschlechts
der Alighieri zu Florenz. Von der Jugend des Dichters weiß man thatsächlich wenig, da die romanhaft und tendenziös aufgeputzten
Mitteilungen seines ersten Biographen Boccaccio nur mit Vorsicht aufzunehmen sind. Erst die gründlichen Forschungen der neuern
Zeit, namentlich Balbos und Fraticellis, haben ein ziemlich klares Bild von Dantes
Lebensgang hergestellt.
Der Vater, ein Rechtsgelehrter, starb schon 1270, hinterließ aber ein ziemliches Vermögen an liegenden Gründen, und die Mutter,
Donna Bella, übertrug nun die Erziehung ihres Knaben dem gelehrten Staatssekretär der Republik, Brunetto Latini, der selbst als
Dichter in Ruf stand, und dem Dante
Alighieri später an einer Stelle seiner »Komödie« ein rührend schönes Denkmal
setzte. Unter Brunettos Leitung machte sich Dante
Alighieri mit allem bekannt, was damals im Bereich der Gelehrten lag, und beschäftigte
sich neben den strengen Studien auch mit den heitern Künsten; er war Freund der Maler Giotto und Oderisi, wie
er auch selbst zeichnete, sowie des Sängers und Musikers Casella.
Wie früh er die Dichtkunst getrieben, läßt sich nicht bestimmen; wohl aber sagt er selbst, daß er die Provençalen kannte
und bewunderte. Von dichterischen Freunden nennt Dante
Alighieri den ausgezeichneten Guido Cavalcanti, an welchen das erste öffentlich von
ihm bekannt gemachte Sonett gerichtet ist, und den er später verbannt sehen mußte, und Cino da Pistoja,
welcher später den Dante
Alighieri in einer Kanzone beklagt; andre waren Dante da Majano, Dino Frescobaldi etc. Eng verbunden mit seiner Liebe
zur Poesie ist seine idealische Liebe zu Beatrice, der Tochter eines angesehenen Bürgers, Folco de Portinari,
die er 1274, kaum neun Jahre alt (sie selbst zählte acht), bei einem Maifest zu Florenz zuerst gesehen hatte, worüber Dante
Alighieri selbst
in seinem Erstlingswerk: »La vita nuova«, berichtet.
Von dieser ersten Jugendliebe blieb ihm der tiefste Eindruck für das ganze Leben und steigerte sich in ihm zu jener
Verklärung und Bedeutung Beatrices, wie er sie in seinem großen Gedicht verewigt hat. Daher setzt es unsern Begriffen gemäß
allerdings in Erstaunen, zu erfahren, daß Dante
Alighieri ein oder zwei Jahre (1291)
nach Beatrices frühem Tod sich mit Donna Gemma aus
dem vornehmen Geschlecht der Donati verheiratet habe, und manche sind geneigt, die ganze Mitteilung Dantes
über jenen Gegenstand in symbolischem Sinn aufzufassen.
Richtiger dürfte es sein, die Sache mit dem damals aus der Provence her noch fortwirkenden ritterlichen Frauendienst in Verbindung zu bringen, nach welchem Ehe und Minne nebeneinander bestehen konnten, ohne sich gegenseitig zu beirren. Daß der lernbegierige Zögling, herangewachsen, in den Orden [* 5] der Franziskaner getreten, aber noch vor Ablauf [* 6] des Noviziats wieder ausgeschieden sei, ist eine Sage. In Wirklichkeit hat er wohl seine Studien in Bologna und Padua [* 7] fortgesetzt und ist etwa 1288 in die Vaterstadt zurückgekehrt, um sich nach dem Vorbild seines väterlichen Freundes und des trefflichen Priors Giano della Bella den Staatsgeschäften zu widmen. Er ließ sich, wie das Gesetz es damals vorschrieb, in eine Zunft und zwar in die der Ärzte und Apotheker aufnehmen, zog 1289, als die Ghibellinen von Arezzo aus wieder einmal einen Sturm auf Florenz zu unternehmen gedachten, mit gegen sie zu Felde und focht 11. Juni tapfer bei Campaldino, wobei er in große Gefahr geriet. Im folgenden Jahr war er bei dem Zug nach Pisa, [* 8] durch welchen unter Anführung des Podesta Novello da Polenta die Feste Caprona erobert wurde.
