Cuba
,
röm. Schutzgöttin der Kinder in der Zeit, wo sie die Wiege mit einem Bettchen vertauschen.
Cuba
5 Seiten, 5'248 Wörter, 36'630 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Cuba,
röm. Schutzgöttin der Kinder in der Zeit, wo sie die Wiege mit einem Bettchen vertauschen.
Cuba,
die größte der westind. Inseln (s. Karte »Westindien [* 3] und Zentralamerika«),
von den Spaniern anfangs Juana, dann Ferdinanda genannt, dehnt sich in einer ungemein günstigen Lage zwischen dem Mexikanischen Golf, der Floridastraße, dem Windwärtskanal und der Karibischen See aus. Ihre Länge in gerader Linie beträgt 1060 km, ihre Breite [* 4] durchschnittlich 82 km; doch zeigt sie nach O. hin größere Breite als nach W. Die Insel, die wichtigste überseeische Besitzung der Spanier, wird wegen ihres Reichtums, wegen ihrer vortrefflichen Lage inmitten der beiden Hälften des amerikanischen Kontinents und wegen ihrer hohen Handelsbedeutung die »Perle der Antillen« genannt, und diese Bedeutung wird in dem Maß zunehmen, als Ordnung und mehr gesittete Zustände statt der fortdauernden Revolutionen auf ihr Platz greifen.
Die Küstenentwickelung ist bei der langen, schmal gestreckten
[* 1]
Figur der
Insel eine sehr bedeutende; ohne die
Buchten und Vorsprünge
rechnet man 3190 km, wovon 1684 auf die
Süd- und 1506 auf die
Nordküste entfallen. Teilweise sind die
Küsten mit
Korallenriffen
umsäumt oder auf weite
Strecken hin sumpfig; anderseits aber bietet Cuba
auch wieder die herrlichsten Häfen
dar (im ganzen 40), unter denen die von
Havana,
[* 5]
Matanzas und
Santiago die schönsten und geräumigsten sind.
Die wichtigsten
Kaps sind
Punta de Maisi im SO.,
Cabo de
Cruz im
SW. und
Kap
San Antonio im
NW. Im
Durchschnitt zeigt Cuba
eine
niedrige und wellenförmige Oberflächengestaltung; aber die
Insel ist nicht eintönig in ihren
Formen, sondern anmutig und
reich an landschaftlichen
Schönheiten. Über die flache, breitscheitelige Landhöhe, welche die
Wasserscheide zwischen den
nach N. und nach S. fließenden Gewässern bildet, steigen vereinzelte
Gebirge empor, die fast sämtlich von W. nach O. streichen
und bis über 500 m hoch sind. Im äußersten
Westen ist dieser Höhenzug als
Sierra
de los Organos bekannt und erreicht in
dem
Pan
[* 6] de Gaijabon mit 600 m seine größte
Höhe.
Weiter nach O. (etwa unter 80° westl. L.) bildet er die Mornes de l'Escambray, ein Kalksteingebirge
mit engen Schluchten, schönen Waldungen und rauschenden
Bächen, auch reich an
Silber und
Kupfer.
[* 7] Im Portrarillo
erreicht dieses Bergland eine
Höhe von 1200 m. Ein eigentliches
Gebirge kommt indes nur im äußersten Südosten vor, wo sich
die
Sierra Maestre 370 km weit vom
Cabo de
Cruz bis zur Maisispitze erstreckt und im
Pico de Tarquino (2560
m) gipfelt. Schroff vom
Meer ansteigend, fallen diese
Alpen
[* 8] Cubas
im N. sanfter nach der fruchtbaren
Ebene des Cauto ab.
Ihre
tiefen Schluchten dienten in jüngster Zeit den Aufständischen als Schlupfwinkel.
Die geognostischen Verhältnisse anlangend, so kennt man
Granit,
Gneis,
Syenit,
Porphyr; die Hauptmasse der
Insel
bilden sekundäre, gelblichweiße
Kalke, die, nach den
Versteinerungen zu schließen, zur
Formation des
Weißen
Jura gerechnet
werden müssen. An nutzbaren
Mineralien
[* 9] ist Cuba
nicht sehr reich. Man findet
Gips,
[* 10]
Thon,
Asphalt,
Braunkohlen und noch nicht ausgebeutete
Steinkohlen.
