Châlons
sur
Marne (spr. schalóng ssürr marn), Hauptstadt des franz.
Departements
Marne, an der
Marne und dem
Marne-Rheinkanal,
Knotenpunkt der Eisenbahnlinien nach
Paris,
[* 2]
Troyes,
Straßburg,
[* 3]
Bar le Duc,
Reims
[* 4] u. a., in einer anmutigen Wiesenebene der
Champagne, die zu beiden Seiten weite Kreideebenen umschließen, hat meist
Holzhäuser, aber gerade und reinliche
Straßen, schöne
Kirchen mit vielen Spitztürmen (darunter die
schöne
Kathedrale
St.-Etienne aus dem 13. Jahrh., mit einem romanischen und einem gotischen
Turm,
[* 5] und die
Kirche
Notre Dame,
1158-1322 im
Übergangsstil erbaut, mit schönen Glasgemälden, an sonstigen bemerkenswerten Bauwerken das Präfekturgebäude
mit dem Archivpalais und das Stadthaus (von 1771) sowie (1881) 23,192 (einst
60,000) Einw. Erwerbsquellen sind vorzüglich Fabrikation von
Champagnerwein (große
Kellereien), Schuhwaren,
Maschinen und
Seilerwaren. Châlons
ist Sitz eines
Präfekten, eines
Bischofs, des
Generalkommandos des 6.
Armeekorps, eines Handelsgerichts und hat
eine
Kunstgewerbeschule, ein
Collège, ein großes
Seminar, eine
Lehrerbildungsanstalt und eine
Bibliothek von 28,000
Bänden.
Längs der
Marne zieht sich der Jard hin, eine
Promenade von 8
Hektar Flächenraum. - Châlons
ist eine sehr alte
Stadt; unter dem
Namen Catalaunum oder
Durocatalaunum war sie die Stadt der Katalaunen und eine der vornehmsten
Städte von
Gallia belgica. In ihrer
Nähe besiegte
Kaiser
Aurelianus den Usur
pator Tetricus 273
n. Chr., während die
andre, berühmtere
Schlacht aus den Katalaunischen
Feldern
(Campi
Catalauni), in der das
Heer
Attilas 451 von den Westgoten unter
Theoderich (der jedoch fiel) und den
Römern unter
Aetius überwunden ward, nicht bei Châlons
, sondern bei
Troyes stattfand. 643 ward
die Stadt vom
Grafen
Herbert von
Vermandois, 931 von
Rudolf von
Burgund, 947 von
Robert von
Vermandois erobert
und verwüstet.
Sie stand nie unter den
Grafen von
Champagne, sondern unter dem
Bischof von Châlons
1589 verlegte
Heinrich
IV. das
Parlament von
Paris
nach Châlons
, und ward hier die gegen
Heinrich IV. gerichtete Exkommunikationsbulle
Gregors XIV.
sowie 1592 die
Bulle
Clemens' VIII. öffentlich durch den
Henker verbrannt. Am eroberten die
Preußen
[* 6] unter
York die
Vorstadt St.-Memmie gegen
Macdonald und besetzten 5. Febr. nach dessen Abzug die Stadt selbst. In jüngster Zeit ward Châlons
vorzugsweise
genannt wegen des berühmten
Lagers von Châlons
, welches von
Napoleon III. 1856 zunächst als
Übungslager für
die französische
Armee errichtet und 1857 zum erstenmal bezogen wurde. Es liegt 30 km im
NO. der Stadt, im
Winkel
[* 7] zwischen
den Eisenbahnlinien nach
Reims und
Verdun,
[* 8] aus dem
Territorium der beiden
ca. 6 km voneinander entfernten
Orte
Grand-Mourmelon
(mit dem kaiserlichen
Hauptquartier) und
Petit-Mourmelon und bedeckt einen
Raum von 12,000
Hektar.
Die
Truppen lagern in
Zelten und
Baracken. Bei
Ausbruch des
Kriegs 1870/71 war das
Lager
[* 9] das Standquartier des 6.
Armeekorps unter
Marschall
Canrobert. Hierher zogen sich nach dem Abmarsch
Canroberts nach
Metz
[* 10] und den
Siegen
[* 11] der
Deutschen bei
Weißenburg
[* 12] und
Wörth
[* 13] die Trümmer der
Armee
Mac
Mahons und des
Korps de
Faillys zurück, wo aus ihnen und dem neugebildeten 12.
Korps
Mac Mahon während der
Schlachten
[* 14] bei
Metz die
»Armee von Châlons«
organisierte, mit der er 21. Aug. nach
Reims aufbrach, um den unglücklichen
Zug
auszuführen, der mit der
Kapitulation von
Sedan
[* 15] endete. Die
Kavallerie der deutschen
Avantgarde, die 24. Aug. in
Châlons
eintraf, fand das
Lager zerstört und größtenteils verbrannt. Jetzt wird das
Lager von Châlons
nur in beschränkterm
Umfang
als
Übungslager benutzt.
Vgl. Barbat,
Histoire de la ville de Châlons
(Châlons 1854 bis 1860);
Barthélemy,
Histoire de la ville
de Châlons
(das. 1854).