Außerdem ist in der Zeit von 1295 bis 1301 von verschiedenen Gesandtschaften die Rede, zu welchen Dante
Alighieri verwendet
wurde. Als er das gesetzliche Alter von 35 Jahren erlangt hatte, wurde er in die Zahl der Prioren gewählt (1300) und zwar nicht,
wie es gewöhnlich geschah, durch das Los, sondern durch freie Wahl; ein Amt, das für ihn, nach seinem eignen Ausspruch, die
Quelle
[* 9] all seines spätern Unglücks wurde. Florenz, im ganzen guelfisch, war doch in zwei Parteien: die »Weißen« und die »Schwarzen«,
geteilt, von denen die erstern mehr ghibellinisch gesinnt, die letztern dagegen unbedingte Anhänger des Papstes waren.
Dantes
patriotischer Eifer brachte es dahin, daß der Senat die Häupter beider Parteien aus Florenz verwies;
doch entbrannte, da der Senat die Weißen begünstigte, der Kampf bald von neuem. Als die Schwarzen in Rom
[* 10] beschlossen, Karl von
Valois, der sich eben zu einem Kriegszug gegen Sizilien
[* 11] rüstete, als Friedensstifter nach Florenz zu senden und mit seiner
Hilfe die gegnerische Partei niederzuwerfen, schickten die Weißen Abgeordnete nach Rom, um dem Papst Vorstellungen
zu machen und womöglich die Ankunft Karls zu hintertreiben. Zu dieser Gesandtschaft gehörte auch Dante
Alighieri, der sich der Sache der
Weißen zuneigte. Er verließ Florenz, um nie wieder dahin zurückzukehren.
Während er noch in Rom war, rückte Karl von Valois, vom Papst unterstützt, Anfang November 1301 in Florenz
ein und rief sofort die Schwarzen zurück. Es kam zu einem Gericht über die Weißen, und Dante
Alighieri mit 14 andern wurde zu 8000 Lire
Geldbuße und zu zweijähriger Verbannung (resp. Feuertod im Betretungsfall) verurteilt. Seine Güter wurden eingezogen, sein
Haus in der Stadt der Plünderung des Pöbels preisgegeben. Empört über die Unbill und die Beschimpfung,
die ihm durch diesen Spruch widerfahren, eilte Dante
Alighieri von Rom, wo er natürlich nichts ausgerichtet hatte, zunächst nach Siena
und von da nach Arezzo, um hier mit den übrigen Geächteten Rats zu pflegen, was zu thun sei. Als Bitten
und friedliche Maßregeln keinen Erfolg hatten, beschlossen die Flüchtlinge, die Rückkehr mit Waffengewalt zu erzwingen,
und unternahmen einen Angriff auf Florenz.
¶
Derselbe scheiterte indessen, und Dante
Alighieri, der vielleicht gar nicht daran teilgenommen, wurde nun auf Lebenszeit
in die Acht erklärt. Tief erbittert zog er sich von den andern Geächteten zurück und nahm das Asyl an, das Graf Guido Salvatico
im Val Casentino ihm anbot. Inzwischen war sein ältester Sohn herangewachsen und sollte in Padua seine
Studien beginnen. Um ihn wiederzusehen, begab sich Dante
Alighieri 1306 nach Padua, scheint sich aber nicht lange daselbst aufgehalten zu
haben. Im Sommer 1307 machte Papst Clemens V. einen Versuch, den vertriebenen Weißen zur Rückkehr nach Florenz zu verhelfen;
es kam in Mugello zu einer Zusammenkunft der Beteiligten, und auch Dante Alighieri fand sich
dazu ein.