Steinsalz ist in reicher
Menge vorhanden, ebenso
Kupfer. An
Eisenerzen ist Mangel.
Silber kommt
in den Mornes de l'Escambray vor.
Gold
[* 11] wurde früher, wiewohl auch nicht in großen
Mengen, gefunden. An
Mineralquellen fehlt
es nicht, doch werden sie wenig benutzt; auch
fehlen bei ihnen alle komfortabeln Badeeinrichtungen. - Von den 150
Flüssen
der
Insel ist nur ein einziger, der in der
Sierra Maestra entspringende Cauto, auf eine größere
Strecke
(150 km) schiffbar. Er mündet in den
Gran
[* 12] Bajo de
Esperanza. - Das
Klima
[* 13] ist für die
Menschen kein gesundes zu nennen.
Zwei
Jahreszeiten,
[* 14] die
Regenzeit und die trockne Zeit, wechseln miteinander ab. Die jährliche Durchschnittstemperatur beträgt
im Innern der
Insel 23°, in
Havana 25° und in
Santiago de Cuba
27° C.
In den heißesten und zugleich ungesundesten
Monaten (Juli bis
August) steigt sie bis auf 29°; in den kühlsten
(Dezember bis
Februar) fällt sie in den Gebirgsgegenden
im Innern bis auf 17° (zuweilen bis auf 10°), in
Havana auf 21°, in
Santiago de Cuba
auf 23°. Die höchste
im
Schatten
[* 15] beobachtete
Temperatur betrug 31° C. in
Havana und 23° C. in
Santiago. Während vom Juni bis
Oktober
Havana als eine
der ungesundesten
Städte der
Welt angesehen werden muß, besitzt es im
Winter das lieblichste, mildeste
Klima und bietet daher
dem fremden Besucher einen überaus behaglichen und genußreichen Winteraufenthalt.
In den
Sümpfen des
Südwestens, an den Flußufern und auf den
Savannen herrschen
Fieber, und in den Küstenstädten ist das
gelbe Fieber seit 1761 kein
seltener
Gast. -
Lage und
Klima Cubas
bedingen einen großen
Reichtum an
Gewächsen.
Die ursprünglich sehr ausgedehnten Wälder sind größtenteils ausgerottet oder auf die Gebirge beschränkt worden, ohne daß man an Nachpflanzungen dachte. Auf den Gebirgen findet man auch Nadelhölzer, [* 16] Pinus-Arten, die für den Schiffbau von Wichtigkeit sind; die Laubwälder liefern Mahagoni, Ebenholz, Eisenholz, Lebensholz; Kautschuk liefert Urceola elastica. Zahlreiche Schlinggewächse und herrliche Orchideen [* 17] wuchern auf den Bäumen und machen den tropischen Wald oft undurchdringlich.
Unter den Bäumen der Niederungen zeichnen sich verschiedene Palmen [* 18] aus; höher hinauf reichen baumartige Farne. [* 19] Alle Kolonialgewächse gedeihen in den Kulturlandschaften. Was die Fauna anlangt, so sind die einheimischen Säugetiere gering an Zahl. Man kennt etwa 20 Arten Fledermäuse, zwei Agutis (Dasyprocta), den Philander (Didelphys dorsigera L.). Dagegen sind europäische Vierfüßler eingeführt worden. Unser Hund, der verwildert ist, hat den stimmlosen heimischen Hund verdrängt.
Auch
Rotwild ist eingeführt worden, abgesehen von unsern
Haustieren. An den Flußmündungen lebt ein
Lamantin.
Reich vertreten
ist die zum Teil aus speziell Cuba
eigentümlichen
Arten bestehende Vogelwelt.
Kolibris,
[* 20] prächtig schillernde
Singvögel,
Papageien etc. beleben
Flur und
Wald.
Fluß- und Seefische sind häufig;
Krabben kommen auf dem Land und an den
Küsten
in erstaunlicher
Menge vor. Die
Schlangen
[* 21] sind durch fünf nicht giftige
Arten vertreten;
Eidechsen
[* 22] und
Schildkröten,
[* 23] letztere
bis 10 kg schwer, finden sich in
Menge. Die Insektenwelt ist überreich vertreten; hervorzuheben sind
die
Laternenträger,
Kakerlaken, hier eine Landplage, ebenso
Niguas
(Sandflöhe),
Moskitos,
Skorpione,
Ameisen.
