Brocken
(Mons
[* 2] Bructerus, in der Volkssprache auch
Blocksberg genannt), die höchste
Kuppe des
Harzes, 1142 m
hoch, liegt auf preußischem Gebiet in der
Grafschaft
Stolberg-Wernigerode, 850-880 m über der nur 8 km entfernten
Ebene von
Ilsenburg und
ca. 500 m über dem südöstlichen
Plateau, und ist der
Mittelpunkt des nach ihm genannten Brocken
gebirges, das
etwa 110 qkm bedeckt und die Hauptmasse des Oberharzes bildet. Der Brocken
erhebt sich in Form
eines
Kugelsegments, jedoch näher am Nordrand des Gebirgsplateaus als am Südrand und auf der Nordseite beträchtlich steiler
abfallend als auf der südlichen. In seiner Umgebung liegen, zum Brocken
gebirge gehörig, die
Heinrichshöhe (1037 m), der
Königsberg
[* 3] (1027 m), der Wormberg (968 m), die
Achtermannshöhe (926 m) etc. Nur Ein wahrer Gebirgsrücken
läuft unter dem
Namen des
Bruchbergs von dem Brocken
gebirge in südwestlicher
Richtung aus, der in der Gegend zwischen
Osterode
[* 4] und
Herzberg endet und 926 m
Höhe erreicht. Im
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Brocken
gebirge nehmen die Oker, Radau, Eker, Ilse (zur Weser) und die Holzemme und Bode (zur Elbe) ihren Ursprung. Seine Entstehung
verdankt der Brocken
einer Erhebung des Granits, der die Schichtung des Übergangsgebirges, welches die Masse des ganzen Harzes ausmacht,
hob, sprengte und ausbrach. Die Granitmasse des Brockens
wird von den Übergangsgebirgen (Gneis, Glimmer
und Thonschiefer, Grauwacke) mantelförmig umlagert. An Erzlagerstätten
[* 6] ist der Brocken
arm; der Erzreichtum des Harzes gehört den
Übergangsgebirgen an. Von größerer ökonomischer Wichtigkeit sind die Torfmoore in den muldenförmigen Thälern, welche die
Höhen des Brocken
gebirges trennen und lebhaft bebaut werden.
Der Brocken
spielt in der Sagenwelt Norddeutschlands eine bedeutende Rolle. Als das Christentum in diese Gegend
drang, blieb die Brockenhöhe
noch lange der Ort, wo man den alten Göttern im geheimen opferte, und namentlich fand am 1. Mai, als
dem größten Festtag des alten Glaubens, noch viele Jahre hindurch daselbst ein geheimnisvoller, von den christlichen Priestern
als gotteslästerlich verschrieener Kultus statt. Daraus entstand die uralte Sage vom Teufelsspuk auf dieser
Höhe, welche, als im 16. und 17. Jahrh. der Glaube an Hexerei die Geister beherrschte, Veranlassung gab, den als Schauplatz
der unheimlichsten Feste zu betrachten.
Die erste Mainacht (Walpurgis) ward der Hauptfeier gewidmet, und die Besessenen aller Länder trieben dann
hier oben ihr Wesen. Nachklänge dieser Feier leben noch als Sage und Märchen im Volk fort. Außer vielen Fußwegen führen zwei
Fahrstraßen vom Fuß des Brocken
gebirges hinan, eine von Schierke aus dem Bodethal, die andre von Ilsenburg. Der Gipfel des
Bergs, auf dem in der Regel vom November bis Juni Schnee
[* 7] liegt, ist eine etwa 2 km im Umkreis haltende unebene,
baumlose, mit Granitblöcken bedeckte Fläche, auf der ein (1860 neuerbautes) Gasthaus nebst einem Turm
[* 8] steht, von welchem man
eine herrliche Rundschau bis zu 60 km im Halbmesser (bis zum Thüringer und Habichtswald, Magdeburg
[* 9] etc.) genießt.
Jedoch ist der Horizont
[* 10] nur selten ganz rein. Im Umkreis von einer Viertelstunde um das Haus sind auch
die meisten Merkwürdigkeiten des Brockens
vereinigt: die Teufelskanzel, der Hexenaltar etc., große Granitblöcke, welche
aus dem Rohen zu Tage anstehen, dann das sogen. Schneeloch, eine tiefe, die nordwestliche Seite des Brocken
kopfes
spaltende Kluft, wo man im Hochsommer die botanischen Erscheinungen aller Jahreszeiten
[* 11] antrifft;
dort wächst
auch die schöne Brocken
blume (Anemone alpina L.).
Einen seltsamen Eindruck macht die Erscheinung des sogen. Brocken
gespenstes,
das in nichts anderm besteht als in den Schattenbildern von Haus und Menschen in einer östlichen Nebelwand bei Sonnenuntergang
(s. Glorienschein). Das Brockenfeld ist eine 992 m hoch liegende, über 7 km lange, etwa 5 km breite
Sumpffläche mit mächtiger Torfbildung, die, mit Moos und Heide bekleidet, mit Felstrümmern übersäet ist und die Bode, Oker,
Radau und Oder speist.
Vgl. Nehse, Der und seine Merkwürdigkeiten (Sondersh. 1840);
Leibrock, Der Brocken (Goslar [* 12] 1864);
Heyse, Zur Geschichte der Brockenreisen (4. Aufl., Aschersl. 1875, mit Übersicht der Brockenlitteratur);