Titel
Bucher
,
1) Anton von, bekannter Schulmann und geistlicher Aufklärer, geb. zu München, [* 2] erhielt seine erste Bildung bei den Jesuiten, studierte dann in Ingolstadt [* 3] und wurde hier 1768 Kaplan. Seit 1771 Rektor der deutschen Schulen in München, wirkte er in dieser Stellung eifrig für Verbesserung des Schulwesens und trat namentlich den Jesuiten kühn entgegen. Nach Aufhebung des Jesuitenordens erhielt er das Rektorat des Gymnasiums und Lyceums und zugleich das Direktorium und Predigtamt der Marianischen Kongregation, welchem bisher rein jesuitischen Institut er eine zeitgemäße Umgestaltung gab.
Als er sich später in seinen humanen Bestrebungen gehemmt sah, nahm er 1778 das Pfarramt Engelbrechtsmünster im Regensburger Sprengel an, von wo er jedoch 1784 als geistlicher und Schuldirektorialrat nach München zurückberufen wurde. Mit ungemeiner Thätigkeit und Ausdauer widmete er sich hier der Hebung [* 4] des Jugendunterrichts und wohlthätigen Bestrebungen, bis er wegen Altersschwäche 1813 seine Entlassung nehmen mußte. Er starb als geistlicher Rat und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München. Seine sämtlichen Schriften wurden unter dem Titel: »Die Jesuiten in Bayern [* 5] vor und nach ihrer Aufhebung« von J. ^[Joseph] v. Klessing (Münch. 1819-20, 5 Bde.) herausgegeben.
2)
Adolf
Lothar, preuß.
Beamter, geb. zu
Neustettin
[* 6] als Sohn des Gymnasiallehrer und geographischen Schriftstellers
August
Leopold Bucher
(gest. 1863), studierte in
Berlin
[* 7] die
Rechte, sich nebenbei eifrig mit Hegelscher
Philosophie
beschäftigend. Seit 1838 am
Oberlandesgericht in
Köslin
[* 8] thätig, wurde er 1843 als
Assessor am Land- und Stadtgericht in
Stolp
[* 9] angestellt. Gleichzeitig verwaltete er einige Patrimonialgerichte und erhielt dadurch Gelegenheit, die ländlichen Zustände
aus eigner
Anschauung kennen zu lernen. Im Frühjahr 1848 zu
Stolp in die
Nationalversammlung und 1849 in die
Zweite
Kammer gewählt, nahm er hervorragenden
Anteil an dem Zustandekommen organisatorischer
Gesetze und war
Referent über
die Aufhebung des
Belagerungszustandes in
Berlin, welche
Verhandlung die
Auflösung der
Kammer zur
Folge hatte. Wegen des Steuerverweigerungsbeschlusses 1850 verurteilt,
flüchtete er nach
London.
[* 10] Hier wurde er Journalist und schrieb zehn Jahre lang, namentlich für die
Berliner
[* 11] »National-Zeitung«, sehr gediegene
Berichte. Nach dem
Erlaß der
Amnestie kehrte in sein Vaterland zurück, geriet aber, da
er mit dem in
Gemeinschaft mit
Rodbertus und
Berg erlassenen
Programm
¶
mehr
den Bestrebungen des Nationalvereins entgegentrat, mit seinen frühern politischen Genossen in Konflikt. Nachdem er eine Zeitlang
im Wolffschen Telegraphenbüreau zu Berlin gearbeitet, wollte er wieder in den Justizdienst treten, um eine Stelle als Rechtsanwalt
erhalten zu können, wurde indessen 1864 durch den Ministerpräsidenten v. Bismarck in das auswärtige Ministerium berufen
und 1866 zum vortragenden Rat in demselben ernannt. Seitdem erwarb sich Bucher
immer mehr das Vertrauen wie auch die Zuneigung
Bismarcks; meist in der unmittelbaren Umgebung desselben, auch in Varzin und während des Kriegs 1870/71 in Frankreich, hatte
er vornehmlich die Noten und Denkschriften, welche die deutsche Politik betrafen, zu bearbeiten und bekleidet
gegenwärtig die Stelle eines Wirklichen Geheimen Legationsrats und vortragenden Rats im auswärtigen Amte des Deutschen Reichs.
Von ihm erschienen: »Kulturhistorische Skizzen aus der Industrieausstellung aller Völker« (Frankf. a. M. 1851);
»Der Parlamentarismus, wie er ist« (Berl. 1856, 2. Aufl. 1882);
»Bilder aus der Fremde, für die Heimat gezeichnet« (das. 1862, 2 Bde.).
Auch gab er die 2. Auflage von Lassalles »System der erworbenen Rechte« (1880) heraus.
3) Bruno, Kunstschriftsteller, Bruder des vorigen, geb. zu Köslin, besuchte die Kunstakademie zu Dresden, [* 13] wurde aber durch Augenleiden gezwungen, dem Künstlerberuf zu entsagen. Seit 1856 als Journalist in Wien [* 14] lebend und seit 1859 Sekretär [* 15] des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie daselbst, wurde er später zum Kustos desselben und zum Regierungsrat ernannt. Von seinen kunsthistorischen Schriften sind zu erwähnen: »Die Kunst im Handwerk« (2. Aufl., Wien 1876);
»Über ornamentale Kunst auf der Weltausstellung in Wien« (Berl. 1874);
»Geschichte der technischen Künste« (mit Ilg, Lessing u. a., Stuttg. 1874 ff.);
»Katechismus der Kunstgeschichte« (2. Aufl., Leipz. 1884);
»Reallexikon der Kunstgewerbe« (Wien 1883).
Mit Gnauth gab er die Monatsschrift »Das Kunsthandwerk« (Stuttg. 1874-76) heraus.