Cuba
hat einschließlich seiner Nebeninseln, von denen
Pinos die bedeutendste ist, ein
Areal von 118,833 qkm (2158 QM.) mit 1841:
1,007,624, 1874: 1,446,372, 1879 aber 1,424,649 und 1882 wieder 1,521,684 Bewohnern (wovon 671,164 weiblichen
Geschlechts),
nämlich 977,992
Spanier u. spanische
Kreolen, 10,632 andre
Weiße, 43,811
Chinesen und 489,249
Farbige. Die ursprünglichen
Indianer
sind längst dem harten
Druck erlegen, den die
Spanier auf sie ausübten, und
¶
die heutige Bevölkerung [* 25] setzt sich wesentlich aus den seit 1511 eingewanderten Weißen u. den seit 1524 eingeführten Negern zusammen. Vollblutneger heißt man Morenos, Mulatten Pardos. Unter der weißen Bevölkerung besteht ein wesentlicher Gegensatz. Den auf der Insel gebornen Kreolen ist die spanische Herrschaft tief verhaßt, da sie sich zurückgesetzt und alle Staatsämter und einträglichen Posten in den Händen der Spanier sehen, welche ganz im Geiste der Zentralregierung das Land zu eignem Vorteil ausbeuten. Die schlechte Verwaltung und die noch immer fortdauernde Erhebung von Differentialzöllen zu gunsten des Mutterlandes machen es erklärlich, daß die Kreolen sich nach Befreiung von dem ihnen unerträglich gewordenen Joch sehnen.
Cuba
ist, abgesehen von Brasilien,
[* 26] das letzte Land Amerikas, in welchem die Sklaverei abgeschafft wurde. Von 1774 an bis 1841 ist
die Zahl der Sklaven von 44,333 auf 436,495 gestiegen, also um 884 Proz., was nur dadurch zu erklären
ist, daß Spanien
[* 27] dem Vertrag von 1817 zuwider den Sklavenhandel mit Afrika
[* 28] im geheimen fortsetzte. Erst 1872 geschah
der erste Schritt zur Abschaffung der Sklaverei, indem alle von da an von Sklavinnen gebornen Kinder für frei erklärt wurden. 1879 erließ
man ein Gesetz, welches die allmähliche Befreiung aller Sklaven im Laufe von acht Jahren zuwege bringen sollte.
Aber bereits schaffte man die Sklaverei durch einen Federstrich ab, ohne den seitherigen Eigentümern irgend eine
Entschädigung zu gewähren. Indes war das Los der Sklaven auf Cuba
nie ein so grausames wie in den Vereinigten Staaten,
[* 29] denn nach
den Leyes de las Indias konnte ein Sklave gegen 500 Doll. zu jeder Zeit seine Freiheit, eine Sklavin die
ihres neugebornen Kindes für 30 Doll. erkaufen. Daß von diesem Recht vielfach Gebrauch gemacht wurde, ersieht man daraus, daß
von 1841 bis 1869 die Anzahl der Sklaven von 436,495 auf 376,553 fiel, während gleichzeitig die gesamte farbige Bevölkerung
von 589,300 auf 602,396 Seelen stieg.
Bei der anerkannten Arbeitsunlust der freien Farbigen und dem Bedürfnis nach Arbeitskräften in den Pflanzungen ist zu der schwarzen und weißen Bevölkerung neuerdings noch ein drittes Element, das chinesische, gekommen. Die Einfuhr der Kulis begann schon 1847, wurde aber erst stärker in dem letzten Jahrzehnt. Bis 1869 war die römisch-katholische Kirche die einzig zu Recht bestehende. Man hat aber sämtliche Kirchengüter konfisziert, die Geistlichen zu Staatsbeamten gemacht und andern Konfessionen [* 30] die Bildung von Kirchengemeinden gestattet. Das Unterrichtswesen liegt sehr danieder. Allerdings hat Havana seine Universität und verschiedene höhere Schulen, aber an Elementarschulen ist Mangel, und selbst unter den Weißen ist die Zahl derer, die weder lesen, noch schreiben können, sehr groß. 1882 besuchten nur 34,813 Kinder die Schule.
