Cockerill
,
John, Industrieller, geb. zu Haslington in Lancashire, ward, als sein Vater, ein Maschinenbauer, sich 1797 nach Verviers begab, um daselbst Spinnmaschinen [* 2] zu bauen, der Obhut von Verwandten übergeben. Von diesen verwahrlost, folgte er, zwölf Jahre alt, seinem Vater nach und wurde von demselben in der Werkstätte beschäftigt. 1807 etablierte er sich mit seinem ältern Bruder, James, in Lüttich [* 3] und entwickelte hier sein industrielles Talent in immer steigendem Maß.
Der Zentralpunkt seiner allmählich vielfach verzweigten Thätigkeit war die großartige Anstalt von Seraing, welche er mit James 1816 mit einem Anlagekapital von 16 Mill. Frank einrichtete. Sie umfaßte zur Zeit ihrer Blüte [* 4] eine Maschinenfabrik, eine Dampfkesselfabrik, Stab- und Blechwalzwerke, ein Eisenbahnschienenwalzwerk, einen Hochofen, 16 Puddlings- und viele Flammöfen, eine Schmiedewerkstätte mit 80 Feueressen, zwei Steinkohlengruben, eine Erzgrube, eine Krämpelfabrik und wurde von 2500 Arbeitern und 22 Dampfmaschinen [* 5] mit fast 1000 Pferdekräften betrieben.
Der wöchentliche
Bedarf an
Eisen
[* 6] betrug 80
Ton., an
Arbeitslöhnen 70,000.
Fr. Im J. 1825 verkaufte
James Cockerill
seinen
Anteil an diesem Etablissement in
Seraing an den König von
Holland, welcher nun
Johns industrielle
Spekulationen mit allem
Nachdruck
unterstützte.
James lebte fortan in
Aachen,
[* 7] wo er starb. Durch die
Revolution von 1830 geriet jenes Werk in
Verfall,
aber nur, um sich 1833, nachdem Cockerill
alleiniger
Besitzer von
Seraing geworden, wieder mächtiger als je zu
heben. Cockerill
wurde in gewissem
Sinn der
Träger
[* 8] der belgischen
Industrie, sowie er von ihr getragen wurde, und legte auch an andern
Orten in
Belgien,
[* 9]
Frankreich,
Deutschland,
[* 10] z. B. zu
Aachen,
Stolberg
[* 11] bei
Aachen,
Kottbus etc., in
Spanien,
[* 12]
Polen, selbst in
Surinam,
wo er
Plantagen besaß, im ganzen gegen 60 verschiedene Etablissements an, vornehmlich Kohlenwerke und
Eisenhütten, Maschinenbauwerkstätten (in
Lüttich,
Val-Benoît,
Verviers,
Aachen,
Decazeville, Bezèche,
Petersburg,
[* 13]
Surinam),
Spinnereien (in
Lüttich,
Namur,
[* 14]
Spaa,
Aachen, St.-Denis), Tuchfabriken (in
Kottbus und
Polen), eine Glasfabrik; eine Papierfabrik
etc. Er war auch einer der Hauptgründer der Belgischen
Bank.
Die kriegerische
Situation
Belgiens 1838 erschütterte jedoch das Vertrauen zu den so ausgedehnten Cockerill
schen
Unternehmungen,
und als die Belgische
Bank ihre
Zahlungen einstellte, geriet Cockerill
Anfang 1839 in finanzielle Verlegenheiten, ein Liquidationsverfahren
ward eingeleitet und eine
Bilanz der
Aktiva und Passiva bekannt gemacht, wonach erstere gegen 26 Mill.
Fr., letztere gegen 18 Mill.
Fr. betrugen. Cockerill
bevollmächtigte hierauf seinen
Schwager
Pastor aus
Aachen und Piercot, seine sämtliche
Habe, jedoch mit Ausnahme der Etablissements in
Seraing und
Lüttich, allmählich zur
Deckung seiner
Schulden zu veräußern,
und begab sich nach Rußland, um im Auftrag der dortigen
Regierung die
Arbeit des
Schaffens von neuem zu
beginnen, starb aber schon in
Warschau.
[* 15]