Die beiden Hauptwerke seiner
Jugend: der Mann mit dem
Gürtel
[* 4] (sein Selbstporträt, im
Louvre zu
Paris) und
Nach dem Mittagsessen in
Ornans (1849,
Museum von
Lille),
[* 5] zeigen noch den Einfluß seiner klassischen
Studien. Aber schon 1851 gab
er in der
Beerdigung in
Ornans und in den Steinklopfern die ersten Proben seiner modern-naturalistischen Kunstanschauung, welche,
von gleicher Abneigung gegen Klassizismus und
Romantik erfüllt, die gemeine Wirklichkeit an die
Stelle
idealer Bestrebungen setzen will. Um seine
Opposition gegen die herrschenden
Ansichten möglichst eindrucksvoll zu gestalten,
verfiel er bald auf die trivialsten und schmutzigsten
Stoffe, wie die betrunkenen
Bauern von Flagny (1852), die badenden
Frauen,
die Zirkusringer (1853), die
Dame mit dem
Papagei (1866) und besonders die Seinefräulein (1857) beweisen.
In seiner
Opposition gegen alles Bestehende immer hartnäckiger fortschreitend, trat Courbet bald in die revolutionäre
Bewegung ein, indem er sich an
Männer wie
Proudhon und
Zola begeistert anschloß, ohne sie jedoch zu begreifen.
Als
Maler suchte er für die
rote Republik und die freie
Liebe ebenso energisch wie die Schriftsteller dieser
Richtung einzutreten. Seine grenzenlose
Eitelkeit, die darin gipfelte, daß
er denOrden
[* 6] der
Ehrenlegion mit den
Worten ablehnte:
»Man wird von mir nach meinem
Tod sagen müssen: Dieser Mann hat niemals irgend einer
Schule, einer
Kirche, einerInstitution,
einer
Akademie und vor allen
Dingen niemals einer
Regierung angehört«, verwickelte ihn in das
Schicksal der
Kommune, deren Mitglied
er 1871 ward. Er war zum
Präsidenten der Kunstkommission ernannt worden und mußte als solcher die schon
vor der Septemberbewegung
verordnete Zerstörung der
Vendômesäule ausführen.
Vgl. H. d'Ideville,
G. CourbetNotes et documents
sur sa vie et son œuvre (Par. 1878).
2) AmédéeAnatole Prosper, französischer
Admiral, geboren zu
Abbeville, trat 1849 in die
Marine, wurde 1856 Schiffsleutnant, 1866
Fregatten-
und 1873 Linienschiffskapitän
¶
(spr. kurbeh), Amedée Anatole Prosper, franz.
Admiral, geb. zu Abbeville (Depart.Somme), besuchte die Polytechnische Schule,
trat 1849 in
den franz. Marinedienst ein, wurde 1856 Schiffslieutenant, 1866 Fregattenkapitän, 1873 Schiffskapitän, 1880 Konteradmiral
und 1884 Viceadmiral. 1880‒82 verwaltete er als Gouverneur die Strafkolonie Neucaledonien und ward an die Spitze der
Flottenabteilung an den Küsten von Tongking gestellt.
Dort übernahm Courbet, nachdem er 16. bis 19. Aug. die Forts an der Mündung des Huéflusses erobert und Annam
vollständig der franz. Herrschaft unterworfen hatte, unter sehr mißlichen Verhältnissen
im Oktober den Befehl über die in Tongking stehenden Landtruppen und im November auch die obere Leitung der Verwaltung, schlug 14. bis 17. Dez. die
Schwarzen Flaggen und nahm die befestigte Stellung bei Son-tai, schickte sich an, das bei Bac-ninh stehende chines. Heer anzugreifen,
wurde jedoch im Febr. 1884 des Oberbefehls enthoben und auf den Befehl über das Geschwader beschränkt. Courbet übernahm im August
den Oberbefehl über die aus den Schiffen der chines. Station und nachgesandten Verstärkungen gebildete
«Flotte des äußersten Orients», die 30 Schiffe
[* 14] stark war und einige tausend Mann Landungstruppen an Bord führte, besetzte 5. Aug. Kelung
auf Formosa, blockierte diese Insel, zerstörte 24. bis 28. Aug. das Arsenal von Fu-tschou und die dort liegenden chines. Schiffe
und erzwang sich die Ausfahrt auf dem Minflusse.