Was die Ausbeute des Grund und Bodens betrifft, so ist der Bergbau [* 31] im ganzen unbedeutend. Voran steht der seit 1599 betriebene Kupfererzbergbau. Die Ausbeute betrug in den letzten Jahren 150-200,000 Ztr., die nach England verfrachtet und dort verhüttet werden; sie ist indessen sehr in der Abnahme begriffen. Außerdem gewinnt man Braunkohlen. Bedeutend wichtiger ist als die Haupterwerbsquelle der Ackerbau, die Plantagenwirtschaft auf den zerstreuten Landgütern der Weißen.
Die zahlreichen und großartigen Ingenios oder Zuckerfabriken mit ihren Dampfmaschinen
[* 32] geben der Insel
das Ansehen eines Industrielandes, aber eigentliche Fabriken fehlen. Es gab früher auf Cuba
3300 Wirtschaftsgüter und Höfe
(haciendas de crianza), 1400 Zuckerplantagen, 1000
Kaffeepflanzungen (cafetelas), 5800 Viehgehege (potreros), 9500 Tabakspflanzungen
(Vegas) und 22,000 Grundstücke mit andrer Kultur. Jetzt aber sind viele dieser Wirtschaften und Pflanzungen eingezogen.
Die weiten Savannen der Insel, die nach ihrer ersten Besiedelung überhaupt nur als Weideland benutzt wurden, ernähren zahlreiche Herden und eignen sich vortrefflich zur Viehzucht. [* 33] Der Stand des Viehs betrug 1881: 916,131 Rinder, [* 34] 185,175 Pferde, [* 35] 20,284 Maultiere und Esel, 324,639 Schweine, [* 36] 60,360 Schafe [* 37] und Ziegen. Am wichtigsten sind noch immer der Zuckerrohrbau und die Zuckerfabrikation, diese hat aber infolge der hohen Besteuerung (sogar ein Ausfuhrzoll von 50 Pesos pro Tonne wird erhoben) und der Desorganisation der Arbeitskräfte seit 1868 in jüngerer Zeit sehr abgenommen. Die gesamte Produktion schätzte man
Zucker | Melasse | |||
---|---|---|---|---|
1768: | 12540 | Tonnen | - | Tonnen |
1846: | 203785 | - | 154805 | - |
1868: | 695079 | - | 266510 | - |
1875: | 718000 | - | 118518 | - |
1883: | 460379 | - | 97978 | - |
Dazu kommen jährlich etwa 15,000 Pipen Rum. Anderseits hat die Produktion von Tabak [* 38] (1876: 185,919, 1880: 188,188 Ballen) etwas zugenommen. Geschätzt ist namentlich der Tabak von den Vueltas de Abajo. Die Zahl der Zigarren, die auf der Insel fabriziert werden, schätzt man auf 1800 Mill., wovon indes nur etwa 200 Mill. zur Ausfuhr gelangen, da auf Cuba selbst alt und jung den ganzen Tag lang raucht. Ein großer Teil dieser Zigarren wird indes aus Honduras [* 39] und andern importierten Tabaken hergestellt.
Weitere Produkte sind: Kaffee (70,000 Arroben à 25 Pfd.), Bienenwachs (20,000 Arroben), Honig (36,000 Fässer), Kakao, Baumwolle, [* 40] Sago, Reis, Bohnen, Indigo, [* 41] Bananen, Kokosöl, Zedern- und Mahagoniholz etc. Alle diese Produkte könnten in weit größerer Masse geliefert werden, wenn die nötigen Arbeitskräfte vorhanden wären. Für den Verkehr im Innern ist erst in der neuesten Zeit besser gesorgt worden. Zwar existieren gute Landstraßen nach unserm Sinn auch heute noch nicht; aber seit 1834 schon begann man Eisenbahnen zu bauen, deren Ausdehnung [* 42] bereits (1884) 1739 km beträgt, so daß in dieser Beziehung Cuba vielen andern Kolonien voransteht.
Diese Bahnen sind bisher noch meist vereinzelte, von den Küstenstädten in das Innere laufende Linien, die erst später zu einem Netz sich zusammenschließen werden. Telegraphendrähte in der Ausdehnung von 4500 km durchziehen die ganze Insel. Regelmäßige Dampferlinien verbinden Havana mit den Vereinigten Staaten und Europa. [* 43] Erst seit 1818 ist es Ausländern gestattet, sich am Handel der Insel zu beteiligen, und von dieser Zeit an datiert der Aufschwung der Insel in Ackerbau, Handel und Schiffahrt.