Allein die Unterhandlungen zerschlugen sich; die »schlechte und dumme Bande« der Weißen benahm sich so unwürdig, daß sich Dante Alighieri vollständig von ihr lossagte, um fortan »für sich allein Partei zu machen«. Allein wanderte er nun im Land umher, um zu erfahren, »wie scharf versalzen fremdes Brot [* 13] schmeckt, wie hart es ist, fremde Treppen [* 14] zu steigen«. Auch der Schmerz sollte dem Verstoßenen nicht erspart bleiben, »alles Teure«, das er in Florenz hatte zurücklassen müssen, durch einen plötzlichen Tod zu verlieren: seine Gattin und die beiden jüngsten Söhne starben 1308 an der Pest.
Von den Orten, an welchen Dante Alighieri verweilte, kennt man mit Bestimmtheit nur einige. Nachdem er kurze Zeit in der Lunigiana (zwischen Lucca [* 15] und Genua) [* 16] beim Marchese Morello Malaspina gerastet (auf dessen Schloß er vielleicht den ersten Plan zur »Commedia« entwarf), wandte er sich nach Verona, [* 17] wo eben (1308) der heldenmütige Can della Scala (Can grande) Mitregent seines schwachen Bruders Alboin geworden war, und ging von hier, wie wenigstens Boccaccio berichtet, nach Paris, [* 18] wo er sich in theologische Studien vertiefte.
Die Kunde von dem Zug König Heinrichs VII. nach Italien [* 19] erweckte wieder neue Hoffnungen in ihm und rief ihn in das Vaterland zurück. Dante Alighieri, der schon früher einen Ermahnungsbrief an die Fürsten und Völker Italiens erlassen hatte, sich dem Kaiser als dem »Retter des Landes« zu unterwerfen, begrüßte diesen zu Mailand [* 20] (Dezember 1310) und schrieb, als ihm derselbe zu lange in Oberitalien [* 21] zögerte, einen feurigen Brief, der ihn aufforderte, ungesäumt die Axt an die Wurzel [* 22] des Übels, Florenz, zu legen Eine dritte Epistel richtete Dante Alighieri sodann an die Florentiner [* 23] selbst und verkündete darin seiner Vaterstadt das Schicksal Sagunts.
Florenz antwortete mit einem Dekret das die Ächtung Dantes in den schärfsten Ausdrücken bestätigte und ihn »auf ewige Zeiten« verfemte, während es zugleich offene Partei für die »heilige Kirche« gegen den Kaiser nahm. Die Belagerung der Stadt, welche der Kaiser im Sommer 1313, nachdem er im Juni 1312 in Rom gekrönt worden war, unternahm, hatte keinen Erfolg; er mußte unverrichteter Sache abziehen, und als er sie mit neuen Kräften wieder aufnehmen wollte, ereilte ihn bei Siena der Tod Ob Dante Alighieri persönlichen Anteil an diesen Begebenheiten genommen, oder wo er sich um diese Zeit aufgehalten, ist nicht mit Sicherheit ermittelt.
Über ein Dutzend Ortschaften und Klöster in den verschiedensten Gegenden Italiens haben in der Folge die Ehre beansprucht, des Heimatlosen Asyl und Herberge gewesen zu sein. Wahrscheinlich ist, daß er sich zunächst dem ihm von Arezzo her befreundeten Uguccione della Faggiuola, der das Haupt der Ghibellinen von Toscana und Herr von Pisa war, angeschlossen (dem er, wie man berichtet, den ersten Teil der »Commedia« dedizierte, wie er den zweiten Teil dem Marchese Moroello Malaspina gewidmet haben soll), und daß er nach Heinrichs VII. Tod alle Hoffnung aufgegeben und sich einzig mit der Vollendung seines großen Gedichts beschäftigt hat.
Von Pisa scheint er sich nach der Romagna gewandt zu haben, wo er etwa 1315 mit seinen beiden Söhnen Pietro und Jacopo und seiner Tochter Beatrice nach Ravenna kam; der Fürst Guido Novello da Polenta gewährte ihnen dort eine bleibende Stätte. Um diese Zeit ward dem berühmt gewordenen Dichter endlich die Erlaubnis zur Rückkehr nach Florenz durch einen Freund ausgewirkt, unter der Bedingung, daß er sich »der Form wegen« einer kurzen Verhaftung und einer Geldstrafe unterwerfe und in einer Kirche seine Schuld durch ein Sühnopfer anerkenne.
