Titel
Colonna
,
berühmtes röm. Adelsgeschlecht, welches seinen
Namen von dem gleichnamigen, an den Albanerbergen gelegenen
Ort
La C. führt und das ganze
Mittelalter hindurch vom 11. bis 16. Jahrh. durch seine zahlreichen
Schlösser und großen Besitzungen,
unter denen vornehmlich die Stadt
Palestrina zu nennen ist, und die große
Schar seiner
Klienten auf die
Angelegenheiten des
Kirchenstaats und auf die
Papstwahlen einen bedeutenden Einfluß ausgeübt hat.
In den
Kämpfen zwischen
Kaiser und
Papst standen die Colonna
meist auf seiten der
Ghibellinen.
Aus der Familie derselben, welche jetzt noch in vier Linien, Paliano, Stigliano, Sciarra und Romano, blüht, sind außer dem Papst Martin V. (s. d.) viele Kardinäle, Feldherren, Staatsmänner und Gelehrte hervorgegangen. Besonders nennenswert sind:
1) Stefano, röm.
Senator, geboren in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh., floh vor
Papst
Bonifacius VIII. nach
Frankreich und
betrieb 1303 dessen Gefangennahme durch französische
Waffen.
[* 3] Vor
Ludwig dem
Bayern
[* 4] mußte er 1327 als Anhänger des
Papstes
Johann XXII. in
Avignon Zuflucht suchen. Bei den
Unruhen des
Cola
Rienzi stand Colonna
an der
Spitze des demselben feindlichen
Adels
und verlor in diesen
Kämpfen das
Leben.
2)
Sciarra,
Bruder des vorigen, Befehlshaber von
Palestrina unter
Bonifacius VIII., entfloh, von diesem belagert, wurde bei Anzo
von Seeräubern ergriffen und an die Ruderbank geschmiedet. In
Marseille
[* 5] losgekauft, kehrte er mit seinem
Bruder Stefano
und dem
Franzosen Nogaret 1303 zurück, öffnete sich durch
Bestechung die Stadt
Anagni und nahm
Bonifacius gefangen. 1327 öffnete
er
Kaiser
Ludwig dem
Bayern die
Thore der Hauptstadt und überreichte letzterm in der
Peterskirche die
Kaiserkrone, weshalb er über der silbernen
Säule seines Wappenschildes eine goldene
Krone führen durfte. Ein
Versuch,
Johann
XXII. zu entthronen, mißlang; Colonna
starb im
Exil.
3) Prospero, päpstlicher
Feldherr, geb. 1452, der berühmteste seines
Geschlechts, kämpfte eine Zeitlang für
Karl VIII. von
Frankreich bei dessen
Einfall in
Italien
[* 6] 1495, trat aber dann zu den Spaniern über und half dem spanischen
General
Gonsalvo de Cordova die
Franzosen aus
Italien vertreiben.
In den folgenden italienischen
Kriegen waren der
Sieg bei
Vicenza
und der
Einfall der
Schweizer in
Piemont sein Werk. 1515 von den
Franzosen gefangen, löste er sich mit 350 Pfd.
Gold,
[* 7] befehligte dann das gesamte
Heer der Verbündeten und entriß den
Franzosen
Italien. Das neue französische
Heer unter
Lautrec
schlug er bei
Bicocca und endigte den
Feldzug durch die
Einnahme von
Cremona und
Genua.
[* 8] Colonna
starb
Italien
ehrte ihn durch den Beinamen »Paganorum defensor et
Italicae gentis pater«.
4) Pompeo,
Kardinal,
Neffe des vorigen, geb. bemächtigte sich auf das Gerücht vom
Tode des
Papstes
Julius II. durch
Überfall des
Kapitols und wurde deshalb seiner
Würden entsetzt, vom
Papst
Leo X. aber zum
Kardinal ernannt.
Hadrians VI. sowie
dessen Nachfolgers
Clemens VII.
Wahl war Colonnas
Werk. Er wurde später zum
Legaten in
Ancona
[* 9] und zum
Erzbischof
von
Monreale, von
Karl V. 1530 zum
Vizekönig von
Neapel
[* 10] ernannt und starb Colonna
war ein geschmackvoller Dichter; sein
Hauptwerk:
»De laudibus mulierum«, schrieb er zu
Ehren der
Vittoria Colonna.
