Dach
,
[* 1] derjenige Teil eines Gebäudes, welcher dessen
Inneres von
oben gegen
Regen,
Schnee
[* 2] und
Sonne
[* 3] schützen soll. Zu diesem
Zweck, namentlich zur
Ableitung des
Schnee- und Regenwassers, muß die Dach
fläche stets eine mehr
oder minder geneigte sein. Neigungsgrad und Form des Daches
sind abhängig von den klimatischen Einflüssen, der Art der
Deckung, dem ökonomischen Wert und den ästhetischen Anforderungen. In Bezug auf die Dach
neigung
unterscheidet man: das altdeutsche Dach
, dessen Sparrenlänge meist der Tiefe des Gebäudes gleich ist, dessen
Sparren also
mit der Balkenlage
[* 4] gleichseitige
Dreiecke bilden;
das neudeutsche
(Winkel-) Dach
, dessen
Sparren
oben unter einem rechten
Winkel
[* 5] zusammenstoßen, dessen
Höhe also bei einer
Neigung der Dach
fläche von 45° der halben Gebäudetiefe
gleich ist;
das flache (griechische) Dach
, dessen
Höhe ein
Viertel der Tiefe
(Breite)
[* 6] mißt;
das italienische Dach
, dessen
Höhe
ein Drittel der Tiefe beträgt, und das Altandach
, dessen geringe
Neigung das Herumgehen auf demselben gestattet.
Unter einem
Halb-, Drittel-,
Viertel-, Zehnteldach
versteht man allgemein ein solches, dessen Tiefe bez.
das Zwei-,
Drei-,
Vier-, Zehnfache der
Höhe 1 beträgt. Nach der Form des Daches
unterscheidet man folgende
Arten. Das
Pultdach,
auch
Taschen- oder Halbdach
[* 1]
(Fig. 1), besteht aus nur einer Dachfläche, erhebt sich schräg von der
niedrigen Vorderwand zu der bis an den
Giebel
(First) des Daches reichenden Hinterwand und wird gewöhnlich
bei Seitengebäuden,
Schuppen und
Ställen angewendet. Das
Sattel- oder
Giebeldach
[* 1]
(Fig. 2) hat zwei meist von den Langseiten
des Gebäudes aufsteigende, gegeneinander geneigte Dachflächen, welche
oben in einer scharfen
Kante, dem
First, zusammenstoßen
und zwischen den beiden senkrechten Giebelmauern liegen. Diese Dächer werden auch deutsche Dächer genannt,
weil man sie am häufigsten in den ältern
Städten
Deutschlands
[* 7] findet. Durchschneiden sich zwei
Satteldächer unter einem
rechten
Winkel, so entsteht das
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Pultdach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2. Satteldach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Kreuzdach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 4. Mansardendach.]
[* 1]
^[Abb.: Fig. 5. Walmdach.]
[* 1]
^[Abb.: Fig. 6. Walmdach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 7. Zeltdach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 8. Kegeldach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 9. Kaiserdach.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 10. Zwiebelkuppel.] ¶
mehr
Kreuzdach (Fig. 3). Das gebrochene, neufranzösische oder Mansardendach
[* 8]
(Fig. 4), so genannt
von seinem Erfinder François Mansard, besteht aus einem steilen untern und einem flachen obern Teil, kam zuerst in Paris
[* 9] in
Aufnahme, wo man durch seine Anwendung eine den Etagenbau beschränkende Verordnung umgehen konnte und fand später auch in
andern Ländern ziemlich allgemeine Verbreitung. Bei dem holländischen oder Walmdach
liegen auf den beiden Giebelmauern,
die entweder mit den Hauptmauern in gleicher Höhe abgeschnitten
[* 8]
(Fig. 5), oder etwa zwei Drittel der Breite des Gebäudes
über jene hinaufgeführt sind
[* 8]
(Fig. 6), Dachflächen, welche dann Halbwalme, Krüppelwalme, Kühlenden oder welsche Hauben
heißen. Diese Dächer findet man häufig auf frei stehenden Häusern. Das Zeltdach (französisch pavillon,
[* 8]
Fig. 7), eine Untergattung des Walmdaches
, bildet eine flache Pyramide auf einer regelmäßigen quadratischen Grundfläche.