Mit großartigem Selbstbewußtsein wies aber Dante Alighieri in einem noch erhaltenen Brief den Antrag unter solchen Bedingungen zurück, und so ward das Verbannungsurteil im Oktober 1315 abermals »auf ewige Zeiten« bestätigt und merkwürdigerweise erst 1494 ausdrücklich aufgehoben. In Ravenna brachte er wohl den dritten Teil seiner »Commedia« vollständig zu Ende (um 1319); auch soll er nach Boccaccio während dieser Zeit zahlreiche Schüler unterrichtet und zum Dichten in der italienischen Volkssprache angeleitet haben. Im Sommer 1321 ging er dann, wie weiter berichtet wird, in einer diplomatischen Mission seines Gastfreundes nach Venedig, [* 24] erkrankte dort und wurde, dem Tod nahe, nach Ravenna zurückgebracht, wo er im Alter von 56 Jahren starb. Er ward in der Grabkapelle neben der Franziskanerkirche in einem marmornen Sarg feierlich bestattet. Der Fürst selbst hielt ihm eine Leichenrede, und nur seine eigne Verbannung, die im folgenden Jahr erfolgte, vereitelte seine Absicht, ihm ein prächtiges Denkmal zu errichten. - Im J. 1483 ließ Bernardo Bembo, Vater des berühmten Kardinals, die Grabstätte mit einem Denkmal schmücken und darauf eine angeblich von Dante Alighieri selbst verfaßte Inschrift setzen.
Durch den Kardinallegaten Domenico Maria Corsi ward 1692 die verfallene Grabstätte notdürftig restauriert; erst 1780 erfuhr sie durch Luigi V. Gonzaga eine gründliche Reparatur. Im J. 1813 stellte Canova Dantes Marmorbüste im Pantheon zu Rom auf. Florenz reklamierte die Gebeine des Dichters, der in seinem letzten Willen ausdrücklich verlangt hatte, daß sie unter keinen Umständen an seine undankbare Vaterstadt ausgeliefert werden sollten, wiederholt (zuletzt noch 1864), aber immer vergeblich und hat erst 1829 in der Kirche Santa Croce seinem großen Sohn ein Denkmal von der Hand [* 25] Riccis errichten lassen. Während der Kardinal Bertrando di Poggetto Dantes Gebeine als die eines Ketzers zum Feuer verurteilen wollte, hallte ganz Italien vom Ruhm des Dichters wider. Fünf Jahrzehnte nach des Dichters Tod errichtete seine Vaterstadt einen besondern Lehrstuhl zur Erläuterung seines Werkes, auf den Boccaccio berufen ward, und andre Städte, wie Pisa, Bologna, Mailand, folgten dem Beispiel von Florenz nach. - Sein Volk aber gab ihm den Beinamen des »Göttlichen«. - Nach Boccaccios Beschreibung war Dante Alighieri ein Mann von mittlerer Größe, im Alter etwas gekrümmt, doch würdig und stets in vornehmer Kleidung einhergehend, sein Gesicht [* 26] lang, mit einer Habichtsnase und großen, ausdrucksvollen Augen; die Kinnbacken waren stark und die untere Lippe [* 27] etwas hervorspringend, Bart und Haupthaar schwarz, dicht und kraus, der Ausdruck des Gesichts schwermütig und tiefsinnig, die Farbe desselben bräunlich. Raffael hat ihn in dem unter ¶
dem Namen der »Disputa« bekannten Gemälde im Vatikan [* 29] zu Rom zwischen Thomas von Aquino und Scotus und in einem andern Gemälde daselbst, dem »Parnaß«, neben Vergil und Homer angebracht. In Florenz befindet sich eine Wachsmaske, die über der Leiche des Dichters abgenommen sein soll und von Rauch abgeformt wurde. Ein Bildnis Dantes auf einer Medaille entdeckte 1832 Misserini; ein Freskobildnis des jugendlichen Dichters (wie man annimmt, von Giotto, um 1295) wurde 1840 an einer Wand der Cappella del Podestà zu Florenz wieder aufgefunden. Statuen von Dante Alighieri befinden sich zu Florenz (zwei, von Pazzi und Demi), Verona (von Zannoni). Padua (von Vela) und Neapel [* 30] (von Angelini).