Die Ausfuhrzölle wurden 1866 aufgegeben, sind aber wieder eingeführt worden, und man erhebt noch immer (1885) Differentialzölle von den eingeführten Waren und begünstigt somit Spanien auf Kosten der Insel, obgleich letztere jährlich einen bedeutenden Überschuß in die spanische Staatskasse zahlt. Die Zahl der einlaufenden Schiffe [* 44] betrug in den letzten Jahren durchschnittlich 5000, wovon 37 Proz. unter spanischer, 28 unter britischer, 20 unter nordamerikanischer, 4 unter französischer und 3 unter deutscher Flagge fuhren. Die Ausfuhr hatte 1878 einen Wert von 70,881,525 Pesos und besteht aus den oben aufgeführten Landesprodukten. Eingeführt werden: Charque (getrocknetes Fleisch) aus Südamerika, [* 45] gesalzene Fische [* 46] ¶
als Fastenspeise aus den Vereinigten Staaten und Europa, Mehl [* 48] aus Spanien und den Vereinigten Staaten, Speck aus den Vereinigten Staaten, Steinkohlen aus den Vereinigten Staaten und England, Olivenöl aus Spanien, Petroleum aus den Vereinigten Staaten, alle europäischen Manufakturen. Die wichtigsten Häfen sind: Havana, Matanzas, Cardenas und Santiago de Cuba. - Die Verfassung der Insel beruht auf der Verordnung vom wonach der an der Spitze der Regierung stehende General-Kapitän mit fast absoluter Gewalt bekleidet wurde.
Von jeher war es Prinzip, die Kolonie zu gunsten des Mutterlandes auszubeuten, und solange die Pflanzer in den Vereinigten Staaten Absatz für ihre überzähligen Sklaven fanden, fügten sie sich in die Verhältnisse. Seit Unterdrückung des Aufstandes (1868 bis 1878) hat man indes der Insel einige Zugeständnisse gemacht und den Bewohnern in ihren lokalen Angelegenheiten größere Befugnisse gegeben (s. unten, am Schluß der Geschichte). Die lästigen Zölle bestehen indes noch immer fort, und die Besteuerung ist ungemein hoch. Im J. 1884/85 beliefen sich die Kolonialausgaben auf 32 Mill. Pesos, und schon 1879 hatte Cuba eine Kolonialschuld von 135 Mill. Pesos. Die bewaffnete Macht besteht aus 24 Bataillonen Infanterie, 2 Regimentern und 8 Schwadronen Kavallerie, 9 Batterien und 2 Bataillonen Ingenieurtruppen. Dazu kommen 1 Bataillon und 3 Schwadronen Gendarmerie, 1 Bataillon und 1 Reiterregiment Guerillas, 1 Regiment (2 weiße und 3 schwarze Bataillone) sowie 4 Reiterregimenter Miliz und 4 Regimenter Zivilgarde.
Christoph Kolumbus, der Cuba entdeckte, hielt es anfangs für einen Teil des asiatischen Festlandes und nannte es zu Ehren der spanischen Thronerbin Juana; 1508 umschiffte Sebastian de Ocampo die Insel, und 1511 gab Diego Kolumbus, der die kräftigen Indianer von Cuba gern als Sklaven benutzt hätte, dem Diego Velasquez den Befehl zur Eroberung der Insel, die nach kurzem Widerstand des Kaziken Hatuey ohne Schwertstreich erfolgte. Velasquez behandelte die Eingebornen mild, gründete 1512 die Stadt Baracoa, dann noch mehrere Städte, beförderte die Einfuhr von Negersklaven, knüpfte Verbindungen mit Mexiko [* 49] an, ward zum General-Kapitän von Cuba ernannt und hinterließ 1524 die Insel in einem blühenden Zustand.
