Nach der
Revolution von 1830 veröffentlichte Buchez: »Introduction
à la science de l'histoire« (Par. 1833; 2. Aufl. 1842, 2 Bde.),
worin er seine eignen philosophischen
Ansichten niederlegte. Gleichzeitig gründete er die
Zeitschrift
»L'Européen«, die sein neukatholisches
System, den sogen. Buchesismus, ins praktische
Leben einführen sollte. Er empfahl
in diesem
Blatt
[* 4] auch die
Gründung von
Produktivgenossenschaften und die Abtretung eines Teils des
Gewinnes zu gunsten der gesamten
Arbeiterklasse, eine
Idee, welche bei den französischen Arbeitern großen Anklang gefunden hat, auch
mehrfach verwirklicht worden ist.
Mit
Roux-Lavergne begann Buchez die
»Histoire parlementaire de la révolution française« (Par. 1833-38, 40 Bde.;
von der 2.
Auflage erschien nur Bd. 1-6, 1845-47),
ein Werk, das die reichsten Materialien für die Geschichte der französischen
Revolution enthält, aber entschiedenen Republikanismus verficht. Ihr folgte der »Essai
d'un traité complet de philosophie, au
point de vue du catholicisme et du progrès« (Par. 1839-40, 3 Bde.).
Die
SchriftenBuchez' führen vermittelst eines geistvollen
Parallelismus zwischen
Natur und Geschichte zu dem
Grundsatz, daß der
Mensch moralisch und politisch für den Fortschritt, d. h. für die
Entwickelung zur sittlichen Vollendung,
bestimmt sei; dieser sittliche Fortschritt aber besteht in der Aneignung und Ausübung der christlichen
Moral, wie sie im
Katholizismus aufgestellt wird. Nach der
Februarrevolution 1848 wurde in die
Nationalversammlung gewählt und hier auf den Präsidentenstuhl
berufen, entfaltete jedoch bei dem
Attentat vom 15. Mai so wenigEnergie, daß er alles politische Ansehen
einbüßte. Er starb in
Rhodez
(Aveyron).
Noch erschienen von ihm:
»Histoire de la formation de la nationalité française«
(Par. 1859, 2 Bde.) und
»Traité de politique et de science sociale« (1866, 2 Bde.).
(spr. büscheh), Philippe Jos. Benjamin, französischer socialpolit. Schriftsteller, geb. 31. März, zu Matagne-la-Petite,
einem damals zum Depart. Ardennen gehörigen Dorfe der belg. Provinz Namur,
[* 5] wurde in Paris erzogen und erhielt hier eine kleine
Anstellung am Steueramt. Während der Restauration beteiligte er sich vielfach an geheimen Gesellschaften
und lag neben den Naturwissenschaften und der Medizin auch der Philosophie und Geschichte ob. Damals war er Hauptredacteur
des «Journal des progrès des sciences et institutions médicales» und
Mitarbeiter an dem Saint-Simonistischen Wochenblatt «Le producteur», bis ihm die Tendenzen dieses Blattes mit seinen eigenen
Ansichten, über die Verbesserung der Gesellschaft und Wissenschaft auf kath.
Grundlage nicht länger vereinbar schienen.
Völlig losgetrennt von der Saint-Simonistischen Schule, stiftete er 1831 die philos. Zeitschrift «L'Européen»,
die er größtenteils selbst schrieb und zum Organ des neukath. Systems, des sog. Buchesismus machte. Sein Grundgedanke ist
die Idee des in der Natur und Geschichte hervortretenden Fortschritts und Entwicklungsganges. Die Geologie,
[* 6] Embryogenie und vergleichende Anatomie liefern dazu die Beweise außerhalb des Bereichs der moralischen und polit.
Welt. Bei denMenschen aber muß die fortschreitende Ausbildung dem Zufall entrissen und auf ein von der christl.-kath.
Offenbarung vorausverkündigtes Ziel angewiesen werden. Dies ist die Theorie seines «Essai d'un traité
complet de philosophie au point de vue du catholicisme et due progrès» (3 Bde.,
Par. 1839-40) und seiner «Introduction a la science de l'histoire» (2 Bde., ebd. 1833; 2. Aufl.
1842). Mit Roux-Lavergne gab er heraus: «Histoire parlamentaire de la Révolution francaise,
ou Journal des assemblées nationales depuis 1789 jusqu'en 1815» (40 Bde.,
Par. 1833-38; von der 2. Aufl. erschien nur Bd.
1-6, 1845-47), eine reiche und für die Geschichte der Französischen Revolution wichtige Materialiensammlung, die vom republikanischen
Gesichtspunkte aus zusammengetragen ist. Besondere Erwähnung verdient, daß er zuerst (1831 im «Européen»)
die Idee der Produktivassociation als Mittel zur Emancipation der Arbeiterklasse entwickelt und auch selbst
einige Genossenschaften dieser Art mit Erfolg gegründet hat. Seine eigentümliche Idee, einen Teil des Gewinns der Genossenschaften
im Interesse der ganzen Klasse zu opfern, um ein stets zunehmendes «unteilbares
¶
mehr
Kapital» zu bilden, hat bei den franz. Arbeitern viel Anklang gefunden und ist häufig, und zwar nicht ganz ohne Erfolg, verwirklicht
worden. Nach der Februarrevolution von 1848 im Depart. Seine in die Konstituierende Nationalversammlung
gewählt, wurde Buchez durch den Einstuft der Partei des «National»
Präsident dieser Versammlung, entfaltete jedoch nach dem Attentat vom 15. Mai so wenig Energie gegen die
Empörer, daß er sein Amt niederlegen mußte. Seitdem schrieb er: «Histoire de la formation de la
nationalité française» (2 Bde., Par.
1859). Buchez starb zu Rhodez (Depart. Aveyron). Nach seinem Tode veröffentlichten Cerife und Ott seinen «Traité
de politique et de science sociale» (2 Bde., Par.
1866). -