Dann leitete er die Kämpfe auf Formosa, ging einem zum Entsatze der Insel abgeschickten chines. Geschwader Febr. 1885 entgegen,
verjagte es und besetzte 29. März die Fischerinseln, deren Werke er zerstörte. Er vermochte zwar nicht die chines.
Küste zu blockieren, verhinderte aber durch seine Kreuzer und die Besetzung einer der im Meerbusen von
Pe-tschi-li gelegenen Miao-tao-Inseln die Reiszufuhr nach den nördl. Provinzen und machte dadurch die chines. Regierung zum
Friedensschlusse geneigt, trotzdem diese in Tongking den Franzosen eine Niederlage beigebracht und dort weitere Erfolge zu erwarten
hatte. Am 15. April befahl Courbet die Aufhebung der Blockade von Formosa und hob im Juni infolge des Friedensschlusses
die Reissperre auf. Er starb vor Makong (Pescadoresinseln) an Bord des PanzerschiffsBayard. Seine Leiche wurde nach
Frankreich geschafft und in Abbeville auf Staatskosten beerdigt. –
(spr. kurbeh), Gustave, franz. Maler, «der erste Realist», geb. zu
Ornans bei Besançon, studierte in Paris bei Steuben und Hesse, bildete sich aber hauptsächlich durch das Studium der holländ.
und venet. Meisterwerke im Louvre. Aufsehen erregte zuerst auf der Ausstellung von 1849 seine Nachmittagsgesellschaft
zu Ornans (Lille, Städtisches Museum), wofür dem Maler die zweite goldene Medaille zuerkannt wurde. Es folgten: Das Begräbnis
zu Ornans (1851; im Louvre), ein Bild von kolossaler Dimension
[* 16] und zahlreichen lebensgroßen
[* 17]
Figuren, an dem die naturalistische
Auffassung des Gegenstandes Tadel hervorrief;
Die Marktbauern (1851) und die realistisch dargestellten
Badenden Weiber (1853).
Die Rückkehr von der Konferenz (jubelnd und taumelnd vom Schmause kommende Landpfarrer, 1863), Die
Lesbierinnen (ein aristophanisch-satir. Gemälde der Pariser Cocottenwirtschaft) sind in demselben Geiste des Widerspruchs
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
gegen die bestehende Gesellschaftsordnung gehalten. Die Kornsieberinnen (1855; Museum in Nantes),
[* 19] Das Jägerrecht der Hunde
[* 20] beim Treibjagen (1857), Die Hirschbrunft (1861; im Louvre), Die Fuchsjagd (1863), Das Rehlager (1866), Die Meereswelle (im
Luxembourg) und viele Landschaften sind Bilder von derbem Realismus, die von C.s scharfer Naturbeobachtung und seiner ungewöhnlichen
technischen Gewandtheit zeugen. Schon 1858, dann wieder 1867 stellte er seine Bilder nicht im Salon, sondern
getrennt aus, somit seine Stellung außerhalb der akademischen Kunstrichtung als einer der Führer der realistischen Schule
bekundend.
Seine polit. Ansichten verleiteten ihn als Präsident der zur Wahrung der Museumsschätze eingesetzten Kommission zu
dem Vorschlag, die Vendômesäule als ein in künstlerischer Hinsicht ganz wertloses und mit dem Geiste
der modernen Bildung unverträgliches Denkmal abzubrechen. Auf seinen Antrag verordnete die Commune das Niederstürzen
der Vendômesäule, welches dann 16. Mai wirklich stattfand. Nach der Niederlage der Commune wurde Courbet zu sechsmonatiger Gefängnisstrafe
und im Sommer 1875 auch noch zum Ersatz der Kosten für die Wiederaufrichtung der Vendômesäule (329091 Frs.) verurteilt.
Er starb zu La Tour de Peilz bei Vevey, wohin er geflohen war. –
Vgl. H. d’Ideville, G. Courbet, Notes et documents
sur sa vie et son œuvre (Par. 1878).