Broussais
(spr. brussä), François Joseph Victor, Mediziner, geb. zu St.-Malo, trat als Schiffswundarzt in die Marine, vollendete dann seit 1799 seine medizinischen Studien in Paris [* 2] und fungierte als Militärarzt in den Hospitälern von Belgien, [* 3] Holland, Österreich, [* 4] Italien [* 5] und Spanien. [* 6] Er ward 1820 Professor an dem Militärhospital Val de Grâce, 1830 Professor der allgemeinen Pathologie und Therapie an der medizinischen Fakultät zu Paris und starb auf seinem Landsitz in Vitry. Im J. 1841 wurde ihm im Hof [* 7] des Val de Grâce eine Statue gesetzt.
Das in seinen
Schriften:
»Histoire des phlegmasies ou inflammations chroniques« (Par. 1808, 2 Bde.; 3. Aufl.
1826, 3 Bde.) und
»Examen de la doctrine médicale généralement adoptée« (das.
1816; 4. Aufl. 1829-34, 4 Bde.) niedergelegte
System des Broussaismus
entspringt geradeswegs aus dem Brownschen Hauptaxiom, daß alles tierische
Leben nur durch
Reizmittel
aufrecht erhalten wird; eine mäßige, gleichmäßig verteilte Reizung bedingt
Gesundheit, und
Krankheit entsteht lediglich
durch zu schwache oder zu starke
Reize. Er sucht dann einen
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mehr
bestimmten Ausgangspunkt der Krankheit nachzuweisen und findet den originellen Hauptsatz, daß jeder Reiz lokal wirken muß
und wirkt. Erst durch Sympathien wird die Krankheit zu einer allgemeinen, und erst durch sympathische Reizung des Herzens seitens
eines lokalen Reizungsfokus entsteht das Fieber. Der gewöhnliche Ausgangspunkt der Irritation namentlich bei Fiebern war
der Magen
[* 9] und der angrenzende Teil des Dünndarms, eine Gastroenteritis, welche in seiner Lehre
[* 10] eine große Rolle spielt. Seine
Therapie war eine höchst energische, und in der Blutentleerung sah er gewissermaßen ein Universalmittel, namentlich in sehr
reichlicher Applikation von Blutegeln im Epigastrium. In Frankreich stand Broussais'
Lehre eine Zeitlang in großem
Ansehen, in Deutschland
[* 11] dagegen hat man ihr fast gar keine Beachtung geschenkt.
Vgl. Reis, Études sur et sur son œuvre (Par. 1869).