Auf Türmen gestaltet sich dasselbe zur aufstrebenden schlanken Pyramide. Das Kegeldach
[* 8]
(Fig. 8) bildet die Überdeckung eines
runden Gebäudes oder Gebäudeteils. Dächer mit gekrümmten Sparren sind: das Tonnen- oder Cylinderdach
mit kreissegmentförmigen oder parabolischen Sparren und rechteckiger Grundfläche, das Kuppeldach, dessen Querdurchschnitte
Halbkreise, Kreissegmente oder Parabeln und dessen Grundflächen Kreise
[* 10] oder regelmäßige Vielecke
[* 11] sind, und das geschweifte
Dach wie das Kaiserdach
[* 8]
(Fig. 9) und die Zwiebelkuppel
[* 8]
(Fig. 10), welches aus ein- und ausgeschweiften,
in einer Spitze zusammenlaufenden Dachflächen besteht und sich namentlich an ältern Kirchtürmen findet. Die Dächer bestehen
aus dem Dachstuhl
[* 12] (s. d.) und der Dachdeckung
[* 13] (s. d.).
Geschichtliches. Ursprünglich bestanden die Wohnungen der Menschen lediglich aus einem Dach, das auf dem Boden stand. Als sich dieselben in von Mauern umschlossene Bauwerke verwandelten, auf welchen das Dach ruhte, nahm dasselbe verschiedene Formen an. Die Dächer der Morgenländer waren und blieben flach, waren mit Backsteinen gemauert, mit breiten Steinen oder mit einer Erdschicht, oft auch mit Marmor- oder Metallplatten belegt und mit einer gegen den Hof [* 14] zu niedrigen, nach der Straße hin höhern Brustwehr [* 15] versehen.
Mitten darüber ging ein Kanal, [* 16] aus dem das Regenwasser in den Hof herabfloß. Auf dem Dach hielt man sich bei gutem Wetter [* 17] auf, um freie Luft und Aussicht zu genießen; hier badete, speiste, schlief man in den Sommermonaten etc., weshalb auch Gärten, Fischbehälter, Bäder etc. sich daselbst befanden, was sich bis jetzt erhalten hat. Waren die Häuser von gleicher Höhe, so konnte man von Dach zu D. gehen. Runde und gewölbte Dächer waren selten und galten für sehr prächtig.
Die Dächer der Griechen hatten insgemein eine mehr oder minder flache Erhöhung und sprangen in den ältesten Zeiten weit über das Gebäude hervor, was aber wegen Verfinsterung der Straßen von Aristides, Themistokles und dem Areopag verboten wurde. In spätern Zeiten bildeten bei prächtigern Wohngebäuden die platten Dächer künstliche, mit Säulen [* 18] ausgeschmückte Altane, an welchen große, mit Bildsäulen verzierte Erker hervorragten. Die Tempel [* 19] hatten zum Teil gar keine Dächer; sonst war das Dach gewöhnlich von Stein, bei runden Tempeln gewölbt, bei viereckigen dreiseitig prismatisch, bei letztern gewöhnlich mit einem mit Basreliefs geschmückten Giebel oder Frontispiz.
Die römischen Wohnhäuser [* 20] hatten oft nach orientalischer Sitte ein plattes Dach mit ungefähr 20 Proz. Gefälle zur Ableitung des Regenwassers, oft mit Gärten, selbst Obst- und andern Bäumen besetzt. Häufiger waren aber schiefe Dächer, die den neuern Pultdächern glichen. Öffentliche Gebäude, besonders Tempel, bekamen entweder ein rundes oder ein Satteldach, das ungefähr ein Achtel der Breite zur Höhe hatte, wodurch zwei Giebel, die Hauptzierde der Tempel, entstanden.
Gegen das Ende der Republik ging diese Dachgattung auch auf die Wohnhäuser über, und Cäsar war einer der ersten, die ihren Häusern solche Giebel gaben. Diese Dächer waren mit Hohlziegeln statt der frühern Schindeln gedeckt, indem man wahrscheinlich zuerst solche Ziegel aufnagelte, die an beiden Seiten einen erhabenen Rand hatten, und dann da, wo die Ränder der beiden Ziegel zusammenstießen, einen Hohlziegel in Kalk auflegte, um alle Fugen zwischen den untern Ziegeln gehörig zu decken.