Cellini
(spr. tschell-),
Benvenuto, ital. Goldschmied und Bildhauer, geb. zu
Florenz
[* 3] als Sohn des
Architekten
Giovanni Cellini
, sollte sich der
Musik widmen, zeigte aber mehr
Neigung für
die
Plastik und
kam in seinem 15. Jahr zu dem Goldschmied
Antonio di Sandro in die
Lehre.
[* 4] Er studierte eifrig nach
Michelangelo
und begab sich dann nach
Rom,
[* 5] wo
Firenzuola di Lombardia sein
Lehrer war. Nach zwei
Jahren kehrte er auf kurze Zeit
nach
Florenz zurück und ging dann wieder nach
Rom.
Clemens VII. nahm ihn wegen seiner doppelten Fähigkeit als Goldschmied und Musikus in seine
Dienste.
[* 6] In dieser Zeit übte
sich Cellini
auch im Stahlstempelschneiden, in der Treibarbeit, im Tauschieren und in der
Kunst des Emaillierens. Im J. 1527 unterbrachen
die kriegerischen
Vorfälle in
Rom seine Künstlerthätigkeit; der
Herzog von
Bourbon, der die Stadt plündern
ließ, soll nach Cellinis
Behauptung, zu dessen Charaktereigenschaften große Prahlsucht gehörte, durch seine Büchsenkugel
und der
Prinz von
Oranien durch einen seiner Kanonenschüsse gefallen sein.
Von seinen damals gefertigten
Arbeiten haben sich noch zwei im Antikenkabinett zu
Wien
[* 7] erhalten: eine goldene
Medaille mit
Leda und dem
Schwan und ein
Ring aus
Eisen
[* 8] und
Gold.
[* 9] Dann hielt sich Cellini
bald in
Florenz, bald in
Mantua,
[* 10] bald wieder
in
Rom auf, von wo er, eines
Mordes mit Unrecht verdächtigt, auf kurze Zeit nach
Neapel
[* 11] floh, bis
Clemens VII. ihn
wieder aufnahm. Dessen Nachfolger
Paul IV. stellte ihn als Stempelschneider bei der
Münze an. Eine zweite
Flucht (nach
Florenz)
hatte einen wirklichen
Mord, den
er an einem ihm feindlichen
Mailänder Goldschmied begangen, zum
Grunde. Cellini
wurde nun Münzmeister
des
Herzogs Alexander zu
Florenz und vollendete hier eine
Reihe trefflicher
Münzen
[* 12] und
Medaillen, bis ihn
der
Papst durch einen
Ablaßbrief wiedergewann. Im J. 1537 reiste Cellini
nach
Frankreich an den
Hof
[* 13]
Franz' I., kehrte aber aus
Heimweh
bald wieder nach
Rom zurück, wo er der
Entwendung eines Teils der
Juwelen der päpstlichen
Krone angeklagt und zu lebenslänglicher
Haft verurteilt, jedoch auf Fürsprache des
Kardinals Ippolito d'Este nach zwei
Jahren freigelassen wurde.
Derselbe
Kardinal veranlaßte ihn auch zur Modellierung seines berühmten Salzgefäßes, das er später für König
Franz I.
von
Frankreich in
Gold ausführte, und das jetzt eine Zierde der kaiserlichen Schatzkammer in
Wien ist. 1540 ging Cellini
wieder
nach
Frankreich, wo er im
Dienste des
Königs bis 1545 thätig war. Von seinen hier ausgeführten
Arbeiten
ist nur mit Sicherheit das kolossale Bronzerelief einer liegenden, von
Tieren umgebenen nackten Frauengestalt, der sogen.
Nymphe von
Fontainebleau, für das dortige
Schloß bestimmt, nachzuweisen (jetzt im
Louvre zu
Paris).
[* 14] Obwohl ihm
Franz I. sehr
gewogen war und ihm das
Schloß Le
[* 15]
Petit
Nesle schenkte, mußte er doch 1545 den
Intrigen
¶
mehr
seiner Gegner weichen. Vom Herzog Cosimo I. in Florenz freundlich aufgenommen, fertigte er für diesen 1550 die Statue des Perseus [* 17] mit dem Medusenhaupt, eins seiner besten Werke in Erz, jetzt in der Loggia de' Lanzi zu Florenz. Hier versuchte er sich auch in Marmor und arbeitete eine Gruppe: Apollon [* 18] und Hyacinth, und die Statue des Narcissus. Im Kriege gegen die Sienesen war er als Kriegsingenieur bei Ausbesserung der florentinischen Festung [* 19] thätig. Aller Einladungen ungeachtet kehrte er nicht mehr nach Frankreich zurück, und selbst Katharina von Medicis forderte ihn vergeblich auf, das Grabmal Heinrichs II., ihres Gemahls, zu vollenden.
In den letzten acht Jahren seines Lebens, von denen seine Selbstbiographie schweigt, lebte Cellini
mit der äußern
Welt mehr in Frieden und trat 1558 selbst in den geistlichen Stand, den er aber bald wieder verließ, um noch im 60. Jahr zu
heiraten. Er hinterließ bei seinem in Florenz erfolgten Tod zwei Töchter und einen Sohn. Von
seinen Arbeiten in Silber und Gold ist wegen der Kostbarkeit des Stoffes wenig auf uns gekommen; die große Mehrzahl der ihm zugeschriebenen
ist unecht. Im Eskorial ist ein lebensgroßes Kruzifix in Marmor von vortrefflicher Arbeit, vermutlich dasjenige, welches der
Großherzog Cosimo erhielt, und das letzte Werk, dessen Cellini
in seiner Biographie gedenkt. Zu Florenz restaurierte
der Künstler einen trefflichen Apollon, an welchem freilich die manierierte Arbeit Cellinis
von der edlen Einfalt des alten
Werks merklich abweicht.
Ebendaselbst befindet sich die Bronzebüste Cosimos I. mit reichverziertem Harnisch. Unter den vielen Denkmünzen, welche dem
Meister zugeschrieben werden, sind nur einige von seiner Hand.
[* 20] In keiner seiner Schöpfungen ist Cellinis
Geist so kräftig ausgeprägt wie in seiner Selbstbiographie, mit der uns Deutsche
[* 21] zuerst Goethe durch seine Übersetzung bekannt
machte (1803). Sie erschien in zahlreichen Ausgaben (zuerst 1728; später von Tassi: »Vita ed opere«, Flor. 1829; von
Choulant, Leipz. 1833-35, 3 Bde.)
und Übersetzungen bis in die neueste Zeit.
Diese Lebensbeschreibung ist ebenso ausgezeichnet durch die heitere Unbefangenheit, mit welcher Cellini
seine Tugenden wie seine
Schwächen darstellt, sein Leben gleichsam noch einmal mit allen seinen Freuden und Leiden
[* 22] durchlebend, wie durch die Lebendigkeit
und Natürlichkeit der Sprache,
[* 23] leidet aber auch stark durch die Prahlerei des Autors. Seine »Trattati
dell' oreficeria e della scultura« erschienen 1568. Sie wurden neu von Milanesi herausgegeben (Flor. 1856),
übersetzt von Brinkmann (Leipz. 1867).
Vgl. A. v. Reumont, Cellinis
letzte Lebensjahre, in Raumers »Historischem Taschenbuch« 1847; Derselbe,
Beiträge zur italienischen Geschichte, Bd. 3 (Berl.
1854);
J. ^[Joseph] Arneth, Studien über B. Cellini
(Wien 1859), und E. Plon, B. Cellini.
Orfèvre, medailleur, sculpteur (Par. 1882, Nachtrag
1884).