Die 600jährige Wiederkehr des Geburtstags Dantes im Mai 1865 gab in Italien Anlaß zu einer nationalen Jubelfeier, die namentlich in Florenz 14. bis 16. Mai großartigster Weise begangen wurde. Man feierte Dante Alighieri als »den Vorläufer der politischen Einheit des Vaterlandes und als den Anwalt für Freiheit und Recht in der christlichen Welt«. Den Kernpunkt des Festes bildete die Enthüllung der Statue Dantes (von Enrico Pazzi) auf dem Santa Croce-Platz, gegenüber der Kirche. In Ravenna, der Grabstätte des Dichters, wo man die Feier 24. und 25. Juni beging, erhielt dieselbe durch eine überraschende, kurz zuvor gemachte Entdeckung ein besonderes Interesse.
Während man bislang gar nicht anders gewußt hatte, als daß die sterblichen Überreste Dantes in dem Marmorsarg bestattet lägen, den Guido da Polenta 1321 ihnen gegeben, wurde 26. Mai (1865) bei einer baulichen Reparatur an der Franziskanerkirche, mehrere Schritte von der Dantekapelle entfernt, ganz zufällig eine Kiste eingemauert gefunden mit der Aufschrift: »Dantis ossa a me Fra Antonio Santa hic posita anno 1677 die ... Octobris«. Das Innere enthielt die auseinander gebrochenen Stücke eines menschlichen Skeletts, und eine zweite Inschrift besagte: »Dantis ossa denuper revisa 3. Junii 1677«. Bei Eröffnung des Marmorsargs zeigte sich derselbe wirklich leer; nur einige Knochenstücke enthielt er, welche gerade an dem in der Kiste gefundenen Skelett [* 31] fehlten, so daß die Identität der Gebeine außer Zweifel zu sein scheint. Wahrscheinlich hatte Santi, der 1677 Kanzler des Klosters war, den Reliquienschatz verborgen in der Befürchtung, derselbe könne bei der damals beabsichtigten und 1692 ausgeführten Reparatur des Mausoleums aus der Grabkapelle entführt werden.
Dantes Tochter starb 1350 als Nonne in Ravenna. Von seinen beiden Söhnen war der jüngere, Jacopo di Dante Alighieri, bei dem Tode des Vaters in Ravenna und lebte noch 1342 in Florenz, wo er einen Teil der konfiszierten Güter des Vaters zurückkaufte. Man schreibt ihm einen Kommentar über das »Inferno« zu, betitelt: »Chiose di Jacopo figliuolo di Dante Alighieri sopra la Commedia etc.« (hrsg. von Vernon, Flor. 1845), sowie mehrere Gedichte. Das Geschlecht des Dichters wurde durch den ältern Sohn, Pietro, fortgepflanzt und erlosch in seiner männlichen Linie erst 1547, wo der Name Alighieri dann mit der weiblichen Linie auf die Saregi überging, die noch heute in Verona leben und sich nach dem großen Dichter nennen.