5)
Vittoria Colonna
, Marchesa von
Pescara, die berühmteste Dichterin
Italiens,
[* 11] Tochter des Fabrizio Colonna
, der,
anfangs päpstlicher
Feldherr gegen die
Franzosen, als
Connetable von
Neapel starb, ihrer
Schönheit und ihres
Geistes wegen allgemein
bewundert, war um 1490 zu
Marino geboren und schon seit ihrem vierten Jahr mit Ferrante d'Avalos,
Marchese von
Pescara, verlobt,
mit dem sie dann auch in glücklicher
Ehe lebte. Als derselbe an den in der
Schlacht bei
Pavia empfangenen
Wunden
gestorben war, brachte sie, in der
Poesie Trost suchend, sieben Jahre in tiefster Zurückgezogenheit zu
Neapel und auf
Ischia,
[* 12] sodann in einem
Kloster, erst zu
Orvieto, dann in
Viterbo, zu und ließ sich endlich in
Rom
[* 13] nieder, wo sie
im
Februar 1547 starb.
Sie stand mit den berühmtesten Gelehrten Italiens in Verkehr und schloß sich namentlich eng an die hervorragenden Männer an, welche damals, zur Zeit Pauls III., eine gründliche Reform der katholischen Kirche anstrebten, wie Juan Valdez, der Kapuzinergeneral Occhino, die Kardinäle Contarini, Poole, Morone u. a. Das innigste Freundschaftsverhältnis aber verknüpfte sie mit Michelangelo, der sie auch in seinen Gedichten feierte; auch Ariost widmete ihr einige glänzende Stanzen seines »Orlando« (Gesang 37). Die Gedichte, welche den Namen Vittorias unsterblich machen, gehören der auf Pescaras Tod folgenden Zeit an; am höchsten unter ihnen stehen die religiösen Dichtungen ihrer reifern Jahre, in denen sich in wohllautenden Versen tief innerliche Frömmigkeit, frohe Hoffnung und unwandelbare Überzeugung aussprechen. Sie erschienen zuerst in ¶
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Parma [* 15] 1538; später mit einer Lebensbeschreibung der Dichterin von Giamb. Rota (Bergamo 1760), am vollständigsten von Ercole Visconti herausgegeben (Rom 1840). Eine Übersetzung derselben lieferte Bertha Arndts (Schaffh. 1858, 2 Bde.).
Vgl. Mrs. H. Roscoe, V. her life and poems (Lond. 1868, 2 Bde.);
v. Reumont, Vittoria Colonna
(Freib. 1881).
6) Marc Antonio, geb. 1536, trat, von Papst Pius IV. aus Rom verbannt, in spanische Dienste [* 16] und leitete unter Albas Oberbefehl 1556 die Operationen gegen den Kirchenstaat mit so viel Erfolg, daß man ihn zurückrief. Pius V. vertraute ihm 1571 die gegen die Türken ausgerüstete Expedition an, welche sich mit der spanischen unter Juan d'Austria vereinigte. Er half den Sieg bei Lepanto erfechten und erhielt dafür nach seiner Rückkehr einen in altrömischer Weise gefeierten Triumph. Darauf verwaltete er Sizilien [* 17] als spanischer Vizekönig und wollte eben den Oberbefehl der Armada übernehmen, als er in Medinaceli starb.
Der Palazzo Colonna
in Rom, am Fuß des Quirinals gelegen, stammt in seiner jetzigen Gestalt aus dem 15.-18. Jahrh.
und ist berühmt durch seine prachtvolle Gemäldegalerie, die einst 1362 Gemälde zählte, aber auch jetzt noch, obschon durch
Erbteilung sehr verkleinert, reich an vortrefflichen Kunstwerken ist (Temperalandschaften von Poussin, Madonna von Palma
Vecchio etc.). Aus der Galerie gelangt man in den am Westgehänge des Quirinals in Terrassen emporsteigenden herrlichen Garten
[* 18] (mit Bauresten von den Thermen Konstantins).
Vgl. Coppi, Memorie Colonnesi (Rom 1855);
Reumont, Beiträge zur italienischen Geschichte, Bd. 5 (Berl. 1877).