einem Gemisch von konzentrierter Schwefel- und Salpetersäure in Nitrocellulose (Schießbaumwolle) und zwar in die lösliche
Form derselben, wie sie auch zur Bereitung von Kollodium dient, verwandelt u. sehr sorgfältig ausgewaschen werden. War das
Rohmaterial bereits gemahlen, so erhält man auch die Nitrocellulose pulverförmig; andernfalls wird diese im Holländer gemahlen,
einigermaßen entwässert und mit 40-50 Proz. Kampfer, nach Bedürfnis auch mit Farbstoff oder andern Substanzen,
zur Modifizierung gewisser Eigenschaften durch Walzen sehr innig gemischt und in eine hydraulische Presse gebracht, in welcher
die Masse unter sehr starkem Druck auf 60-130° erhitzt wird.
Hier findet nun eine vollständige Durchdringung der Schießbaumwolle mit dem Kampfer, die Bildung des Celluloids,
statt, und nach ein- oder mehrstündigem Pressen wird das Fabrikat nun noch zum Trocknen in einen luftleeren Raum gebracht, in
welchem sich zu besserer Absorption der Feuchtigkeit geschmolzenes Chlorcalcium befindet. Nach einem andern Verfahren übergießt
man die trockne Nitrocellulose mit Äther oder Holzgeist, mischt sie mit dem Kampfer, bearbeitet die Masse,
bis sie plastisch wird, und walzt sie dann zu Platten aus, die an der Luft erhärten und schließlich zwischen Zink- und erwärmten
Eisenplatten in hydraulischen Pressen einem starken Druck ausgesetzt werden. Celluloid ist hornartig, durchscheinend, geruchlos, hart,
fest, elastisch, schwer zerbrechlich, läßt sich in der Wärme
[* 4] durch Druck schweißen, auch durch Benetzung
mit Alkohol und Äther verbinden, zu Blättchen von 0,5 mmDicke auswalzen und auf Holz
[* 5] und Stein aufleimen. In Wasser ist es unlöslich,
bei 125° wird es so plastisch, daß es sich in jede Form pressen läßt. Es ist leicht entzündlich
und verbrennt mit rußender Flamme
[* 6] und unter Verbreitung von Kampfergeruch, auch bei Berührung mit einem glühenden Körper
verglimmt es völlig ruhig.
Beim Erhitzen auf 140° zersetzt es sich plötzlich unter Ausstoßung von rötlichem Rauch, zur Explosion aber kann es nicht
gebracht werden. Es besitzt, ähnlich dem vulkanisierten Kautschuk, eine ungemein mannigfache Verwendbarkeit,
und die daraus gefertigten Gegenstände zeichnen sich durch Eleganz und Leichtigkeit aus. Man benutzt es zu Schmucksachen,
[* 7] Kämmen, Billardbällen, Schirm- und Messergriffen, Pferdegeschirrbelegen, chirurgischen Instrumenten, künstlichen Gebissen,
Klischees, zu Imitationen von Korallen,
[* 8] Bernstein,
[* 9] Malachit, Lapislazuli, Schildpatt, als Leinwandsurrogat zu Wäscheartikeln,
Spielsachen und unzähligen Galanteriewaren.
Bei Billardbällen machte sich die Entzündlichkeit des Celluloids unangenehm bemerkbar. Dies soll jetzt
dadurch beseitigt sein, daß man die Schießbaumwollevor der Vermischung mit Kampfer mit einer Lösung von kieselsaurem Natron
auswäscht und dann phosphorsaures Natron oder Ammoniak oder borsaures Bleioxyd zusetzt. Das Celluloid wurde 1869 von den Gebrüdern
Hyatt in Newark im StaatNew York erfunden, wird jetzt aber auch in Europa
[* 10] dargestellt.
(Zellhorn, Trocadero); eine aus Nitrocellulose
(Schießbaumwolle) und Kampfer bestehende Masse, der man je
nach Bedürfnis verschiedene weiße oder bunte Farbestoffe zugesetzt hat und die als Ersatzmittel für
Elfenbein benutzt wird. Das C. ist sehr hart, fest, dabei elastisch und nimmt eine sehr schöne Politur an;
in Wasser ist
es unlöslich, ebenso auch unveränderlich an der Luft;
bei 125° C. wird es so weich und plastisch, daß es sich in jede
beliebige Form bringen läßt, und man fertigt daraus allerlei verschiedene Gegenstände, so z. B.
Armbänder, Brechen, Kämme, Billardbälle, Schirmgriffe, Pferdegeschirre etc.;
sehr gut gelungen sind die Imitationen von
Korallen.
Die Fabrikation der Masse besteht darin, daß man die Nitrocellulose in geschmolzenem Kampfer löst, indem man mittels
einer hydraulischen Presse einen starken Druck bei einer durch Dampf erzeugten Temperatur bis zu 130°
C. ausübt. Die frisch aus den Apparaten kommende Masse ist nach dem Erkalten durchscheinend und hornartig; durch Zusatz
verschiedener pulverförmiger Substanzen wird sie undurchsichtig. Die aus C. gefertigten Gegenstände haben den einzigen
Übelstand, daß sie sich bei Annäherung einer Flamme sehr leicht entzünden und dann schnell verbrennen.