Unter der Statthalterschaft des Hernandes Soto erstand zwar das 1538 durch französische Korsaren zerstörte Havana wieder; aber der Volksstamm der Indianer war infolge von Sotos Härte um 1560 aufgerieben, und das Land blieb unbebaut. Havana wurde 1584 befestigt und 1633 der Sitz eines eignen Gouverneurs. Das offene Land litt damals fortwährend unter den Einfällen der Flibustier; so ward 1688 die Stadt Principe von ihnen gänzlich zerstört. Erst nach dem Untergang derselben atmete Cuba wieder auf; aber mit dem wachsenden Wohlstand und dem sich entwickelnden Geiste der Selbständigkeit begannen auch seit dem Anfang des 18. Jahrh. Streitigkeiten zwischen Mutter- und Tochterland, die später bisweilen zum offenen Kampfe führten.
Als die Landbewohner neben der Viehzucht auch Tabaksbau (weil dieser ohne Sklaven möglich war) zu treiben begannen, erklärte 1717 die spanische Regierung den Tabakshandel auf Cuba für ihr Monopol. Die natürliche Folge waren der Schleichhandel in diesen Gewässern, insbesondere zwischen Cuba und Jamaica, und Konflikte mit andern Seestaaten, namentlich mit England, weshalb die Regierung 1740 das Tabaksmonopol an einige Kaufleute von Cadiz [* 50] abtrat. Am eroberte eine englische Expedition unter Admiral Pococke Havana und gab der Landwirtschaft und Industrie der Insel neuen Aufschwung, der sich auch dann noch bemerklich machte, als die Engländer im Frieden von 1763 Cuba gegen Florida umtauschten und die Insel im Juli 1764 verließen. Cuba blieb zwar seit dieser Zeit bei Spanien, doch mußte dies die alten Handelsbeschränkungen fallen lassen.
Seit 1773 wurde Cuba der Mittelpunkt des Sklavenhandels für das ganze spanische Amerika. [* 51] 1777 wandelte man Cuba in eine unabhängige Generalkapitanerie um; nach dem nordamerikanischen Befreiungskrieg erhielten Havana und Santiago die Erlaubnis freien Handels mit fremden Nationen, und 1790 wurde auch der Sklavenhandel freigegeben. Durch solche und ähnliche Einrichtungen hob sich der Zustand Cubas auf eine hohe Stufe der Blüte. [* 52] Durch die Übersiedelung einer großen Anzahl royalistischer Pflanzer von Haïti [* 53] nach Cuba infolge der französischen Revolution vermehrte sich die Zahl wohlhabender Einwohner und wurde der Kaffeebau auf der Insel allgemein.
Mit dem Verkehr wuchs aber auch der Geist der Selbständigkeit, dem jedoch in der allmählich anschwellenden und ebenfalls nach Unabhängigkeit strebenden Sklavenmenge ein gefährlicher Feind erstand. Der erste große Negeraufstand von 1812 unter Aponte ward zwar unterdrückt, aber immer neue Aufstände ließen fortan die Insel nicht zur Ruhe kommen. Tausende von Schwarzen fielen in denselben, namentlich in den Aufständen von 1844 und 1848. Trotz dieser von den Schwarzen drohenden Gefahr gab man die Einfuhr von Sklaven nicht auf.
Obgleich England wiederholt die Einstellung des Sklavenhandels forderte und von seiten der spanischen Regierung öfters Verbote desselben ergingen, auch die Notwendigkeit dieses Handels litterarisch angefochten und Gesellschaften zur Verwendung freier Arbeiter gegründet wurden, so half doch das alles dem Übelstand nicht ab. Es wurden immer wieder Neger von Afrika eingeführt, bis der neue Negeraufstand von 1848, dem wiederum 10,000 Schwarze als Opfer fielen, die Pflanzer endlich an die Gefahr erinnerte, die ihnen aus dem Sklaveninstitut erwuchs.
Daneben bestand noch ein schroffer Gegensatz zwischen den Kreolen und den Spaniern. Die Unzufriedenheit der Kreolen, welche über ihre Zurücksetzung von Staatsämtern und einträglichen Posten, über drückende Steuern und Zölle, über die Vernachlässigung der materiellen Interessen der Insel durch Spanien klagten, wurde bedenklich, als seit 1845 das Streben der Amerikaner, die »Königin der Antillen« für sich zu gewinnen, stärker hervortrat. Bis dahin hatte Spanien nur gegen England auf seiner Hut sein [* 54] müssen, welches angeblich aus Humanität den Besitz Cubas wünschte, aber durch die Eifersucht Nordamerikas in Schranken gehalten wurde.