Wie über Dantes Leben genaue Nachrichten fehlen, so ist auch hinsichtlich seiner Werke schwer anzugeben, wann und wo die einzelnen begonnen und vollendet wurden. Als frühste seiner Schriften ist »Das neue Leben« (»La vita nuova«) zu nennen, ein seltsames Werk, das um 1293-95 (Dante Alighieri sagt: »vor dem Eintritt in mein Mannesalter«) abgefaßt wurde. Es berichtet über die Geschichte seiner Jugendliebe zu Beatrice und enthält die Gedichte, welche derselben ihre Entstehung verdanken, aber durchweg von prosaischen, teils schwungvollen und ergreifenden, teils trocknen und pedantischen Erklärungen begleitet, die über Anlaß und Bedeutung jedes einzelnen Gedichts besondere Auskunft geben und so eine Art Kommentar bilden, der das Ganze in den Bereich der Allegorie rückt. Die »Vita nuova« erschien zum erstenmal gedruckt mit den Kanzonen des Dante Alighieri und seinem Leben von Boccaccio (Flor. 1576) und erlebte über 30 Ausgaben. Zu den besten derselben gehören die vom Marchese Trivulzio (Mail. 1827),
die nach einer Handschrift aus dem 15. Jahrh. (Pesaro 1828), die von Giuliani (»La vita nuova e il canzoniere di Dante Alighieri«, Flor. 1868),
von d'Ancona (Pisa 1872) und von Witte (Leipz. 1876). Deutsche [* 32] Übersetzungen lieferten Fr. v. Öynhausen (Wien [* 33] 1824),
K. Förster (Leipz. 1842),
Jacobson (Halle [* 34] 1877). Das zweite bedeutende Werk Dantes: »Das Gastmahl« (»Il convito«),
ist ein nicht minder seltsames Buch als die »Vita nuova« und wurde wahrscheinlich 1303 in Arezzo begonnen. Dante Alighieri setzte sich darin vor, 14 in Bezug auf sein Liebesverhältnis zu Beatrice gedichtete Kanzonen gelehrt zu erläutern und zwar so, als wären sie wiederum nur allegorisch gemeint und bezögen sich auf seine Liebe zur Philosophie. Indessen haben nur drei der Kanzonen ihren Kommentar in diesem Sinn erhalten; das Werk blieb unvollendet. Den Namen »Gastmahl« gab er dem Buch, das als erstes Beispiel wissenschaftlicher Prosa in italienischer Sprache [* 35] wichtig ist, weil er die Erklärung gleichsam als Brot zu den Gerichten der Kanzonen auftischen wollte. Zum erstenmal gedruckt ward dasselbe Florenz 1490, dann Venedig 1521 u. öfter. Eine vortreffliche neue Ausgabe mit ausführlichem Kommentar besorgte Giuliani (Flor. 1874, 2 Bde.); eine deutsche Übersetzung gab Kannegießer (»Dantes prosaische Schriften«, Leipz. 1845). Kritische Arbeiten darüber lieferten Monti (Mail. 1823),
Scolari (Padua 1828) und Selmi (Turin [* 36] 1865). - Das dritte Hauptwerk unter den kleinern Schriften bilden die lyrischen Gedichte Dantes (»Rime«),
die, erotischen und philosophischen Inhalts und zu verschiedenen Zeiten entstanden, in mehr oder weniger vollständigen Sammlungen mehrfach erschienen. Für die älteste derselben darf Cinos und G. Novellos Ausgabe der »Canzoni e madrigali di Dante Alighieri« (Vened. 1518 u. Mail. 1518),
ein äußerst seltenes Werk, gelten. Die erste, ziemlich vollständige Ausgabe dieser lyrischen Gedichte bilden die vier ersten Bücher der »Sonetti e canzoni di diversi autori toscani« (Flor. 1527, Vened. 1532 u. öfter; zuletzt: »Amori e rime di Dante Alighieri«, Mantua [* 37] 1823); neuere Ausgaben besorgten Fraticelli (Flor. 1861) und Giuliani (das. 1863 u. 1868). Als Anhang zu den »Rime« findet man in einigen Ausgaben »Rime spirituali« (geistliche Lieder),
aus einer Paraphrase der sieben Bußpsalmen und dem sogen. »Credo di Dante Alighieri« bestehend, beides jedoch unecht und dem Dante Alighieri nur untergeschoben, um ihn zu einem bußfertigen Mönch zu machen. Gesondert sind die »Sette salmi« abgedruckt worden in »Raccolta di rime antiche toscane« (Palermo [* 38] 1817),
das »Credo« in »Saggio di rime di diversi buoni autori« (Flor. 1827). Deutsche Übersetzungen der »Rime« veröffentlichten Kannegießer (»Dantes lyrische Gedichte«, mit einer Abhandlung von Witte, worin Echtes und Unechtes zu unterscheiden versucht wird; 2. Aufl., Leipz. ¶