- Einfuhrzoll: C. in rohen Platten oder Stäben gemäß Tarif Nr. 13 d;
in geschliffnen Platten oder für Waren erkennbar
vorgearbeitet Nr. 20 b 1, als Elfenbeinimitation Nr. 20 b 1 Anmerk.;
oder Zellhorn, ein 1869 von Hyatt in Newark im Staate Neujersey zuerst dargestellter Stoff, der, nach mannigfacher
Vervollkommnung, gegenwärtig zur Herstellung zahlreicher Artikel dient, die sonst aus Horn, Hartgummi, Elfenbein, Korallen
u. s. w. angefertigt wurden. Es besteht aus einem Gemenge von Nitrocellulose und Kampfer. Von den verschiedenen Nitrocellulosen
(s. Schießbaumwolle) ist nur die in Äther-Alkohol lösliche und hiernach als Kollodiumwolle bezeichnete
Form brauchbar.
Als Rohmaterial für die Bereitung derselben läßt sich jede möglichst reine Cellulose verwenden, doch wählen die Fabrikanten
dazu mit Vorliebe möglichst feines Seidenpapier. Dasselbe wird in besondern Maschinen zu kleinen Fetzen zerrissen, diese
kommen in ein Gemisch von 5 Teilen konzentrierter Salpetersäure und 2 Teilen Schwefelsäure
[* 12] und werden,
nachdem die Nitrierung erfolgt ist, mit Wasser bis zur Beseitigung jeder Spur von Säure gewaschen, worauf die Masse einem
starken Druck ausgesetzt wird, um die Feuchtigkeit möglichst zu entfernen.
Die Verbindung mit dem Kampfer wird auf verschiedene Weise bewirkt. Nach dem amerik. Verfahren wird die Nitrocellulose
(2 Teile) noch naß mit dem Kampfer (1 Teil) durch Mahlen und Walzen innig vermischt, wobei zugleich die nötigen Farbstoffe,
Zinkweiß, Zinnober
[* 13] u. dgl. zugesetzt werden, die gemischte Masse kommt nach dem Trocknen in Formen unter den Druck einer hydraulischen
Presse
[* 14] und wird hierbei zugleich einer Temperatur von 130° C. ausgesetzt. Abweichend hiervon wird in europ.
Fabriken gearbeitet.
In der Fabrik von Magnus in Berlin
[* 15] wird die trockne Nitrocellulose mit ihrem doppelten Gewicht Äther übergossen und dann mit
Kampfer in dem obigen Verhältnis vermischt. Unter häufigem Umrühren entsteht allmählich eine durchscheinende, gallertartige,
klebrige Masse. Diese wird zwischen Walzen so lange bearbeitet, bis sie plastische Eigenschaften zeigt,
und dann zu Platten ausgerollt, die der Luft ausgesetzt werden, bis sie einen gewissen Grad von Härte zeigen; dies geschieht
um so rascher, je dünner sie gewalzt sind, bei einer Stärke
[* 16] von 10 mm sind 10 Tage dazu erforderlich.
Die gehärteten Platten werden noch zwischen Zinkblechen, die mit erwärmten Eisenplatten abwechselnd geschichtet werden,
in einer hydraulischen Presse starkem Druck ausgesetzt. Auch in der Fabrik zu Stains bei Paris
[* 17] befolgt man ein ähnliches Verfahren
wie in Berlin, nur verwendet man dort statt des Äthers Holzgeist. - Das ungefärbte Celluloid hat das Aussehen
von blankem Horn, ist schwach durchscheinend und sehr elastisch, hart, fest, fast unzerbrechlich und läßt sich auf gleiche
Weise wie Horn
bearbeiten. Es riecht sehr schwach nach Kampfer.
Beim Erwärmen in kochendem Wasser kann es in jede beliebige Form gebracht werden, die erwärmten Stücke lassen sich
durch Zusammendrücken vereinigen oder mit Metallen verbinden. Beim Entzünden an einer offenen Flamme brennt Celluloid mit rußender
Flamme unter Verbreitung eines Geruchs nach Kampfer; bei Berührung mit einem glühenden Körper verglimmt es völlig ruhig.
Obwohl es die Bestandteile der Schießbaumwolle enthält, so ist doch die Explosionsgefahr durch die Bereitung fast
gänzlich beseitigt; indes ist immerhin Vorsicht zu empfehlen. Man stellt aus Celluloid her: Billardkugeln, Spielsachen,
Messergriffe, Bürstenrücken, Kämme, künstliche Gebisse und unzählige Galanteriewaren, jetzt auch Clichés von Holzschnitten
und Schriftsatz, ferner Wäscheartikel, Kragen und Manschetten. -