Die Nordamerikaner legten ihre Gelüste nach der Insel weit offener an den Tag. Ende 1845 wurde im Senat zu Washington [* 55] der Antrag gestellt, mit Spanien wegen Abtretung der Insel Cuba in Unterhandlung zu treten; zu Anfang 1846 bildete sich eine Gesellschaft, zu der auch zahlreiche Cubaner gehörten, die der spanischen Regierung 200 Mill. Doll. als Kaufsumme anboten. Hiermit zurückgewiesen, schritt man zu gewaltsamen Maßregeln, und es hatten sich bereits im September und Oktober 1849 auf Rhode-Island unter Oberst White ungefähr 1500 Mann gesammelt, als die nordamerikanische Regierung die Expedition vereitelte. Man suchte nun der Agitation eine gesetzliche Form zu geben und gründete die Junta promovedera de ¶
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
hatte 1877 bei einem Areal von 118,833 qkm nur 1,521,684 Einw., einschließlich von 489,249 Farbigen. Die wichtigsten Städte waren: Havana (198,721), Matanzas (87,760), Santiago (71,307) und Cienfuegas (65,067). Vollständige Angaben über Handel und Verkehr fehlen. Die Zuckerproduktion soll 1888: 656,719 Ton. betragen haben, die Tabaksernte schwankte zwischen ½ und 1 Mill Ballen. Von Havana wurden 1888 ausgeführt: Tabak für 3,717,477 Pfd. Sterl., Zucker [* 56] für 1,954,003 Pfd. Sterl. oder der Quantität nach 170,409 Ztr. Blatttabak, 220 Mill. Zigarren, 27 Mill. Pakete Zigarretten und 143,459 T. Zucker.
Bei der Einfuhr nehmen Reis, Mehl, Schmalz, getrocknetes Fleisch, Stockfische und Steinkohlen den vornehmsten Rang ein. Die Finanzen sind keineswegs in befriedigendem Zustand, wenn auch das Budget für 1888/89 eine Einnahme von 25,622,967 Pesos einer Ausgabe von 25,614.494 Pesos gegenüberstellte. Indes wurden 1888 an Zöllen wirklich 12,153,320 Pesos (Gold) eingenommen. Die Kolonialschuld schätzt der englische Konsul (1889) auf 186 Mill. Pesos, eine ungeheure Summe für eine so geringe Bevölkerung. Eigne Silbermünzen hat Cuba nicht, und der Kurs des ausgegebenen Papiergeldes (das noch dazu nicht allgemein als Zahlungsmittel angenommen wird) steht tief, denn das spanische Centén (100-Frankstück) gilt jetzt 5½ Pesos in Gold, aber 12½ Pesos in billetes oder Papier.
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Nach der Volkszählung vom betrug die Bevölkerung 1,631,687 Einw., und zwar in den Provinzen:
Habana | 451928 | |||
---|---|---|---|---|
Puerto Prinzipe | 67789 | |||
Matanzas | 259578 | |||
Santa Clara | 354122 | |||
Pinar del Rio | 225891 | |||
Santiago de Cuba | 134789 |
Die Bevölkerung der Hauptstädte war: Habana [* 57] 200,448, Matanzas 56,379, Pinar del Rio [* 58] 29,497, Puerto Prinzipe 40,958, Cienfuegos 40,964, Santa Clara 32,491, Santiago de Cuba 59,614.
Cumberland, 2) Ernst August, Herzog von, richtete nach längern von befreundeten Höfen angeregten Verhandlungen an den König
Wilhelm II. von Preußen [* 59] ein Schreiben, in dem er diesen bat, die Angelegenheit der gütlichen Erledigung der Differenzen über den Vertrag vom zwischen seinem Vater Georg und Kaiser Wilhelm I. einer wohlwollenden Prüfung zu unterziehen, und erklärte, daß er nie wissentlich veranlassen oder gutheißen würde, daß mit den ihm Zur Verfügung stehenden Mitteln feindselige Unternehmungen gegen den König Wilhelm II. oder gegen den preußischen Staat direkt oder indirekt angestiftet oder gefördert würden.
Darauf beschloß die preußische Regierung, die Beschlagnahme des Vermögens des frühern hannöverschen Königshauses aufzuheben. S. Welfenfonds.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
* hatte 1894: 1631696 E., davon 35 Proz. Neger. (Hierzu Karte: Cuba, Jamaica und Portoriko.) Der Viehbestand belief sich 1892 auf 584725 Pferde und Maultiere, 2485766 Rinder, 78494 Schafe und 570194 Schweine. Zucker wurde produziert 1892/93: 815894 t, 1893/94: 1054214 t; ausgeführt wurden 1894: 1023719 t (davon 965524 t nach den Vereinigten Staaten). Ferner wurden ausgeführt 1893: 9308 Pipen Rum (meist nach Central- und Südamerika), 227865 Ballen Tabak, 147365000 Cigarren (1894: 134210000), 39589493 Pakete Cigaretten.
Vom ganzen Export 1892 (89652514 Pesos) kamen 84964685 Pesos auf vegetabilische, 871625 auf animalische und 3485925 auf mineralische Produkte. Von der Gesamteinfuhr (56265315 Pesos) kamen 18553307 aus Spanien, 16245880 aus den Vereinigten Staaten und 13051384 aus Großbritannien. [* 60] Ende 1891 gab es 296 Minen, davon 138 auf Eisen, [* 61] 88 auf Mangan und 53 auf Kupfer. 1894 liefen in die Häfen Habana, Cienfuegos und 8 andere 3181 Schiffe mit 3538539 t ein. Eisenbahnen giebt es 1731 km, Telegraphenlinien 3711 km, auf denen 1894: 357914 Tepeschen befördert wurden. Die 339 Postanstalten erledigten 1894 im innern Verkehr 12381883, im äußern 2010211 Briefsendungen. Budget 1893/94:
Einnahmen | Pesos |
---|---|
Steuern | 7249500 |
Zölle | 11375000 |
Stempel | 2174659 |
Lotterie | 3104000 |
Domänen | 399000 |
Gelegentliche Einnahmen | 138600 |
Zusammen: | 24440759 |
Ausgaben | |
Allgem. Staatsausg. | 12574485 |
Justiz | 991832 |
Krieg | 5904084 |
Marine | 1056831 |
Finanzen | 705928 |
Inneres | 4015034 |
Öffentl. Arbeiten | 736045 |
Zusammen: | 25984239 |
Die Schuld beträgt etwa 800 Mill. M.
Geschichte. Infolge des letzten großen Aufstandes war Cuba 1881 für eine span. Provinz erklärt, in der die span. Verfassung eingeführt wurde, und die 30 Repräsentanten und 14 Senatoren in die Cortes entsenden sollte. Hierdurch wurden die Verhältnisse indes wenig gebessert; vielmehr trieben grausame Verfolgung der sog. Reformpartei, schonungslose Ausbeutung der Insel zu Gunsten des span. Staatsschatzes und eine sehr bedauerliche Mißwirtschaft der span. Beamten im Anfang Jan. 1895 die Cubaner wieder einmal zu offener Empörung, die, wie alle frühern, aus dem gebirgigen und schwach bevölkerten Osten ihren Ausgang nahm. In kurzer Zeit waren 25000 Insurgenten unter den Führern Gomez, einem Haitianer, und Maceo, einem Mulatten, versammelt und fanden ihre Hauptstütze an den Vereinigten Staaten von Amerika. Im Sept. 1895 wurde in Zimaguaya eine konstituierende Versammlung der Aufständischen abgehalten, eine provisorische Regierung unter Salvador [* 62] Cisneros eingesetzt und Cuba zu einer Republik erklärt.
Dagegen machte Spanien die äußersten Anstrengungen, die Insel wieder zu unterwerfen. 20000 Spanier, die Anfang 1895 auf Cuba standen, wurden durch mehrfache Truppennachschübe bis zum Ende des Jahres auf nicht weniger als 117000 Mann verstärkt, mit deren Führung schon im März 1895 der bedeutendste span. Heerführer, Marschall Martinez Campos, betraut ward. Auch die Insurgenten hatten indessen ihre Streitkräfte bedeutend vermehrt; sie mögen Ende 1895 etwa 40000 Mann stark gewesen sein.
Der Krieg wurde nur als Guerillakrieg geführt, und überdies ist die Kriegführung durch die klima-
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